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2.2 Der Strukturwandel in der Schweinehaltung

2.2.1 Strukturwandel der Schweinehaltung in Deutschland

Von den knapp 9 Millionen Schweinen, die Mitte des letzten Jahrhunderts in Westdeutschland gehalten wurden, stand der größte Teil in Niedersachsen (2,5 Mio.). Gefolgt wird Niedersach-sen von Bayern (1,9 Mio.) und Nordrhein-Westfalen (1,4 Mio.).23 In allen drei Bundesländern verteilten sich die Schweine auf etwas weniger als 500.000 Betriebe. In den folgenden zwanzig Jahren wuchs die Zahl der Schweinebestände in allen alten Bundesländern unterschiedlich stark, aber stetig an. Erst Mitte der 1970er Jahre war in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg wie auch im Saarland und in Rheinland-Pfalz ein deutlicher Rückgang der Schwei-nebestände zu verzeichnen. Mitte der 1980er Jahre erfasste dieser strukturelle Wandel dann auch Hessen und Schleswig-Holstein.

Bis 1990 ist die Zahl der gehaltenen Schweine nur in Niedersachsen (7,1 Mio.), Nordrhein-Westfalen (5,9 Mio.), Bayern (3,7 Mio.) und Baden-Württemberg (2,2 Mio.) gestiegen.24 Da-mit verteilten sich etwa 60 % der 30,8 Millionen25 gehaltenen Schweine auf diese vier Bundes-länder. Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe ist dabei stetig gesunken. Nur jeder fünfte Betrieb in Bayern, jeder zehnte in Niedersachsen und jeder elfte in Nordrhein-Westfalen konnte sich seit 1950 dem Strukturwandel anpassen.

In den fünf neuen Bundesländern standen kurz nach der Wiedervereinigung etwa 28 % aller Schweine in Deutschland: Brandenburg (2 Mio.), Mecklenburg-Vorpommern (1,9 Mio.), Sach-sen (1,5 Mio.), SachSach-sen-Anhalt (1,9 Mio.) und Thüringen (1,3 Mio.).26 Seit der Wiedervereini-gung Deutschlands sank der nationale Schweinebestand bis 1999 um 15 % von 30,8 auf 26,1 Millionen27 Schweine. Wie zuvor wuchs die Anzahl der gehaltenen Schweine dabei nur in

23 Statistisches Bundesamt (2015): GENESIS-Online Datenbank. Allgemeine und repräsentative Erhebungen über die Viehbestände. Gehaltene Tiere: Deutschland. Bundesländer, Jahre, Tierarten (Stand 3. August 2015).

24 Ebd.

25 Statistisches Bundesamt (2015): GENESIS-Online Datenbank. Allgemeine und repräsentative Erhebungen über die Viehbestände. Gehaltene Tiere: Deutschland. Stichmonat, Tierarten. Stichtag 12/1990 (Stand 3. Au-gust 2015).

26 Statistisches Bundesamt (2015): GENESIS-Online Datenbank. Allgemeine und repräsentative Erhebungen über die Viehbestände. Gehaltene Tiere: Deutschland. Bundesländer, Jahre, Tierarten (Stand 3. August 2015).

27 Statistisches Bundesamt (2015): GENESIS-Online Datenbank. Allgemeine und repräsentative Erhebungen über die Viehbestände. Gehaltene Tiere: Deutschland. Stichmonat, Tierarten. Stichtag 5/1999 (Stand 3. August 2015).

Niedersachsen (7,5 Mio.), in Nordrhein-Westfalen (6,2 Mio.), in Bayern (3,8 Mio.) und in Ba-den-Württemberg (2,3 Mio.) an. Anders als in den Vorjahren war der Zuwachs jedoch deutlich geringer. Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe (1992: 293.946; 1999: 141.448) sank dabei innerhalb von wenigen Jahre um mehr als 50 %, sodass die durchschnittliche Bestandsgröße in Bayern 1999 bei 88 Schweinen, in Nordrhein-Westfalen bei 307 und in Niedersachsen bei 310 Tieren pro Betrieb lag. Die im Osten Deutschlands gehaltenen Schweine machten 1999 nur noch ca. 13,5 % des Gesamtbestandes Deutschlands aus. Durch die Schließung jedes vierten Betriebes in Sachsen, jedes fünften in Brandenburg und Thüringen, jedes sechsten in Sachsen-Anhalt und jedes siebten in Mecklenburg-Vorpommern war die mittlere Bestandsgröße pro trieb jedoch deutlich größer als im Westen. Brandenburg kam dabei auf 546 Schweine pro Be-trieb, Thüringen auf 668 und Mecklenburg-Vorpommern sogar auf 793.28

Zwischen 2000 und 2010 wuchs der deutsche Schweinebestand um 7 % von 25,8 Millionen29 auf 27,6 Millionen.30 Hierbei ist zu beachten, dass die Werte für das Jahr 2010 nur bedingt mit denen vorangehender Jahre vergleichbar sind, da die Viehzählung ab 2010 Betriebe erst ab einer Größe von 5 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche registriert. Davor lag die Erfassungs-grenze bei 2 ha LF. Zudem wurden Bestände erst ab 10 Zuchtsauen und/oder 50 Schweinen erfasst.

Rund 8,4 Millionen Schweine und damit 30,5 % des Gesamtbestands Deutschlands wurden 2010 in Niedersachsen gehalten. Damit ist es das schweinereichste Bundesland, dicht gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit knapp 6,7 Millionen Schweinen. Zusammen halten diese beiden Bundesländer 54 % aller Schweine in Deutschland. Auf Bayern (13,2 %) und Baden-Württem-berg (7,7 %) entfällt nicht einmal ein Viertel des Gesamtbestandes. Die neuen deutschen Bun-desländer kommen zusammen nur auf einen Anteil von knapp 15 %.

Während die Anzahl der gehaltenen Schweine in den alten Bundesländern mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zurückging, nahm sie in den

28 Statistisches Bundesamt (2015): GENESIS-Online Datenbank. Allgemeine und repräsentative Erhebungen über die Viehbestände. Betriebe: Bundesländer, Jahre, Tierarten (Stand 3. August 2015).

29 Statistisches Bundesamt (2015): GENESIS-Online Datenbank. Allgemeine und repräsentative Erhebungen über die Viehbestände. Gehaltene Tiere: Deutschland. Stichmonat, Tierarten. Stichtag 11/2000 (Stand 3. Au-gust 2015).

30 Statistisches Bundesamt (2015): GENESIS-Online Datenbank. Allgemeine und repräsentative Erhebungen

neuen Bundesländern rasant zu. Innerhalb von zehn Jahren stieg die Zahl der Schweine in Sach-sen um knapp 28 %, in SachSach-sen-Anhalt um 19,1%, in Mecklenburg-Vorpommern um 16,2 %, in Thüringen um 10,5 % und in Brandenburg um 7,2 % an. Dabei waren 2010 nur 6,4 % aller schweinehaltenden Betriebe in den ostdeutschen Bundesländern angesiedelt. Die durchschnitt-liche Bestandsgröße insbesondere in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern war hier deutlich höher, oft mit weit mehr als 1.000 Stallplätzen. In Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein lag der Schnitt bei ca. 800 Stallplätzen, im Süden Deutschlands bei durchschnittlich 300 Tieren pro Betrieb. Von den Bestandsgrößen ausgehend lässt sich ein deut-liches Gefälle zwischen Osten und Westen sowie Norden und Süden erkennen.

Bei genauerer Betrachtung der einzelnen Betriebsformen wird die Kluft zwischen den Be-standsgrößen im Sinne eines Ost-West- bzw. Nord-Süd-Gefälles ebenfalls deutlich. Nieder-sachsen hielt im Mai 2010 mit gut einem Viertel (25,5 %) prozentual gesehen die meisten Zuchtsauen, gefolgt von NRW mit 21,2 % und Bayern mit 14,3 %. Die Anzahl der Betriebe, in denen die Zuchtsauen gehalten wurden, war dabei groß, so dass ein durchschnittlicher Betrieb in Niedersachsen 161, in NRW 137 und in Bayern 74 Zuchtsauen hielt. In den fünf neuen deut-schen Bundesländern lag bei den Zuchtbetrieben der Bestandsdurchschnitt zwideut-schen 598 und 1.002 Sauen pro Betrieb.31 In Bayern stand der Großteil aller Zuchtsauen (38,5 %) in Betrieben mit weniger als 100 Stallplätzen. In Niedersachsen waren die meisten Zuchtsauen (41,1 %) in Betrieben zwischen 200 und 499 Stallplätzen vorzufinden. In Sachsen-Anhalt standen 90,5 % aller Zuchtsauen in Betrieben mit 500 Stallplätzen und mehr.32

Hier zeigt sich ein deutlicher Trend: Noch im Jahr 1999 fanden sich 70 % aller deutschen Zucht-sauen in Betrieben mit einer Stallplatzgröße von bis zu 199 Sauen, während es dann zehn Jahre später nur noch 39 % waren. Betriebsvergrößerungen führten bis 2007 zu einer Bestandsgröße zwischen 200 und 500 Sauen. Seitdem ist eine Veränderung zugunsten der Betriebsvergröße-rungen mit 500 Zuchtsauen und mehr eingetreten. Kleinere Betriebe sind stark rückläufig, was unter anderem auf die zum 1. Januar 2013 in Kraft getretene neue Tierschutz-Nutztierhaltungs-verordnung zurückzuführen ist, welche die Gruppenhaltung für Sauen verbindlich vorschreibt

31 Statistisches Bundesamt (2010): Land- und Forstwirtschaft und Fischerei – Viehbestand. Betriebe mit Haltung von Schweinen und Schweinebestände in Deutschland und den Bundesländern (ohne Stadtstaaten). Fachserie 3, Reihe 4.1 (Stand 3. Mai 2010).

32 Statistisches Bundesamt (2011): Land- und Forstwirtschaft und Fischerei – Viehhaltung der Betriebe. Fachse-rie 3, Reihe 2.1.3 (Stand 1. März 2010).

und daher verschiedene bauliche Umbaumaßnahmen (auch in Bezug auf Kastenstandbreite, Spaltenböden und Buchtengröße) erforderlich machte, was für viele kleinere Betriebe finanziell nicht tragbar war, so dass in vielen Fällen die Aufgabe der Sauenhaltung oder sogar die Schlie-ßung des landwirtschaftlichen Betriebes die Folge war.

Ein weiterer Grund für das Wachsen der Sauenbestände sind die vom Mäster geforderten gro-ßen Ferkelpartien, die kleinere Sauenbetriebe nicht produzieren können. Im Jahr 200533 lag die durchschnittliche Bestandsgröße von Mästern in Niedersachsen bei 288 Mastschweinen, 201034 waren es im Mittel 489, was eine Steigerung von über 40 % darstellt. Ein noch größerer Zu-wachs in den Bestandsgrößen der Schweinemast erfolgte in diesem Zeitraum in Sachsen-Anhalt von durchschnittlich 410 auf 1.547 Mastplätze und in Bayern, wo die durchschnittliche Be-standsgröße von 63 auf 232 Mastplätze wuchs.

Mit über 30 % standen 2010 anteilsmäßig die meisten Mastschweine in Niedersachsen. Der größte Teil dieser Schweine wurde in Beständen mit 400–999 Mastplätzen (32,8 %) und mit 1.000–1.999 Mastplätzen (32,8 %) gehalten. Der Anteil der Betriebe mit 2.000 Mastplätzen und mehr machte 22,2 % aus. In Bayern hingegen standen 2010 noch immer 73,2 % aller Mast-schweine in Betrieben, die weniger als 1.000 Mastplätze haben. Zeitgleich wurden 56,6 % der Mastschweine in Sachsen-Anhalt in Betrieben mit mehr als 5.000 Mastplätzen gehalten.35 Um wettbewerbsfähig bleiben zu können, werden die Betriebe von Jahr zu Jahr größer und spezialisierter. Insbesondere ist dieser Trend bei den Zuchtsauen deutlich. Insgesamt ist die Zahl der Sauen in Deutschland von 2,68 Mio. Sauen im Jahr 1999 auf 2,36 Mio. im Jahr 2010 gesunken – ein Rückgang von beinahe 12 %. Dabei haben die Bestandsgrößen deutlich zuge-nommen, da die Anzahl der Betriebe mit Zuchtsauen zurückgegangen ist. Trotz erhöhter Fer-kelzahlen je Sau und Jahr führt der sinkende Anteil an Zuchtsauen in Deutschland zu einer erhöhten Einfuhr von Ferkeln aus dem Ausland – insbesondere aus Dänemark und den Nieder-landen.36

33 Statistisches Bundesamt (2006): Land- und Forstwirtschaft, Fischerei. Viehhaltung der Betriebe. Agrarstruk-turerhebung. Fachserie 3. Reihe 2.1.3 (Stand Mai 2005).

34 Statistisches Bundesamt (2006): Land- und Forstwirtschaft Fischerei. Viehbestand. Fachserie 3. Reihe 4.1 (Stand 3. Mai 2010).

35 Windhorst, K. H. / Bäurle, H. (2011): Analysen zu Strukturen und Entwicklungen in der Schweine- und Sau-enhaltung in Deutschland. In: Grüne Reihe 77. (ISPA) Universität Vechta.

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Abbildung 2 stellt die Entwicklung der Zuchtsauenbestände in Deutschland von Mai 2014 bis Mai 2015 dar. Die Zahlen aus der Stichprobenerhebung des Bundesamts für Statistik zeigen deutlich, dass die Anzahl der Zuchtsauen weiter zurückgeht. Mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg sind die Zahlen in allen anderen vierzehn Bundesländern rückläu-fig.37

Abbildung 2: Veränderung des Zuchtsauenbestands in Deutschland von Mai 2014 (schwarz) bis Mai 2015 (rot)

Quelle: Bundesamt für Statistik, Mai-Zählung.

Laut Stichprobenzählung des Bundesamts für Statistik im Mai 2015 werden derzeit 28,1 Mio.

Schweine in Deutschland gehalten. Das entspricht einem leichten Rückgang des Gesamtbestan-des um 0,7 % gegenüber dem Vorjahr. Abbildung 3 zeigt eine Übersicht über die Zu- und Ab-nahmen des Schweinebestandes in den einzelnen Bundesländern im Mai 2015 gegenüber Mai

37 Statistisches Bundesamt (2015): GENESIS-Online Datenbank. Allgemeine und repräsentative Erhebungen über die Viehbestände. Gehaltene Tiere: Deutschland. Stichmonat, Tierarten (Stand 3. August 2015).

2014. Mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen sind die Zahlen in allen Bundesländern rück-läufig.38

Abbildung 3: Schweinebestände in Deutschland. Zu- und Abnahmen in den einzelnen Bundesländern Quelle: Bundesamt für Statistik, Mai-Zählung.