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Thrombozytopathien bei ausgewählten Erkrankungen 1. Willebrand-Erkrankung

2. Störungen der primären Hämostase 1. Thrombozytopenie

2.2. Thrombozytopathien bei ausgewählten Erkrankungen 1. Willebrand-Erkrankung

Die Willebrand-Erkrankung ist die am weitesten verbreitete erbliche Blut-stillungsstörung beim Menschen (RICK 1994). Sie besitzt unterschiedliche Ausprägungen, die mit einer qualitativen oder quantitativen Abnormalität des Willebrandfaktors einhergehen (SADLER 1994; FRESSINAUD u. MEYER 1996). Auch beim Hund ist diese Krankheit bereits in über 50 Rassen diagnostiziert worden (BROOKS 1992). Neben den erblichen Formen der Krankheit existieren sowohl beim Menschen als auch beim Hund erworbene Formen (THOMAS 1996). Da dieser Faktor unter anderem durch seine plättchenagglutinierende Eigenschaft eine entscheidende Rolle in der Hämostase spielt, wirkt sich ein Defekt des Willebrandfaktors vor allem auf die thrombozytenabhängige Blutstillung aus (MEYER u. GIRMA 1993; THOMAS 1996; RUGGERI 1997). Dieses wurde neben anderen Funktionstests in zahlreichen Untersuchungen durch Bestimmung der kapillären In-vivo-Blutungszeit sowohl beim Hund (JERGENS et al. 1987) als auch beim Menschen belegt (u.a.: HARKER u. SLICHTER 1972; WEIPPERT-KRETSCHMER et al. 1995; FRESSINAUD et al. 1996, 1997, 1998). Die Differenzierung der verschiedenen Typen des Willebrand-Syndroms erfordert die Durchführung mehrerer diagnostischer Tests. Eine Übersicht über eine Differenzierung verschiedener Typen des Willebrand-Syndroms beim Menschen anhand verschiedener Tests ist Tabelle 1 zu entnehmen.

Tab. 1: Klassifikation des Willebrand-Syndroms (nach ZIMMERMAN u.

RUGGERI 1982).

diagnostische

Test-systeme Typ I Typ II A Typ II B Typ III In-vivo-Blutungszeit verlängert verlängert verlängert verlängert

Plättchenzahl normal normal normal o.

vermindert normal F-VIII:C vermindert vermindert

o. normal vermindert stark vermindert WF:Ag vermindert vermindert

o. normal

vermindert o. normal

stark vermindert WF:RCo vermindert stark

vermindert

vermindert erhöht fehlt Multimerstruktur

Elektrophorese normal pathologisch pathologisch variabel Erbgang autosomal

dominant F-VIII:C = Faktor-VIII:C-Aktivität; WF:Ag = Willebrandfaktor-Konzentration;

WF:RCo = Ristocetin-Kofaktoraktivität; induz. = induziert

2.2.2. Azetylsalizylsäure-induzierte Thrombozytopathie

Der Effekt der beim Menschen häufig und beim Hund seltener als zytenaggregationshemmer eingesetzten Azetylsalizylsäure auf die Thrombo-zytenfunktion ist weitestgehend geklärt: Die Azetylsalizylsäure führt zu einer irreversiblen Azetylierung und hiermit Inaktivierung des Enzyms Zyklooxygenase (COX-I) und bewirkt so eine Hemmung des Prostaglandinstoffwechsels und damit der Thromboxanbildung (u.a.: SMITH u.

WILLIS 1971; ROTH u. SIOK 1978; MAJERUS 1983; SCHRÖR 1991;

GAWAZ 1999). Die dadurch entstehende Beeinträchtigung der primären Hämostase ist in zahlreichen Untersuchungen unter anderem anhand der kapillären In-vivo-Blutungszeit sowohl beim Menschen (MIELKE et al. 1969;

RAJAH et al. 1978; MIELKE 1982, 1983) als auch beim Hund (THOMAS et al.

1979; JERGENS et al. 1987; NOLTE 1988a, 1994a, b, 1997) bestätigt worden.

So wurde zum Beispiel in der Studie von NOLTE et al. (1994b) durch Azetylsalizylsäure experimentell bei gesunden Hunden eine thrombozyten-spezifische Blutungsneigung erzeugt und anhand der Messung der kapillären In-vivo-Blutungszeit der therapeutische Effekt verschiedener Behandlungs-möglichkeiten von thrombozytenabhängigen Hämostasestörungen überprüft.

Die Untersuchungen zum Einfluß der Azetylsalizylsäure auf die In-vitro-Blutungszeit sind im Kapitel 3 angeführt.

2.2.3. Urämie

Bei der Urämie wird beim Menschen (DAVIS et al. 1972; MANNUCCI et al.

1983; REMUZZI et al. 1983, 1990; DI MINNO et al. 1985; CASTILLO et al.

1986; WARE et al. 1989) wie auch beim Hund (JERGENS et al. 1987; HARRIS u. KRAWIEC 1990) regelmäßig eine Blutungsneigung (bzw. eine Verlängerung der In-vivo-Blutungszeit) beobachtet. Der Literatur sind vor allem für den Menschen eine Reihe von Faktoren zu entnehmen, die an dieser Blutungs-neigung beteiligt sein sollen wie die eventuell bestehende Thrombozytopenie, Gerinnungsfaktormängel und Plättchenfunktionsstörungen (EBERST u.

BERKOWITZ 1994). Eine Plättchenfunktionsstörung wurde in mehreren Untersuchungen durch die Bestimmung der kapillären In-vivo-Blutungszeit sowohl bei urämischen Menschen (HARKER u. SLICHTER 1972; REMUZZI et al. 1977, 1978; MANNUCCI et al. 1983; DI MINNO et al. 1985; CASTILLO et al. 1986; GORDGE et al. 1988; WARE et al. 1989) als auch bei urämischen bzw. azotämischen Hunden (JERGENS et al. 1987; BRASSARD et al. 1994;

BRASSARD u. MEYERS 1994) belegt. So zeigte sich zum Beispiel in einer

Studie von JERGENS et al. (1987) bei 5 von 6 Hunden mit Urämie eine deutlich verlängerte kapilläre In-vivo-Blutungszeit.

Die der Urämie-induzierten Plättchendysfunktion zugrundeliegenden Mecha-nismen sind noch nicht vollständig geklärt. In mehreren Studien ergab sich eine beeinträchtigte Plättchenadhäsion sowohl beim Menschen (TURNEY et al.

1981; CASTILLO et al. 1986; ESCOLAR et al. 1990) als auch beim Hund (BRASSARD et al. 1994). Deren Ursache ist zumindest beim Menschen nach ESCOLAR et al. (1990) in einer gestörten Interaktion zwischen dem Willebrandfaktor und dem GPIIb-IIIa-Rezeptor zu suchen. In einer experimentellen Untersuchung mit azotämischen Hunden fand sich jedoch kein Hinweis auf eine strukturelle oder funktionelle Abnormalität dieses Faktors (BRASSARD u. MEYERS 1994). Weiterhin wurde in einigen Fällen beim Menschen ein abnormaler Prostaglandinmetabolismus der Thrombozyten (REMUZZI et al. 1978, 1983; SMITH u. DUNN 1981; DI MINNO et al. 1985;

JACOBSSON et al. 1985) oder auch der Endothelzellen (resultierend in einer erhöhten Prostazyklinaktivität) (REMUZZI et al. 1977) nachgewiesen.

Erklärungsversuche hierfür bezogen sich bei den Thrombozyten auf einen funktionellen Defekt der Zyklooxygenase (REMUZZI et al. 1983;

JACOBSSON et al. 1985) beziehungsweise auf eine Hemmung des Arachidonsäuremetabolismus durch Substanzen des urämischen Plasmas (SMITH u. DUNN 1981). Ebenfalls belegt in Untersuchungen beim Menschen wurden eine verminderte Verfügbarkeit des Plättchenfaktors 3 durch urämische Toxine wie Guanidinbernsteinsäure (HOROWITZ et al. 1967) sowie eine abweichende Kalzium-Homöostase der Plättchen (WARE et al. 1989). Auch die Retention von Harnstoff und Harnstoffmetaboliten soll zu einer Beeinträchtigung der Thrombozytenfunktion beim Menschen führen (DAVIS et al. 1972). Als weitere Mediatoren der urämischen Blutung entdeckten REMUZZI et al. (1990) das Stickstoffmonoxid und WALKOWIAK et al. (1994) Protein-Degradationsprodukte, welche die Fibrinogenbindung der Thrombozyten hemmen. REMUZZI et al. (1990) führten hierzu eine experimentelle Studie an Ratten durch, WALKOWIAK et al. (1994) fanden diese Protein-Degradationsprodukte im Plasma urämischer Menschen.

Weiterhin stellten WINKELMANN et al. (1986) eine Inhibition der DNA-Replikation der Thrombozyten des Menschen unter dem Einfluß der Urämie fest.

2.2.4. Hepatopathien, portosystemischer Shunt

Bei Lebererkrankungen findet sich neben einer regelmäßig verminderten Thrombozytenzahl (Mensch u.a.: TOGHILL et al. 1977; VIOLI et al. 1994;

PEREIRA et al. 1995; Hund: MISCHKE et al. 1998b) auch eine funktionelle Beeinträchtigung der primären Hämostase. Letzteres ist aus Untersuchungen sowohl beim Menschen (MAURER u. CAUL 1972; BALLARD u. MARCUS 1976; RUBIN et al. 1979; OWEN et al. 1981; VIOLI et al. 1994) als auch beim Hund (BOWEN et al. 1988; SCHULZE 1989; WILLIS et al. 1989) zu entnehmen. Die Thrombozytenfunktionsstörung wurde in den Untersuchungen beim Menschen unter anderem anhand einer veränderten Plättchenaggregation (MAURER u. CAUL 1972; BALLARD u. MARCUS 1976; RUBIN et al. 1979;

OWEN et al. 1981) sowie in den Studien von BALLARD und MARCUS (1976) und VIOLI et al. (1994) anhand einer verlängerten kapillären In-vivo-Blutungszeit belegt. In den Studien beim Hund fand ebenfalls die Plättchenaggregation Anwendung (BOWEN et al. 1988; SCHULZE 1989;

WILLIS et al. 1989). In diesen Studien ergaben sich reduzierte Aggregationsmaxima mit den Agonisten Kollagen und ADP (BOWEN et al.

1988; SCHULZE 1989) bzw. mit Kollagen und Arachidonsäure (WILLIS et al.

1989).

Die für die Thrombozytopathie bei Lebererkrankungen verantwortlichen Mechanismen sind noch nicht vollständig geklärt. Der Literatur sind vorwiegend für den Menschen Erklärungsversuche zu entnehmen, unter anderem ein Coating der Thrombozytenoberfläche durch Fibrin(ogen)spaltprodukte, die durch die primäre Aktivierung des fibrinolytischen Systems in einer erhöhten Konzentration vorliegen (Mensch: THOMAS et al. 1967; BALLARD u.

MARCUS 1976; Hund: REAGAN u. REBAR 1995). Weiterhin wird eine veränderte Lipidzusammensetzung der Thrombozytenmembran, resultierend in einer reduzierten Arachidonsäureverfügbarkeit, als Ursache für eine Plättchen-funktionsstörung angegeben (OWEN et al. 1981). Auch die Plasma-konzentration von Bilirubin (SUVANSRI et al. 1969; MAURER u. CAUL 1972) und eine erhöhte Konzentration an Gallensäuren (BOWEN et al. 1988) werden als inhibitorische Elemente angeführt, wobei Bilirubin durch Hemmung ATP-ADP-abhängiger Systeme der Thrombozyten zu Abnormalitäten von Plättchenfunktion und -morphologie führen soll (SUVANSRI et al. 1969).

Daneben sehen VIOLI et al. (1994) eine weitere mögliche Ursache für eine beeinträchtigte primäre Hämostase in der bei ihren Patienten festgestellten Hypofibrinogenämie.

Auch beim portosystemischen Shunt konnte eine Beeinträchtigung der primären Hämostase festgestellt werden. So beobachteten WILLIS et al. (1989) in ihrer Studie bei Hunden mit portosystemischem Shunt eine im Vergleich mit einer Kontrollgruppe reduzierte Aggregationsneigung in vitro nach Stimulation mit Kollagen (Endkonzentration im Testansatz: 5 µg/ml) und Arachidonsäure (Endkonzentration im Testansatz: 50 µg/ml). Ebenso wies der in der Arbeit von

SCHULZE (1998) untersuchte Hund mit portosystemischem Shunt deutlich reduzierte Aggregationsmaxima nach Stimulation mit Kollagen bzw. ADP in verschiedenen Endkonzentrationen auf. Als eine mögliche Ursache dieser Plättchenfunktionsstörung beim portosystemischen Shunt führen SHINYA et al.

(1996) die bei diesem Krankheitsbild häufig vorliegende Hyperammonämie an.

In ihrer Studie an Ratten ergab sich bei Blutproben von Tieren, bei denen experimentell eine Hyperammonämie erzeugt worden war, eine reduzierte Thrombin-induzierte Plättchenaggregation im Vergleich mit Blutproben von gesunden Kontrolltieren.

2.2.5. Canine Leishmaniose

Das Krankheitsbild der Leishmaniose ist bei Hunden häufig verbunden mit klinischen Anzeichen einer gestörten Hämostase wie Epistaxis (FERRER 1994) und Hämaturie (BINHAZIM et al. 1992; FERRER 1994). Verantwortlich für diese Hämostasestörung könnten eine Vaskulitis (PUMAROLA et al. 1991), eine disseminierte intravasale Gerinnung (FONT et al. 1994), eine Thrombo-zytopenie (FERRER 1994) oder auch Plättchenfunktionsstörungen (MORENO et al. 1998; VALLADARES et al. 1998) sein. So belegten MORENO et al.

(1998) in ihrer Studie an 26 Hunden mit Leishmaniose eine Beeinträchtigung der primären Hämostase anhand der Messung der kapillären In-vivo-Blutungszeit. Diese war bei den infizierten Hunden gegenüber der Kontrollgruppe signifikant verlängert, zudem innerhalb der Leishmaniose-Gruppe signifikant länger bei Hunden mit einer Kreatininkonzentration

>1,5mg/dl gegenüber Hunden mit im Referenzbereich liegender Kreatininkonzentration. Hingegen wiesen die kapillären In-vivo-Blutungszeiten von Hunden mit hohen und Hunden mit normalen Plasma-Konzentrationen der Alanin-Amino-Transferase keine deutlichen Unterschiede auf. Keine signifikanten Unterschiede ergaben sich in der Thrombozytenzahl zwischen gesunden und erkrankten Hunden. Auch VALLADARES et al. (1998) untersuchten die Plättchenfunktion bei experimentell mit Leishmania infantum infizierten Hunden anhand der Plättchenaggregation mit Kollagen als Aggregationsinduktor, wobei sich ein deutlich reduziertes Aggregationsmaximum ergab.

Als kausale Faktoren der Plättchenfunktionsstörung bei der Leishmaniose des Hundes werden die gegebenenfalls vorliegende Urämie (MORENO et al. 1998) sowie die in mehreren Studien belegte erhöhte Plasmakonzentration zirkulierender Immunkomplexe (u.a.: SLAPPENDEL 1988; LOPEZ et al. 1996) diskutiert.

2.2.6. Leukämie

Beim Menschen wie beim Hund mit Leukämie wurde neben Veränderungen der plasmatischen Gerinnung (Mensch: GRALNICK et al. 1972; FRENCH u.

LILLEYMAN 1979; GUARINI et al. 1980; SPEISER et al. 1990;

TÖRNEBOHM et al. 1992; TALLMAN et al. 1993; Hund: MISCHKE et al.

1998a) sehr häufig auch eine Thrombozytopenie (Mensch: GRALNICK et al.

1972; FRENCH u. LILLEYMAN 1979; Hund: MATUS et al. 1983; COUTO 1985; HENRY et al. 1996) beobachtet. Letztere wird unter anderem durch die Verdrängung der Megakaryozyten im Knochenmark und die Splenomegalie verursacht (gilt nicht bei chronischen Leukämien) (SPEISER et al. 1990;

MISCHKE et al. 1998a). Darüber hinaus wurde - jedoch bislang nur beim Menschen - auch eine Beeinträchtigung der Plättchenfunktion festgestellt (PUI et al. 1982; WOODCOCK et al. 1984; MOHRI 1986; NARESH et al. 1993). So fand sich in diesen Studien bei Patienten mit akuter bzw. chronischer myeloischer Leukämie (u.a. auch akuter megakaryoblastischer Leukämie) sowie akuter lymphoblastischer Leukämie eine abnormale Plättchenaggregation und Plättchenfreisetzungsreaktion bzw. eine veränderte In-vivo-Blutungszeit.

Der kausale Hintergrund dieser somit in Verbindung mit verschiedenen Leukämieformen auftretenden Plättchenfunktionsstörung ist jedoch noch nicht hinreichend geklärt. Vermutlich liegen auch hier verschiedene Ursachen zugrunde. COWAN et al. (1975) belegten in einer Untersuchung bei Patienten mit akuter bzw. chronischer myeloischer Leukämie neben verschiedenen ultrastrukturellen Veränderungen der Thrombozyten eine verminderte intrazelluläre Adeninnukleotid-Konzentration sowie eine beeinträchtigte Kollagen-induzierte Freisetzungsreaktion von Adeninnukleotiden. Ein Storage-Pool-Defekt wurde auch in anderen Studien bei Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie festgestellt (GERRARD et al. 1978; PARETI et al. 1982;

MOHRI 1986). JUBELIRER et al. (1980) und PARETI et al. (1982) wiesen eine Beeinträchtigung des Arachidonsäuremetabolismus bei chronischer myeloischer Leukämie nach. Zudem wurde über das Vorkommen der erworbenen Form der Willebrand-Erkrankung bei chronischer lymphatischer bzw. myeloischer Leukämie berichtet (MANNUCCI et al. 1984; MOHRI 1986; RINDER et al.

1997).

Auch beim Hund wurden in einer Studie bei experimentell durch Bestrahlung erzeugter myeloischer Leukämie morphologische Veränderungen der Thrombo-zyten beobachtet (SEED et al. 1977). So waren im peripheren Blut Riesenplättchen und Megakaryozytenfragmente nachzuweisen, von denen einige große Einschlußkörperchen und eine zentrale Vereinigung von Granula, Kanälen und Anteilen des tubulären Systems enthielten. Es sind der

zugänglichen Literatur bislang jedoch keine Untersuchungen zu Plättchenfunktionsstörungen bei der Leukämie des Hundes zu entnehmen.

2.2.7. Malignes Lymphom

Wie bei der Leukämie sind auch beim malignen Lymphom neben Veränderungen der Thrombozytenzahl (Mensch: UESUGI et al. 1997; Hund:

HELFAND 1988; GRINDEM et al. 1994) Störungen der Plättchenfunktion beschrieben worden (Mensch: BERTOLINO et al. 1991; MALIK et al. 1998;

Hund: MCNIEL et al. 1997; THOMAS u. ROGERS 1999). So wurde in einer Fallstudie bei einem Menschen mit Blutungssymptomatik, milder Thrombozyto-penie sowie stark beeinträchtigter Plättchenaggregation und -freisetzungs-reaktion ein Non-Hodgkin-Lymphom diagnostiziert (BERTOLINO et al. 1991).

In einer anderen Fallbeschreibung eines Menschen mit Hodgkin-Lymphom wies der Patient zunächst keine Blutungssymptomatik auf. Einige Monate nach Therapieende traten jedoch spontan Ekchymosen und rektale Blutungen auf. Die erst zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Plättchenfunktionstests ergaben eine beeinträchtigte Plättchenaggregation sowie eine verlängerte In-vivo-Blutungs-zeit (MALIK et al. 1998). Bei letztgenanntem Patienten war die lympho-proliferative Erkrankung assoziiert mit einer erworbenen Thrombasthenie. Eine weitere mögliche Ursache einer Plättchenfunktionsstörung beim Non-Hodgkin-Lymphom stellt zumindest beim Menschen das Vorliegen einer erworbenen Willebrand-Erkrankung dar, welche bei 10% der Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom auftreten soll (RINDER et al. 1997).

Andererseits wurde bei Menschen mit verschiedenen nicht näher differenzierten hämatologischen Tumorerkrankungen auch eine erhöhte Plättchenreaktivität beobachtet (DAVIS et al. 1969). Auch beim Hund ist eine Steigerung der Plättchenaggregation und/oder Plättchensekretion bei lymphoproliferativen Erkrankungen beschrieben worden (MCNIEL et al. 1997; THOMAS u.

ROGERS 1999). So ergaben sich in der Studie von THOMAS und ROGERS (1999) bei Hunden mit einem multizentrischen Lymphom mit allen verwendeten Agonisten (Plättchenaktivierender Faktor, ADP, Kollagen) deutlich höhere Aggregationsmaxima im Vergleich zur Kontrollgruppe (gesunde Hunde). In diese Untersuchung gingen 15 Hunde mit unbehandeltem multizentrischen Lymphom ein, die weder Veränderungen der Thrombozytenzahl noch klinische Anzeichen einer Blutgerinnungsstörung aufwiesen. Neben der Vollblut-aggregometrie wurde die Freisetzung von ADP aus den dichten Granula überprüft, wobei sich jedoch zwischen den Patienten und der Kontrollgruppe kein signifikanter Unterschied ergab. Ähnliche Ergebnisse (unter anderem höhere Aggregationsmaxima der Kollagen-induzierten Aggregation im

Vergleich mit einer Kontrollgruppe gesunder Hunde) wurden für die Plättchenaggregation bei Hunden mit verschiedenen Tumorerkrankungen - darunter auch hämatologische wie das Lymphom - von MCNIEL et al. (1997) erzielt. Sie führen als mögliche Ursache dieser Hyperaggregabilität eine veränderte Lipidzusammensetzung der Plasmamembran, das Vorliegen vorwiegend junger Plättchen oder ein Ansteigen aggregationsinduzierender Faktoren im Serum an.

2.2.8. Multiples Myelom

Bei dem multiplen Myelom, einer beim Menschen wie beim Hund selten auftretenden Neoplasie der Plasmazellen, wurde in Untersuchungen beim Menschen neben anderen Störungen des Gerinnungssystems auch eine beeinträchtigte Thrombozytenfunktion nachgewiesen (KASTURI u. SARAYA 1978; DI MINNO et al. 1986; ROBERT et al. 1993). Daß auch beim Hund eine Störung der primären Hämostase an der häufig beobachteten Blutungsneigung bei Myelompatienten beteiligt ist, deckten einige Studien übereinstimmend unter anderem anhand der Messung der kapillären In-vivo-Blutungszeit auf, welche gegenüber den Referenzwerten deutlich verlängert war (SHEPARD et al. 1972;

HAMMER u. COUTO 1994; RUIZ DE GOPEGUI et al. 1994; MISCHKE et al.

2000). Darüber hinaus ergaben sich in diesen Untersuchungen Beein-trächtigungen der Plättchenadhäsivität (SHEPARD et al. 1972) sowie der Plättchenaggregation (reduzierte Aggregationsmaxima mit den Aggregations-induktoren ADP, Kollagen und Thrombin) (MISCHKE et al. 2000).

Der kausale Hintergrund dieser Plättchenfunktionsstörungen ist noch nicht hinreichend geklärt. Eine unspezifische Anlagerung von Paraproteinen an die Thrombozytenoberfläche wird als eine mögliche Ursache angeführt (SHULL et al. 1978; MANNUCCI et al. 1984; DI MINNO et al. 1986; BICK 1992; RUIZ DE GOPEGUI et al. 1994). Aber auch Thrombozytenmembrandefekte (GEORGE u. NURDEN 1994; SCHARF 1996), eine erworbene Willebrand-Erkrankung (GLASPY 1992; RINDER et al. 1997), erworbene Speicherdefekte sowie Störungen im Arachidonsäure- (EY u. GOODNIGHT 1990) oder Glykogenmetabolismus (AGAM et al. 1977) werden diskutiert.