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A. Einführende Bemerkungen

XI. Das Patentrecht

2. Patentierbarkeit von Software und Geschäftsideen

Literatur:

Trevor Cook, EC Draft Patent Directive, in: CLSR 18 (2002), 197; Bernhard Großfeld/Josef Hoeltzenbein, Cyberlaw and Cybercontrol: Cyberspace Patents, in: Festschrift Jean-Nicolas Druey 2002, 755; Frank-Erich Hufnagel, Software- und Business-Patente – Herausforderung für das juristische Risikomanagement, in: MMR 2002, 279; Markus Hössle, Patentierung von Geschäftsmethoden – Aufregung umsonst?, in: Mitteilungen der deutschen Patentanwälte 2000, 331; Volker Michael Jänich, Sonderrechtsschutz für geschäftliche Methoden, in: GRUR 2003, 483; Klaus J. Mellulis, Zum Patentschutz für Computerprogramme, in: Festschrift für Willi Erdmann, Köln 2003, 401; Axel Metzger, Softwarepatente im künftigen europäischen Patentrecht, in: CR 2003, 313; Axel Pfeiffer: Zur Diskussion der Softwareregelungen im Patentrecht – Zum Ausschluss von „Programmen für Datenverarbeitungsanlagen … als solche“ von der Patentfähigkeit, in: GRUR 2003, 581; Günther Schölch, Softwarepatente ohne Grenzen, in: GRUR 2001, 16; Thomas, The Patenting of the Liberal Professions, 40 Boston College LW 1130; ders., A proposal for patent bounties, in: 2001 University of Illinois LR 305; Andreas Wiebe, Softwarepatente und Open Source, in: CR 2004, 881; Reto M. Hilty, Christophe Geiger, Patenting Software? A Judicial and Socio-Economic Analysis, IIC 2005, 615.

Nach § 1 Abs. 2 PatG sind Programme für Datenverarbeitungsanlagen nicht als schutzfähige Erfindungen anzusehen. Dieser Ausschluss von der Patentfähigkeit gilt jedoch insoweit, als für Software „als solche“ Schutz begehrt wird (§ 1 Abs. 3 PatG). Diese Regelung wurde durch das Gesetz über internationale Patentüberkommen vom 21. Juni 1976 mit Wirkung zum 1.

Januar 1978 in das Patentgesetz aufgenommen. Sie bewirkt, dass Software im Regelfall nicht patentfähig ist. Historisch basiert diese Regelung darauf, dass das US Patent Office Anfang der siebziger Jahre mit zahlreichen, arbeitsintensiven Softwareanmeldungen überlastet war.643 Von daher wurde in den US Patent Act der Ausschluss der Patentierbarkeit übernommen; von

643 Siehe auch Gottschalk vom Benson 409 US 65, 68 (1972).

dort gelangte er auch die europäischen Patentgesetze.644 Derzeit findet sich ein solcher Ausschluss in 16 Staaten und 2 regionalen Übereinkommen645; in anderen Staaten kommen die Gerichte allerdings zu ähnlichen Ergebnissen. Der BGH ging in Deutschland bereits vor Verabschiedung der Neuregelung davon aus, dass es Computerprogrammen regelmäßig am technischen Charakter fehle und sie daher nicht patentfähig seien.646 In jüngster Zeit mehrten sich wieder die Stimmen, die Software generell wieder für patentfähig erachten wollen; auch plant die Europäische Kommission eine Stellungnahme zum Patentschutz von Software, die evtl. auf eine starke Erweiterung des Schutzes hinauslaufen könnte. Bei den letzten Revisionsverhandlungen rund um das Europäische Patentübereinkommen erteilte das Bundesjustizministerium entsprechenden Änderungswünschen eine deutliche Absage.

Ähnlich im Sande verlaufen sind Bemühungen (insbesondere aus den USA647), den Patentschutz auf den Bereich der Businesskonzepte zu erweitern. Einschlägig ist hier vor allem die Entscheidung des US-Berufungsgerichts für den Federal Circuit in Sachen State Street Bank v. Signature vom 23. Juli 1998, in der das Gericht ein US-Patent für die computergestützte Verwaltung einer Investmentstruktur zuließ.648 Daraufhin erhob sich in Europa ein breiter Protest, insbesondere aus Kreise der Open-Source-Bewegung, die auf die Gefahren einer solchen exzessiven Patentierungspolitik hinwiesen.

Die derzeitige Rechtslage findet sich im Wesentlichen in den Prüfungsrichtlinien des DPA vom 24. Juni 1981649 wieder, die zum 1. Januar 1987 in Kraft getreten sind. Hiernach sind Erfindungen auch dann dem Patentschutz zugänglich, wenn sie ein DV-Programm, eine Rechen- oder eine Organisationsregel, sonstige Software-Merkmale oder ein programmartiges Verfahren enthalten (programmbezogene Erfindungen). Allerdings sei bei solchen Erfindungen entscheidend, dass sie technischen Charakter haben (Nr. 1). Dies sei dann der Fall, wenn zur Lösung der ihr zugrunde liegenden Aufgabe von Naturkräften, technischen Maßnahmen oder Mitteln (z.B. hydraulischen, elektronischen Strömen in Schaltelementen und Regeleinrichtungen oder von Signalen in DV-Anlagen) Gebrauch gemacht werden müsse (Nr. 3).650 Anders als der BGH651 stellt das DPA für die Beurteilung des technischen Charakters nicht auf den als neu und erfinderisch beanspruchten Kern der Lehre ab. Vielmehr

644 Siehe hierzu auch das Übereinkommen zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente vom 27. November 1963, BGBl. 1976 II, 658.

645 WIPO-Studie, Doc. HL/CE/IV/INF/1: Exclusions from Patent Protection.

646 BGHZ 67, 22 – Dispositionsprogramm.

647 Siehe dazu den Überblick von Hoffmann/Gabriel, K&R 1999, 453 ff.

648 Abgedruckt in: GRUR Int. 1999, 633 ff. Hinzu kommt die Folgenentscheidung ATT vs. Excell, GRUR Int.

2000, 174. Siehe dazu auch Esslinger/Hössle, Mitt. 1999, 327; Meyer/Kort, Mitt. 2000, 478.

649 BlPMZ 1981, 263.

650 BGHZ 52, 74, 79 – Rote Taube.

sei vom angemeldeten Gegenstand in seiner Gesamtheit, über die neuen und erfinderischen Elemente hinaus, auf seinen technischen Charakter hin zu untersuchen (Nr. 3). Eine programmbezogene Erfindung sei technisch, wenn zur Lösung der Aufgabe Schaltelemente eingesetzt werden, selbst wenn die Elemente für sich genommen in bekannter Weise arbeiteten (Nr. 5a). Auch könne der technische Charakter darin liegen, dass die Erfindung einen neuen und erfinderischen Aufbau der Anlage erfordere (Nr. 5b).

Neben dem Merkmal des technischen Charakters ist allerdings auch die Neuheit und Erfindungshöhe zu prüfen. Sofern ein Programm im Wesentlichen nur auf vorbekannte logisch-mathematische Lösungselemente zurückgreift, ist es nach Auffassung des BGH652 im Vergleich zum Stand der Technik nicht neu. Die Erteilung eines Patents für ein Verfahren, das der Abwicklung eines im Rahmen wirtschaftlicher Betätigung liegenden Geschäfts mittels Computer dient, kommt nur in Betracht, wenn der Patentanspruch über den Vorschlag hinaus, für die Abwicklung des Geschäfts Computer als Mittel zur Verarbeitung verfahrensrelevanter Daten einzusetzen, weitere Anweisungen enthält, denen ein konkretes technisches Problem zugrunde liegt, so dass bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit eine Aussage darüber möglich ist, ob eine Bereicherung der Technik vorliegt, die einen Patentschutz rechtfertigt.

Derzeit geht der Trend dahin, die Tore für den Patentschutz von Software weit aufzustoßen.

Schon Ende 1998 erklärte das Europäische Parlament, dass eine Patentierbarkeit von Software ähnlich wie in den USA oder Japan wünschenswert sei.653 In den USA war durch die Entscheidung des Berufungsgerichts für den Federal Circuit in Sachen State Strett Bank v.

Signature die Tür für den Schutz eröffnet worden, indem ein US-Patent für die computergestützte Verwaltung einer Investment Struktur zugelassen wurde.654 Im September 2000 wurde vom Verwaltungsrat des EPA die Streichung von Software aus der Liste nicht-schutzfähiger Gegenstände (Art. 52 (2) EPÜ) beschlossen. Bei der Diplomatischen Konferenz über die EPÜ-Revision im November 2000 in München wurde die Streichung von Software aus der Ausschlussliste jedoch vorläufig abgelehnt und eine endgültige Entscheidung aufgeschoben. Die Kommission hat im Februar 2002 einen Vorschlag für eine Richtlinie über den Patentschutz von „computer-implemented inventions“ verabschiedet.655 Nach mehrjähriger harten Diskussionen wurde dieser Vorschlag aber im Juni 2005 vom

651 BGHZ 67, 22 – Dispositionsprogramm; ähnlich BPatGE 29, 24 85 = CR 1989, 902. Modifiziert in BGHZ 115, 11 = CR 1991, 658 – Seitenpuffer.

652 BGH:, Beschluss vom 24. Mai 2004 – X ZB 20/03.

653 Entschließung zum Grünbuch, A4-0384/98, Sitzungsprotokoll vom 19. November 1998, Abs. 16.

654 Entscheidung vom 23. Juli 1998, veröffentlicht in GRUR Int. 1999, 633.

Europäischen Parlament abgelehhnt, so dass die Diskussion um eine entsprechende Richtlinie beendet ist. Es gelten weiterhin die oben erwähnten Regelungen des EPA sowie der nationalen Patentbehörden.