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Tiefe Bestimmung ist offenbar auf die nach Lehnrecht

Im Dokument Juristische Studien. (Seite 22-30)

für den Erwerb von Lehngütern vorgeschriebene Investitur durch den Lehnsherrn zu beziehen. I n dem zweiten Privi-legium wird die bereits in der Ordensperiode ausgebildete Regel, daß Bürgerliche Rittergüter und umgekehrt Adelige städtische Immobilien unter der gleichen Bedingung der Uebernahme aller mit dem Besitze verbundenen Lasten erwerben konnten, als gesetzliche Vorschrift ausgesprochen: „Oivibu»

donll tellsstria et nodilibu8 eivilia bona liberum 8it äeincep8 smers, ita tamen, yuoä aä zmi'ia oneia utriixM ksrenä» 8int obli^ati. (juoä seilioet oiveZ rations bonorum terrsstrium omnia, nodilitatjz onsra, «t nodils8 lations eivilium bonorum omni» eivilia, onera 26gui3 passibu» ierant st siäsw M i i 8ud8int."

ll>. P e r i o d e ö e r schwedische« H e r r s c h a f t ^ ) . Unter der schwedischen Herrschaft v o l l e n d e t e sich eine Entwickelung, die bereits unter der polnischen begonnen hatte. Nurch die Veränderung des Kriegswesens und das Aufhören des persönlichen Lehnsdienstes fiel die Verbindung des Adels mit der ritterlichen Lebensart weg. E r blieb nur noch als ein ausgezeichneter Geburtsstand bestehen. Seit dieser Zeit erhielt der alte rittermäßige Adel feinen Zuwachs hauptsächlich durch landesherrliche Verleihung.

*) Huftel N. Nord. Mise. 22 u, 23 Stück S. 3tt.

Auch in Livland wurde der Lehnsdienst, nunmehr Roßdienst genannt, nicht mehr persönlich von Besitzern der Lehngüter, sondern in der Weise geleistet, daß von einer ge-wissen Anzahl von Haken ein gerüsteter Reiter gestellt und unterhalten werden mußte. Der einheimische Adel verstärkte sich vorzugsweise durch bürgerliche Familien, welche von den polnischen und schwedischen Königen in den Adelstand erhoben waren, außerdem aber auch durch einige aus Deutschland, so wie aus Schweden eingewanderte Adelsgeschlechter, Der Adel polnischer und littauischer Nation verschwand dagegen mit dem Gintritt der schwedischen Herrschaft vollständig aus Liv-land. Außer dem einheimischen Adel gab es aber noch einzelne angesehene schwedische Adelsgeschlechter, denen die schwedischen Könige, namentlich G u s t a v A d o l f und dessen verschwenderische Tochter C h r i s t i n e ausgedehnte Besitzungen in Livland, zum Theil ganze Kirchspiele nebst den in denselben befindlichen Städten verliehen. Diese Geschlechter aber schlossen sich nicht dem einheimischen Adel an, verblieben vielmehr in Schweden, nachdem sie, insbesondere in Folge der Reduction, ihre Besitzungen in Livland verloren hatten.

I n den officiellen Urkunden aus der schwedischen Zeit wird die livländische Ritterschaft häufig „Ritterschaft und Adel", sowie „Herrenstand und Adel" genannt. Diese Be°

Zeichnungen sind aus dem schwedischen Sprachgebrauch zu erklären. „Ritterschaft und Adel" (liiääsrzoap oeli H.äe1) ist nichts als eine pleonastische Bezeichnung für Ritterschaft oder Adel, die nicht nur in livländischen, sondern ebenso auch in Urkunden vorkommt, welche sich nur auf Schweden beziehen, z. B. in dem Privilegium G u s t a v A d o l f ' s an den schwedischen Adel vom ?. M a i 1622. Die Bezeich-nung „Herrenstand und Adel" ist auf das von G u s t a v A d o l f dem schwedischen Adel am 6. Juni 1626 ertheilte Privilegium zurückzuführen, nach welchem letzterer in drei

Classen getheilt wurde, von denen die erste den Herrenstand bildete und aus solchen adeligen Geschlechtern bestand, welche die gräfliche oder freiherrliche Würde erlangt hatten. Zur zweiten gehörten diejenigen Adeligen, welche nachweisen konnten, daß einer ihrer Vorfahren Reichsrath gewesen, während die dritte Classe aus allen übrigen Edelleuten ge-bildet wurde. Diese Classeneintheilnng, nach welcher der Adel in Schweden seinen Sitz im Ritterhause einnahm und feine Stimme abgab, hatte jedoch für die livlandische Ritter-schaft keine Bedeutung, Denn wenngleich einige livlandische Adelsgeschlechter — C e u m e r n nennt ihrer 9 in seinem Ver-zeichnisse livländischer Adelsgeschlechter vom Jahre 1690 — unter der schwedischen Herrschaft den freiherrlichen oder Varontitel erhielten, so waren doch mit diesem Titel in Liv-land keine Vorrechte verbunden. Nach der in DeutschLiv-land ausgebildeten Rechtsanschauung wären die freiherrlichen Ge-schlechter Livlands zu dem Titularadel zu zählen, denn einen Herrenstand oder hohen Adel im Sinne des deutschen Staats-rechts hat es in Livland, abgesehen von den Landesherren, niemals gegeben.

Eigenthümlich livländischen Ursprungs ist dagegen der Ausdruck „Ritter- und Landschaft". Durchaus unrichtig ist er bisher als eine Bezeichnung der Ritterschaft aufgefaßt worden. Er wird vielmehr in ähnlichem Sinne gebraucht, wie der Ausdruck „Ritter- und Mannschaft" zur Zeit der Ordensherrschaft. Nur insofern besteht ein Unterschied, als das Wort „Mannschaft" die Vasalleneigenschaft der Lehns-besitzer hervorhob, wogegen das Wort „Landschaft" von dieser Eigenschaft absieht und nur die Besitzlichkeit im Lande betont.

Beide Bezeichnungen aber umfassen sämmtliche Besitzer von Rittergütern, ohne Rücksicht auf ihren Geburtsstand, also die Gesammtheit der Großgrundbesitzer. Wir begegnen diesem Ausdruck schon in der von G u s t a v A d o l f im Jahre 1629,

gleich nach Eroberung des Landes, ertheilten Generalconfir-mation der Privilegien, in welcher es heißt, daß „die Ritter-und Landschaft ihre alten Freiheiten vollkommen genießen und ein jeder absonderlich in seiner Possession verbleiben solle".

Schon hieraus geht hervor, daß der Ausdruck Ritter- und Landschaft nicht auf die Ritterschaft allein zu beschränken ist. Denn aus der Zeit der polnischen Herrschaft mußten unzweifelhaft bürgerliche Besitzer von Rittergütern vorhanden sein, und alle sollen in ihrer Possession geschützt werden.

Eine fernere Unterstützung erhält die gegebene Erklärung durch die älteste livländische Landtagsordnung vom 5. Sep-tember 1647. Gleich im Eingang wird dieselbe als gültig für die „Ritter- und Landschaft" bezeichnet. Hierauf heißt es in § 2, welcher von der Zufammenfetzung des Landtags handelt und daher recht eigentlich dazu bestimmt ist den Be-griff „Ritter- und Landschaft" durch die Bezeichnung der lllndtagsfähigen Personen näher zu erklären: „im gesetzten Landtagstermine sollen sich alle und jede i m L a n d e E i n -gesessenen . , . einfinden". Das Recht zur Theilnahme an dem Landtag ist somit nur vom Besitze eines Rittergutes, nicht vom Stande abhängig gemacht. Sogar Amtleute und Arrendatoren wurden in Uebereinstimmung mit der schwedi-schen Ritterhausordnung (v. 6. Juni 1626) zum Landtage zugelassen, hatten aber nach § 5 kein Stimmrecht, wenn sie nicht außerdem besitzlich waren. M i t dem Ausdruck Landsllssen werden, ebenfo wie zur Zeit der Ordensherrschaft alle im Lande Eingesessenen sowohl adeligen als bürgerlichen Standes bezeichnet. So werden in dem Privilegium der Stadt Riga von 1621 die Stadtbürgcr, welche Rittergüter erwerben, den a n d e r n Landsassen gleichgestellt und in der königlichen Verordnung von 1694 heißt es: alle diejenigen von Ritterschaft und Adel, welche Landsassen sind und allda einige Güter haben.

Die Ritter- und Landschaft oder mit anderen Worten die Großgrundbesitzer wurden von der schwedischen Regierung mit bedeutenden korporativen Rechten ausgestattet, nachweislich jedoch erst vom Jahre 1643, Zunächst hatte der Adel im Jahre 1634 um die Genehmigung gebeten an Stelle des von der polnischen Regierung beseitigten Ritterschaftshauptmannes wiederum einen solchen wählen zu dürfen. Dieser Bitte wurde mit der Vorschrift gewillfahrt, daß der Adel, wenn er

„vom Gouverneur zum Landtag zusammenberufen wird, so-dann jedesmal, da solches geschieht, jemanden aus ihren eigenen Mitteln dazu vorschlage und erwähle," Aber schon im Jahre 1643 erschien eine Deputation der Ritter-und Landschaft bei der Königin mit der Bitte, „daß, das ver-fallene Lieflllnd mit einem guten wohlformirten Staat bedacht und soulllgiret werden möge," Auf Grund der Anträge der Deputation genehmigte die Königin C h r i s t i n e mit Berufung darauf, „damit . . , die Ritter- und Landschaft einige Form eines Staats und einer Regierung daselbst haben möge, daß daselbst in Lieffland ein Land-Rath formirth werde von sechs derer besten und geschicktesten adlichen Persohnen, die im Lande besitzlich seyn . . . . und daß dieselbige nach vorher-gegangener ordentlicher Präsentation in I . K. M, Nahmen vom General-Gouverneuren bestellet und nominiret werden".

Die Landräthe wurden aber unter Anderem angewiesen:

„daß s i e . . . des Landes Angelegenheiten und Beschwerden anhören, auffnehmen und selbige dem General-Gouverneuren und dessen Beysitzern treulich conferiren aussen C o n v e n t s -t a g e , den I , K. M, für gu-t finden, auffs wenigs-te jährlich einmal in Riga zu halten, aufs welchem Conventstage alle Sachen daselbst überleget und der Billigkeit, wie auch ihrer Um-stände und Beschaffenheit nach rewediret werden sollen". Auf diese Weife hatte die Ritter- und Landschaft das Recht erhal-ten Landräthe zu wählen und sich jährlich zu einem Landtage

zu versammeln. Weitere Privilegien „Dero zur Ritter- und Landschafft in Livland tragenden Affection nach" zu ertheilen, verschiebt die Königin auf gelegenere Zeit. Auf Grund dieser königlichen Resolution vom I . 1643 wurde sodann von der Ritter- und Landschaft die bereits erwähnte Landtags-ordnung verfaßt und nach erfolgter königlicher Bestätigung im Jahre 164? vom General-Gouverneur vublicirt*). Aus derselben geht hervor, daß die Ritter- und Landschaft an allen Verhandlungen des Landtages theil nimmt, mit alleiniger Ausnahme der Wahl des Ritterschaftshauptmanns oder Land-Marschalls, welche auf Grund der königlichen Resolution vom Jahre 1634 der Ritterschaft allein vorbehalten wird. I m Jahre 1648 endlich wurde durch eine königliche Resolution die Zahl der Landräthe auf 12 erhöht, von denen 3 im Hofgerichte sitzen sollten, und die Amtsdauer des Ritterschafts-hlluptmllnns auf 3 Jahre festgestellt.

Die Rechte des Adels, so wie des Bürgerstandes in Beziehung auf den Grundbesitz waren im wesentlichen die gleichen**). Bei Gelegenheit der von Gustav Adolf am 25. Sept, 1621 der Stadt Riga ertheilten Bestätigung ihrer Privilegien erklärte der König ausdrücklich (ß 26): „So geben wir auch der Stadt Riga und derer Bürgern frei Landgüter mit Unserer Ratihabition an sich zu bringen, jedoch änderst nicht, denn, daß sie davon gleich anderen Landsassen die gebührliche Pflicht und gewöhnliche Dienste thun." Von der anderen Seite wurde aber auch dem Adel das Recht bestätigt Häuser in Riga unter gleicher Bedingung zu acquiriren. „Was die Häuser in Riga betrifft," — heißt es in der königlichen

Reso-*) G, B r a s c h e n . Gedanken zur Consolidirung des livl. Landes-stlllltes. Seite 36.

**) Vgl. dagegen B u n g e : Gesch. d. Prw.-Nechts, S, 154 Amn.

9 und Kiwigl, Resolution vom 30. J u l i 1662, ß 15,

lution vom 31. Oktober 1662 ß 6 (^« II) *), - „so der Adel daselbst zu knuffen und zu besitzen Freiheit zu haben sucht, darüber ist diese I . K. M . allergnädigste Verordnung, daß die Schwedischen und Livländischen von Adel so wenig aus der Stadt, als Bürger aus dem Lande excludirt werden können, so daß sie in diesem Falle nicht vor Frembde zu halten, sondern es sollen alle solche von Adel, welche durch Kaufs, Grbfall oder Heirath vor diesem Häuser an sich ge-bracht haben oder auch solches hinkünfftig noch thun und sich daselbsten baufest und wohnhaft niederlassen und bürgerliche Nahrung treiben, schuldig fein auch alle onsi-g, i-ealia st ver-sonalia zu tragen". (Vgl. daselbst § 3 und A° I, § 18) Der Rechtsgebrauch, welcher sich bereits zur Zeit derOrdens-herrschllft hinsichtlich des Güterbesitzes ausgebildet hat, wird demnach von der schwedischen Regierung vollständig aufrecht erhalten, — Für die Stadtbürger der übrigen Städte Liv-lands findet sich eine specielle Bestätigung des Rechts Land-güter zu erwerben, unter schwedischer Regierung nicht.

Keinenflllls kann aber daraus gefolgert werden, daß sie da-durch ihr wohlerworbenes Recht eingebüßt hätten. Es mag damals nur kein Bedürfniß für eine solche Bestätigung be-standen haben, weil die kleinen Städte durch die fortwähren-den Kriege während der polnischen Herrschaft schwer gelitten hatten und in einen armseligen Zustand gerathen waren.

Besondere Standesvorrechte besaßen die adeligen Grund-besitzer gegenüber den bürgerlichen ebenfalls nicht, wenn man etwa davon absieht, daß die ersteren den Landmarschall aus ihrer Mitte wählten und daß die Landräthe Adelige sein mußten. Von größerer Bedeutung war das im Jahre 1675 der Ritterschaft gewährte Recht die Glieder des Landgerichts zu wählen. Die im Jahre 1648 unterlegte Bitte, daß nur

*) Vgl. dazu König!, Rcsol. v. 31. Tec. 1687 ß 7.

Adelige bei der Besetzung von Aemtern im Lande wählbar sein sollten, wurde dagegen von der Regierung zurückgewiesen.

Endlich bat der Adel im Jahre 1650 mit Berufung darauf,

„daß i n Livlllnd einige Confusion und Unordnung darinnen eingerissen, daß Viele, so nicht von Adel sind, gleichwohl davor respektirt sein , . , wollen", um die Genehmigung zur Errichtung einer Ritterbank oder Matrikel. Obgleich die Bitte von der Königin genehmigt wurde, „damit der Adel bei seinem gebührenden Respekt und Honneur conseruiret und gehllndhllbt werde" — so unterblieb doch die Ausführung.

Es hat also wohl die gerügte Confusion weiter fortbestanden und diesem Umstände ist es zuzuschreiben, daß der schwedischen Periode eine kastenartige Scheidung zwischen dem Adel und dem Bürgerstllnde fremd geblieben ist. Die bürgerlichen Hllndsassen wurden, wenn sie längere Zeit im Besitz ihrer Güter blieben, den Adeligen gleichgeachtet und dies führte dazu, daß sich die Ritterschaft als eine mit dem großen Grundbesitz identische Corporation fühlte. Es erklärt sich hieraus auch die Thatsache, daß i n den Urkunden nicht selten von der Ritterschaft allein die Rede ist, wo doch die Ritter-und Landschaft gemeint ist.

Der geschilderte Rechtszustand blieb jedoch nur bis gegen Ende der schwedischen Herrschaft bestehen. I n Folge der MißHelligkeiten, welche i n Veranlassung der Reduction zwischen der Ritter- und Landschaft und der Regierung ent-standen waren, wurde die Landesverfassung durch eine könig-liche Verordnung vom 20. December 1694 umgestürzt. I n ? der nicht zu verkennenden Absicht die LandeZuertretung zu schwächen, verordnete der König, daß nunmehr nur besitzliche Edelleute zum Landtage zusammentreten sollten, (§ 12): „ Z u den Landtagen sollen keine andern als z>o88688ionM und die, so eigne Erbgüter im Lande besitzen eingeladen werden, wie auch nur diejenigen, so darthun können, daß sie rechte

Gdel-Iui. Ct. Bd. Ill, i. 2

leute sind". Aus einer Versammlung der Großgrundbesitzer war der Landtag somit zu einer Adelsversammlung zusammen-geschmolzen, Gadebusch kann nicht umhin die auf dieser Grundlage in den Jahren 1695 und 169? zusammengetretenen Landtage als sogenannte oder vermeinte Landtage zu bezeichnen (Glld, I I I , 2, S, 738). Nach Ausbruch des nordischen Krieges erkannte die Regierung sehr wohl die Nothwendigkeit sich nicht blos auf den Adel, sondern auf das ganze Land zu stützen. Es wurden daher zum Landtage von 1700 wiederum die Ritter- und Landschaft und außerdem noch Vertreter der Geistlichkeit, sowie der großen und kleinen Städte eingeladen, Der nächste und letzte Landtag unter schwedischer Regierung, der Landtag von 1710 verhandelte bereits über die Capitulation.

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