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Im Folgenden werden Bilder und Laserscans verallgemeinernd als Aufnahmen bzw. Kamera und Lasers-canner als Aufnahmegeräte bezeichnet. Die in der Ausgleichung zu schätzenden Unbekannten beziehen sich dann entweder auf das jeweilige Aufnahmegerät (aufnahme-invariante Parameter der inneren Orientierung und Zusatzparameter) oder auf die jeweils zugehörigen Aufnahmen (äußere Orientierung). Gegebenenfalls lassen sich einzelne Parameter der inneren Orientierung oder Zusatzparameter auch einer Aufnahme zuord-nen, es wird dann von aufnahme-varianten Parametern gesprochen. Weiterhin können die dreidimensionalen Koordinaten von Objektpunkten als unbekannte Parameter behandelt werden können.

Mögliche unbekannte Parameter in der integrierten Bündelblockausgleichung sind zusammengefasst:

Aufnahmegerät (Kamera, Panoramakamera, Laserscanner):

Innere Orientierung und Zusatzparameter

Aufnahme (Bild, Panorama, Laserscan):

Äußere Orientierung, ggf. aufnahme-variante innere Orientierung und Zusatzparameter

Objektpunkt: Dreidimensionale Koordinaten

Grundsätzlich wird durch die Anzahl der unbekannten Parameter die Anzahl der Spalten der Koeffizien-tenmatrix festgelegt. Da der funktionale Zusammenhang zwischen den Beobachtungen und den Unbekannten meist nicht-linearer Natur ist, müssen zur Linearisierung der Verbesserungsgleichungen Näherungswerte zur Verfügung gestellt werden. In der Software-Realisierung kann jeder Parameter, der als Unbekannte geschätzt werden kann, alternativ auch als fester Parameter in der Ausgleichungsberechnung berücksichtigt werden.

Der als Näherung vorgesehene Wert wird dann als Konstante verwendet.

Die unbekannten oder festen Parameter lassen sich hierarchisch strukturieren: Es können mehrere geome-trische Modelle in der Ausgleichung verwendet werden. Jedem geomegeome-trischen Modell ist eine bestimmte An-zahl unterschiedlicher Aufnahmegeräte zugeordnet und für jedes dieser Aufnahmegeräte kann eine beliebige Anzahl von Aufnahmen vorliegen. Es ist sinnvoll, diese Struktur durch entsprechende Indizes zu verdeutli-chen, auf die in den folgenden Kapiteln zurückgegriffen wird:

Objektpunkt i

Geometrisches Modell bzw. Aufnahmegerät-Typ m

Aufnahmegerät g

Aufnahme j

Beispielsweise tragen die Parameter der äußeren Orientierung der j-ten Aufnahme des g-ten Aufnahmege-rätes, dem das geometrische Modell m zugrunde liegt, den Index m, g, j. Im den folgenden Kapiteln sollen die einzelnen Parameter der Übersicht halber aufgelistet werden.

6.2.1 Innere Orientierung und Zusatzparameter

Die innere Orientierung ist der Zusammenhang zwischen dem Gerätekoordinatensystem und dem System, in dem die Beobachtungen definiert sind (Kapitel 2.2.1.3). Zusatzparameter werden verwendet, wenn das geometrische Modell die physikalische Realität nicht hinreichend genau beschreibt (Kapitel 2.2.1.4). Weil die Parameter der inneren Orientierung und Zusatzparameter sich hinsichtlich ihrer Verwendung in der Bündel-blockausgleichung nicht unterscheiden, werden sie im Folgenden zusammengefasst.

In Tabelle 6.1 sind die wichtigsten in der integrierten Bündelblockausgleichung berücksichtigten Parame-ter der Aufnahmegeräte zusammengestellt, die entweder geschätzt werden oder mit einem konstanten Wert in die Berechnung eingehen können. Weitere Parameter, wie beispielsweise Parameter zur Kompensation des Taumelverhaltens von Panoramakamera und Laserscanner oder zyklische Phasenfehler der Distanzmessung bei Laserscannern können ebenfalls in der Ausgleichung geschätzt werden.

Aufnahmegerät Parameter

Zentralperspektive Kamera und Fisheye-Kamera c Kamerakonstante x0', y0' Bildhauptpunktkoordinaten A1, A2, A3 Radial-symmetrische Verzeichnung B1, B2 Rad.-asym. und tangentiale Verzeichnung C1, C2 Affinität und Scherung

Panoramakamera (zylindrisch und vollsphärisch) r' Zylinder- bzw. Kugelradius e Exzentrizität Projektionszentrum y0' Bildhauptpunktkoordinate

K, N Neigung und Kantung der Sensorzeile A1, A2, A3 Radial-symmetrische Verzeichnung C1 bzw. Ah Affinität des Bildkoordinatensystems Terrestrischer Laserscanner (bzw. Tachymeter) a0 Additionskorrektur der Distanz

a1 Maßstabskorrektur der Distanz bZ, bK Zielachs- und Kippachsabweichung

cH Höhenindexabweichung

bE, cE Zielachsexzentriziät horizontal und vertikal bT1, bT2 Teilkreisexzentrizität horizontal

cT1, cT2 Teilkreisexzentrizität vertikal

Tabelle 6.1: Parameter der inneren Orientierung und Zusatzparameter für die integrierte Bündelblockausgleichung

Alle inneren Orientierungs- und Zusatzparameter lassen sich wahlweise dem Aufnahmegerät (aufnahme-invariant) oder der Aufnahme (aufnahme-variant) zuordnen. Letzteres ist sinnvoll, wenn der entsprechende Parameter nicht stabil ist und sich von Aufnahme zu Aufnahme unterscheiden kann.

6.2 Unbekannte Parameter

6.2.2 Äußere Orientierung

Jeder Aufnahme müssen Parameter der äußeren Orientierung zugeordnet werden (Kapitel 2.2.1.2). Das ist die dreidimensionale Position (Translation) und die Ausrichtung (Rotation) des Gerätekoordinatensystems zum Zeitpunkt der Aufnahme im übergeordneten Objektkoordinatensystem. Die Position wird durch die Ko-ordinaten X0, Y0, Z0 (Ursprung des Gerätekoordinatensystems) und die Ausrichtung durch die drei Winkel ω, φ, κ beschrieben. Alternativ kann die Rotation auch durch die Quaternionen a, b, c, d beschrieben werden (Kapitel 2.1.1.3). Werden die vier Quaternionen als Unbekannte in der Ausgleichung geschätzt, liegt eine Überparametrisierung vor, die durch Einführung einer zusätzlichen Bedingungsgleichung (entsprechend Glei-chung 2.6) für jede Aufnahme beseitigt werden kann.

6.2.3 Objektpunktkoordinaten

Grundsätzlich können die dreidimensionalen Koordinaten von Objektpunkten als Unbekannte geschätzt werden, wenn sie in mindestens zwei Aufnahmen, von zwei unterschiedlichen Positionen aus beobachtet wur-den. Allerdings sind zwei Aufnahmen nicht ausreichend, wenn keine Passpunkte vorliegen und gleichzeitig die innere Orientierung und Zusatzparameter bestimmt werden sollen. Werden Beobachtungen eines Lasers-canners oder Tachymeters mit ausgeglichen, reduziert sich die Anzahl der notwendigen Aufnahmen, weil je-der Punkt drei Beobachtungen liefert, während ein in einem Bild oje-der Panoramabild gemessener Punkt nur zwei Beobachtungen liefert.

Für jede Objektpunktkoordinate kann festgelegt werden, ob sie als Unbekannte geschätzt wird, oder als fester Wert in die Ausgleichung eingeht. Es handelt sich entsprechend um einen Neupunkt oder einen Pass-punkt. Alternativ können auch nur einzelne Koordinaten eines Objektpunktes geschätzt werden.

6.2.4 Anzahl der unbekannten Parameter

Die Anzahl der in der Ausgleichung zu schätzenden unbekannten Parameter kann nach der folgenden Gleichung (6.1) ermittelt werden:

(6.1) Mit:

u = maximale Anzahl der Unbekannten

nM = Anzahl der verwendeten unterschiedlichen Arten geometrischer Modelle m = fortlaufende Nummer des geometrischen Modells

nG m = Anzahl der verwendeten Aufnahmegeräte mit geometrischem Modell m g = fortlaufende Nummer des Aufnahmegerätes

nA m,g = Anzahl der verwendeten Aufnahmen vom Aufnahmegerät g j = fortlaufende Nummer der Aufnahme

nP = Anzahl der zu schätzenden Neupunkte i = fortlaufende Nummer des Neupunktes

uinvm,g = Anzahl der aufnahme-invarianten Zusatzparameter und Parameter der inneren Orientierung für das Aufnahmegerät g

uvar m,g,j = Anzahl der aufnahme-varianten Zusatzparameter und

Parameter der inneren Orientierung für die Aufnahme j

ui = Anzahl der unbekannten Koordinaten für den Punkt i (maximal 3) u=

m=1 nM

[

g=1nGm

uinvm , g

jn=1Am , g

6uvarm, g , j

 ]

i=1nP ui

Gleichung (6.1) geht davon aus, dass für jede Aufnahme alle 6 Parameter der äußeren Orientierung und für jeden Neupunkt alle 3 Koordinaten als Unbekannte geschätzt werden. Die Anzahl der Parameter reduziert sich, wenn einzelne Parameter nicht als Unbekannte geschätzt werden, sondern als Konstante behandelt wer-den.

Ein synthetisches Beispiel (Tabelle 6.2) soll die Berechnung der Anzahl der Unbekannten verdeutlichen.

In diesem Beispiel kommen 2 verschiedene terrestrische Laserscanner mit je 3 Scans von unterschiedlichen Standpunkten, eine Panoramakamera mit je 2 Aufnahmen und 3 verschiedene zentralperspektive Kameras mit je 8 Aufnahmen zur Berechnung von 100 Objektpunkten zum Einsatz. Alle in Tabelle 6.1 aufgeführten Para-meter werden im Beispiel wegen der besseren Übersichtlichkeit als aufnahme-invariant (uvar m,g,j = 0) behan-delt:

Geom. Modell

nModelle = 3 nGm Aufnahmegerät g uinvm,g nAm,g Parameter

äuß. Ori. u

TLS (m = 1) 2 Terr. Laserscanner A (g = 1) uinv1,1 = 11 3 3 · 6 29

Terr. Laserscanner B (g = 2) uinv1,2 = 11 3 3 · 6 29

Panorama (m = 2) 1 Panoramakamera A (g = 1) uinv2,1 = 9 2 2 · 6 21

Zentralpersp.

Kamera (m = 3) 3

Zentralpersp. Kamera A (g = 1) uinv3,1 = 10 8 8 · 6 58 Zentralpersp. Kamera B (g = 2) uinv3,2 = 10 8 8 · 6 58 Zentralpersp. Kamera C (g = 3) uinv3,3 = 10 8 8 · 6 58

100 Neupunkte (jeweils mit X, Y, Z als Unbekannte) 300

Anzahl der Unbekannten (Gesamt) 553

Tabelle 6.2: Anzahl der Unbekannten für ein synthetisches Berechnungsbeispiel

Das Beispiel in Tabelle 6.2 demonstriert zugleich die bei der Realisierung der integrierten Bündelblock-ausgleichung zu berücksichtigende Komplexität der zu definierenden Datenstrukturen (vgl. Anhang A.3).