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Trägerschaftsaufgaben in den Bereichen Abfallwirtschaft, Umwelt, Kultur, Sport, Messen

Landesplanung als Politikgestaltung – Die Umsetzung in der Region Stuttgart in den Neunzigerjahren

3 Der Verband Region Stuttgart

3.5 Trägerschaftsaufgaben in den Bereichen Abfallwirtschaft, Umwelt, Kultur, Sport, Messen

Bei den Trägerschaftsaufgaben in den Bereichen Abfallwirtschaft, Umwelt, Kultur, Sport und Messen handelte es sich um Aufgabenbereiche, die entweder – wie im Fall der Landschaftsrahmenplanung – zusammen mit der Regionalplanung erledigt wurden und werden oder, wie im Fall von Kultur, Sport und Messen, durch finanzielle Zuschüs-se abgedeckt werden. Für dieZuschüs-se freiwilligen Aufgaben ist bis zur Novellierung des GVRS im Jahr 2005 als Besonderheit eine Zweidrittelmehrheit in der Regionalver-sammlung erforderlich gewesen, seither reicht eine einfache Mehrheit. Ein Highlight in diesem Kontext bildete die regionale Koordination im Rahmen der Bewerbung Stutt-garts um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2012 auf nationaler Ebene in den Jahren 2002 und 2003.

Zunehmende Bedeutung findet die Konzeption des Landschaftsparks Region Stutt-gart, weil damit ein neues Instrument der Regionalentwicklung entstanden ist. Dabei geht es um die Entwicklung der grünen Infrastruktur als Pendant zur grauen Infrastruk-tur aus Verkehrswegen und Siedlungsflächen. Da in Zukunft die weichen Standortfakto-ren zunehmend an Bedeutung gewinnen werden, ist bei einer frühzeitigen und guten Positionierung einer Region ein Wettbewerbsvorteil zu erwarten, der eine regionale Koordination und notwendigerweise auch Umsetzung sinnvoll und erforderlich macht.

Die Umsetzungskompetenz für den Landschaftspark fehlte allerdings bei Gründung des Verbandes Region Stuttgart im Jahr 1994 noch vollständig und wurde 2005 zugebilligt.

In Bereich der Abfallwirtschaft waren die Kompetenzen der Region bei der Gründung 1994 auf die Entsorgung von mineralischen Abfällen und verunreinigtem Bodenaushub beschränkt worden. Im Jahr 1999 wurde dem Verband Region Stuttgart zusätzlich ein qualifiziertes Anhörungsrecht bei einschlägigen Gesetzgebungsverfahren zugebilligt.

Diese geringe Zuständigkeit machte den Aufbau einer eigenen Administration wenig sinnvoll, weshalb dieser Bereich über eine Kooperationsvereinbarung der

Abfallverwer-Landesplanung als Politikgestaltung

tungsgesellschaft des Landkreises Ludwigsburg übertragen wurde.13 Weiterreichende Zuständigkeiten wären Anfang der Neunzigerjahre eventuell sinnvoll gewesen, um Überkapazitäten im Entsorgungsbereich angesichts steigender Recyclingquoten nicht entstehen zu lassen, allerdings ist dieser Themenbereich bis auf den Themenkomplex des Verkehrs durch Mülltourismus regionalpolitisch heute nahezu unbedeutend.

Herauszuheben ist abschließend die Beteiligung des Verbandes Region Stuttgart an der Neuen Messe Stuttgart, die seit Oktober 2007 in Betrieb ist. Hier spielt der Verband Region Stuttgart in mehrfacher Hinsicht eine besondere Rolle. Zum einen wurde im Rahmen einer Regionalplan-Fortschreibung der Standort ausgewählt und gegen den Willen der Standortkommune gesichert. Dies zog eine gerichtliche Auseinandersetzung nach sich, die schließlich in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ende-te, nach der eine solche Vorgehensweise bei regional bedeutsamen Infrastrukturvorha-ben in einem Verdichtungsraum gerechtfertigt ist, wenn die Kommune ordnungsgemäß angehört wurde und das Verfahren einschließlich der Abwägung ordnungsgemäß durchgeführt wurde.14 Zum Zweiten hat der Verband Region Stuttgart die Baukosten der Neuen Messe von insgesamt rund 800 Mio. Euro mit rund 50 Mio. Euro aus Umla-gemitteln mit finanziert, um damit einen maßgeblichen Beitrag für die regionale Wirt-schaftsförderung zu leisten.

4 Weiterentwicklung des Verbandes Region Stuttgart und Ausblick Die inzwischen rund 15-jährige Arbeit des Verbandes Region Stuttgart kann insgesamt als erfolgreich bezeichnet werden. Sie wurde in den Jahren 1998 und 2002 durch eigene Arbeitsbilanzen15 und Anhörungen des Landes16 evaluiert, die in beiden Fällen auch in eine Erweiterung der Kompetenzen mündete. Als solche sind im Wesentlichen das im Jahr 1999 zugebilligte Anhörungsrecht bei Gesetzgebungsverfahren im Bereich der Ab-fallwirtschaft und die Möglichkeit, auch Ersatzverkehre für die S-Bahn zu finanzieren, sowie die im Jahr 2005 zugebilligte Möglichkeit der Co-Finanzierung für den Land-schaftspark (50/50-Finanzierung mit den Kommunen) und der Entfall der Zweidrittel-mehrheit für freiwillige Trägerschaften in den Bereichen Kultur, Sport, Messe zu nen-nen. Im Rahmen der grundlegenden Verwaltungsreform in Baden-Württemberg im Jahr 2004, in der eine Vielzahl von Sonderbehörden in die Landratsämter und Regierungs-präsidien eingegliedert wurden sind auf den Verband Region Stuttgart wie auch auf die anderen Regionalverbände in Baden-Württemberg keine zusätzlichen Aufgaben über-tragen worden, ihre Kompetenzen wurden aber auch trotz anderslautender Befürchtun-gen nicht geschmälert.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Modell Verband Region Stuttgart bezüglich seiner Organisation und Verankerung in der Region insgesamt als erfolgreich bezeichnet werden kann. Dafür spricht auch die Entwicklung in der Rhein-Neckar-Region, in der ähnlich wie in Stuttgart im Jahr 2005 durch eine Änderung des Staatsver-trages zwischen Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz für die Metropolre-gion Rhein-Neckar ein fachübergreifender Ansatz gewählt wurde.17 Darin wurden rund

13 Verband Region Stuttgart (2002): Sitzungsvorlage 102/2002 zur Regionalversammlung am 9. Oktober 2002 – Zwischenbilanz über die bisherige Arbeit und Weiterentwicklung des Verbandes Region Stuttgart.

14 BVerwG 4 CN 29.01; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Neuen Messe Stuttgart vom 15.05.2003.

15 Verband Region Stuttgart (1998): Sitzungsvorlage 96/98 zur Regionalversammlung am 1. April 1998 – Aufga-ben des Verbandes Region Stuttgart – Prüfung der gesetzlichen Regelung und eventuelle Anpassung; Verband Regi-on Stuttgart (2002), Sitzungsvorlage 102/2002, a. a. O.

16 Epple, K. (1998): Der Verband Region Stuttgart auf Erfolgskurs. Die Gemeinde – Kommunalzeitschrift des Lan-des Baden-Württemberg, BWGZ 16/98.

17 Staatsvertrag zwischen den Ländern Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz über die Zusammenarbeit bei der Raumordnung und Weiterentwicklung im Rhein-Neckar-Gebiet vom 26.07.2005.

10 Jahre nach Gründung der Region Stuttgart bezüglich der Aufgaben und der Organi-sationsform einige Punkte (allerdings nicht alle) des Stuttgarter Modells aufgegriffen.

Kritisch zu bemerken bleibt bis heute neben dem Fehlen einer eigenen Finanzie-rungsquelle (die Umlagefinanzierung ist neben zweckgebundenen die einzige Finanz-quelle und führt immer wieder zu heftigen politischen Diskussionen), dass eine Weiter-entwicklung der Raum- und Regionalplanung sowie ihrer Instrumente hin zu einem zeitgemäßen Regionalmanagement sowie eine Abrundung der Kompetenzen angesichts des sich verschärfenden interkommunalen und globalen Wettbewerbs nach wie vor er-forderlich ist, um die Chancen der Region im internationalen Standortwettbewerb zu verbessern. Dazu gehören:

ƒ Eine stringente und schlagkräftige Regionalplanung, die eine überörtlich und über-fachlich abgestimmte Angebotsplanung für die Kommunen erlaubt, aber der Subur-banisierung sowie dem Flächenverbrauch und den daraus entstehenden Verkehrs-problemen Einhalt gebietet (z. B. fehlen schlagkräftige quantitative Steuerungsin-strumente), ist unbedingt erforderlich.

ƒ Eine konsequente Umsetzung der überörtlichen Landschaftsplanung zur Sicherung des vorhandenen abwechselungsreichen Naturraumes gehört zu einem zeitgemäßen Regionalmanagement. Hier gilt es besonders, die Qualitäten des Naherholungsrau-mes herauszustellen, um auch die weichen Standortfaktoren zu unterstreichen. Die Freiräume liegen zwischen den Siedlungsgebieten und müssen im überörtlichen Verbund als Naherholungs- und Freizeitraum attraktiv gehalten und zugänglich ge-macht werden.

ƒ Ebenso gehören eine überörtliche Wirtschaftsförderung und ein Standortmarketing, die sich in Arbeitsteilung mit der örtlichen Wirtschaftsförderung um die Bestands-pflege kümmern und von der regionalen Ebene die Wahrnehmung der Region im europäischen und globalen Wettbewerb steigern können, zu einem zeitgemäßen Portfolio.

ƒ Angesichts der heutigen Herausforderungen und unter den Vorzeichen des demo-grafischen Wandels sowie der Finanzknappheit im öffentlichen Sektor erscheint ei-ne Fortentwicklung der Zuständigkeiten im Verkehr durch eiei-ne einheitliche Aufga-benträgerschaft im öffentlichen Verkehr sowie der Schaffung eines integrierten Verkehrsmanagements unter Einschluss des Individualverkehrs als sinnvoll und wünschenswert, um den Standort erreichbar und wettbewerbsfähig zu erhalten.

ƒ Außerdem ist bei der Infrastruktur eine stärkere Mitsprache bei der Weiterentwick-lung der Standorte für die soziale und Bildungsinfrastruktur mit Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern etc. und der Harmonisierung der Zugangsmöglichkeiten, die oft an den Kreisgrenzen Halt machen und damit kaum der Lebenswirklichkeit in der hoch vernetzten Region entsprechen, für die weitere Zukunft sinnvoll und wün-schenswert, um den Standort für die hier lebenden Menschen langfristig attraktiv zu erhalten.