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Bernd Scholl

Die LAG-Leiter und ihre Zeit – Die Jahre 2000 bis 2004

Gerne erinnere ich mich an die Zeit als Leiter der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Baden-Württemberg. Als ich die Anfrage zur Mitgliedschaft und später zur Leitung erhielt, fragte ich mich jeweils, was die besonderen Möglichkeiten dieser Gruppierung seien.

Als Mitglied der LAG schätzte und schätze ich den Austausch unter Kolleginnen und Kollegen, wohl wissend, dass dem informellen Teil der Veranstaltungen besondere Be-deutung zukommt. Die Mitglieder der LAG Baden-Württemberg trafen und treffen sich meist zweimal jährlich während zweier Tage. Durch regionale Einführungen, spezielle Vorträge und den anschließenden Austausch gewinnt man rasch vertiefte Einblicke und mit der Zeit auch einen gewissen Überblick, welche Themen und Fragen für die räumli-che Entwicklung der verschiedenen Regionen und auch landesweit von Bedeutung sind.

Nicht vergessen werden sollte der Blick über die Landes- und Ländergrenzen. In der LAG Baden-Württemberg hat die Behandlung grenzüberschreitender Themen eine be-sondere Bedeutung und Tradition. Der Austausch, jeweils an verschiedenen Orten des Landes, vertieft das Verständnis für die regionalen Eigenheiten und öffnet die Sinne für notwendige Differenzierungen. Vertreter der Hochschulen erhalten durch die sich stel-lenden offenen Fragen aus der Praxis wertvolle Impulse für Forschungsthemen. Mir wurde beispielsweise bei den zahlreichen Gesprächen innerhalb der LAG bewusst, dass trotz vielfältiger Forschungen zur Begrenzung des Siedlungsflächenverbrauches noch erhebliche Fortschritte notwendig sind, um die Zersiedelung des Raumes zu dämpfen.

Insbesondere der Austausch mit den Kollegen der Regionalplanung und Vertretern der zuständigen Ministerien haben schließlich zu einigen Initiativen zur Stärkung des regio-nalen Flächenmanagements geführt. Baden-Württemberg dürfte heute auf diesem Ge-biet zu den innovativsten Bundesländern gehören. Ich erwähne dies, weil der persönli-che und vertrauensbildende Austausch innerhalb der LAG helfen kann, den Boden für tragfähige Zusammenarbeiten – über räumliche, fachliche und institutionelle Grenzen – zu bereiten.

Aus den Erfahrungen der Mitgliedschaft und in enger Abstimmung mit der Len-kungsgruppe reiften während der hier dargestellten Zeitspanne drei Schwerpunkte, die es verdienen, hervorgehoben zu werden: Diese betreffen (1) die Förderung des Austau-sches mittels Internet, (2) die personelle Stärkung der LAG und (3) die Fokussierung auf Rahmenthemen anlässlich der Sitzungen der LAG.

Förderung des Austausches mittels Internet

Die Landesarbeitsgemeinschaften der ARL verstehen sich als regionale Plattform für einen differenzierten Diskurs zu bedeutsamen Themen der Raumforschung und Raum-entwicklung. Sie sind damit im besten Sinne das „föderale Gewissen“ der ARL und aus meiner Sicht ein unverzichtbarer und wertvoller Bestandteil der Akademie. Um den Austausch der LAG auf den inhaltlichen Diskurs konzentrieren zu können, kamen wir in der damaligen Lenkungsgruppe überein, zusätzliche Spielräume für den Austausch durch den Einsatz neuer Medien zu testen und eine Internetplattform für den Austausch innerhalb der LAG einzurichten. Diese sollte den Austausch der Mitglieder anregen, wichtige Informationen für Mitglieder und Arbeitsgruppen bereitstellen und den

Ge-schäftsführer, wenn möglich, entlasten. Mitarbeiter meines damaligen Institutes für Städtebau und Landesplanung waren für die vorbereitenden Arbeiten bereit und stellten die Plattform innerhalb kurzer Zeit als Pilotprojekt zur Verfügung. Es wurde deutlich, dass die internetbasierte Plattform erweiterte Möglichkeiten – auch für den Austausch zwischen den LAGs – bieten konnte und deshalb etabliert werden sollte. Das damalige Präsidium der ARL befürwortete die Einführung nachdrücklich. Im zwischenzeitlich eingeführten regelmäßigen Austausch zwischen den Leitern der LAGs wurde schließ-lich der Wunsch geäußert, dass alle LAGs über dieses Instrument verfügen sollten. In der Folge wurden in einem über einjährigen Prozess die dazu notwendigen Arbeiten, wiederum durch Mitarbeiter des Institutes für Städtebau und Landesplanung, realisiert.

Besonderer Dank gebührt hier Frau Dr. Susanne Dahm, die heute Mitglied der LAG ist und Dr. Hany Elgendy. Herr Köneke betreute die Arbeiten seitens der ARL. Die Inter-netplattformen der LAGs gehören mittlerweile zum festen Repertoire des Austausches und der Information. Es freut mich, dass das damalige Präsidium der ARL, der General-sekretär und die Leitungskollegen der LAGs die Initiative der LAG Baden-Württemberg mit Rat und Tat unterstützt haben. Die technischen Möglichkeiten dürfen aber nicht überbewertet werden. Wie wir wissen und bei den Internetdiskursen der ARL auch er-fahren haben, können diese den Austausch unterstützen, nicht aber ersetzen. Das per-sönliche Gespräch steht nach wie vor im Zentrum.

Personelle Stärkung der LAG

Ein weiter Schwerpunkt war deshalb das Bemühen, die LAG insbesondere durch jünge-re und auch weibliche Mitglieder zu verstärken. In den Jahjünge-ren 2000 bis 2004 gelang dies. Von im Jahre 2000 etwas über 40 Mitgliedern ist die LAG auf heute über 60 Mit-glieder gewachsen und gehört damit zu den mitMit-gliederstarken LAGs. Mir schien der Diskurs zwischen älteren und erfahrenen Persönlichkeiten mit jungen, talentierten und hoch motivierten Kolleginnen und Kollegen besonders bedeutsam zu sein. Unsere Pro-fession lebt vom persönlichen Austausch zwischen den Generationen, der durch nichts zu ersetzen ist. Als Hochschullehrer freut es mich besonders, dass es gelang, vielver-sprechende jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Arbeit innerhalb der LAG Baden-Württemberg zu gewinnen. Bei den in unserer Zeit vielfältigen Mög-lichkeiten des Austausches und der notwendigerweise erforderlichen stärkeren Präsenz auf internationalen Bühnen ist ihr Engagement nicht selbstverständlich. Praxisnähe und weit gespannter akademischer Diskurs können sich innerhalb der LAG auf diese Weise eindrücklich entfalten.

Fokussierung auf Rahmenthemen

„In den LAGs engagieren sich Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Verwaltung und den freien Berufen raumrelevanter Disziplinen. Ihr gemeinsames Ziel ist der Austausch von Erkenntnissen und Erfahrungen zu wichtigen Fragen der Raumentwicklung. Zu beson-ders bedeutsamen Themen werden auf Initiative der LAG und in Abstimmung mit der ARL Arbeitsgruppen mit einer Laufzeit von ungefähr zwei Jahren gebildet. Die Ergeb-nisse sollen die politische Meinungsbildung, Wissenschaft und Praxis befruchten.“ – So steht es auf den Internetseiten der LAGs. Zur Vorbereitung solcher Themen, dem kriti-schen Diskurs und der Auswertung schien es mir und der Lenkungsgruppe deshalb ge-rechtfertigt, die einzelnen Tagungen der LAG auf jeweils ein Rahmenthema zu fokus-sieren. Es würde zu weit führen, die einzelnen Themen in diesem Rahmen würdigen zu wollen. Nur soviel: Mögliche Folgen des demografischen Wandels, Verbindungen zwi-schen Infrastruktur- und Raumentwicklung, grenzüberschreitende und methodische Fra-gen standen an wechselnden Orten immer wieder in Zentrum. Mit den KolleFra-gen der

Die LAG-Leiter und ihre Zeit – Die Jahre 2000 bis 2004

LAG Bayern veranstalteten wir zusammen mit der ISoCaRP (Internationale Ver-einigung für Stadt- und Regionalplanung) ein Symposium zur Eisenbahn- und Raum-entwicklung. Erkenntnisse dieser Veranstaltung beschäftigen uns, beispielsweise nach den Beschlüssen zu Stuttgart 21 und dem dringend notwendigen Ausbau der Eisenbahn am Oberrhein im Zuge der Nord-Süd-Transversale für Europa, auch heute noch. An diesem Beispiel wird auch deutlich, dass der regionale Diskurs – mit notwendiger Bo-denhaftung – unverzichtbar ist und dem nationalen, vielleicht sogar im europäischen Zusammenhang, Impulse geben kann. Es braucht oft viele Jahre, bis aus Ideen zu einem Thema handgreifliche Folgen entstehen. Die Mitglieder der LAG Baden-Württemberg haben durch ihre zustimmenden, aber auch kritischen Kommentare zur Meinungsbil-dung auch im politischen Raum erheblich beigetragen. Dafür sei ihnen an dieser Stelle mein besonderer Dank ausgesprochen, ebenso den Kollegen der Lenkungsgruppe dieser Zeit (wie auch der nachfolgenden Periode, in der ich noch ein Jahr Mitglied der Len-kungsgruppe war), Dr. Ekkehard Hein, Prof. Dr. Johann Jessen, Prof. Dr. Walter Schönwandt und Dr. Stefan Köhler, mit denen ich über die Zeit zusammenarbeiten durf-te. Es ist mir ein Anliegen, auch Dr. Volker Wille meinen Dank abzustatten, der für die notwendigen Verbindungen zur ARL in Hannover sorgte und Baden-Württemberg in besonderer Weise verbunden ist. RegDir. Ulrich Schulze hat die Geschäfte der Len-kungsgruppe in vorbildlicher Weise geführt. Seine langjährigen Erfahrungen und sein fortwährendes Engagement haben mich bei Leitung der LAG sehr unterstützt.

Der LAG Baden-Württemberg bin ich auch nach meiner Berufung an die ETH Zürich weiter verbunden. Ihren Mitgliedern wünsche ich auch in Zukunft intensive und anre-gende Gespräche anlässlich der nächsten hundert Sitzungen der LAG Baden-Württem-berg.

Stefan Köhler