• Keine Ergebnisse gefunden

Aktuelle und künftige Anforderungen an die Regionalplanung

2 Regionalplanung, Regionale Kooperation, Regionalentwicklung

Für die Zukunftsfähigkeit der Regionalplanung in Baden-Württemberg wird es ent-scheidend sein, wie sie sich auf dem erworbenen hohen Niveau als die anerkannte regi-onale Planungsinstanz, als die operative Ebene regiregi-onaler Entwicklungspolitik fortent-wickelt, sich neu auftretenden Anforderungen stellt, sich als kompetenter Initiator, Part-ner und Moderator unter den regionalen Akteuren bei regionalen Kooperationsaufgaben

15 Von dieser Möglichkeit konnte nur der Regionalverband Neckar-Alb Gebrauch machen, der bis heute Träger ei-ner Körperbehindertenschule ist.

16 Vgl. Münzer, E. (2008): Der Beitrag der Raumordnung zur baden-württembergischen Verwaltungsreform (1967–

1983) – in diesem Band.

Aktuelle und künftige Anforderungen an die Regionalplanung

bewährt und vor allem auch frühzeitig großräumige Entwicklungstendenzen und -probleme aufgreift und deren Wirkungen auf der regionalen Ebene thematisiert.

Die Handhabung des Instruments Regionalplan spielt dabei nach wie vor eine wichti-ge Rolle. Die Regionalpläne haben in der Rewichti-gel einen Zielhorizont für einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren. Der Stand der Regionalplanung zeigt zweierlei (vgl. Übersicht 1):

Zum einen ist der prozesshafte Charakter der Planung unverkennbar. Etwa die Hälfte der Regionalpläne ist zehn Jahre und älter, aber ihre Fortschreibung ist aktuell in Vorbe-reitung oder die Pläne sind schon im förmlichen Neuaufstellungsverfahren. Die andere Hälfte wurde in den letzten Jahren fortgeschrieben. In allen Regionalverbänden wurden in jüngster Zeit aber auch Teil-Fortschreibungen durchgeführt oder ergänzende räumli-che oder fachliräumli-che Teilpläne aufgestellt. Zum anderen sind die Sachthemen bezeich-nend, bei denen sich „im Kleinen“ die Auseinandersetzungen in Politik und Gesell-schaft widerspiegeln. Sie reichen vom vorbeugenden Hochwasserschutz bis zu den Standorten für Windenergieanlagen, von der Steuerung regional bedeutsamer Fotovol-taik bis zu Lärmschutzbereichen und vom großflächigen Einzelhandel bis zu Zentren-systemen.

Auch die informellen fachlichen Planungskonzepte und Untersuchungen, die häufig auch als Vorstufe und Grundlage für die förmliche Regionalplanung dienen, beziehen sich auf das vorstehende Themenspektrum, allerdings mit bemerkenswerten Ausnah-men. Und dazu zählen etwa die Regionale Klimaanalyse (Stuttgart), Regionale Kultur-denkmale (Ostwürttemberg und Heilbronn-Franken), Machbarkeitsstudie für eine Regi-onalStadtbahn (Neckar-Alb), Implementierung von lokalen Ökokonten (Nordschwarz-wald), Nutzung der Erdwärme (Bodensee-Oberschwaben) oder das Bahnhof-Standorte-Programm Neckar (Neckar-Odenwald/Raumordnungsverband Rhein-Neckar). Diesen Konzeptthemen ist gemeinsam, dass es für die dabei definierten regio-nalen Aufgaben keinen naturgegebenen automatischen Aufgabenträger gibt und neue Wege und Problemlösungen gefunden werden müssen. Dazu bietet sich in der Regel die Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Institutionen, Organisationen und auch mit privaten Unternehmen an.

Unter dem Druck der zunehmenden Standortkonkurrenz hat sich in den Regionen in den vergangenen Jahren eine große Anzahl regionaler Initiativgruppen gebildet, in Ba-den-Württemberg in der Regel konzipiert, mitgegründet und mitgestaltet von den Regi-onalverbänden – außerhalb des Landes häufig ohne Beteiligung der Träger der Regio-nalplanung –, um in Zusammenarbeit die Kräfte der Region zu bündeln, nach außen unter einem einheitlichen „Logo“ aufzutreten, Regionalmarketing zu betreiben und ge-meinsam regionale Entwicklungsprojekte voranzubringen. Erkennbar ist dabei auch das Bemühen um identitätsfördernde Projekte zur Stärkung des Regionalbewusstseins.

Regionale Kooperation ist damit allgemein zu einem wichtigen Instrument regionaler Entwicklungspolitik avanciert. Was früher schon in einzelnen Regionen modellhaft ex-perimentiert wurde, hat seit der Novellierung des Bundesraumordnungsgesetzes und des Landesplanungsgesetzes in den Regionen des Landes dazu geführt, dass ein erweitertes Verständnis des „Aktionsraumes Region“ als Aufgabe von Regionalplanung und regio-naler Kooperation das Handeln der regionalen Akteure bestimmt. Die organisatorischen Formen der projektbezogenen Zusammenarbeit sind ebenso verschieden wie die betei-ligten Partner und die überwiegend regionsspezifischen Problemfelder. Teils sind sie auf langfristige und komplexe Aufgaben angelegt, teils sind sie auf fachlich spezifische Problemlösungen ausgerichtet. Die Vielfalt der Organisationsformen reicht von mehr informellen und einzelvertraglichen Regelungen, von vereins- und gesellschaftsrechtli-chen Strukturen bis zu ad hoc formierten regionalen Bündnissen zur kompakten

Vertre-tung regionaler Interessen.17 In vielen Fällen sind in deren geschäftsführenden Gremien und Arbeitsgruppen Vertreter der Verbandsverwaltungen verantwortlich tätig.

Übersicht 1: Stand der Regionalplanung in den Regionen Baden-Württembergs

Region

Stuttgart 1998 Messe/Flughafen 1999;

Kraftwerksstandort Marbach

Teilraumstudien wie z. B. Filderraum, Neckar-Fils, Oberes Gäu, Voralbbe-reich;

Landschaftsparkkonzepte für die Teilräume Neckartal, Glemstal, Filder-raum und Remstal sowie zum Limes

Ostwürt-temberg 1997 Rohstoffsicherung 1997;

Windenergie 2002;

„Oberes Gäu“ als Raum mit besonde-ren Entwicklungsaufgaben;

Einzelhandel 2006/2007;

Hochwasserschutz 2005/2006/2007

*) Die Region Neckar-Odenwald gehört seit 01.01.2006 zum grenzüberschreitenden Verband Region Rhein-Neckar, zusammen mit der vormaligen Region Rheinpfalz (Rheinland-Pfalz) und dem KreisBergstraße (Hessen); zuvor war sie (ohne den Neckar-Odenwald-Kreis) Mitglied des „Raumordnungsverbands Rhein-Neckar“.

17 Als Beispiel hierfür mag das regionale Aktionsforum Rhein-Neckar zur Abwehr einer Planung der Deutschen Bahn AG für eine Schnellbahntrasse Rhein-Main–Rhein-Neckar dienen, die keine bzw. nur eine unzureichende Ver-knüpfung mit dem Verkehrsknoten Mannheim vorsah.

Aktuelle und künftige Anforderungen an die Regionalplanung

noch Übersicht 1: Stand der Regionalplanung in den Regionen Baden Württembergs

Südlicher

Oberrhein 1995 Regionales Rohstoffsiche-rungskonzept 1999; zur Reduktion der CO2-Emissionen

a) Energieatlas Region Südlicher Oberrhein 2005;

Vorschläge zum Ausbau der euro- päischen Bahnverbindung

Neckar-Alb 1996 Landschaftsrahmenplan 1989 – Fortschreibung 2007 im

Ver-fahren Machbarkeitsstudie für eine Regio-nalStadtBahn Neckar-Alb; Quelle: eigene Umfrage bei den Regionalverbänden, Stand 9/2007.18

Die auffälligsten Aufgabenfelder sind in jüngster Zeit (vgl. Übersicht 2 im Anhang II): Projekte der Wirtschaftsförderung und des Tourismus, regionale Entwicklungs- und Marketingkonzepte, große Verkehrsprojekte, Messen und Ausstellungen, Beiträge zur Landes- und Bundesgartenschau, Naturparke, Sport- und regionale Kulturveranstaltun-gen, besondere Projekte der Europäischen Metropolregionen Rhein-Neckar und Stutt-gart sowie grenzüberschreitende Kooperationsräume und von der EU geförderte Projek-te.

Die meisten Projekte im Rahmen dieser Aufgabenfelder reichen bis in die nähere und weitere Zukunft, was der Hauptaufgabe der Regionalplanung entspricht, einen Rahmen

18 Vgl. auch: Wirtschaftsministerium Württemberg (Hrsg.) (2005): Landesentwicklungsbericht Baden-Württemberg 2005. Stuttgart. S. 236 ff.

für die räumliche Ordnung und für künftige Entwicklungen festzulegen, aber auch aktiv die Verwirklichung der regionalen Entwicklungsziele zu fördern.