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Ausgangslage und Zielsetzung

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 27-31)

1.1 Ausgangslage

Das nördliche Zürcher Weinland liegt über einer Gesteinsschicht aus Opalinuston.

Diese wird von den Experten der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) als geeignet betrachtet, ein Endlager1 für hochradioak-tive Abfälle (HAA) aufzunehmen. Im Dezember 2002 hat die Nagra deshalb den Entsorgungsnachweis2 für hochradioaktive Abfälle anhand des Opalinustons im nördlichen Zürcher Weinland den Behörden zur Prüfung eingereicht. Die Berichte und die Gutachten werden im September 2005 öffentlich aufgelegt. Der Bundesrat hat seinen Entscheid auf das 2. Semester 2006 angekündigt.

Um bereits in einer frühen Phase Einfluss auf ein allfälliges Entsorgungsprojekt in ihrem Hoheitsgebiet nehmen zu können, gründeten die Gemeinden des nördlichen Zürcher Weinlandes die Arbeitsgruppe Opalinus. Sie legen Wert darauf, dass noch vor der Auflage des Entsorgungsnachweises und den behördlichen Stellungnah-men die sozio-ökonomischen Auswirkungen von Bau und Betrieb einer allfälligen Entsorgungsanlage abgeklärt sind.

Die Arbeitsgruppe Opalinus entschied sich deshalb, eine Studie erarbeiten zu las-sen, welche die zum heutigen Zeitpunkt absehbaren Auswirkungen eines Endla-gers für HAA auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt (im Sinne von Lebensraum der Bevölkerung) abklärt. Die Arbeitsgruppe hat vorgängig unter Einbezug der Bevölkerung einen umfassenden Fragenkatalog erstellt, der die Grundlage für das Konzept dieser Studie bildet. Die Nagra als zuständige Fachinstitution für nukleare Entsorgung ging auf die Vorschläge der Arbeitsgruppe Opalinus ein. Sie ist auf-grund des Verursacherprinzips bereit, die Abklärungen zu finanzieren.

An zuverlässigen sozio-ökonomischen Daten für die potenzielle Endlagerregion besteht für Bevölkerung, Behörden, Befürworter und Gegner ein gemeinsames Interesse. Es wurde deshalb eine Begleitgruppe aus Vertretern der Arbeitsgruppe Opalinus, der Organisation „Klar!“ und dem Rebbaukommissär des Kantons Zürich gebildet, die im Hinblick auf den Ablauf des Studienprojekts – Datenerhebung, Datenverarbeitung, Interpretation, Schlussfolgerungen – die primäre Aufgabe hat-te, den Prozess der Datenerhebung und Datenverarbeitung zu begleiten. Die In-terpretationen und Schlussfolgerungen der Studie widerspiegeln hingegen die Meinung der Studienverfasser und müssen sich nicht notwendigerweise mit jener der Mitglieder der Begleitgruppe decken.

1 Im Kernenergiegesetz (KEG) wird von „geologischer Tiefenlagerung“ an Stelle von Endlagerung gesprochen. Für die vorliegende Studie wird der heute noch gebräuchlichere Begriff „Endlagerung“

verwendet.

2 Der Entsorgungsnachweis umfasst drei Teilnachweise: Sicherheitsnachweis d.h. Nachweis, dass im gewählten Wirtgestein die Langzeitsicherheit des Endlagers gewährleistet ist; Standortnachweis, d.h.

Nachweis, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit ein genügend grosser Wirtgesteinskörper vorhanden ist, um das Endlager aufzunehmen; Machbarkeitsnachweis, d.h. Nachweis, dass ein Lager im gewählten Gestein unter der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften technisch realisierbar ist (HSK 2002). Der eigentliche Standortentscheid soll zu einem späteren Zeitpunkt, im Rahmen eines Sachplans des Bun-des, gefällt werden.

Parallel zur vorliegenden Studie wird im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE) eine Grundlagenstudie zur Lagerung radioaktiver Abfälle erstellt, in der La-gerstandorte im In- und Ausland verglichen werden (Rütter et al. 2005). Die Studie wird von einer separaten Gruppe begleitet und voraussichtlich Ende 2005 veröf-fentlicht. Die Ergebnisse werden in die Erarbeitung des Sachplanes „geologische Tiefenlager“ des Bundes einfliessen3. Erkenntnisse daraus sind jedoch bereits in die vorliegende Studie nördliches Zürcher Weinland eingegangen.

Umgekehrt werden die Resultate der vorliegenden Studie auch in die Grundlagen-studie des Bundesamtes für Energie (BFE) aufgenommen. Die beiden Studien sind methodisch aufeinander abgestimmt, um soweit möglich eine Vergleichbarkeit der Analysen zu gewährleisten.

1.2 Zielsetzungen

Mit der Studie soll umfassend abgeklärt werden, ob und inwiefern die Erstellung und der Betrieb eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle (HAA) die regionale Wirtschaft und Lebensqualität im nördlichen Zürcher Weinland als potenzielle Standortregion wesentlich beeinflusst. Insbesondere verfolgt die Studie die folgen-den Ziele:

 Schaffung einer Grundlage für die Gemeinden des nördlichen Zürcher Weinlan-des und für die involvierten Zielgruppen, um sich in den Planungsprozess ein-bringen zu können;

 Erfassung des wirtschaftlichen Ist-Zustandes der Region und Analyse von Sze-narien möglicher Entwicklungswege;

Abschätzung der zum heutigen Zeitpunkt absehbaren Auswirkungen der Pla-nung, des Baus (Investitionen) und Betriebs einer allfälligen Entsorgungsanlage für HAA auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt im nördlichen Zürcher Wein-land;

Schaffung von Transparenz bezüglich der verschiedenen relevanten Kosten- und Nutzenelemente des potenziellen Entsorgungsprojekts nördliches Zürcher Weinland, mit dem Ziel, die Vor- und Nachteile von Planung, Bau und Betrieb der Anlage aufzuzeigen;

Evaluation möglicher Ersatzmassnahmen, die in den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt getroffen werden müssten, um einen Ausgleich für die von der Region zu Gunsten der Allgemeinheit zu tragenden Lasten zu schaffen.

3 Nach Artikel 5 der Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 2004 legt der Bund in einem Sachplan die Ziele und Vorgaben für die Lagerung der radioaktiven Abfälle in geologischen Tiefenlagern für die Behörden verbindlich fest. Der Sachplan „geologische Tiefenlager“ soll vorerst in einem Konzeptteil Verfahren und Kriterien festlegen, nach denen die Standortauswahl für geologische Tiefenlager in der Schweiz erfolgt. Bei der Standortsuche steht die langfristige Sicherheit von Mensch und Umwelt an oberster Stelle. Geowissenschaftliche Mindestanforderungen sind deshalb entscheidende Auswahlkrite-rien. Sozio-ökonomische und raumplanerische Aspekte spielen aber auch eine wichtige Rolle; diese sind regional unterschiedlich und können nur unter Mitwirkung der betroffenen Kantone und Regionen erarbeitet werden. Zurzeit erarbeitet das zuständige Bundesamt für Energie die Grundlagen für den Konzeptteil. Der Sachplan soll dann ab Herbst 2005 in einem breiten Vernehmlassungs- und Mitwirkungsverfahren diskutiert und vervollständigt werden. Der Bundesrat wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2006 den Konzeptteil verabschieden. Erst danach können die Entsorgungs-pflichtigen unter der Aufsicht der Behörden das Auswahlverfahren schrittweise durchführen.

1.3 Fragestellungen

Im Zentrum der Studie steht die Analyse der sozio-ökonomischen Auswirkungen des Entsorgungsprojekts Zürcher Weinland. Basierend auf einem Fragenkatalog der Arbeitsgruppe Opalinus werden die folgenden Aspekte untersucht:

Im wirtschaftlichen Bereich:

Auswirkungen der geplanten Ausgaben und Investitionen in der Planungs-, Bau- und Betriebsphase auf die regionale Wirtschaft, insbesondere das Bauge-werbe (Umsätze, Wertschöpfung, Beschäftigung), unter Einbezug der indirekten Wirkungen;

Auswirkungen auf Tourismus und Freizeitaktivitäten;

Auswirkungen auf die Landwirtschaft, im Speziellen auf den Absatz von Produk-ten mit Herkunftsbezeichnung und auf die direkte Vermarktung (insbesondere von Gemüse, Obst und Wein);

Auswirkungen auf die Boden- und Liegenschaftspreise;

Auswirkungen auf die Attraktivität der Standortregion als Wohnort;

Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen.

Im gesellschaftlichen Bereich:

Sorgen und Ängste bzw. Einstellung und Wahrnehmung der Bevölkerung sowie mögliche dadurch ausgelöste Verhaltensänderungen und deren Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Bereich;

Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt;

Auswirkungen auf das Image der Region als Wirtschafts- und Lebensraum.

Im Bereich der Umwelt:

Auswirkungen auf Landschaft und Naturraum;

Auswirkungen auf den Verkehr.

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 27-31)