• Keine Ergebnisse gefunden

5. Diskussion

5.7 Unterschiede in der Genexpression

Um auf molekularbiologischer Ebene die Effekte der High Fat-Diät zu untersuchen, wurde ein Standard-Genprofil unserer Arbeitsgruppe verwendet, welches Gene beinhaltet, die potentiell alle eine Bedeutung in der Pathogenese der NAFLD haben und anhand von Microarrays und der bei PubMed zur Verfügung stehenden Literatur bezüglich dieses Themas ausgewählt wurden. Dieses Genprofil wird bei sämtlichen Projekten, die wir bezüglich dieses Themas durchführen, erfolgreich eingesetzt. Darin enthalten sind folgende Gengruppen:

• Angiogenese

• Zytokine/Wachstumsfaktoren

• Extrazelluläre Matrix

• Steatose/Fibrose

• Fettmetabolismus

• Zellzyklus

Betrachtet man die Anzahl unterschiedlich regulierten Gene (Tab. 12), so wird deutlich, wie wichtig die Wahl des Stammes sowie des Geschlechtes für eine Untersuchung des Einflussfaktors Fett ist.

DISKUSSION

Tab. 12: Anzahl signifikant unterschiedlicher Gene auf Ebene der unterschiedlichen Einflussfaktoren.

Einflussfaktor Anzahl signifikant unterschiedlicher Gene Futter

♂ 12

♀ 3 Stamm

Standardfutter ♂ 5

High Fat-Futter ♂ 12

Standardfutter ♀ 31 High Fat-Futter ♀ 36 Geschlecht

Standardfutter 36

High Fat-Futter 31

Futter

Allgemein konnte ein Einfluss der Diät auf die Genexpression auch in anderen Zusammenhängen wie z.B. bei der Kalorienrestriktion gezeigt werden (SEIDEL et al. 2006).

In der vorliegenden Studie zur Fettleberentstehung sind es vor allem der Stamm SD und hierbei vor allem die Männchen, die sehr sensitiv gegenüber dem Fütterungseinfluss erscheinen. Zwölf Gene sind bei diesem Stamm in der männlichen Fettgruppe niedriger exprimiert. Bei männlichen LEW sind es fünf und bei WIS nur drei. Bereits in diesem allgemeinen Punkt zeigt sich die größere Sensitivität der männlichen SD gegenüber Fettfutter.

DISKUSSION

Besonders in der Gengruppe der Angiogenese ist dann im Detail ein Fütterungseinfluss auf die Genexpression zu zeigen. Bei den männlichen und weiblichen SD-Ratten und auch bei männliche LEW zeigte sich eine Herunterregulation von FLT bei Fettfütterung. FLK war bei männlichen und weiblichen SD und bei männlichen LEW bei Fettfütterung niedriger exprimiert. Der vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor VEGF-A ist der Hauptregulator für die Angiogenese und bindet an zwei Tyrosin-Kinase-Rezeptoren: VEGFR1 (FLT-1) und VEGFR2 (FLK-1). Beide Rezeptoren regulieren sowohl im physiologischen als auch im pathologischen Bereich die Angiogenese. FLK-1 vermittelt das Gefäßwachstum und die Permeabilität im Rahmen der Angiogenese. FLT-1 ist eher suppressiv in seiner Wirkung auf FLK und sorgt für eine geregelte Angiogenese. Auch im Rahmen einer Karzinogenese sind beide zu finden. Vor allem VEGFR1, welcher nicht nur auf endothelialen Zellen, sondern auch bei Zellen der Makrophagenzell-Linie zu finden ist, treibt das Tumorwachstum ebenso wie die Metastasierung und Inflammation an (SHIBUYA 2006, YANCOPOULOS et al.

2000).

Es ist bekannt, dass eine Steatose die Regeneration der Leber nach Hepatektomie verschlechtert (VETELÄINEN et al. 2007 b). Durch eine VEGF-Überexpression kann die Regeneration der Fettleber verbessert werden (REDALLI et al. 2004).

Im Rahmen einer chronischen Lebererkrankung steht vor allem die chronische Inflammation im Vordergrund, gefolgt von einer Fibrosierung der Leber. Die Angiogenese ist dabei proportional zu der Zunahme des Fibrosestadiums (AMARAPURKAR et al. 2007).

Allerdings ist es möglich, dass in diesem frühen, eher akuten Stadium der NAFLD, welches sich vor allem durch eine Steatose und nicht so sehr durch die Progression zu einer Fibrose auszeichnet, die Angiogenese vermindert ist.

Zusätzlich ist bei den männlichen SD in der Fettfutterguppe TIE-2 niedriger exprimiert. Die Liganden dieser Tyrosin-Kinase sind Angiopoetin1 und Angiopoetin2. Experimentelle Daten zeigen, dass die Tie2/Ang1-Kaskade die Assoziation von Endothel und Perizyten fördert, die vaskuläre Permeabilität vermindert und anti-inflammatorische Eigenschaften besitzt (KARAMYSHEVA 2008).

Auch das Zellwachstum ist durch die High Fat-Diät negativ beeinflusst. SCF (stem cell factor) ist herunterreguliert. SCF und sein Rezeptor c-Kit regulieren das Zellwachstum (ALI

DISKUSSION

u. ALI 2007). Dieses ist demnach bei männlichen Tieren vor allem bei SD und LEW aber auch WIS durch die Fettfütterung negativ beeinflusst.

Im Rahmen der Leberregeneration ist auch der Zellzyklus von Interesse.

DONTHAMSETTY et al. (2007) konnten zeigen, dass steatotische Rattenlebern einen verzögerten Zellzyklus aufweisen, in ihrer kompensatorischen Regeneration eingeschränkt und somit anfälliger für Noxen, wie z. B. Tetrachlorkohlenstoff sind. In der vorliegenden Studie konnte bei den männlichen WIS allerdings eine niedrigere Expression von p21 bei Fettfutter nachgewiesen werden. Eine Induktion von p21 führt zu einem Stillstand des Zellzyklus, die Hemmung der Transkription zu unterschiedlichen, kontextabhängigen Effekten (GARTEL u. RADHAKRISHNAN 2000). Der Zellzyklusarrest konnte also in dieser Studie auf diesem Weg nicht nachgewiesen werden.

SREBP (sterol regulatory element binding protein-1c) ist bei weiblichen SD-Ratten ebenso herunterreguliert, was allerdings im Kontext bei Fettleberentstehung nur bedingt als logisch erscheint. SREBP ist ein Transkriptionsfaktor, der durch Insulin aktiviert wird. Seine Expression wird bei jeder Veränderung im Zusammenhang mit dem Ernährungsstatus bei Ratten reguliert. So ist die Expression während Nahrungskarenz niedrig und bei Fütterung einer Diät mit viel Cholesterin erhöht (FERRÉ u. FOUFELLE 2007). Demnach müßte bei weiblichen SD eine Nahrungskarenz vorgelegen haben. Eine Nahrungsverweigerung bei dieser Versuchsgruppe konnte jedoch nicht beobachtet werden.

Stamm

Vor allem bei den weiblichen Tieren zeigten sich teilweise erhebliche Unterschiede zwischen den Stämmen.

Bei verschiedenen Geweben wurde schon der Einfluss des Rattenstammes auf die Genexpression untersucht. So zeigten SEIDEL et al. (2006) in einer Untersuchung der Hintergrund-Genexpression an der Ratten-Niere, dass Geschlecht und Stamm einen signifikanten Einfluss auf die Genexpression haben. Es wurden bei deren Studie männliche und weibliche Ratten der Stämme Sprague Dawley und Fisher untersucht. Die ebenfalls mit qPCR bestimmte Expression zeigte einen faktoriellen Unterschied von 1,1 bis 30. Die Autoren dieser Studie schließen daraus, dass die Hintergrund-Genexpression, welche durch

DISKUSSION

Stamm und Geschlecht beeinflusst wird, einen Konfounder darstellen kann, wenn Ergebnisse unterschiedlicher Studien miteinander verglichen werden.

Weitere Untersuchungen (SANDBERG et al. 2000, WALKER et al. 2004) zeigten ebenfalls an unterschiedlichen Geweben, dass der Stamm einen Einfluss auf die Genexpression in der Maus bzw. der Ratte haben kann, was in Einklang mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie steht. Allerdings konnte im Schrifttum keine Studie mit einer derartigen Stammkonstellation gefunden werden, so dass Vergleiche mit genau den Stämmen der eigenen Untersuchung nicht erstellt werden können. Eine Interpretation kann zu diesem Zeitpunkt auch anhand der aktuellen wissenschaftlichen Literatur nicht erfolgen und bedarf deshalb weiterer Untersuchungen.

Geschlecht

Bei den Stämmen LEW und SD konnte bei Standardfütterung in 21 von 23 Genen eine niedrigere Genexpression bei weiblichen Tieren als bei den männlichen Tieren nachgewiesen werden. Bei Fettfütterung warn 16 Gene bei weiblichen SD- und LEW-Ratten niedriger exprimiert als bei Männchen. Bei WIS-Tieren konnte dieses allerdings nicht beobachtet werden.

PRIEGO et al. (2008) untersuchten ebenfalls die unterschiedliche hepatische Expression metabolismus-verbundener Gene bei männlichen und weiblichen Wistar-Ratten in Antwort auf eine High Fat-Diät. Das Studiendesign gab eine sechsmonatige Fütterung mit einer High-Fat-Diät vor, bei der 45 % der Kalorien aus Fett stammt. Untersucht wurden u. a. die Gene Glukokinase, Pyruvatkinase, Fettsäuresynthase, AcetylCo-Enzym A, Stearoyl-Coenzym A-Desaturase und Glycerol-3-Phosphat-Acyl-Transferase. Tendenziell zeigte sich in der Studie von PRIEGO et al. (2008) aber allgemein eine höhere Genexpression bei weiblichen Individuen, welche in der vorliegenden Studie nicht erneut belegt werden konnte.

Auch an einem anderen Organ wurde die geschlechtsspezifische Genexpression bereits untersucht. So konnte schon von SEIDEL et al. (2006) die Geschlechtszugehörigkeit als ein bedeutender Einflussfaktor auf die Genexpression der Rattenniere nachgewiesen werden. Als Ursache dafür können die Geschlechtshormone angeführt werden. In diesem Zusammenhang

DISKUSSION

ist z.B. auch bekannt, dass es bei Ratten eine geschlechtsspezifische Sekretion des Wachstumshormons durch die Hypophyse gibt (JANSSON et al. 1985).