Auf Grundlage der in der Analysephase erfolgten Positionsbestimmung inkl. Ermittlung des Reife
grades des IT-Einsatzes und des in der Definitions
phase festgelegten Zielbildes erfolgt in der dritten Stufe des Vorgehensmodells die Umsetzung abge
leiteter Maßnahmen. Ziel ist es, das ITManagement so aufzustellen, dass eine erfolgreiche Digitalisie
rung ermöglicht wird. Für ein typisches EVU könnte dies beispielhaft bedeuten, dass:
↳eine IT-Strategie inkl. Digitalisierungs-strategie vorliegt,
↳alle relevanten Entscheidungsprozesse den IT-Einsatz betreffend durch Vorgaben der IT- Governance definiert sind,
↳das Geschäftsprozess- und Anwendungs-architekturmanagement Fachbereiche und IT befähigen, gemeinsam und auf Augenhöhe Anforderungen an eine adäquate IT-Unter-stützung zu formulieren,
↳ein Portfolio- und Multiprojektmanagement etabliert ist,
↳IT-Services hocheffizient erbracht werden,
↳Informationssicherheit und Datenschutz explizit adressiert werden,
↳innovative Technologien, Plattformen und Organisationsansätze laufend durch gewisse Monitoringprozesse auf ihre Eignung für den Einsatz im Unternehmen untersucht werden und
↳strategische Partnerschaften eingegangen werden.
In der Umsetzungsphase sollte das Hauptaugen
merk zusätzlich auf die Themen ChangeManage
ment, ITControlling sowie ITSicherheit gelegt werden.
3.3.1 Change-Management
Das ChangeManagement unterstützt dabei, notwendige Änderungen an den ITVerfahren effektiv und effizient umzusetzen (Groß 2011). Basis für eine erfolgreiche Implementierung eines zu
kunftsfähigen ITManagements bilden die Mitar
beiter eines EVU. Vor allem eine positive mentale Einstellung Ver änderungen gegenüber und damit die Bereitschaft für die schnelle Adaption von Innovationen, aber auch eine gewisse Fehlertole
ranz, machen wichtige Erfolgsfaktoren aus. Das wird am besten durch eine planvolle und flächen
deckende Kommunikation erreicht.
Wichtigstes Werkzeug dabei sind neben den Führung kräften sogenannte Change Manager, projekterfahrene Manager mit viel Expertenwissen im ChangeManagement, welche im Idealfall eine solide Kommunikationsfähigkeit, die Bereitschaft zur Kooperation und partnerschaftlichen Konfliktlösung, IT-Controlling Datensicherheit
Change-Management
Definition
2 3
UmsetzungAnalyse
1
Analyse1
Abbildung 12: Schritt 3 – Umsetzung Quelle: Eigene Darstellung
2 / Zukunfts orientiertes IT-Management in Energie versorgungs unternehmen
Motivationsgabe und die Fähigkeit zur Organisation von Teamprozessen in sich vereinen (Capgemini Consulting 2015).
Das ChangeManagement kann in drei Phasen unterteilt werden, die sich unterschiedlichen Herausforderungen stellen müssen. Die Anfangs
situation eines Unternehmens zu Beginn des Veränderungsprozesses steht vor allem einer allgemeinen Trägheit unter Mitarbeitern und damit etablierten Prozessen, Abläufen und Kulturen gegenüber. Um eine Startmotivation und einen Grundimpuls für Wandlungsbereitschaft unter den Beteiligten zu schaffen, ist es wichtig, mit dem Wandel beim Individuum und der sich transformie
renden Organisation zu beginnen. Erst wenn unter den Personen des Unternehmens auch ein Wille zum Wandel und eine Bereitschaft zur aktiven Beteiligung geschaffen wurde, kann der Verände
rungsprozess beginnen. Dieser läuft Gefahr, durch interne oder externe Widerstände aus verschie
denen Abteilungen und Ebenen aber auch einer fehlenden Orientierung innerhalb des Ver
änderungsprozesses zu scheitern. Eine intrinsische
Motivation mit dem Selbstzweck als Ziel der
Handlung muss an dieser Stelle geschaffen werden.
Hilfreich dafür sind Methoden wie Kollaborationen zwischen Unternehmen, eine neue Selbstorgani
sation, Mitarbeiterzufriedenheitsanalysen und
motivation. Ein neues ChangeManagement fordert von Unternehmen, sich aktiv weiterzuentwickeln.
Wichtig dabei ist, dass obwohl die Digitalisierung und Technisierung und damit neue Kompetenzen und Anwendungen zunächst im Vordergrund zu stehen scheinen, der Mensch bzw. Mitarbeiter jedoch an keiner Stelle außer Acht gelassen werden sollte und bei allen Veränderungen mit einbezogen wird. Nur durch ein aktives Veränderungs
management zusammen mit den Mitarbeitern kann eine digitale Transformation erfolgreich gemeistert werden (Wanner 2017).
So kann schließlich das Ziel der Transformation erreicht werden, sofern dies eindeutig definiert wurde. Eine Klarheit der Zielvision sollte bei allen Beteiligten vorherrschen (Lauer 2019).
Abbildung 13: Zielvision für Transformation im Change-Management Quelle: Eigene Darstellung
Herausforderungen Trägheit
Zielmotivation fehlende Orientierung
& Widerstände
Überwindung der Herausforderungen durch Kommunikation, Projektorganisation, Konsultation
unklare Ziele
Erfolgsfaktoren Strukturschaffung
durch: Weiterbildung, Teilnahme &
Integration der Beteiligten
Erzeugung motivieren-der Kraft durch:
Klarheit der Vision unter den Beteiligten Prozessmotivation
Startmotivation
Motivationen
Anfangssituation Veränderungsprozess Ziel
Grundimpuls für Wandlungsbereit-schaft durch:
Person & lernende Organisation
2 /Zukunfts orientiertes IT-Management in Energie versorgungs unternehmen
Für die Überwindung der Herausforderungen im ChangeProzess sind in allen Phasen Kommunikation, Projektorganisation sowie Konsultation wichtige Erfolgsfaktoren. Durch eine ebenenübergreifende Kommunikation wird nachhaltig Transparenz und Orientierung für alle Beteiligten geschaffen. Sie dient dabei als Katalysator und schafft informatorische Transparenz, erkennt und schwächt Widerstände ab, verstärkt den Prozess im Sinne einer positiven Rückkopplung und fördert soziale Integration (Lauer 2019). Eine angemessene Kommunikations
kultur spielt ebenfalls bei der Konsultation,
sprich der Inanspruchnahme von externen oder auch hausin ternen Beratungsleistungen eine Rolle. Im Rahmen von Strategie, IT oder Personalberatung kann der ChangeProzess unterstützt werden (ebd.).
Auch Methoden des Projektmanagements helfen dem ChangeManagement, verschiedene Aufgaben für die Bewertung, Qualifizierung und kontrollierte Steuerung aller ITProjekte übergreifend zu analysieren.
Durch ein solches Management kann eine sach
gerechte Anforderungsdefinition für IT-Projekte stattfinden, damit nur gewinnbringende bzw.
ziel führende Projekte identifiziert und umgesetzt werden. Kosten, Nutzen, Risiken und Chancen werden gemeinsam betrachtet und der Projekt
aufwand durch die Betrachtung im Idealfall um 5 bis 10% reduziert (Tiemeyer 2017).
3.3.2 Strategisches IT-Controlling und Datensicherheit
Auch das ITControlling unterliegt einem Wandel durch die digitale Transformation.
Diente das Controlling vorher ledig
lich der Überwachung der Kosten, welche die IT verursachte, so stehen jetzt vor allem die Darstellung von Leistungen, Wertbeiträgen und der Nutzen der IT im Mittelpunkt.
Vor allem gewinnen Risikokennzahlen und zukunftsbezogene Informationskennzahlen (Prog
nosen) sowie systemgestützte szenarienbasierte Planungsrechnungen zur Ableitung konsistenter Strategien an Bedeutung (Rahmel et al. 2012). Für eine Überwachung der Zielerreichung müssen in diesem Zusammenhang Kennzahlen verwendet werden, um die Leistung verschiedener Prozesse sowie deren Qualität zu erheben und zu analysieren.
Die Ziele eines angepassten zukunftsorientierten IT-Controllings umfassen Effizienz und Effektivität von Planung, Steuerung und Kontrolle aller IT
Prozesse (Tiemeyer 2017).
Mit Kennzahlen, die an Prozesse geknüpft sind, können Zielgrößen und Zielwerte operationalisiert und so genaue Vorgaben von festgelegten Zielen gemacht werden. Bei den großen EVU stehen ergebnisbasierte und wertorientierte Kennzahlen im Vordergrund. Kleine EVU konzentrieren sich hin
gegen eher auf die ergebnisbasierten Größen oder die Rohmarge (Rahmel et al. 2012). Der große Nutzen von Kennzahlen besteht vor allem darin, nach erfolgreicher Implementierung bestehende Soll und IstAbweichungen zu analysieren und gegebenenfalls direkt anzupassen. Kennzahlen sind damit gut geeignet, bestehende Sachverhältnisse objektiviert darzulegen und an Akteure des Unter
nehmens weiterzugeben. Sie erfüllen daher nicht nur eine wichtige Kontroll sondern auch Kommuni
kationsfunktion, welche durch Transparenz auch das Verständnis der beteiligten Mitarbeiter für vorliegende Prozesse schärft. Maßnahmen, die auf Basis von Kennzahlen zur Optimierung ergriffen werden müssen, sind damit verständlich und begründet für die relevanten Akteure zugänglich.
Nicht nur mögliche Problemquellen, sondern ebenfalls Erfolge können damit sichtbar und ein
deutig erhoben werden. Dafür ist die Nutzung eines Verhältnismaßstabes unabdinglich. Dies ist die Grundlage, um durch Prozessmodellierung tatsäch
lich einen Mehrwert für das Unternehmen zu generieren.
2 / Zukunfts orientiertes IT-Management in Energie versorgungs unternehmen
Wichtig dabei ist, eine angemessene Anzahl an Kennzahlen festzulegen, welche durchgängig erhoben und analysiert werden sollen. Zu viele Kennzahlen können schnell zu einer schwierig zu handhabenden Komplexität führen. Zu wenige hingegen begünstigen zwar die Verdichtung von Informationen, können aber auch wesentliche Einflussfaktoren und Ursachenquellen verschleiern (Helmke und Uebel 2016).
ITControlling sollte dabei in jeder der Phasen des Vorgehensmodells mitgedacht werden. Die Koordi
nation des Informationsmanagements einer Organi
sation und die Information des Managements über die Effektivität und Effizienz der IT-Aktivitäten stehen hierbei im Mittelpunkt (Tiemeyer 2017).
Das ITControlling kann als Stabsstelle, Parallelorga
nisation oder einer Kombination beider Formen im Unternehmen verankert sein. Im Gegensatz zum ergebnisverantwortlichen ITManagement ist das ITControlling für die Transparenz verantwortlich.
Damit bietet es dem Management einen Informati
ons, Entscheidungs und Koordinationsservice.
Im Fall des Vorgehensmodells sollte das IT Control
ling sowohl im Rahmen der ITGovernance in der Definitionsphase als auch in der Umsetzung hinsicht
lich des ChangeManagements bedacht werden.
Auch das Thema IT und Datensicherheit sollte mit besonderer Aufmerksamkeit behandelt werden.
Neue Bedrohungen entwickeln sich mit fortschrei
tender Digitalisierung und der Abhängigkeit von Informations und Telekommunikationssystemen.
Ein Ausfall des Betriebs sowohl durch Angriffe, aber auch durch schlichte Unachtsamkeit oder lapidare Vorsichtsmaßnahmen kann verheerende Folgen haben. Nicht nur der Schutz zentraler Netzleit
und Netzführungssysteme, sondern auch anderer unternehmensinterner Systeme wie kaufmännische
Anwendungen oder die Verarbeitung
personen bezogener Kundendaten beispielsweise in Onlineportalen sollten eine zentrale Rolle spielen (BBH 2017).
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen Änderungen in der Organisation des IT Betriebs und Investitionen zur Anpassung der IT-Landschaft stattfinden. Im Idealfall wird der Bereich der ITSicherheit und des Datenschutzes in der Geschäftsführungsebene verankert – schließ
lich muss dort gehaftet werden, wenn Probleme auf tauchen. Eine entsprechende Positionierung sollte dabei schon in der Definitionsphase vorgese
hen werden. So haben vor allem große Unterneh
men eine zentrale und verantwortliche Instanz für Datensicherheit etabliert, bei den kleinen und mittleren Unternehmen sind es hingegen nur 70%
(ebd.). Hier besteht unbedingt Nachholbedarf.
Die tadellose Umsetzung der neuen regulatorischen DatenschutzGrundverordnung ist dabei zwingende Voraussetzung, genau wie die Einhaltung des ITSicherheitsgesetzes oder der Einsatz eines Information Security Management Systems (ISMS) zur Definition von Regeln und Methoden zur Gewährleistung der Informationssicherheit im Unternehmen. Wichtig dafür ist es, entsprechende Rollen und Verantwortlichkeiten fest zu verteilen.
Auch die Hilfe externer Experten ist hierbei anzu
raten. Für diese sollte stets im Mittelpunkt stehen, dass ITSicherheit angesichts flächendeckender digitaler Veränderungen geschäftsprozess über
greifend angegangen werden muss.
Auf das Thema ITSicherheit und Datenschutz wird genauer in in den Beiträgen → drei und → vier des Kompendiums eingegangen.
2 /Zukunfts orientiertes IT-Management in Energie versorgungs unternehmen