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4 Materialien und Methoden

5.2 Ein System supprimierbarer embryonaler Letalität zur Erzeugung steriler Insekten

5.2.6 Charakterisierung supprimierbar embryonal letaler Drosophila-Männchen

5.2.6.1 Untersuchungen zum Mechanismus transgenvermittelter Letalität

Insektenspezies, welche im Larvenstadium wirtschaftlichen Schaden verursachen, können durch bestrahlte Artgenossen wirksam kontrolliert werden, sofern diese das Schlüpfen der Larven effektiv verhindern. Für ein transgenbasiertes SIT-System resultiert daraus die Bedingung dominanter embryospezifischer Letalität der Transgenkombination. Daß EL#42-Transgene im homozygoten Zustand zu embryospezifischer Letalität führen, zeigte bereits die Untersuchung der larvalen Schlüpf-rate (Abb. 5.9): Im Zeitintervall 108-120 h nach Tc-Entzug schlüpften aus 224 Embryonen keine Larven. Im folgenden werden Embryonen analysiert, welche aus der Kreuzung von EL#42-Männchen gegen wildtypische Weibchen entstanden und infolgedessen nur eine Kopie beider Transgene tragen.

Die Stadien- und Gewebsverteilung im Embryo akkumulierter tTA- und hidAla5-Transkripte wurde mittels RNA-in-situ-Hybridisierung visualisiert (Abb. 5.10). Eine zur tTA-mRNA

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komplementäre Sonde hybridisierte uniform verteilt im embryonalen Blastodermstadium (Abb. 5.10A). Nach Beginn der Zellularisierung war tTA Expression an den Polen nicht mehr nachweisbar und zeigte im Verlauf der Zellularisierung ein Muster aus vier schmalbandigen Streifen (Abb. 5.10B). Spuren an tTA mRNA konnten bis in das Gastrulationsstadium nachgewiesen werden (Abb. 5.10C). Embryonen in späteren Stadien, z.B. im Stadium der vollständigen Keimstreifausstreckung (Abb. 5.10D), zeigten keinerlei Hybrisierungssignal. Die Expression des tTA-Gens unter sry α-Kontrolle ist also weitgehend auf das Blastodermstadium beschränkt. Das blastodermspezifische Expressionsprofil wurde auch in Embryonen des homozygoten Stammes EL#42, der homozygoten Transaktivatorlinie >>s2-tTA>> M8.II, sowie in drei weiteren unabhängigen homozygoten >>s2-tTA>>-Linien (M5.II, M6.III, M7.III) nachgewiesen (Daten nicht gezeigt). Diese Transaktivatorlinien sind Bestandteil von sechs der zehn EL-Stämme (Tab. 5.2). Diese Daten zeigen, daß die verwendete sry α-Regulatorregion die Blastodermspezifität reproduziert, welche für die Transkription des Drosophila-endogenen sry α-Gens dokumentiert ist (Ibnsouda et al., 1993).

Abb. 5.10: Nachweis der tTA und hidAla5-Transkripte in heterozygoten EL#42-Embryonen.

Alle Embryonen entstammen der Kreuzung von EL#42-Männchen und wildtypischen Jungfrauen. Gezeigt sind in A-D tTA- und in E-H hidAla5-Transkriptprofile in folgenden embryonalen Entwicklungsstadien: Frühes (A,E) und spätes (B,F) Blastodermstadium, Gastrulationsstadium (C,G) und Stadium der Keimstreifausstreckung (D,H). Die dorsale Seite der Embryonen ist oben, die anteriore links. Der Maßstabsbalken entspricht 50 µm.

Mittels einer zur hidAla5-mRNA komplementären Sonde wurde das Expressionsprofil des Effektortransgens visualisiert. Embryonen im Blastodermstadium zeigten kein Hybridisierungssignal (Abb. 5.10E) und der früheste Nachweis des hidAla5-Transkriptes erfolgte zu Beginn der Gastrulation (Abb. 5.10F). Das erste Auftreten der hidAla5-mRNA ist somit gegenüber dem frühesten Nachweis der tTA-mRNA (Abb. 5.10A) um ungefähr eine Stunde verzögert (Drosophila-Embryogenese bei 25°C).

Das in frühen Stadien der Keimstreifausstreckung schwache Hybridisierungssignal (Abb. 5.10G) intensivierte sich im Verlauf dieses Prozesses und erreichte maximale Ausprägung in Embryonen mit vollständig ausgestrecktem Keimstreif (Abb. 5.10H). Im Vergleich zu dem kurzzeitigen (< 1,5 h) transienten tTA-Transkriptionspuls akkumulierte hidAla5-mRNA über einen längeren Entwicklungszeitraum, was möglicherweise auf die Stabilität des Transaktivators tTA zurückgeht.

5.2.6.1.2 Kontrollen zur hidAla5-Transgenexpression

Im Stamm EL#42 sind sowohl das Transaktivatortransgen (>>s2-tTA>> M8.II) als auch das Effektortransgen (>>TREp-hidAla5>> M5.II) von Isolatorsequenzen flankiert. Wenn diese Isolatoren die Transgeninsertionsloci von der Wirkung cis-aktivierender genomischer Enhancersequenzen abschirmen, dann sollte die hidAla5-Expression nur von tTA abhängig sein. Da tTA durch Tc inhibierbar ist, sollte die hidAla5-Expression zudem durch Tc-Gabe supprimierbar sein. Um zu untersuchen, ob die hidAla5-Expression tatsächlich von tTA abhängig ist, wurde versucht, das hidAla5 -Transkript in der Effektorlinie zu visualisieren, die bzgl. >>TREp-hidAla5>> M5.II homozygot ist. Da die zur hidAla5-mRNA komplementäre Sonde auch mit endogener hid mRNA hybridisieren kann, wurde das Hybridisierungsmuster mit einer nicht transgenen Linie verglichen (vergleiche Abb. 5.11A und 5.11B). Zudem wurde das Muster in Embryonen, die von Tc-gefütterten (100 µg/ml) EL#42-Elternfliegen stammen, mit dem Muster in Embryonen verglichen, die aus der Kreuzung von normal gefütterten EL#42-Vätern und wildtypischen Jungfrauen stammen (vergleiche Abb. 5.11C und 5.11D).

Abb. 5.11: hid-Expression in der separaten Effektorlinie und im Tc-supprimierten EL#42-Stamm.

Gezeigt ist das in situ Hybridisierungsmuster der zur hidAla5-mRNA-komplementären Sonde im Stadium der Keimstreifausstreckung in folgenden Embryonen: white (A), >>TREp-hidAla5>> M5.II (B) und EL#42 (Eltern gefüttert mit Tc; C). Zur besseren Vergleichbarkeit ist das hidAla5-Hybridisierungsmuster im Embryo der Kreuzung von EL#42-Männchen gegen normal gefütterte, wildtypische Jungfrauen nochmals gezeigt (D). Die dorsale Seite der Embryonen ist oben, die anteriore links. Der Maßstabsbalken entspricht 50 µm.

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Die Hybridisierungsmuster der nicht transgenen Linie, der Effektorlinie und des Tc-gefütterten EL#42-Stammes zeigten im Stadium der Keimstreifausstreckung das Expressionsmuster, das für endogenes hid beschrieben ist (Grether et al., 1995). Aufgrund der Komplexität dieses Musters wären geringfügige Abweichungen jedoch nicht erkannt worden. Ferner zeigt das Ergebnis zum Tc-gefütterten EL#42-Stamm, daß durch Tc-Gabe das hidAla5-Hybridisierungssignal supprimiert werden kann (man beachte, daß der Embryo in Abb. 5.11C zwei Kopien, der in Abb. 5.11D aber nur eine Kopie der Transaktivator- und Effektortransgene trägt). Die Übereinstimmung ist ein starkes Indiz für die tTA-Abhängigkeit der hidAla5-Expression im Stamm EL#42.

5.2.6.1.3 Phänotypische Konsequenzen der EL#42-Transgenexpression in Embryonen

Die dokumentierten tTA und hidAla5-Transkriptmuster sind konsistent mit dem Konstruktionsziel, einen transienten frühembryonalen Puls an Transaktivatorexpression in eine starke Expression des proapoptotischen Allels zu übersetzen. Worin äußern sich die phänotypischen Konsequenzen der HIDAla5-Produktion? In heterozygoten EL#42-Embryonen manifestierten sich ab dem Stadium der Keimstreifverkürzung morphologische Defekte (Abb. 5.12A) und die Keimstreifverkürzung scheint verzögert zu sein (vergleiche die gleichaltrigen EL#42- und Wildtyp-Embryonen der Abb. 5.12A und Abb. 5.12C). Eine stadienspezifische Zuordnung älterer EL#42-Embryonen konnte aufgrund massiver Mißbildungen in der embryonalen Anatomie nicht vorgenommen werden.

Abb. 5.12: Morphologische Defekte und apoptotische Zelldegeneration in EL#42-Embryonen.

Die Embryonen entstammen der Kreuzung von EL#42-Männchen und wildtypischen Jungfrauen (A,B) bzw.

dem Wildtypstamm OreR (C,D). Zur Demonstration phänotypischer Konsequenzen tTA-induzierter hidAla5 -Expression in EL#42-Embryonen (A,B) vergleichend zu wildtypischen Embryonen (wt; C,D) sind DNA-(Hoechst; A,C) und TUNEL-(B,D)-Färbungen gezeigt. Die dorsale Seite der Embryonen ist oben, die anteriore links. Der Maßstabsbalken entspricht 50 µm.

Um zu überprüfen, ob eine Korrelation dieser morphologischen Defekte mit der hidAla5 -Expression besteht, wurde in heterozygoten EL#42-Embryonen apoptotische Zelldegeneration mittels

TUNEL-Reaktion (siehe Kap. 4.4.3) visualisiert. Verglichen mit wildtypischen Kontrollembryonen (Abb. 5.12D) trat in EL#42-Embryonen (Abb. 5.12B) verstärkte TUNEL-Fluoreszenz in Stadien auf, in denen sich auch morphologische Defekte zu manifestieren beginnen (Stadienzuordnung aufgrund der DNA-Färbung in Abb. 5.12A,C). Massive morphologische Defekte wurden durchgehend in Embryonen dieser Stadien mit einer Kopie der EL#42-Transgene beobachtet. Dies weist auf eine wenig variable Expressivität des transgenverursachten Phänotyps hin.