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I. Praxis der Adressvergabe

1. Internationale Strukturen

Literatur:

Wolfgang Kleinwächter, The Silent Subversive: ICANN and the new Global Governance, in

“info: the journal of policy, regulation and strategy for communications, information and media”, Vol. 3, No. 4, August 2001, 259; ders., ICANN als United Nations der Informationsgesellschaft?Der lange Weg zur Selbstregulierung des Internets, in: MMR 1999, 452; ders., ICANN between technical mandate and political challenges, in:

Telecommunications Policy, No. 24, 2000, 553; ders., ICANN as the "United Nations" of the Global Information Society?: The Long Road Towards the Self-Regulation of the Internet, in:

Gazette, Vol. 62, No. 6, p. 451.

Die für die Kommunikation zwischen den einzelnen Rechnern erforderlichen IP-Adressen werden nicht vom Staat vergeben. Als Oberorganisation ist vielmehr das ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) zuständig.3 Das ICANN wurde im Herbst 1998 als private non-profit-public benefit organization i.S.d §§ 5110-6910 des California Corporation Code in den USA gegründet.4 Der Sitz ist in Kalifornien.

Das ICANN hat weitreichende Kompetenzen im Domainbereich, u.a.

die Kontrolle und Verwaltung des Root-Server-Systems (mit Ausnahme des obersten A-Root-Server, der lange Zeit unter der Kontrolle der US-Regierung steht und heute von VeriSign Global Registry Services verwaltet wird)

die Vergabe und Verwaltung von IP-Adressen, mit Hilfe der Numbering Authorities ARIN (für Amerika), RIPE (für Europa und Afrika) und APNIC (für die Regionen Asien und Pazifik)

die Vergabe und Verwaltung von Top-Level-Domains, sowohl hinsichtlich der länderbasierten Kennungen (country-code Top-Level-Domains; ccTLDs) als auch der generischen Top-Level-Domains (gTLDs); hierzu akkreditiert ICANN sog. Registrars, bei denen dann die einzelnen Domains registriert werden können.

Derzeit bestehen folgende gTLDs:

com („Commercial“)

net (für Angebote mit Internetbezug)

org (für nichtkommerzielle Organisationen)

3 Siehe dazu Kleinwächter, MMR 1999, 452 ff.

4 Siehe dazu auch die Articiles of Incorporation des ICANN vom 28. Januar 1998, abrufbar unter http://www.icann.org/articles-pr23nov98.html – ferner die By-laws vom November 1998.

edu (Bildungsorganisationen)

int (Internationale Organisationen)

mil (US-Militär)

gov (US-Regierung).5

info (Informationsdienste)

biz (Unternehmen)

Außerdem bestehen folgende sog. Sponsored gTLDs: 6

aero (Luftverkehr)

coop (Genossenschaftlich organisierte Unternehmen)

museum (für Museen)

asia (Region Asien)

arpa (Adress and Routing Parameter Area)

jobs (Internationaler Bereich des Human Recource Management

mobi (Mobilfunkanbieter)

travel (Reiseanbieter)

pro (Freiberufler: Ärzte, Rechtsanwälte, Buchhalter)

name (individuelle Nutzer mit ihrem Namen).

Der Einfluss der USA zeigt sich bei der Diskussion um die .xxx Kennung für Pornoanbieter;

die Verhandlungen über die Einführung einer solchen TLD wurden auf Druck der US-Regierung zunächst suspendiert.7 Die ICANN hat die Einführung mittlerweile abgelehnt.

Hiergegen hat ICM Registry als das Unternehmen, das sich um die TLD .xxx beworben hatte, aber Widerspruch eingelegt.

Für die „biz“- und die „info“-Kennung hat das ICANN Mitte Mai 2001 eine Vergabeprozedur festgelegt. Für die Vergabe von „biz“ ist Neulevel.com zuständig. Ähnlich ist die Regelung zur Domain „info“. Vergeben wird diese von Afilias.com.

„Name“ wird vergeben durch Global Name Registry Ltd. (GNR), wobei dieses Unternehmen – neben nationalen Registrierungsstellen – auch das Recht zur Verwaltung der Second Level Domain (z.B. hoeren.name) und der E-Mail-Adressen hat. „Museum“ wird von der Museum

5 Um die zuständigen Registerungsstellen für diese Kennungen festzustellen siehe http://www.icann.org/registrars/accredited-list.html.

6 Siehe dazu http://www.icann.org/tlds/stld-apps-19mar04/sstld-public-comments.htm.

7 http://www.icann.org/minutes/resolutions-15sep05.htm.

Domain Management Association (MuseDoma) bereitgestellt. Aero wird vergeben von der Société Internationale de Télécommunications Aéronautiques SC (SITA). Für .pro ist die RegistryPro, Ltd. zuständig. Bei .coop liegt die Vergabe in Händen der National Cooperative Business Association (NCBA).

Länderspezifisch bestehen heute 239 verschiedene Top-Level-Domains.8 Wichtig sind die ccTLDs

de (Deutschland)

uk (Großbritannien)

nl (Niederlande)

fr (Frankreich)

jp (Japan)

es (Spanien)

no (Norwegen)

ch (Schweiz)

at (Österreich).

Die Kennung „us“ (für die USA) existiert zwar, ist aber nicht gebräuchlich. Einen besonderen Reiz üben Kennungen aus, die über ihren Länderbezug hinaus eine Aussagekraft haben, wie z.B.: „tv“ (für Tuvalu; begehrt bei Fernsehsendern) und „ag“ (für Antigua; gleichzeitig Ausdruck für Aktiengesellschaft). Besondere Probleme bestanden mit der Zulassung von Domains auf der Basis des chinesisch-japanischen Schriftsystems; diese Poroblems wurden im Juni 2003 durch die Einführung eigener ICANN-Standardisierungsrichtlinien gelöst.9

Nachdem das ICANN im Jahre 2000 die Einführung einer neuen ccTLG “.eu” beschlossen hat, ist diese ab dem 7. Dezember 2005 sehr erfolgreich gestartet. Ab diesem Zeitpunkt war es für die Inhaber registrierter Marken10 und öffentlicher Einrichtungen im Rahmen der sog.

“landrush-period” möglich, die Vergabe der “.eu”-Domains zu beantragen. Zwei Monate später, also ab dem 7. Februar 2006, konnten dann sonstige Rechteinhaber eine Domain unter der TLD “.eu” beantragen (“landrush-period II”). Innerhalb dieser Zeiträume galt für Rechteinhaber das Windhundprinzip, wer also als erster seinen Registrierungsantrag bei der

8 Siehe dazu die Liste unter http://www.iana.org/cctld/cctld-whois.htm.

9 http://www.icann.org/general/idn-guidelines-20jun03.htm.

10 Hierzu zählten neben reinen Wortmarken (nationale Marken, europoäische Gemeinschaftsmarken oder inter-nationale Registrierungen mit Schutzwirkung in einem Mitgliedsland der EU) auch Wort-Bild-Marken, bei de-nen der Wortbestandteil vorrangige Bedeutung hat.

zuständigen Bepörde EuRID11 einreichte, der erhielt die Domain. Die jeweiligen kennzeichenrechtlichen Positionen mussten innerhalb einer Frist von 40 Tagen bei dem Unternehmen Price Waterhouse Coopers zur Prüfung vorgelegt werden.12 Die Dokumentation der entsprechenden kennzeichenrechtlichen Positionen erforderte eine besondere Sorgfalt, da bereits formale Fehler (fehlendes Deckblatt der Anmeldung, etc.) zu einer Abweisung führten.

Eine solche Abweisung bedeutete zwar noch kein vollständiger Verlust der Domain, jedoch war eine Nachbesserung nicht möglich und zwischenzeitlich eingereichte Registrierungswünsche für die Domain erhielten eine bessere Priorität.

Bei Streitigkeiten über eine EU-Domain gibt es sechs verschiedene Wege tätig zu werden.

Zunächst empfiehlt sich Hauptweg die Anrufung eines Streitschlichtungsavance, in diesem Fall des tschechischen Schiedsgerichtshofs, der zentral alle Aufgaben der Streitschlichtung für die EU-Domain wahrnimmt. Nach Art. 21 der Verordnung 2004 basiert die Streitschlichtung auf Marken oder Namen, die eine EU-Domain entgegenstehen sollen. Der entsprechende Rechteinhaber muss vortragen, dass die Gegenseite kein Gegenrecht oder legitimes Interesse geltend machen kann oder die entsprechende Domain bösgläubig registriert oder nutzt. Das Streitschlichtungsverfahren unterscheidet sich hier fundamental von der UDRP, die das Fehlen eines Gegenrechtes kommulativ zur Bösgläubigkeit prüft und bei der Bösgläubigkeit eine Bösgläubigkeit bei Registrierung und Nutzung verlangt. Ein legitimes Interesse liegt vor, wenn die entsprechende Bezeichnung bereits vorher vom Domain-Inhaber genutzt worden war. Zu beachten sind insbesondere die Interessen von Händlern, die mit der Benutzung der Domain nur auf ihre Waren hinweisen wollen. Eine Bösgläubigkeit der Registrierung oder Nutzung liegt vor, wenn die entsprechenden Vorgänge unlauter sind, insbesondere zur wettbewerbswidrigen Verunglimpfung oder unter Drucksetzung des Markenrechtsinhabers genutzt werden sollen. Neu ist auch gegenüber der UDRP, dass eine zweijährige Nichtbenutzung ebenfalls unter die bösgläubige Registrierung fällt und zum nachträglichen Widerruf der Domain führen. Neben der außergerichtlichen Streitschlichtung gibt es natürlich auch die Möglichkeit den Gerichtsweg zu beschreiten. Dies kann einmal dadurch erfolgen, dass das Gericht die Streitschlichtungsregeln des Art. 21 ebenfalls zur Entscheidungs-grundlage macht. Daneben bleibt noch der normale Gerichtsweg mit der klassischen kennzeichenrechtlichen Prüfung je nach Landesrecht (Art. 21, Abs. 4 der Verordnung 2004).

Auch an die Streitschlichtung selbst kann sich ein Gerichtsverfahren anschließen (Art. 22).

Bei formalen Verstößen gegen die Registrierungsbedingungen, etwa bei der Angabe falscher Adressen, kommt ein Widerruf von Amtswegen in Betracht (Art. 20). Schließlich bleibt auch

11 http://www.eurid.be.

die Möglichkeit, je nach Landesrecht bei unsittlichen Registrierungen einen Widerruf vorzunehmen (Art. 18).