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3 Analyse des aktuellen Forschungsstandes

3.2 Ergebnisse der strukturierten Literaturauswertung

3.2.1 Thematische Cluster

Das Ergebnis der Textmining-Analyse ist in Abbildung 10 grafisch aufbereitet. Die Netz-werkstruktur wurde mit der Visualisierungssoftware Gephi erzeugt, wobei die Kanten die Ähnlichkeit der Beiträge untereinander abbilden. Die Position der Knoten wurde auf Basis einer Ähnlichkeit von > 0,25 mithilfe des Force Atlas-Algorithmus im Netzwerk definiert.

Abbildung 10: Inhaltliche Cluster existierender Digitalisierungs-Studien

Im Folgenden wird eine Charakterisierung der neun identifizierten inhaltlichen Cluster vor-genommen. Diese erfolgt zum einen auf Basis charakteristischer Wörter (siehe Tabelle 5), welche die jeweilige Gruppe prägen und somit inhaltlich beschreiben. Zum anderen werden für jedes Cluster exemplarische Studien vorgestellt, die sich durch eine hohe Betweenness

Spezifische Verbandsstudien Mobile & Social Media Spezifische Beratungsstudien

Nebencluster:

Legende

Cosine Similarity > 0,25

(Ähnlichkeit zweier Knoten/Studien)

Betweenness Centrality (Maß für die Brückenfunktion eines Knotensauf Basis des “Kürzeste Wege”-Prinzips)

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Centrality (abgebildet über die Größe der Kreise in Abbildung 10) und damit eine hohe Ähn-lichkeit mit den übrigen Studien auszeichnen. Sie sind somit für die jeweiligen Cluster als repräsentativ anzusehen.

Im Rahmen der Analyse konnten sechs Hauptcluster ermittelt werden, die in Summe knapp 90 % der berücksichtigten Studien umfassen. Drei weitere Cluster, auf die aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Relevanz im Folgenden nicht weiter eingegangen werden soll, bilden spezifische Beratungs- bzw. Verbandsstudien (z. B. mehrere in Inhalt und Ausdruck ähnliche Studien einer bestimmten Beratungsgesellschaft) sowie Studien mit Fokus auf Social Media (vgl. Nebencluster in Abbildung 10).

Tabelle 5: Auszug aus der Wortliste für die mithilfe von Textmining identifizierten Cluster

Cluster Smarte

Unternehmen Stadt Beruf Mittelstand

Maschin* Digital Cloud Einkauf Arbeit Prozent

Produktion Bank Trans- formation

Supply

Chain Arbeitswelt BMWi

Fraunhof* Agil Gewerbe Mobilität Beschäftigt Digitalisier*

Industriell Custom* IKT Logistik Arbeitsmarkt deutsch Anlagenbau Reifegrad digital Region Ausbild*

Digitalisie-rungsgrad

Cluster „Smarte Produktion“

Das erste Cluster beinhaltet Studien, die sich aus einer überwiegend technologischen Produktionsperspektive mit der Industrie 4.0 beschäftigen. Ein Beispiel stellt die Studie von Frietsch et al. (2016) dar (vgl. Abbildung 10), welche die Digitalisierung aus Sicht der Elektroindustrie betrachtet. Auf Basis dreier Umfragen unter den Mitgliedern des Zentral-verbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI), unter Zulieferern und Kunden der Elektroindustrie sowie unter Betrieben des verarbeitenden Gewerbes erfolgen sowohl eine Einordnung des Umsetzungsstandes als auch eine Charakterisierung der Herausforderungen und Potenziale. Zwar ist die Elektroindustrie insgesamt Neuerungen gegenüber aufgeschlossener als vergleichbare Branchen, das zu erschließende Potenzial ist jedoch weiterhin als groß einzuschätzen. Besonders hervorgehoben wird die Funktion der Elektroindustrie als Wegbereiter für die digitale Transformation der Wirtschaft. Auf Basis ihrer Ergebnisse entwickeln die Autoren Handlungsempfehlungen für Unternehmen, Politik und Wissenschaft und betonen die Notwendigkeit einer engen Kooperation der betroffenen Akteure.

Eine weitere charakteristische Veröffentlichung für das Cluster „Smarte Produktion“ ist der Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0 von Kagermann et al. (2013). Bei diesem Bericht handelt es sich um eine der ersten Veröffentlichungen zum Thema „Industrie 4.0“.

Die Autoren charakterisieren die Vision der Industrie 4.0 und leiten die Handlungsfelder

Standardisierung, Management komplexer Systeme, Breitbandinfrastruktur, Sicherheit, Arbeitsorganisation, Aus- und Weiterbildung, rechtliche Rahmenbedingungen sowie Res-sourceneffizienz ab. In einer weiteren Studie von Schuh et al. (2017) wird auf Basis von Workshops und Fallstudien ein Reifegrad-Index für die Industrie 4.0 entwickelt, der die Aspekte Ressourcen, Informationssysteme, Kultur und Organisationsstruktur umfasst. Aus dieser Ausrichtung ergibt sich die unmittelbare Nähe der Studie zum zweiten Cluster „Digi-taler Transformationsprozess“ (vgl. Abbildung 10).

Cluster „Digitaler Transformationsprozess“

Das zweite Cluster ist durch Begriffe wie Transformation, Agilität und Reifegrad charak-terisiert (vgl. Tabelle 5). Folglich fokussieren die Studien in diesem Cluster primär auf den Wandlungsprozess. Charakteristisch ist bspw. der Digital Transformation Report von Azhari et al. (2014), in dem deutsche Transformationsprojekte in den Kategorien Kundenerlebnis, Produkt- und Service-Innovation sowie „Unternehmen 2.0“ prämiert und hervorgehoben werden. Zur Beurteilung der Projekte entwickeln die Autoren einen Reifegrad-Index, der aus 32 Kriterien besteht. Anhand der eingereichten und beurteilten Projekte leiten sie Erfolgsfaktoren und bestehende Herausforderungen ab.

Eine weitere Studie, der Transformationswerk Report von Stoll & Buhse (2016), läuft unter dem Titel „Größte branchenübergreifende Studie zur digitalen Transformation“. In ihr kommen zum einen Digitalisierungsexperten aus der Praxis zu Wort, die Kernaspekte der digitalen Transformation aus ihrer Sicht darlegen. Zum anderen fußt die Studie auf einer Umfrage mit etwa tausend Teilnehmern. Die Umfrage baut auf dem „digitalen Transforma-tionsrad“ nach Buhse auf und führte zu dem Ergebnis, dass erfolgversprechende Strategien fehlen, die digitale Kompetenz ausbaufähig ist und es an einer wirkungsvollen Zusammen-arbeit mangelt. Aus diesen Ergebnissen werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, wobei zwei zentrale Aspekte hervorgehoben werden: Erstens ist das oftmals vorhandene Silo-denken zu überwinden und zweitens besteht die Notwendigkeit, verstärkt durch Erfah-rungen zu lernen (vgl. Stoll & Buhse 2016, S. 18f.). Es sollten folglich interdisziplinäre Pro-jekte durchgeführt werden, um auf diese Weise Erfahrungswissen für weitere Schritte zu sammeln (vgl. Stoll & Buhse 2016, S. 47ff.).

Cluster „Branchen-Vergleichsstudien“

Das dritte Cluster zeichnet sich durch seinen quantitativen Fokus aus (vgl. Tabelle 5). Es umfasst in erster Linie Studien, die das Thema anhand von Umfragen hinsichtlich des aktuellen Status quo sowie zukünftiger Entwicklungen beleuchten. Hierzu erfolgt in einer Vielzahl der Studien ein Vergleich unterschiedlicher Branchen oder Gewerbe. So unter-sucht bspw. die Studie von Lünendonk (Buxmann & Zillmann 2016) im Rahmen einer Um-frage unter 103 Unternehmen aus dem Automobilbau, dem Maschinen- und Anlagenbau sowie der Logistik und dem Transport deren Status quo und bewertet die teilnehmenden Unternehmen hinsichtlich ihres Digitalisierungsgrades. Die Autoren kommen zu dem Er-gebnis, dass sich die meisten Unternehmen auf der mittleren Stufe der sog. Digital Follower befinden. Unternehmen der Transport- und Logistikbranche sowie der Automobilindustrie sind dabei den Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus voraus (vgl. Buxmann &

Zillmann 2016, S. 25). Eine ganzheitliche Strategie fehlt bei zwei Dritteln der Unternehmen.

Ergebnisse der strukturierten Literaturauswertung 35

Als wesentlichen Treiber einer ganzheitlichen Digitalisierungsstrategie sehen 84 % der Unternehmen ihren Chief Information Officer (vgl. Buxmann & Zillmann 2016, S. 7).

Die Studie von Mauerer (2017) basiert primär auf einer Umfrage unter 339 IT-Verantwortlichen und behandelt ebenfalls den aktuellen Stand der Entwicklung. Der Autor erkennt eine steigende Bedeutung des Themas „Industrie 4.0“, beschreibt aber auch, dass die allermeisten Unternehmen hierbei noch mit den Anfangsaktivitäten beschäftigt sind. So sind 81 % der Unternehmen noch in der Planungsphase und haben bisher keine weiteren Schritte unternommen (vgl. Mauerer 2017, S. 16). Bei denjenigen, die bereits Projekte umgesetzt haben, zeigen sich überwiegend Erfolge. Ein Mehrwert wird in 66,7 % der Fälle nach drei Monaten erzielt bzw. in 91,7 % der Fälle nach spätestens einem Jahr (vgl. Mau-erer 2017, S. 17). Der Mehrwert wird primär in der Optimierung bestehender Strukturen und Prozesse gesehen und weniger in der kreativen Erschließung neuer Erlösquellen (vgl. Mau-erer 2017, S. 19). Herausforderungen liegen bei den Unternehmen vor allem in der Anpas-sung der Organisation sowie im Fehlen digitaler Kompetenzen (vgl. Mauerer 2017, S. 24).

Im Auftrag von SAP führen Bertschek et al. (2016) eine Studie durch, deren Ziel es ist, Maßnahmen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen abzuleiten.

Die gewonnenen Erkenntnisse beruhen auf Ergebnissen diverser untersuchter Studien. Auf Basis des derzeitigen Standes leiten die Autoren die Notwendigkeit einheitlicher Standards, von Maßnahmen zur staatlichen Förderung der Innovationsfähigkeit der Unternehmen sowie von Investitionen in Infrastruktur und Bildung ab.

Cluster „Digitalisierung der Arbeit“

Neben den drei zuvor beschriebenen Hauptclustern, die das Thema aus einer primär holis-tischen Perspektive betrachten, legen die Studien im Cluster „Digitalisierung der Arbeit“

sowie „Digitalisierung in deutschen KMU“ einen dezidierten Schwerpunkt auf jeweils ein einzelnes Themenfeld. Exemplarisch sei für das Cluster „Digitalisierung der Arbeit“ die Foresight-Studie „Digitale Arbeitswelt“ von Apt et al. (2016) angeführt. Hierin werden an-hand von Literaturanalysen und Experteninterviews Trends in Bezug auf die Digitalisierung der Arbeitswelt identifiziert und umfangreich aufgearbeitet. Bei diesen Trends handelt es sich bspw. um neue Arbeitsformen wie das Clickworking, neue Weiterbildungsformen wie digitale Tutorensysteme sowie die lern- und innovationsförderliche Arbeitsplatzgestaltung.

Die ermittelten Effekte und Interdependenzen werden anschließend in Experten-Work-shops in Form von Roadmaps in den Branchen Produktion, Medien und Dienstleistungen aufbereitet und durch Good-Practice-Fallbeispiele ergänzt. Abschließend werden Hand-lungsempfehlungen für Wirtschaft, Politik und Interessenvertretungen zusammengefasst.

Cluster „Digitalisierung in deutschen KMU“

Bereits im Zusammenhang mit der Verteilung der Beiträge im Cluster „Digitalisierung in deutschen KMU“ in Abbildung 10 sowie anhand der charakterisierenden Begriffe (vgl. Ta-belle 5) wird deutlich, dass dieses Thema interdisziplinären Charakter aufweist und die Bei-träge primär auf einer quantitativen Basis erarbeitet wurden. Das Schlagwort BMWi spiegelt das Bestreben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) wider, seit 2015

den deutschen Mittelstand bei der digitalen Transformation besonders zu unterstützen (vgl.

Krüger 2017, S. 74).

Eine zentrale Studie in diesem Themenfeld ist der Beitrag von Bischoff et al. (2015), in dem der Stand der Technik der Marktnachfrage gegenübergestellt und Herausforderungen so-wie Potenziale analysiert werden, die in Handlungsempfehlungen münden. In dieser Studie werden mit Fokus auf KMU Aspekte aller zuvor genannten Cluster vereint, was auch an der zentralen Position im Netzwerk zu erkennen ist (vgl. Abbildung 10). Als Bezugsrahmen wird eine Perspektive gewählt, die sowohl die unternehmensinterne Prozesskette der Wert-schöpfung als auch Aspekte des SCM integriert (vgl. Bischoff et al. 2015, S. 14f.). Mithilfe der Analyse bestehender Studien werden Technologiefelder identifiziert und hinsichtlich ihrer Reife bewertet. Die Autoren leiten zentrale Funktionsbereiche der Industrie 4.0 ab und analysieren für diese Potenziale und Herausforderungen mit dem Ziel, vorhandene Defizite herauszustellen. Aus dieser Analyse resultieren Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der jeweiligen Technologien und Prinzipien im Mittelstand. Übergeordnete Handlungsfelder sehen die Autoren abschließend in den Bereichen Standardisierung, IT-Sicherheit, recht-liche Rahmenbedingungen, Rolle des Menschen, Weiter-/ Ausbildung sowie Infrastruktur (vgl. Bischoff et al. 2015, S. 155). Die Autoren kritisieren, dass sich Forschungsaktivitäten vorrangig auf die Produktion beziehen und Aspekte der inner- sowie überbetrieblichen Wertschöpfung nur am Rande berücksichtigen (vgl. Bischoff et al. 2015, S. 38).

Wie aus Abbildung 10 hervorgeht, wurde ein weiteres Cluster identifiziert, das Studien umfasst, die sich mit den Themen SCM und Logistik beschäftigen. Diese Studien sind im Netzwerk weit verstreut und an den Schnittstellen der übrigen Cluster lokalisiert. Dies lässt den Schluss zu, dass sie einen inhaltlich sowie methodisch interdisziplinären Charakter aufweisen. Aufgrund der unmittelbaren Relevanz für die vorliegende Arbeit werden die Studien dieses Clusters nicht zusammenfassend dargestellt, sondern im Folgenden einer Detailanalyse unterzogen.