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3. Labormethoden zur Überprüfung der Thrombozytenfunktion

3.6. Plättchenfunktionsanalysengeräte 1. Geräteaufbau

3.6.5. Nachweis angeborener und erworbener Thrombozytenfunktions- Thrombozytenfunktions-störungen

3.6.5.4. Erfassung einer Plättchenaktivierung

In verschiedenen klinischen (WIEDING et al. 1997) bzw. experimentellen (LORETH et al. 1997) Untersuchungen beim Menschen erfolgte mit dem Plättchenfunktionsanalysengerät PFA-100 eine Überprüfung der primären Hämostase vor dem Hintergrund einer möglichen Aktivierung.

So wurde in der Studie von LORETH et al. (1997) die Veränderung der Kapazität der primären Hämostase beim Venenverschlußtest als In-vivo-Modell der Hämostaseaktivierung untersucht. Dazu wurden vor und nach einem 20minütigen Venenverschluß die Verschlußzeiten gemessen. Bei beiden Meßzelltypen ergab sich eine signifikante Verkürzung der Verschlußzeiten, bei der Kollagen/Epinephrin-Meßzelle eine Verkürzung von 110 Sekunden vor dem Venenverschluß auf 82 Sekunden nach dem Venenverschluß, bei der Kollagen/ADP-Meßzelle von 81 Sekunden auf 61 Sekunden.

WIEDING et al. (1997) analysierten unter anderem mit dem funktionsanalysengerät PFA-100 (Kollagen/Epinephrin-Meßzelle) die Plättchen-funktion von Menschen mit wiederkehrender zerebraler Ischämie (Gruppe A) im Hinblick auf eine mögliche Abschätzung des Risikos des Wiederauftretens.

Dabei verglichen sie die Ergebnisse mit denen von Patienten mit einmaliger zerebraler Ischämie oder vaskulären Risikofaktoren (Gruppe B) und denen von gesunden Probanden. Die Verschlußzeiten der Patienten der Gruppe A waren hierbei deutlich kürzer und die Gesamtvolumina geringer als die der Patienten der Gruppe B bzw. die der gesunden Probanden. Parallel hierzu wies die Thrombozytenmembran dieser Patienten mehr Glycoprotein Ib auf, zudem zeigten die Plättchen ein größeres Volumen.

In einer anderen Studie erfolgte eine Bewertung der Thrombozytenfunktion bei einem orthopädischen Eingriff (Hüft- bzw. Knieersatz) vor dem Hintergrund der bei solchen Operationen häufig auftretenden Thromboembolien und auch

Blutungskomplikationen. Den Patienten wurden Blutproben vor der Operation und im Anschluß an die Operation sowie eine Woche danach abgenommen. Die Thrombozytenfunktion zeigte hierbei deutliche Veränderungen, die sich postoperativ in einer verminderten Hämostasekapazität (verlängerte Verschluß-zeiten), am 8. Tag nach der Operation in einer erhöhten Hämostasekapazität (verkürzte Verschlußzeiten) widerspiegelten. Die mit dem Plättchenfunktions-analysengerät gemessenen Verschlußzeiten korrelierten hierbei mit anderen bestimmten Parametern der Hämostasediagnostik (VON PAPE et al. 1997).

3.6.6. Einfluß von Thrombozytenfunktionshemmern und Antikoagulanzien 3.6.6.1. Azetylsalizylsäure

Hinsichtlich des Einflusses von Azetylsalizylsäure auf die Verschlußzeit erbrachten die für den Menschen vorliegenden Untersuchungen überein-stimmende Ergebnisse. In allen Studien ergab sich sowohl am Plättchen-funktionsanalysengerät PFA-100 als auch am Vorläufergerät bei Verwendung von Epinephrin als Aggregationsstimulator eine Verlängerung der Verschlußzeit bzw. eine Erhöhung des Gesamtvolumens durch Azetylsalizylsäure, wobei nicht jeder Untersuchung eine Aussage über die statistische Signifikanz zu entnehmen ist (statistisch signifikant: ALSHAMEERI u. MAMMEN 1995; BÖHNER et al.

1997; BORRIES et al. 1997; MARSHALL et al. 1997; HARRISON et al. 1999;

keine Aussage über statistische Signifikanz: KUNDU et al. 1994; MAMMEN et al. 1995; COMP et al. 1997; MAMMEN et al. 1998; FRANCIS et al. 1999;

VON PAPE et al. 1999; HOMONCIK et al. 2000; ORTEL et al. 2000). In einer Studie wurde die Verlängerung der Verschlußzeiten als nicht signifikant gegenüber der Kontrollgruppe beschrieben (FEURING et al. 1999). Am Vorläufergerät wurde die Einnahme von Azetylsalizylsäure zudem sensitiv angezeigt bei Verwendung der Startreagenzien CaCl2 bzw. NaCl (KRETSCHMER et al. 1989; DIETRICH et al. 1990; ALSHAMEERI u.

MAMMEN 1995; ULSHÖFER et al. 1995). In diesen Studien erhielten zumeist gesunde Probanden Azetylsalizylsäure (bzw. Aspirin) in einer Dosierung von 20 mg bis 1000 mg einmalig oral (KRETSCHMER et al. 1989; KUNDU et al.

1994; ALSHAMEERI u. MAMMEN 1995; MAMMEN et al. 1995; BÖHNER et al. 1997; MAMMEN et al. 1998; HARRISON et al. 1999) bzw. in einer bestimmten Dosierung über mehrere Tage (KRETSCHMER et al. 1989;

MARSHALL et al. 1997).

In der Studie von HOMONCIK et al. (2000) am Plättchenfunktions-analysengerät PFA-100 erhielten Menschen Azetylsalizylsäure unter anderem als intravenöse Infusion in einem Zeitintervall von 20 Minuten und einer

Dosierung von 10 mg bis 500 mg Azetylsalizylsäure pro Intervall. Bei einem von acht Probanden verlängerte sich die mit der Kollagen/Epinephrin-Meßzelle bestimmte Verschlußzeit auf über 300 Sekunden schon nach einer Infusion von 30 mg Azetylsalizylsäure, bei sieben von acht Probanden nach 100 mg und bei allen bei einer Injektionsdosis von 1000 mg Azetylsalizylsäure (Basalwerte: 69-166 Sekunden).

In der Untersuchung von HOMONCIK et al. (2000) wurde zudem die Beeinflussung der Verschlußzeit durch In-vitro-Zusatz von Azetylsalizylsäure überprüft. Damit stellt diese Studie die bislang einzige Azetylsalizylsäure-In-vitro-Untersuchung dar. Hierbei zeigte sich nach In-vitro-Zusatz von 100 mg Azetylsalizylsäure / l Zitratblut schon nach 3 Minuten eine Verlängerung des Mittelwertes der Verschlußzeit von 117 Sekunden auf über 300 Sekunden (Kollagen/Epinephrin-Meßzelle).

Bei Verwendung der Stimulatoren ADP (Plättchenfunktionsanalysengerät PFA-100) (BÖHNER et al. 1997; BORRIES et al. 1997; HARRISON et al. 1999;

FAVALORO et al. 1999; HÉZARD et al. 2000; HOMONCIK et al. 2000) bzw.

ADP und CaCl2-ADP (Vorläufergerät) (KRETSCHMER et al. 1989;

ALSHAMEERI u. MAMMEN 1995) hatte Azetylsalizylsäure keinen signifikanten Einfluß auf die Verschlußzeit bzw. das Gesamtvolumen. So ergab sich zum Beispiel in der Studie von HARRISON et al. (1999) am Plättchenfunktionsanalysengerät PFA-100 vor Verabreichung von 300 mg Aspirin an 6 gesunde Probanden ein Mittelwert der Verschlußzeiten von 80,2 Sekunden, 2 Stunden nach Verabreichung ein Mittelwert von 79,7 Sekunden. In anderen Studien zur Wirkung von Azetylsalizylsäure auf die mit der Kollagen/ADP-Meßzelle an diesem Gerät gemessenen Verschlußzeit erhielten die Probanden Azetylsalizylsäure in einer Dosierung von 100 mg bis 500 mg einmalig oral (BÖHNER et al. 1997; BORRIES et al. 1997; MAMMEN et al.

1998) bzw. 50 mg bis 200 mg täglich über mehrere Tage (HÉZARD et al. 2000;

HOMONCIK et al. 2000). In der klinischen Studie von FAVALORO et al.

(1999) wird keine Angabe zur eingenommenen Azetylsalizylsäuredosis gemacht. In den Studien am Vorläufergerät wurde eine Dosierung von 325 mg Azetylsalizylsäure (ALSHAMEERI u. MAMMEN 1995) bzw. 1000 mg Aspirin (KRETSCHMER et al. 1989) einmalig oral verabreicht. In der Studie von MAMMEN et al. (1998) ergaben sich bei einem geringen Anteil der Blutproben von Probanden, die Azetylsalizylsäure eingenommen hatten, mit der Kollagen/ADP-Meßzelle zwar auch über den Referenzbereich hinausgehende Verschlußzeiten, es werden jedoch keine Werte genannt. So bleibt unklar, in welchem Ausmaß diese Veränderungen vorlagen.

Für den Hund sind der zugänglichen Literatur hierzu bislang keine Ergebnisse zu entnehmen.

3.6.6.1.1. Einfluß von 1-Deamino-(8-D-Arginin)-Vasopressin auf die durch Azetylsalizylsäure verlängerte Verschlußzeit

Zur Abklärung des Pathomechanismus des 1-Deamino-(8-D-Arginin)-Vasopressin (DDAVP oder Desmopressin) - abhängigen Effektes auf die durch Azetylsalizylsäure verlängerte In-vitro- bzw. In-vivo-Blutungszeit wurden beim Menschen zwei Studien mit dem Vorläufergerät Thrombostat 4000 durchgeführt (BECK et al. 1995a, b). In diesen erhielten 16 gesunde Probanden zweimalig im Abstand von 12 Stunden eine Dosis von 100 mg Azetylsalizylsäure. 24 und 32 Stunden nach der ersten ASS-Gabe wurden 0,4 µg/kg Körpergewicht DDAVP intravenös appliziert. Zu festgelegten Zeitpunkten wurden Blutproben entnommen (BECK et al. 1995a, b). Nach Verabreichung von DDAVP zeigte sich eine dreifache (1. Applikation) bzw. eineinhalbfache (2. Applikation) Erhöhung der Ristocetin-Kofaktor-Aktivität (BECK et al. 1995b). Mit CaCl2 als Primer verlängerte sich die Verschlußzeit nach Azetylsalizylsäure-Gabe bei allen Probanden über den Meßbereich hinaus (>486 Sekunden) für die gesamte Meßzeit (einschließlich der Zeit nach DDAVP-Gabe). Mit ADP als Primer verlängerte sich die Verschlußzeit nach Azetylsalizylsäure-Gabe nur geringfügig (nicht statistisch signifikant). Die DDAVP-Applikation nach 24 Stunden be-wirkte bei diesem Primer eine deutliche Verkürzung der Verschlußzeit bis weit unter den Ausgangswert. Hiernach verlängerte sich die Verschlußzeit erneut (statistisch signifikant) bis zur zweiten DDAVP-Gabe nach 32 Stunden. Diese zweite Applikation erzielte - entsprechend der geringer ausgeprägten Ristocetin-Kofaktor-Aktivität - eine weniger deutliche Verschlußzeitverkürzung verglichen mit der ersten. Einen analogen Effekt hatten die DDAVP-Applikationen auf die ebenfalls bestimmte In-vivo-Blutungszeit. Die In-vivo- und die In-vitro-Blutungszeit (Induktion mit ADP) zeigten negative Korrelationen mit der Ristocetin-Kofaktor-Aktivität mit einem Bestimmtheitsmaß (r2) von 0,97 für die In-vivo-Blutungszeit bzw. r2 = 0,99 für die In-vitro-Blutungszeit.

3.6.6.2. Sonstige

Zum Einsatz von weiteren Thrombozytenfunktionshemmern und deren Einfluß auf die Verschlußzeit liegen verschiedene Untersuchungen beim Menschen sowohl mit dem Plättchenfunktionsanalysengerät PFA-100 als auch mit dem Vorläufergerät vor. In diesen Studien fanden unter anderem verschiedene plättchenspezifische Antikörper Anwendung, wie Antikörper bzw.

Antikörperfragmente gegen die Glykoproteine IIb/IIIa oder Ib (KUNDU et al.

1994, 1995, 1996b; KOTTKE-MARCHANT et al. 1997; FAVALORO et al.

1999; KOTTKE-MARCHANT et al. 1999; HÉZARD et al. 2000), zudem gegen

den Willebrandfaktor gerichtete Antikörper (KUNDU et al. 1994, 1995, 1996b;

FAVALORO et al. 1999) und Glycin-Asparaginsäure- bzw. Arginin-Glycin-Asparaginsäure-Serin- Sequenzen beinhaltende Verbindungen (KUNDU et al. 1996b, 1995, 1997). Diese Substanzen führten zu einer Verlängerung der durch ADP oder Epinephrin induzierten Verschlußzeiten (KOTTKE-MARCHANT et al. 1997; HÉZARD et al. 2000), die teilweise konzentrations-abhängig war (KUNDU et al. 1994, 1995, 1996b, 1997).

In der Studie von FAVALORO et al. (1999) führten Antikörper zur Verlängerung der Verschlußzeit, die gegen die GPIb/IX-Bindungstelle des Willebrandfaktors bzw. gegen die Willebrandfaktor-Bindungsstelle des GPIb/IX-Rezeptors gerichtet waren. Die Verwendung eines Antikörpers gegen Fibrinogen bzw. Fibronektin zeigte dagegen keine relevante Veränderung der Verschlußzeit (KUNDU et al. 1995, 1996b; FAVALORO et al. 1999). In anderen Untersuchungen wurde der Thrombozytenaggregationshemmer Ticlopidin eingesetzt. Während die Einnahme von Aspirin keinen Einfluß auf die mit der Kollagen/ADP-Meßzelle bestimmte Verschlußzeit hatte (BORRIES et al. 1997), verlängerte sie sich bei zusätzlicher Einnahme von Ticlopidin signifikant (BORRIES et al. 1997) bzw. in einer anderen Studie nur geringfügig (KOTTKE-MARCHANT et al. 1997). Weiterhin anzuführen ist in diesem Zusammenhang die Untersuchung von KRATZER et al. (1995), in der anhand der Verschlußzeit die synergistische Wirkung einiger Thrombozytenfunktion-inhibierender Arzneimittel bzw. die plättchenfunktionsbeeinträchtigende Wirkung einer fischreichen Ernährung dargestellt werden konnte.

Zudem liegen sowohl beim Menschen als auch beim Hund einige Studien bezüglich des Einflusses von Heparin auf die mit dem Plättchenfunktions-analysengerät PFA-100 bzw. dem Vorläufergerät gemessene In-vitro-Blutungs-zeit vor. Hierbei wurde beim Menschen nur in einer Studie am Plättchen-funktionsanalysengerät PFA-100 eine signifikante Verlängerung der Verschluß-zeit festgestellt (ZIMMERMANN et al. 1998). In anderen Untersuchungen am Plättchenfunktionsanalysengerät PFA-100 (KOTTKE-MARCHANT et al. 1997, 1999) bzw. am Vorläufergerät (DIETRICH et al. 1990d) wurde kein Einfluß von Heparin auf Verschlußzeit bzw. Gesamtvolumen festgestellt.

Auch in den Studien beim Hund mit dem Plättchenfunktionsanalysengerät PFA-100 konnte kein deutlicher Einfluß des Heparins auf Verschlußzeit bzw.

Gesamtvolumen festgestellt werden bzw. führte Heparin erst in hoher Plasmaaktivität (= 10 Internationale Einheiten/ml unfraktioniertes bzw. = 50 Anti-Faktor-Xa-Aktivität/ml niedermolekulares Heparin) zu auffälligen Veränderungen der Verschlußzeiten (NIMMERFALL u. MISCHKE 1999;

MISCHKE u. NIMMERFALL 2000).

3.6.7. Einfluß des Hämatokrits bzw. einer Hämodilution durch