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II. Kennzeichenrechtliche Vorgaben

3. Titelschutz nach § 5 Abs. 3 MarkenG

Wichtig ist auch der spezielle Schutz, den § 5 Abs. 3 MarkenG für den Titel von Zeitschriften oder Büchern vorsieht.152 Der Titelschutz hat im digitalen Markt eine besondere Bedeutung dadurch erlangt, dass der BGH in den Entscheidungen FTOS und PowerPoint153 einen Titelschutz auch für Software zugelassen hat. Damit wird ein allgemeiner

149 Urteil vom 11. April 2005 mit 27 O 16317/04.

150 OLG Köln, MMR 2005, 763.

151 OLG Köln a.a.O.

152 Nur am Rande erwähnt sei der besondere Schutz geographischer Herkunftsangaben nach § 127 MarkenG, der allerdings nicht gegen die Nutzung einer Herkunftsangabe zum Aufbau einer Informationsplattform hilft; so auch OLG München, Urteil vom 20. September 2001, MMR 2002, 115.

153 Beschluss vom 24. April 1997, CR 1998, 5 – PowerPoint mit Bespr. Lehmann = NJW 1997, 3313 = MMR 1998, 52 (Leitsatz) m. Anm. Hoeren. Beschluss vom 24. April 1997, NJW 1997, 3315 = CR 1998, 6 = MMR 1998, 52 (Leits.) – FTOS.

Namensschutz für alle bezeichnungsfähigen geistigen Produkte154 eingeführt, der auch Homepages und CD-ROMs einschließen kann.

Für die Reichweite des Titelschutzes gegen Provider ist die Entscheidung „Karriere” des Landgerichts Köln einschlägig.155 Die Antragstellerin, die Verlagsgruppe Handelsblatt, setzte sich hier erfolgreich gegen die Verwendung des Wortes „Karriere” als Teil einer Domain zur Wehr („www.karriere.de”). Sie stützte sich auf den Titelschutz, den das LG Köln bereits Jahre zuvor dem Handelsblatt für deren Zeitungsbeilage „Karriere” zugebilligt hatte.156 Ein Teilnehmer im Internet werde zumindest organisatorische Zusammenhänge zwischen den Parteien annehmen, die tatsächlich nicht bestünden. Das Landgericht hat dem Begehren in vollem Umfang stattgegeben; die Antragsgegnerin hat dem Beschluss nicht widersprochen.

Ähnlich großzügig argumentierte das LG Mannheim hinsichtlich der Bezeichnung

„Bautipp“157 und das OLG Düsseldorf in Bezug auf “Diamamtbericht”.158Auch der Begriff

„America“ soll für ein gleichnamiges Computerspiel geschützt sein.159

Anders sieht das LG Hamburg die Reichweite des Titelschutzes. In seinem Urteil vom 13.

August 1997160 betont das Landgericht, dass ein Titelschutz nur dann gegenüber Domain-Adressen geltend gemacht werden könne, wenn der Titel dermaßen bekannt sei, dass die Verwendung der Internet-Adresse für die angesprochenen Verkehrskreise einen Hinweis auf die Zeitschrift sei. Mit dieser Begründung lehnte es das Landgericht ab, die Verwendung der Adresse http://www.bike.de für ein Werbeforum zu untersagen. Das Wort „bike” sei erkennbar beschreibender Natur und für eine Bekanntheit der Zeitschrift „bike” sei nichts vorgetragen. Auch kommt ein Schutz nur in Bezug auf ein konkretes Werk in Betracht.161 Mit ähnlicher Begründung hat das OLG Hamburg der Fachzeitschrift „Schumarkt“ einen Schutz gegen eine Internetagentur versagt, die sich mehre tausend Domains, darunter

„schumarkt.de“, hatte registrieren lassen. Wenn die Agentur unter der Domain eine

154 Makabre Erlebnisse mit dem Titelschutz hat der Verf. allerdings mit einem Berliner Anwalt gemacht, der für sich die Titelschutzrechte an dem Titel „Die Verfilmung tatsächlicher Ereignisse“ in Anspruch nahm. Er habe unter diesem kennzeichnungskräftigen Titel einen Aufsatz in der ZUM veröffentlicht und sei damit in ganz Europa bekannt geworden. Deshalb dürfe ein Münsteraner Doktorand seine Dissertation nicht mit diesem Titel versehen; das Buch sei in dieser Form vom Markt zu nehmen.

155 Beschluss vom 10. Mai 1996 – 31 O 315/96.

156 AfP 1990, 330, 331.

157 Urteil vom 18. Dezember 1998, CR 1999, 528 (Leits.). Ähnlich auch der OGH Wien, Urteil vom 22. März 2001, MR 2001 – „deKrone.at“.

158 Urteil vom 20. Januar 2005 – I-20 U 127/04.

159 KG, Urteil vom 17. 12. 2002 – 5 U 79/02.

160 Urteil vom 13. August 1997, MMR 1998, 46 – bike.de.

161 OLG Hamburg, Urteil vom 5. November 1998, MMR 1998, 159 = CR 1999, 184 m. Anm. Hackbart = NJW-RR 1999, 625.

Commerce-Plattform betreibe, fehle es an der erforderlichen Verwechselungsgefahr mit einer Fachzeitschrift, die nur gering verbreitet und in einem beschränkten Fachkreis bekannt sei.162 4. Reichweite von §§ 823, 826 BGB und § 3 UWG

Neue Wege beschreitet das OLG Frankfurt in der Entscheidung „Weideglück“.163 Hiernach kann wegen unlauterer Behinderung in Anspruch genommen werden, wer sich ohne nachvollziehbares eigenes Interesse eine Domain mit fremden Namensbestandteilen registrieren lässt, die mit dem eigenen Namen und der eigenen Tätigkeit in keinem Zusammenhang steht. Im vorliegenden Fall hatte ein Student die Kennung „weideglueck.de“

für sich registrieren lassen. Zur Begründung gab er im Prozess widersprüchliche und kaum nachvollziehbare Begründungen ab. Das OLG entschied aus diesem Grund zu Gunsten des Klägers, der auf eine Reihe von eingetragenen Marken mit der Bezeichnung „Weideglueck“

verweisen konnte. Über die Anwendung des § 826 BGB schließt der Senat eine gefährliche Schutzlücke. Denn bei der nicht-wettbewerbsmäßigen Nutzung einer Domain, die als Bestandteil eine fremde Marke enthält, greift § 14 MarkenG nicht ein. Auch § 12 BGB hilft nicht (siehe dazu unten), da hiernach nur der Namen eines Unternehmens, nicht aber eine Produktbezeichnung geschützt ist. Dennoch muss die Entscheidung des OLG vorsichtig und behutsam zu Rate gezogen werden; sie betraf einen besonderen Fall, in der der Beklagte zur offensichtlichen Verärgerung des Gerichts sehr widersprüchlich vorgetragen hatte.

Im Übrigen hat das OLG Frankfurt § 826 BGB auch dann herangezogen, wenn jemand sich tausende von Domains zu Verkaufszwecken reservieren lässt und von Dritten Entgelt dafür erwartet, dass sie eigene Angebote unter ihren Kennzeichen ins Internet stellen.164 Im vorliegenden Fall klagte die Zeitung „Die Welt“ gegen den Domaininhaber von „welt-online.de“. Nach Auffassung der Frankfurter Richter müsse die Zeitung es hinnehmen, dass jemand die Bezeichnungen „Welt“ und „Online“ als beschreibende Angaben innerhalb ihrer Domain verwendet. Dies gelte aber nicht für einen Spekulanten, der ohne eigenes Nutzungsinteresse durch die Registrierung den Zeicheninhaber behindern und/oder ihn dazu bringen wolle, die Domain anzukaufen. Dem widerspricht das OLG Hamburg in seiner

162 OLG Hamburg, Urteil vom 24. Juli 2003, MMR 2003, 668.

163 Beschluss vom 12. April 2000, MMR 2000, 424. = CR 2000, 615 = WRP 2000, 645 = MDR 2000, 1268;

Ähnlich auch OLG Nürnberg, Urteil vom 1. Januar 2000, CR 2001, 54. Sowie OLG Frankfurt, Urteil vom 8.

März 2001, MMR 2001, 532 – praline-tv.de.

164 Urteil vom 10. Mai 2001, MMR 2001, 696 – Weltonline.de.

Entscheidung „Schuhmarkt“, in der der Senat betont, dass die bloße Registrierung zahlreicher Domains noch keinen Schluss auf die Sittenwidrigkeit zulasse.165

Auch der BGH wandte sich in seiner Revisionsentscheidung im Fall “weltonline.de” gegen das OLG Frankfurt und hob dessen Entscheidung auf.166 Alleine in der Registrierung eines Gattungsbegriffes läge noch keine sittenwidrige Schädigung, auch wenn es nahe liegen würde, dass ein Unternehmen diesen für seinen Internetauftritt benutzen wolle. Ein Vorgehen gegen diese Registrierung sei, auch wenn die Registrierung durch einen Spekulanten erfolge, erst dann möglich, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen würden, dass diese Domain im geschäftlichen Verkehr in einer das Kennzeichen verletzenden Weise erfolge.167

Neben § 826 BGB wird manchmal auch ein Schutz über § 823 Abs. 1 BGB thematisiert (etwa unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs). Eine Anwendung dieses Grundgedankens wird jedoch bei Domainfällen ausgeschlossen, wenn aufgrund des Produktes und des beschränkten Kundenkreises weder eine Verwechselungs- noch eine Verwässerungsgefahr besteht.168

§ 3 UWG kommt schon wegen dessen Subsidiarität im Bereich des ergänzenden Leistungsschutzes selten zum Tragen. Voraussetzung eines Behinderungswettbewerbs nach

§§ 3, 4 Nr. 10 UWG ist stets eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber. Da eine solche Beeinträchtigung jedem Wettbewerb eigen ist, muss freilich noch ein weiteres Merkmal hinzutreten, damit von einer wettbewerbswidrigen Beeinträchtigung und – eine allgemeine Marktbehinderung oder Marktstörung steht im Streitfall nicht zur Debatte – von einer unzulässigen individuellen Behinderung gesprochen werden kann: Wettbewerbswidrig ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, den Mitbewerber in seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch zu verdrängen. Ist eine solche Zweckrichtung nicht festzustellen, muss die Behinderung doch derart sein, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann.169 Dies lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Einzelumstände unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Wettbewerber beurteilen170, wobei sich die Bewertung an den von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen orientieren muss. Eine unlautere Behinderung kann im Falle der

165 OLG Hamburg, Urteil vom 24. Juli 2003, MMR 2003, 668, 669.

166 MMR 2005, 534.

167 BGH, a.a.O.

168 So etwa OLG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2003, CR 2003, 937 (Leitsatz).

169 Brandner/Bergmann, in: Großkomm. UWG, § 1 Rdnr. A 3.

Domainreservierung vorliegen, wenn der Zweck der Reservierung darin besteht, Dritte zu behindern bzw. zur Zahlung zu veranlassen, und ein eigenes schützenswertes Interesse des Reservierenden nicht greifbar ist.171 Als missbräuchlich kann es sich erweisen, wenn der Anmelder die Verwendung eines Gattungsbegriffs durch Dritte dadurch blockiert, dass er gleichzeitig andere Schreibweisen des registrierten Begriffs unter derselben Top-Level-Domain oder dieselbe Bezeichnung unter anderen Top-Level-Top-Level-Domains für sich registrieren lässt.172