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A. Einführende Bemerkungen

XI. Das Patentrecht

3. Patentrecht im Arbeitsverhältnis

Verhältnismäßig unkompliziert kann diese Frage geklärt werden, wenn der Arbeitnehmer eine patentfähige Erfindung entwickelt hat; denn in diesem Fall gilt das Gesetz über Arbeitneh-merfindungen vom 25. Juli 1957.656 Dieses Gesetz unterscheidet zwischen der Diensterfindung und der freien Erfindung.

a) Diensterfindungen

Diensterfindungen sind Erfindungen, die aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb obliegenden Tätigkeit entstanden sind, oder solche, die maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebs beruhen (§ 4 Abs. 2 ArbNErfG).

Diensterfindungen sind dem Arbeitgeber unverzüglich zu melden (§ 5 ArbNErfG). Sie können vom Arbeitgeber durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer unbe-schränkt oder beunbe-schränkt in Anspruch genommen werden (§ 6 ArbNErfG). Nimmt der Arbeitgeber die Erfindung unbeschränkt in Anspruch, gehen die Rechte an der Erfindung auf ihn über. Nimmt er sie nur beschränkt in Anspruch, erwirbt er ein nichtausschließliches Nutzungsrecht an der Erfindung (§ 7 ArbNErfG).

Dem Arbeitnehmer steht bei Inanspruchnahme ein Anspruch auf angemessene Vergütung zu (§§ 9, 10 ArbNErfG). Deren Höhe richtet sich nach den „Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst“ vom 20. Juli 1959. Sie beträgt durchschnittlich etwa 15 % der Vergütung eines freien Erfinders.

b) Freie Erfindungen

Sofern Erfindungen nicht Diensterfindungen sind, gelten sie als freie Erfindungen. Dies gilt auch dann, wenn sie durch Anregungen im Betrieb bedingt sind (sog. Anregungserfindung).

655 COM (2002), 92 final, zu finden unter http://www.europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/como2-92en.pdf.

656 BGBl 1957 I 756.

Allerdings hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auch die Erstellung einer freien Erfindung mitzuteilen (§ 18 ArbNErfG). Darüber hinaus besteht unter gewissen Voraussetzungen eine sog. Andienungspflicht des Arbeitnehmers (§ 19 ArbNErfG): Bevor der Arbeitnehmer eine freie Erfindung während der Dauer des Arbeitsverhältnisses anderweitig verwertet, muss er dem Arbeitgeber ein nichtausschließliches Nutzungsrecht an der Erfindung zu angemessenen Bedingungen anbieten, wenn die Erfindung in den Arbeitsbereich des Betriebes des Arbeit-gebers fällt. Erst wenn der Arbeitgeber dieses Angebot ablehnt, kann der Arbeitnehmer seine Erfindung frei verwerten.

§ 6 Online-Marketing: Werberechtliche Fragen

Literatur:

Dirk M. Barton, Der Gegendarstellungsanspruch nach § 10 MDStV, in: MMR 1998, 294;

Stefan Ernst, Wirtschaft im Internet, in: BB 1997, 1057; Andreas Freitag, Wettbewerbsrechtliche Probleme im Internet, in: Detlef Kröger/Marc A. Gimmy (Hrsg.), Handbuch zum Internet-Recht, Berlin 2000, S. 369; Wolfgang Fritz, Internet-Marketing und Electronic Commerce, Wiesbaden 2000; Christian Gummig, Rechtsfragen bei der Werbung im Internet, in: ZUM 1996, 573; Andreas Hey, Online-Werbung – effiziente Gestaltung und rechtliche Rahmenbbedingungen, in: BuW 2001, 119; Sybille Heyms/Christine Prieß, Werbung online – Eine Betrachtung aus rechtlicher Sicht, Berlin 2002; Truiken Heyn, Grenzenlose Markttransparenz im Internet? Zur rechtlichen Problematik von automatisierten Preisvergleichen im Internet, in: GRUR 2000, 657; Thomas Hoeren, Internationale Netze und das Wettbewerbsrecht, in: Jürgen Becker (Hrsg.), Rechtsprobleme internationaler Datennetze, UFITA-Schriftenreihe 137, Baden-Baden (Nomos) 1996, 35 bis 56; ders., Werbung im WWW – aus der Sicht des neuen UWG, in: MMR 2004, 643; ders., Cybermanners und Wettbewerbsrecht – Einige Überlegungen zum Lauterkeitsrecht im Internet, in: WRP 1997, 993; ders., Suchmaschinen, Navigationssysteme und das Wettbewerbsrecht, in: MMR 1999, 649; ders., Vorschlag für eine EU-Richtlinie über E-Commerce, in: MMR 1999, 192; Andrea Jäger-Lenz, Werberecht – Recht der Werbung in Internet, Film, Funk und Printmedien, Weinheim 1999; Yvonne Jöhri, Werbung im Internet – Rechtsvergleichende, lauterkeitsrechtliche Beurteilung von Werbeformen im Internet, Zürich 2000; Michael Lehmann, E-Commerce und das Werberecht der Versicherungen in Europa, in: ZgesVW 2001, 379; Raimund Körner/Cornelius Lehment, Werberecht — Allgemeines Wettbewerbsrecht (Teil 11.1), in: Thomas Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch Mulitmedia-Recht, München 1999; Matthias Leistner, Werbung, Commercial Communications und E-Commerce, in: Michael Lehmann (Hrg.), Electronic Business in Europa. Internationales, europäisches und deutsches Online-Recht, München 2002, 275;

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dies., Heilmittel im Internet, in: MMR 1999, 83; Hans-Werner Moritz, Quo vadis elektronischer Geschäftsverkehr?, in: CR 2000, 61; Timo Naumann, Präsentationen im Internet als Verstoß gegen §§ 1, 3 UWG, Frankfurt 2001; Peter Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, München 2003; Mary Russell, Advertising &

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Internationales, europäisches und deutsches Online-Recht, München 2002, 69; ders., Die

EG-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr: ihre Umsetzung in Deutschland, in:

Moritz/Dreier (Hrg.), Rechtshandbuch E-Commerce, Köln 2002, 481.

Wer das Internet zu Werbezwecken nutzt, weiß oft nicht, welche rechtlichen Grenzen zu beachten sind. Eine Vielfalt von Gesetzen kommt hier zum Tragen, gekoppelt mit einer Vielfalt von Gerichtsentscheidungen. Im Folgenden soll daher der Dschungel des Werberechts etwas gelichtet werden. Dabei muss unterschieden werden zwischen den werberechtlichen Spezialbestimmungen, insbesondere im Standesrecht und Arzneimittelrecht, und den allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).

I. Kollisionsrechtliche Fragen

Literatur:

Ahrens, Das Herkunftslandprinzip in der E-Commerce-Richtlinie, in: CR 2000, 835; Jürgen Apel/Tanja Grapperhaus, Das Offline-Online-Chaos oder wie die Europäische Kommission den grenzüberschreitenden Werbemarkt zu harmonisieren droht, in: WRP 1999, 1247;

Baratti, Internet: aspects relatifs aux conflicts des lois, in: Rivista Internazionale di Diritto Internazionale privato e processuale 1997, 545; Friedrich Bernreuther, Die Rechtsdurchsetzung des Herkunftslandrechts nach Art. 3 Abs. 2 EC-RiL und das Grundgesetz, in: WRP 2001, 384; Bröhl, EGG-Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen des elektronischen Geschäftsverkehrs, in: MMR 2001, 67; Nina Dethloff, Marketing im Internet und Internationales Wettbewerbsrecht, in: NJW 1998, 1596; dies., Europäisches Kollissionsrecht des unlauteren Wettbewerbs, in: JZ 2000, 179; Gierschmann, Die E-Commerce-Richtlinie, in: DB 2000, 1315; Jochen Glöckner, Wettbewerbsverstöße im Internet – Grenzen einer kollisionsrechtlichen Problemlösung, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft 2000, 278; Niko Härting, Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie, in: DB 2001, 80; ders., Gesetzentwurf zur Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie, in: CR 2001, 271;

Axel Halfmeier, Vom Cassislikör zur E-Commerce-Richtlinie: Auf dem Weg zu einem europäischen Mediendeliktsrecht, in: ZeuP 2001, 837; Henning-Bodewig, Herkunftslandprinzip im Wettbewerbsrecht: Erste Erfahrungen, in: GRUR 2004, 822; Jost Kotthoff, Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts auf Werbemaßnahmen im Internet, in: CR 1997, 676; Annette Kur, Das Herkunftslandprinzip der E-Commerce-Richtlinie: Chancen und Risiken, in: Festschrift für Willi Erdmann, Köln 2003, 629; Brigitta Lurger/Sonja Maria Vallant, Grenzüberschreitender Wettbewerb im Internet. Umsetzung des Herkunftslandprinzips der E-Commerce-Richtlinie in Deutschland und Österreich, in: RIW 2002, 188; Peter Mankowski, Internet und Internationales Wettbewerbsrecht, in: GRUR 1999, 909; ders., Besondere Formen von Wettbewerbsverstößen im Internet und Internationales Wettbewerbsrecht, in: GRUR 1999, 995; ders., Wettbewerbsrechtliches Gerichtspflichtigkeits- und Rechtsanwendungsrisiko bei Werbung über Websites, in: CR 2000, 763; ders., Das Herkunftslandprinzip als Internationales Privatrecht der E-Commerce-Richtlinie, in: ZvglRWiss 2001, 137; ders., Herkunftslandprinzip und Günstigkeitsvergleich in

§ 4 TDG-E, in: CR 2001, 630; ders., Wider ein Herkunftslandprinzip für Dienstleistungen im Binnenmarkt, in: IPRax 2004, 385; Rolf Sack, Das internationale Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht nach der EGBGB-Novelle, in: WRP 2000, 269; ders., Das internationale Wettbewerbsrecht nach der E-Commerce-Richtlinie (ECRL) und dem

EGG-/TDG-Entwurf, in: WRP 2001, 1408; Haimo Schack, Internationale Urheber-, Marken- und Wettbewerbsrechtsverletzungen im Internet(Teil2), in: MMR 2000, 135; Gerald Spindler, Das Gesetz zum elektronischen Geschäftsverkehr – Verantwortlichkeit der Diensteanbieter und Herkunftslandprinzip, in: NJW 2002, 921; ders., Das Herkunftslandprinzip im neuen Teledienstegesetz, in: RIW 2002, 183; Jens Schmittmann, Werbung im Internet. Recht und Praxis, München 2003; Thünken, Die EG-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und das Internationale Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs, in: IPRax 2001, 15; Dirk Wüstenberg, Das Fehlen von in § 6 TDG aufgeführten Informationen auf Homepages und seine Bewertung nach § 1 UWG, in: WRP 2002, 782.

Wie bereits beim Urheberrecht ist auch hier vorab zu prüfen, wann das deutsche Wettbewerbs- und Kartellrecht zur Anwendung gelangt. Grundsätzlich bestimmt sich dies gem. Art. 40 Abs. 1 EGBGB nach dem Tatort. Im Wettbewerbsrecht ist dies der Ort der wettbewerbsrechtlichen Interessenkollision, der als Marktort bezeichnet wird. Unter dem Marktort versteht man den Ort, an dem die marktbezogene Wettbewerbshandlung auf den Wettbewerbsgegner einwirkt; er ist zugleich Handlungs- und Erfolgsort i. S. d. Art. 40 Abs.

1 EGBGB657. Bei Werbemaßnahmen kommen Ausnahmen von diesem Prinzip nach Art. 41 EGBGB dann in Betracht, wenn besondere Umstände eine wesentlich engere Beziehung der Werbung zum Absatzmarkt nahelegen. Ein anschauliches Beispiel für solche Umstände sind sogenannte „Kaffeefahrten” ins Ausland, für die im Inland geworben wird und an denen Inländer teilnehmen.

Wer sich für seine Werbung des Internets oder einer CD-ROM bedient, muss diese folglich an deutschem Recht messen lassen, sofern nur der Ort der wettbewerblichen Interessenkollision im Inland liegt. Dies ist regelmäßig der Ort, an dem gezielt in das Marktgeschehen eingegriffen wird658.

Für den Offline-Vertrieb begründet daher jeder Vertrieb des Produkts in Deutschland die Anwendung des deutschen Rechts,659 es sei denn, es handelt sich um einen marginalen Spill-over-Effekt660. Von einem solchen Effekt spricht man, wenn der Vertrieb in Deutschland so geringfügig ist, dass der Wettbewerb dadurch nicht spürbar beeinflusst wird. Da es ohne spürbare Beeinflussung auch nicht zu Interessenkollisionen kommen kann, erscheint es in einem solchen Fall unangemessen, den Vertrieb deutschem Wettbewerbsrecht zu unterwerfen.

657 Dazu ausführlich Sack, WRP 2000, 269, 272 f.

658 Siehe dazu auch BGHZ 113, 11, 15 – Kauf im Ausland; OLG Karlsruhe, GRUR 1985, 556, 557; anderer Ansicht allerdings das OLG Frankfurt, IPRspr. 1990, Nr. 155, 307, 309, das auf das finale Element verzichtet.

659 Siehe zu einer vergleichenden Darstellung werberechtlicher Fragen online/offline Apel/Grapperhaus, WRP 1999, 1247.

660 Sack, WRP 2000, 269, 274.

Sofern sich der Kunde das Produkt ohnehin nur im Ausland besorgen kann, ohne dass dafür in deutschen Medien geworben würde, ist das deutsche Recht nicht anzuwenden.

In Fällen, in denen ein Kaufmann seine Waren oder Leistungen grenzüberschreitend anbietet, ist der Marktort derjenige, an dem die Werbemaßnahme auf den Kunden einwirken soll, selbst wenn der spätere Absatz auf einem anderen Markt stattfindet.661 Diese Regel gilt uneingeschränkt jedoch nur in den Fällen, in denen die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Werbemaßnahme – wie beispielsweise in Fällen der irreführenden Werbung – nicht davon abhängig ist, ob das beworbene Absatzgeschäft wettbewerbsrechtlich zu beanstanden ist. 662 Anders verhält es sich, wenn sich der Vorwurf der Unlauterkeit der Ankündigung ausschließlich darauf gründet, dass das beworbene, im Ausland stattfindende Absatzgeschäft unlauter ist. So kann die Werbung für ein im Ausland abzuschließendes Geschäft im Inland nicht mit der Begründung untersagt werden, dass der Geschäftsabschluss – wenn er im Inland stattfände – als Rechtsbruch nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu untersagen wäre. Beispielsweise wäre es einem luxemburgischen Kaufmann unbenommen, in Deutschland damit zu werben, dass Kunden an einem deutschen Feiertag, an dem der Verkauf in Deutschland gegen die Bestimmungen des Ladenschlussgesetzes verstieße, in seinem Luxemburger Geschäftslokal willkommen seien.663

Im Internet kommt Werbung in zwei Formen in Betracht: zum einen durch individuell oder massenhaft versandte E-Mail, zum anderen durch die Präsentation auf einer Website.

Dementsprechend gilt in diesem Bereich das Recht des Landes, in dem eine E-Mail bestimmungsgemäß empfangen oder von dem aus eine Website bestimmungsgemäß abgerufen werden kann. Aufgrund des erforderlichen finalen Charakters der Einwirkung fallen Internet-Angebote, die zum Beispiel nur auf den amerikanischen Markt zugeschnitten sind, für eine lauterkeitsrechtliche Prüfung nach deutschem Recht aus. Soweit herrscht Übereinstimmung. Doch dann beginnen die Fragen: Wie lässt sich der Adressatenkreis einer Website festlegen? Websites stehen grundsätzlich einem weltweiten Publikum zum Abruf zur Verfügung, ohne dass sie jedoch allein aufgrund dieser Möglichkeit auch an die gesamte Welt adressiert sein müssten. Entscheidend dürfte wohl kaum die subjektiv-finale Sichtweise des Online-Anbieters sein. Denn dann könnte dieser durch Warnhinweise (sog. disclaimer) auf

661 BGHZ 113, 11, 15 – Kauf im Ausland.

662 BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 – I ZR 264/00.

663 BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 – I ZR 264/00.

seiner Website, z.B. „Diese Homepage ist nicht für den deutschen Markt bestimmt”, die Anwendung des deutschen Rechts ausschließen. Hier muss im Zweifel der Grundsatz der

„protestatio facta contraria non volet” gelten und auf den objektiven Empfängerhorizont abgestellt werden. Es ist daher nach objektiven Kriterien zu bestimmen, auf welche Verkehrskreise eine Werbekampagne im Internet zielt. Allerdings fällt es schwer, solche Indizien664 festzustellen. Als relevant dürfte in jedem Fall die Sprachfassung der Website gelten, die oft auch mit einem nationalen Markt korrespondiert. Allerdings ist dies eine deutsch geprägte Sicht. Schon bei Verwendung englischer oder französischer Sprache ist ein nationaler Markt angesichts der weltweiten Bedeutung solcher Sprachen nicht mehr rekonstruierbar.665 Neben der Sprache können jedoch die für das Online-Angebot verfügbaren Zahlungsmittel weiterhelfen. Werden z.B. ausschließlich Zahlungen in Euro oder über Konten deutscher Kreditinstitute zugelassen, kann darin auch auf eine Beschränkung für den deutschen Markt geschlossen werden. Auch dieser Aspekt hat jedoch seine Tücken. Denn im Internet werden üblicherweise mehrere Zahlungsmöglichkeiten angeboten, unter denen sich meist eine Zahlungsform per Kreditkarte befindet.666. Diese Zahlungsmodalitäten sind international verbreitet und lassen damit keine Rückschlüsse auf einen national beschränkten Adressatenkreis des Online-Marketing zu. Auch Hinweise auf Verkaufs- und Lieferbeschränkungen (beispielsweise: „Die hier angebotenen Waren können von Österreich oder der Schweiz aus nicht bestellt werden.”) können, wie oben bereits angedeutet, lediglich als Indiz für eine Beschränkung auf den deutschen Markt angesehen werden. Entscheidend ist, wie sich der Online-Anbieter tatsächlich verhält und ob er Bestellungen aus den umliegenden Grenzländern de facto annimmt oder nicht. Es gibt folglich eine Reihe von Websites, deren Marktausrichtung nicht eindeutig fixierbar ist. Die Betreiber dieser Seiten werden damit rechnen müssen, dass sie mehrere nationale Wettbewerbsordnungen zu beachten haben. Deutsche Provider werden zum Beispiel regelmäßig auch das – vom deutschen Recht z. T. stark divergierende – Wettbewerbsrecht der Schweiz und Österreichs mitbedenken müssen.

664 Siehe dazu OLG Frankfurt, CR 1999, 450 und (allerdings auf die internationale Zuständigkeit bezogen), Spindler, MMR 2000, 18, 20.

665 Anders das OLG Hamburg, Urteil vom 2. Mai 2002, MMR 2002, 822 = CR 2002, 837 sowie das LG Köln in seinem Urteil vom 20. April 2001, MMR 2002, 60 = ZUM-RD 2001, 524 = CR 2002, 58 mit Anm. Cichon, wonach die Verwendung der englischen Sprache und das Fehlen der deutschen Flagge dafür spreche, dass die Seite nicht für den deutschen Markt konzipiert sei.

666 Siehe hierzu Escher, WM 1997, 1173.

Diese schwierige Lage wird nun durch Art. 3 der „Electronic Commerce-Richtlinie”667 und durch dessen Umsetzung § 4 TDG n.F. entscheidend verändert. Hiernach soll jeder Mitgliedstaat dafür Sorge tragen, dass die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht werden, den innerstaatlichen Vorschriften entsprechen, die den durch diese Richtlinie koordinierten Bereich betreffen. Begrifflich umstritten sind sowohl die „Dienste der Informationsgesellschaft” als auch der „koordinierte Bereich”668. Gleichzeitig soll jede Form der Einschränkung des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft verboten sein. Hierdurch wird das allgemeine europarechtliche Herkunftslandprinzip auf Internetdienste übertragen. Ein Provider, der seine Dienste entsprechend den Vorgaben seines

„Heimatrechts” erbringt, hat zusätzliche Restriktionen im Abrufstaat nicht zu befürchten.

Portugiesisches Internetrecht schlägt damit deutsches Lauterkeits- oder schwedisches Verbraucherschutzrecht. Hinter dieser radikalen Neuregelung verbirgt sich eine latente Angst vor materieller Harmonisierung. Offensichtlich hat die Kommission den Mut verloren, Gebiete wie das Lauterkeitsrecht zu harmonisieren. Statt dessen wählt man einen Weg, der (scheinbar) für weniger Diskussionen in den Mitgliedsstaaten sorgt – das formale Herkunftslandprinzip. Letztlich führt dies zu einer Harmonisierung auf dem geringsten Level.

Die Provider werden sich, nachdem die Richtlinie am 08. Juni 2000 in Kraft getreten ist, mit Sicherheit das EU-Land mit den geringsten Restriktionen als Geschäftssitz aussuchen. Sie können von dort aus ganz Europa mit ihren Leistungen bedienen, ein „race to the bottom”

setzt ein.669

Die Bedeutung des Herkunftslandprinzips ist im Übrigen durch eine Fülle von Ausnahmen deutlich herabgesetzt worden. Der Anhang der Richtlinie nimmt eine Reihe von Rechtsgebieten aus Art. 3 der Richtlinie global heraus. Nach diesem Anhang soll das Herkunftslandprinzip u.a. nicht im Bereich des Immaterialgüterrechts, der vertraglichen Verpflichtungen bei Verbraucherverträgen sowie bei der Zulässigkeit von E-Mailwerbung zum Tragen kommen. Es bleibt den Abrufstaaten also unbenommen, insoweit restriktivere Regelungen vorzusehen. Nach Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie sind auch nationalstaatliche Maßnahmen der Abrufstaaten in den Bereichen öffentliche Ordnung, öffentliche Gesundheit

667 Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt vom 18. November 1998, KOM (1998) 586 endg., ABl. EG Nr. L 178 vom 17. Juni 2000, S. 1; geänderter Vorschlag der Kommission vom 17. August 1999, KOM (1999) 427 endg.; siehe dazu Moritz, CR 2000, 61; Landfermann, ZUM 1999, 795; Spindler, ZUM 1999, 775; Mankowski, GRUR 1999, 909; Tettenborn, K & R 1999, 442; ders., K & R 1999, 252.

668 Vgl. nur Hoeren, MMR 1999, 192, 193; Spindler, ZUM 1999, 775, 776.

669 Das Herkunftslandprinzip gilt jedoch nicht für die Frage der Gerichtszuständigkeit; anderer Ansicht nur Bernreuther, WRP 2001, 384.

und Verbraucherschutz im Rahmen der Verhältnismäßigkeit legitim. Allerdings unterliegen die Mitgliedstaaten bei solchen Maßnahmen einer starken Aufsicht durch die Europäische Kommission.

Unklar ist auch das Verhältnis von Herkunftsland und Kollisionsrecht. Die Kommission hat das Problem nicht gesehen und erst in letzter Minute in die Präambel der Richtlinie die Formulierung aufgenommen, dass das IPR unberührt bleibe, jedoch nicht zu Ergebnissen führen dürfe, die dem Herkunftslandprinzip widersprechen. Damit erscheint das Herkunftslandprinzip als Meta-Regel oberhalb des Kollisionsrechts, was aber wiederum die Fachvertreter des IPR nicht wahrhaben wollen.

Bei der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie in das deutsche Recht kam es denn auch zu Schwierigkeiten.670 Das Bundesjustizministerium bestand darauf, dass in das sog.

Elektronischer Geschäftsverkehr-Gesetz (EGG) eine Formulierung aufgenommen werde, wonach das Herkunftslandprinzip nicht gelte, wenn sich aus den Regeln des internationalen Privatrechts etwas anders ergebe. Diese Ausnahme soll aber nicht greifen, wenn der freie Dienstleistungsverkehr über die Anforderungen des deutschen Rechts hinaus eingeschränkt würde. Insofern gilt in bestimmten Fällen ausländisches Recht, wenn es für den beklagten deutschen Anbieter im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vorteilhafter ist. Eine

„Günstigkeitsabwägung“ soll das von Fall zu Fall klären.671 Gegen diesen Günstigkeitsvergleich wandte sich der Bundesrat. Er wies in seiner Stellungnahme vom 30.

März 2001 darauf hin, dass zu prüfen sei, ob diese komplizierte Regelung noch den Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie entspreche.672 Die entsprechende Regelung in der Endfassung des

§ 4 TDG673 verzichtet nunmehr auf den Günstigkeitsvergleich. Deutsche Anbieter, d.h.

Anbieter mit Sitz in Deutschland, unterliegen dem deutschen Recht, selbst wenn sie im EU-Ausland über das Internet Geschäfte abwickeln. Auf ihr Heimatrecht können sich umgekehrt auch EU-Ausländer berufen. Probleme bestehen bei Unternehmen mit Sitz im außereuropäischen Ausland; für sie gelten nach Maßgabe des Kollisionsrechts deutsches

670 Siehe dazu den Entwurf vom 14. Februar 2001, abrufbar unter: http://www.bmj.bund.de.

671 Zur Umsetzung in Frankreich siehe den Entwurf für ein Gesetz zur Informationsgesellschaft, abrufbar unter:

http://www.lesechos.fr/evenement/LSI/projet-LSI.pdf. Ähnlich war die Rechtslage in Österreich, wo

ursprünglich auch ein Günstigkeitsvergleich vorgesehen war; http:://www.bmj.gv.at/gesetzes/detail.php?id=8 und http://www.parlament.gv.at (dort Regierungsvorlage 817 BlgNr.21.GP1). Dieser Vergleich wurde in den endgültigen Text nicht integriert. Siehe das ECG, Österreichisches BGBl. I 2001/152 unter § 2.

672 Siehe BR-DrS 136/01.

673 Das TDG ist nunmehr im Bundesgesetzblatt 2001 Teil 1 Nr. 70 vom 20. Dezember 2001 auf den Seiten 3721 ff. als Teil des „Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr

(Elektronischer Geschäftsverkehr-Gesetz -EGG)“ vom 14. Dezember 2001 veröffentlicht. Die Änderungen des Teledienstegesetzes durch Art. 1 sind gemäß Art. 5 S. 1 am Tag nach der Verkündung – folglich am 21.

Dezember 2001 – in Kraft getreten.