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6 Wichtige Marmorlagerstätten, ihre Randbedingungen und Charakteristika

6.4 Mäandertalregion: Geomorphologie, Geologie, Lagerstätten, Eigenschaften und

6.4.9 Stratonikeia: Stadt und Steinbrüche

16 und 17) wurde von dem seleukidischen Kö-nig Antiochos I. (281 - 261 v.u.Z.) gegründet und war bis in die späte Kaiserzeit kontinuier-lich besiedelt. Gut erhalten sind u. a. Stadtmau-er, TheatStadtmau-er, Gymnasion, Bouleuterion, Tempel, Stadttor und Wasserreservoir (Abbildung 190).

Abbildung 190: Stratonikeia-Stadt

Obwohl Stratonikeia von der Flächenausdeh-nung eher eine kleine Stadt war, wurde sie, wie Strabon überliefert, von den Seleukiden bevor-zugt und mit prächtigen Bauten aus Marmor geschmückt. Prominentestes Beispiel ist das Gymnasion, das mit seiner Größe von ca. 105 x 180 m und kostbarer Innenausstattung aus wei-ßem Marmor alle anderen kleinasiatischen Bei-spiele in den Schatten stellt (MERT 1999). Ne-ben dem guten Erhaltungszustand der gesamten Anlage ist u.a. eine in Marmor eingravierte Ab-schrift des Edikts des Diokletian bemerkenswert (Abbildung 191). Leider ist die nahe Eskihisars gelegene antike Stadt heute durch Braun-kohletageabbau gefährdet.

In der Nähe der antiken Stadt Stratonikeia wur-den in unwegsamen Gelände zwei aufgelassene Marmorsteinbrüche gefunden, auf die wir dank Hinweisen im Marmorwerk Altintaş und von Anwohnern stießen, und die in der Literatur bisher nicht beschrieben sind. Im größeren der beiden Steinbrüche (in dem mindestens 18.000 m3 abgebaut wurden) sind noch mehrere Schrotgräben und sonstige Abbauspuren ein-schließlich liegengelassener Kapitelle und Säu-lenschafte vorhanden (Abbildung 192).

Abbildung 191: Wandinschrift (Edikt des Diokletian) am Marktplatz von Stratonikeia

Abbildung 192: Antiker Bruch bei Stratonikeia; oben mit erhaltenem Schrotgraben

Der in Abbildung 192 oben abgebildete Schrot-graben mit etwa 0,5 m Tiefe und 40 cm Breite umfaßt einen 2,56x1,04 großen Marmorblock, dessen weiterer Abbau wohl aufgrund zweier subdiagonaler Risse unterblieb. Er gehört einer etwa 70 m langen Bruchwand an, die im Han-genden durch eine von NE nach SW etwa 15°

einfallende Chlorit-Granat-Glimmerschieferlage begrenzt wird. Bei einer Höhe von 15 und 12 m (geschätzte nutzbare Mächtigkeit von 10 m) und einer Lateralerstreckung zwischen 30 und 40 m ergibt sich ein Abbauvolumen zwischen 18.000 und 28.000 m3 alleine für diese Abbau-galerie. Hinzu kommen noch eine Reihe von kleineren angrenzenden Brüchen.

Wenige Autominuten entfernt befindet sich westlich von Karalti (GPS N37°17´59,2´´/

E027°58´17,5´´, 447 m üNN) ein weiterer klei-nerer Steinbruch mit ähnlichen Marmoren, der zur Piste von einer mächtigen Abschlaghalde

mit zahlreichen liegengebliebenen Kapitell-bruchstücken begrenzt wird.

Die Marmore beider Steinbrüche sind fein- bis mittelkörnig (Meßlupen-AGS meist um 0,5 mm bis 0,9 mm) und ähneln aufgrund ihres hohen Anteils an gebändert auftretenden akzessori-schen Mineralien (Quarz, Glimmer, Feldspäte, Fe- und Mn-Erzminerale, Graphit) dem Milas-Lilaç-Typ. Die auffälligen Bänderungen verlau-fen parallel zu den starken isoklinalen Verfal-tungslinien, häufig treten auch unregelmäßige gelbliche Flecken auf. In beträchtlicher Anzahl finden sich Metabauxite.

Sowohl die Ausdehnung beider Brüche als auch die vielen antiken Abbauspuren ließen vermu-ten, dass zumindest Teile der in Stratonikeia verbauten Marmore von hier stammten. Bei einer Begehung der antiken Stadt und ihres Mu-seums zeigte sich jedoch, dass die hier verwen-deten Marmore (abgesehen von einigen römi-schen Dekorationen) keinerlei Übereinstim-mung mit den äußeren Merkmalen der Marmore der von uns aufgefundenen Steinbrüche aufwei-sen. Erstere sind regelmäßig weiß, ohne er-kennbare Muster und wesentlich grobkörniger (Meßlupen-AGS 1-2 mm, MGS >3 mm). Sie ähneln denen von Herakleia, teilweise Aphrodi-sias und modernen Platten von Muğla und Ya-tağan; für die beiden letzten Lagerstätten wer-den MGS zwischen 3-5,8 bzw. 1-5,2 mm ange-geben (ZÖLDFÖLDI & SATIR 2002). Die eigenen Proben moderner Platten von Muğla und Yata-ğan zeigen ebenfalls MGS zwischen 4,2 und 4,6 mm bei AGS um 1 mm in einem sehr heteroge-nem Gefüge (s. Kapitel 6.4.10). MERT (1999, S.

136) stellt in seiner archäologischen Dissertati-on zur Baugeschichte StratDissertati-onikeias knapp fest:

"Das Material aller Bauteile ist weißer, grob-kristalliner Marmor, der aus den lokalen Brü-chen der Stadt Stratonikeia stammt“. Zu diesen verweist er lediglich auf eine Anmerkung bei ASGARI (1977): "Die Gegend von Yatağan, wo sich auch Stratonikeia bei Eskihisar befindet, ist reich an Marmorbrüchen, die in kleinem Maße auch heute abgebaut werden. Gleich nördlich von Stratonikeia, bei Aladağ, befinden sich an-tike Brüche, die ich aber noch nicht untersu-chen konnte“ (S. 345, Anm. 37). Einen weiteren Hinweis mit petrographischen Angaben zu Brü-chen bei Stratonikeia geben LAZZARINI et al.

(1980b). Bei diesen handelt es sich aber wahr-scheinlich nicht um die von uns aufgefundenen

Brüche, zumal Lorenzo Lazzarini, 2004 auf Thasos hierauf angesprochen, sich über die Un-terschiedlichkeit der von uns aufgefunden Marmore mit den im antiken Stratonikeia ver-wendeten Werksteinen erstaunt zeigte.

Die Marmore beider von uns aufgefundenen antiken Brüche ähneln dem Milas-Lilaç-Typ.

Das dominierende Weiß mit häufigem Grauton wird von grauen bis rötlichen Bänderungen, Schlieren und Flecken unterbrochen. Die Mar-more sind feinkörnig (mit MGS um 1-1,6 mm), gelegentlich kommen auch Korngrößen bis 3 mm in einer feinkörnigeren Matrix vor. Nicht selten erfolgt eine Kornlängung parallel zu ei-ner schwach bis mittel ausgeprägten Lagentex-tur, die in der Regel parallel zu den farbigen Bänderungen verläuft. Dementsprechend kön-nen die AGS beider Bereiche innerhalb eines Dünnschliffes zwischen 0,2 und 1 mm schwan-ken, bei homogener Korngrößenverteilung lie-gen die AGS i.d.R. um 0,5 mm. Das Korngefü-ge reicht von homoKorngefü-gen bis heteroKorngefü-gen. Etwa die Hälfte aller größeren Körner zeigen feine Zwil-lingslamellenscharen, die Korngrenzen sind eher gerade, gelegentlich auch treppenartig oder buchtig. Hauptmineral der Marmore ist Calcit, jedoch wurde insbesondere bei den rötlichen Marmoren pulverdiffraktometrisch bis zu 12 Gew% feinkörniger Dolomit gemessen. Die gemessenen Quarzgehalte sind gering, über-schreiten gelegentlich aber auch 1 Gew%.

Abbildung 193: Niedrigere Fe- und Sr- Gehalte der Marmore von Stratonikeia gegenüber Euromos

Der höhere Bestand an akzessorischen Minera-lien kommt auch in den Elementgehalten zum Ausdruck. Für Mn ergibt sich bei mindestens 11 ppm ein Mittelwert von 42 ppm, mit Maximal-gehalten von 517 ppm, dem höchsten gemesse-nen Mn-Wert überhaupt (s. Abbildung 187) . Fe liegt um 300 – 500 ppm, nur bei einer

hellwei-ßen feinkörnigen Probe treten lediglich 130 ppm auf (Mn 11,8, Sr 48 ppm, Mg 0,27 Gew%). Bei niedrigen Sr-Gehalten zwischen 40 und 110 ppm (Abbildung 193) ergeben sich hohe Fe/Sr-Verhältnisse zwischen 3 und 5. Die Fe- und Sr-Gehalte liegen in der Regel jedoch beträchtlich unterhalb von denen der z.B. eben-falls gebänderten Euromosmarmore und erlau-ben eine zusätzliche Abgrenzung. Abgesehen von den dolomitischen Partien sind die zwi-schen 0,16 und 0,3 Gew% liegenden Mg-Gehalte sehr gering. Anders als bei vielen ande-ren Marmoande-ren liegen die Messwerte von Pb, Th, U und Zr sämtlich oberhalb der Nachweis-grenze.

Abbildung 194: Die SEE-Verteilungsmuster der

"Stratonikeia"-Marmore weisen bei mäßigem Cerneg

eine auffällige Fraktionierung zuungunsten der schweren SEE auf. Der Kurvenverlauf der Euro-mosproben ist demgegenüber flacher

Die SEE (Abbildung 194) weisen bei mittelho-hen Gesamtgehalten zwiscmittelho-hen 2,4 und 7 ppm ein vergleichbares Verteilungsmuster mit ΣSEE/Y von 2,2-6, Cerneg zwischen 0,45 und 0,85 sowie Y/Ho zwischen 53 und 90 auf, Indi-katoren eines stärkeren terrestrischen Detritus-eintrags.

Abbildung 195: Isotopie der Marmore von Stratoni-keia und Euromos

Die Sauerstoffisotopie zwischen –3,2 und –4,8 ist bei einem Ausreißer von –5,9 recht eng be-grenzt (Abbildung 195 und im Vergleich zu Milas Abbildung 186). Die Proben des Stein-bruchs W-Karalti weisen ein schmales δC-Isotopenfeld zwischen 1,1 und 1,6 auf. Demge-genüber reicht die Spannweite der Kohlenstoffisotopie des größeren Steinbruchs von 1,8 bis -2,4 (vgl. Abbildung 48). Ob diese ungewöhnli-che Verarmung der schweren C-Isotope auf Verwitterungseinflüsse zurückgeht oder lokali-tätsinhärent ist, wie z.B. auch bei Aphrodisias oder Afyon-Dokimeia beschrieben, kann nicht entschieden werden. Jedoch zeigt sich für die insgesamt niedrigen δC-Werte eine deutliche negative Korrelation zu den recht hohen Fe/Sr-Verhältnissen zwischen 3 und 5. Leider liegen für die Marmore mit negativer C-Isotopie keine Spurenelementmesswerte vor.

Lässt sich wegen fehlender Probennahme-möglichkeit die Herkunft der in Stratonikeia verwendeten Marmore auch nicht feststellen (vermutlich Muğla oder Yatağan), so kann das hier vorgestellte Datenmaterial beider recht großen antiken Steinbrüche dazu beitragen, die Herkunft der Marmore in anderen antiken Stät-ten – wahrscheinlich der näheren Umgebung – zu bestimmen. Ihre Merkmale unterscheiden sich zumindest deutlich von denen sämtlicher untersuchten Museumsproben.