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Szenario 2 – Umweltfreundliches Weinland

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 77-80)

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4. Regionale Entwicklungsperspektiven bis ins Jahr 2050

4.2 Drei mögliche Entwicklungen bis ins Jahr 2050

4.2.2 Szenario 2 – Umweltfreundliches Weinland

Das Szenario 2 geht aus von einem überdurchschnittlichen Wachstum einer um-weltverträglich produzierenden Landwirtschaft, die vermehrt Spezialkulturen an-baut. Es stützt sich auf das vorhandene Potenzial der Region ab (gute Böden, wertvolle Kulturlandschaft, hohe wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft).

Höhere Erträge auf naturnah produzierte Produkten und Spezialitäten, nahezu ideale Produktionsbedingungen sowie die erfolgreiche Tätigkeit bereits bestehen-der Pionierbetriebe führen zu einer raschen Zunahme bestehen-der umweltschonend bewirt-schafteten Nutzfläche. Diese Welle erfasst sämtliche landwirtschaftlichen Produkti-onszweige, inklusive die Tierhaltung und den Weinbau. Die entsprechend produ-zierten Mengen steigen an, wodurch, gesichert mit Mengen- und Qualitätsgaran-tien, ein regionales Label geschaffen werden kann. Damit verfügt die Region nörd-liches Zürcher Weinland über eine strategische Erfolgsposition, welche langfristig wettbewerbsfähige Agrarstrukturen herbeiführt. Gleichsam ist der Erfolg aber ab-hängig von qualitativ hochstehenden Produkten.

Die starke Umweltorientierung in der Landwirtschaft beeinflusst auch das Verhal-ten in der Gesellschaft. Das Umweltbewusstsein nimmt generell zu. Energie-verbrauch und Mobilitätsverhalten erfahren entsprechende Anpassungen. Das Weinland wird als Lebensraum wahrgenommen, wo Wohnen und Arbeit vereint stattfinden kann, und die regionale Identität wird gefördert.

Wirtschaft

Während weiteren 15 Jahren wird der landwirtschaftliche Strukturwandel auf einem politisch definierten Anpassungspfad unvermindert weiter gehen. Anfänglich ver-schwinden jährlich 2 bis 2.5% der Betriebe. Die verbleibenden Betriebe wachsen und werden mehrheitlich im Haupterwerb geführt.

Die schweizerische Landwirtschaftspolitik unterstützt mit griffigen Instrumenten den Wandel hin zu umweltbewusster Produktion. Gleichzeitig stellt der nahegelegene europäische Wirtschaftsraum einen attraktiven Absatzmarkt für umweltschonende und biologisch produzierte Landwirtschaftsprodukte dar. Mit diesen Produkten werden überdurchschnittliche Produktpreise erzielt. Diese Märkte zeigen vorerst anhaltendes Wachstum, welches sich jedoch in späteren Zeitabschnitten auch verlangsamt. Eine umweltschonende Produktion ist arbeitsintensiver und hängt stärker von ökologischen Faktoren ab. Da die Böden des nördlichen Zürcher landes zu den besten der Schweiz gehören, verfügt das nördliche Zürcher Wein-land über Wettbewerbsvorteile. Nachdem einige grössere Pionierbetriebe den kommerziellen Erfolg der Betriebsumstellung vor Augen führen, setzt eine Welle der Umstellung ein. Während heute 9% der Landwirtschaftsbetriebe nach biologi-schen Kriterien bewirtschaftet werden (vgl. Abschnitt 3.9), steigt dieser Anteil im Weinland bis ins Jahr 2020 um ein Mehrfaches an.

Produziert werden im nördlichen Zürcher Weinland Milch, Fleisch, Gemüse, Ölsaa-ten, Getreide und Wein sowie Spezialkulturen wie z.B. Saatgut, Hopfen, Melonen, Spargeln. Für Getreide wird das Weinland zu einem der wenigen Standorte im Schweizer Mittelland, wo der Anbau nicht nur aus Gründen der Fruchtfolge und Versorgungssicherheit betrieben wird.

Die mit Reben bestockte Fläche nimmt gegenüber heute weiter ab. Im Weinbau verbleiben langfristig nur noch innovative Betriebe, welche qualitativ hochwertige Spezialitäten zu produzieren fähig sind. Die bisher klassischen Sorten müssen vermehrt Spezialitäten weichen.

Ökologische Gunstlagen und überdurchschnittliches Wachstum in den naturnahen Lebensmittelmärkten bewirken, dass der Rückgang der Landwirtschaft im nördli-chen Zürcher Weinland unterdurchschnittlich ist. Die Landwirtschaft wird auch im Jahr 2050 noch eine Bedeutung für regionale Beschäftigung und Einkommen ha-ben.

Wie im Szenario 1 erfährt die übrige Wirtschaft ein Wachstum der Dienstleistun-gen, auch auf Kosten der im nördlichen Zürcher Weinland wenig ausgeprägten Industrie. Vermehrt werden wissensintensive Dienstleistungen für die umliegenden Zentren angeboten. Das positive Image durch den verantwortungsvollen Umgang der Weinländer Landwirtschaft mit der Natur zieht in diesem Szenario insbesonde-re Dienstleistungen im Umwelt- und Energiebeinsbesonde-reich an.

Die traditionellen Dienstleistungen profitieren vom Bevölkerungswachstum und den Präferenzen der Weinländer/innen und der umliegenden nahen Zentren, Konsum regional zu tätigen.

Die naturnahe Landwirtschaft führt zu einer vielseitigen und attraktiven Landschaft.

Nahe bei den Zentren gelegen und mit einem umweltnahen und positiven Image belegt, wird das Weinland mit den unteren Thurauen und seinen Riegelhausdör-fern vermehrt ein Ausflugsziel. Die regionalen Akteure richten hierfür verschiedene Wanderrouten und Lehrpfade ein. Neben dem Gastgewerbe erzielt auch die Landwirtschaft, insbesondere der Weinbau, mittels Direktvermarktung an Tages-touristen sowie dem Ausbau innovativer agrotouristischer Angebote, ein

beträchtli-ches Umsatzwachstum. Insgesamt resultiert eine stabile bis leicht ansteigende Be-schäftigung.

Gesellschaft

Die Bevölkerung wächst durch Zuzug vorerst weiter. Sehr bald werden allerdings die Baulandreserven knapp und hemmen ein weiteres Wachstum. Das hohe Um-welt- sowie das regionale Traditionsbewusstsein in der Gesellschaft bewirken, dass Ausweitungen der Bauzonen noch restriktiver gehandhabt werden als in Sze-nario 1.

Analog zum Szenario 1 entstammen die Zuzüger zumeist einer "urbanen" Bevölke-rung, welche gut ausgebildet ist und vorwiegend im Dienstleistungssektor arbeitet.

Das nördliche Zürcher Weinland gilt als attraktiv für Familien und für Leute, welche sich stark für ökologische Werte einsetzen. Es ist attraktiv, im Weinland zu wohnen und gleichzeitig hier zu arbeiten, die gesellschaftliche Identität wird positiv beein-flusst. Zuweilen treten auch Konflikte bezüglich Nutzungen und Entwicklungsper-spektiven auf. Hierbei stehen sich z.B. Erhaltung der schutzwürdigen Gebäude und eine verantwortungsvolle Weiterentwicklung gegenüber.

Das Bevölkerungswachstum führt zu höheren Steuereinnahmen der öffentlichen Hand, und durch den zusätzlichen Infrastrukturbedarf nimmt die Belastung der Gemeindehaushalte zu. Diese finanzielle Ausgangslage unterscheidet sich soweit nicht vom Entwicklungspfad „Fortsetzung des heutigen Trends“. Die Gesamtaus-gaben der öffentlichen Haushalte nehmen im Vergleich zu den Gesamteinnahmen vorerst überproportional zu und die kumulierten Haushaltsdefizite der Gemeinden werden erst beim Erreichen eines neuen Gleichgewichtes wieder abgebaut.

Die Gesellschaft im nördlichen Zürcher Weinland hat hohe Präferenzen für eine intakte Umwelt und einen engeren Bezug zur Region. Daraus ergibt sich, dass Mobilitätsbedürfnisse reduziert und vermehrt öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden. Diese Tendenz wird unterstützt durch die Tatsache, dass die Mobilität im Vergleich zu übrigen Gütern und Dienstleistungen deutlich teurer wird.

Auch in diesem Szenario führt der Zuzug von Familien zu einer gesamthaft jünge-ren Bevölkerung. Die im Weinland lebenden Personen engagiejünge-ren sich stark für die eigene Region, insbesondere auch für Kultur, Sport und Vereine in den Dör-fern. Dies stärkt zusätzlich die Attraktivität des Lebensraums.

Raum / Umwelt

Auch bei einer Entwicklung hin zu vermehrt naturnaher Produktion findet ein be-deutender Strukturwandel statt. Die verbleibenden Betriebe bewirtschaften grösse-re Flächen. Zur Regeneration der Böden wird die Fruchtfolge strikte eingehalten.

Durch den Anbau verschiedener Spezialkulturen wird die landwirtschaftliche Nutz-fläche insgesamt vielseitiger und attraktiver. Die Vernetzung unterschiedlicher öko-logischer Lebensräume nimmt zu, geometrische Formen und Parzellierungen wer-den vermehrt „gebrochen“ und Wasserläufe wieder ausgedolt.

An Hanglagen verändert sich mit dem Rückgang des Rebbaus das Landschafts-bild. Vermehrt sind Hänge einfach Grünland.

Daneben wächst auch die Bevölkerung und verändert das Landschafts- und Orts-bild. Mit zunehmender Bevölkerung werden die noch vorhandenen Baulandreser-ven immer knapper. Die Dörfer werden hierdurch grösser und bestehen aus einem herkömmlichen Zentrum in Riegelbau, einem herkömmlichen ersten Siedlungsring

mit landwirtschaftlichen Riegelbauten und einem anschliessenden neuen Sied-lungsring (ab ca. 1970 entstanden).

Nach fast vollständigem Verbrauch der heute noch verfügbaren Baulandreserven wird die Siedlungsfläche nur noch marginal ausgeweitet. Im Sinne einer tragfähi-gen Entwicklung strebt die Bevölkerung keine grösseren Ausweitungen mehr an, allerdings würde einer solchen auch der geltende kantonale Richtplan entgegentre-ten. Nach Verbrauch der freistehenden bzw. auf dem Markt angebotenen Bauland-reserven setzt ein verdichtetes Bauen innerhalb des bestehenden Siedlungsge-biets ein. Die Gemeinden unternehmen grosse Bemühungen, um mit Entwick-lungsplänen trotz „inneren Wachstums“ die attraktiven, durch Riegelbauten ge-prägten Dorfbilder zu erhalten.

Die Strassen im nördlichen Zürcher Weinland werden nur geringfügig weiter aus-gebaut, v.a. um Siedlungsgebiete von Durchfahrten zu entlasten. Hingegen wird ein umfassender Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs gefordert. Eine Ange-botserweiterung bedingt jedoch einen Ausbau der Infrastruktur, da die Bahnlinie Winterthur-Schaffhausen auf der gesamten Strecke einspurig geführt wird. Auf Grund hoher Kosten, offener Fragen in der Planung und rechtlicher Hürden wird, ohne eine sich radikal ändernde Ausgangslage, frühestens 2025 mit dem umfas-senden Ausbau der Bahninfrastruktur begonnen. Fehlende Kapazitäten des öffent-lichen Verkehrs stehen einer Attraktivitätssteigerung des Lebensraums im nördli-chen Weinland entgegen.

Die bedeutendsten Unterschiede gegenüber dem Szenario 1 sind:

 Geringere Abnahme der Anzahl Landwirtschaftsbetriebe als Folge einer erfolg-reichen Umstellung auf umweltschonende und naturnahe Produktion sowie auf Spezialkulturen und Agrotourismus;

 Zusätzliches Wachstum der Dienstleistungen durch Unternehmen in den Berei-chen Umwelt und alternative Energien;

 Stärkeres Engagement der ansässigen Bevölkerung für die Region Weinland;

 Verändertes Mobilitätsverhalten mit geringerem Mobilitätsbedürfnis und verän-dertem „Modal Split“1 hin zum öffentlichen Verkehr;

 Ausbau des öffentlichen Verkehrs; ab 2025 Ausbau der Bahnlinie Winterthur-Schaffhausen;

 Verdichtetes Bauen im Innern der Siedlungsräume nach einer gezielten Ent-wicklungsplanung zur Erhaltung der Ortsbildattraktivität.

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 77-80)