• Keine Ergebnisse gefunden

4 Eingesetzte Methoden und Merkmale zur Charakterisierung der Marmore

4.4 Mikroskopische Untersuchungen und Merkmale

Öfters sind die Oberflächen mit einer Schmutz-schicht, Verkrustungen usw. bedeckt, die häufig aber erst im Museum und dessen Archiven ent-standen sind. Deshalb wäre es sehr sinnvoll, wenn bereits bei der Freilegung der antiken Objekte oder gelegentlich ihrer Restaurierung sämtliche äußerlich erkennbaren Merkmale aufgenommen und dokumentiert würden. Glei-ches gilt für Korngrößen u.ä., die sich fast im-mer an frischen Abplatzungen und Beschädi-gungen noch deutlich (z.B. mit einer Messlupe) erfassen lassen.

Abbildung 25: Bänderung in Marmor von Lasa

Wesentlich häufiger als z.B. prokonnesische Marmore zeigen die feinkörnigen Marmore von Carrara und Lasa (Abbildung 25) unregelmäßi-ge dünne Bänder und Äderununregelmäßi-gen, oft mit gut erkennbaren Mineraleinschlüssen (besonders Quarz und Glimmer).

Die Marmore von Herakleia sind in ihrer gro-ßen Mehrzahl schon äußerlich erkennbar mittel- bis schwach grobkörnig bei vorwiegend homo-genem Gefüge. Aber auch hier treten gelegent-lich meist unregelmäßige Bänderungen auf, die sehr feinkörnig und auch dolomitreich sein können, während die weißen Partien das grob-körnigere Gefüge bewahren (Abbildung 26).

Abbildung 26: Feinkörnige dunkle, dolomitreiche Bänder in grobkörnigeren Marmoren von Herakleia

Weitere Fälle, bei denen äußere Merkmale eine Rolle für die Zuordnung spielten, werden in den entsprechenden Kapiteln behandelt.

4.4 Mikroskopische Untersuchungen und Merkmale

Von Marmoren antiker Objekte und Lagerstät-ten sind 219 Dünnschliffe angefertigt worden, daneben auch 36 polierte Anschliffe zur mikro-skopischen Beurteilung der opaken Bestandteile (Fe-Oxide, Pyrit, Graphit usw.). Hinzu kamen die Dünnschliffe aus früheren Untersuchungen der Arbeitsgruppe Germann seit 1976. Erfasst wurden Korngröße, -form und -orientierung, Deformationserscheinungen, akzessorische Mi-nerale etc.

Neben den üblichen Dünnschliffaufnahmen, die immer nur einen kleinen Ausschnitt der relativ grobkörnigen Marmore wiedergeben, hat sich die Anfertigung von 5-fach vergrößerten Schwarzweißaufnahmen der gesamten Dünn-schliffoberfläche bei gekreuzten Polarisatoren und zusätzlich deren digitale Aufnahme als be-sonders geeignet erwiesen, um einen aussage-kräftigen Überblick über wesentliche Gefügeei-genschaften zu erhalten. Ein Satz von knapp 400 mit einer Digitalkamera aufgenommenen und mit einem Maßstabbalken (2 mm) versehen Dünnschliffaufnahmen bilden Teil der im Inter-net36 verfügbaren Datenbank und wird auch in dieser Arbeit vorwiegend eingesetzt.

36 www.lagerstaetten.tu-berlin.de

4.4.1 Bilddarstellungen

Abbildung 27 oben: eingescanntes Analogfoto (150dpi) eines Dünnschliff des Artemistempels von Magnesia (ASMgAT3). Unten: Direkt digitalisierte Aufnahme des gleichen Dünnschliffes (300dpi); Bild-größe 21 bzw. 32 kB. Maßstabsbalken 2 mm

Für einige Zuordnungen haben sich qualitativ sehr hochwertige Schwarzweißfotos von Dünn-schliffen bei gekreuzten Nicols in 5-facher Ver-größerung als am Besten geeignet erwiesen.

Nachdem dieses Verfahren im Zuge der Einfüh-rung digitalisierter Aufnahmetechniken einge-stellt worden ist, konnten nur noch digitalisierte Aufnahmen der Dünnschliffe bei gekreuzten Nicols im polarisierten Licht erstellt werden.

Sie geben sowohl am Bildschirm wie auch im Ausdruck die Konturen nicht in der gleichen Deutlichkeit wieder wie bei den analogen Auf-nahmen, was sich ansatzweise in Abbildung 27 erkennen lässt.

Trotz dieser Nachteile hat das digitale Aufnah-meverfahren auch unbestreitbare Vorzüge. Ab-gesehen davon, dass die Notwendigkeit eines nachträglichen Einscannens der Fotos entfällt, konnte eine große Zahl von Dünnschliffen zeit-sparend aufgenommen werden, die in hoher Auflösung auch die bei gekreuzten Polarisato-ren auftretenden InterfePolarisato-renzfarben wiedergeben (Abbildung 28 oben). Jedoch zeigte sich, dass die von der Schnittlage, Schliffdicke und

mine-ralischen Zusammensetzung abhängigen Inter-ferenzfarben bei Betrachtung am Bildschirm keinen zusätzlichen Informationsgewinn und auch keine Vorteile für eine Weiterverarbeitung mit Auswertungssoftware brachten, da sie le-diglich unterschiedliche Schnittlagen der hoch-doppelbrechenden Karbonate wiedergeben.

Abbildung 28: Digitalisierte Dünnschliffaufnahme (N+) in Farbe vor und nach Negativ- und Graustu-fenkonvertierung (Herakleia-Marmor Hk17), N+, Maßstabsbalken 2 mm

Die aussagekräftigen Gefügemerkmale treten am Bildschirm nach Graustufenkonvertierung deutlicher zu Tage (Abbildung 28 unten). Die Bildverarbeitung mit automatisierter Graustu-fenkonvertierung, Einfügung des 2-mm-Maßstabbalkens und Abspeicherung als jpg-Datei erfolgte mit der kostenlosen Software

„IrfanView“ (http://irfanview.tuwien.ac.at).

4.4.2 Korngefüge

Das Korngefüge ist ein fundamentales Unter-scheidungsmerkmal der untersuchten Marmore.

In ihm bilden Korngrößen, Korngrößenunter-schiede, Korngrenzen, Kornorientierungen, Einregelungen und Inhomogenitäten sowie in-tragranulare Gefügemerkmale wie Zwillingsla-mellen eine komplexe Einheit. Häufig für mul-tivariate statistische Auswertungsverfahren

(Faktor-, Cluster-, und Diskriminanzanalyse) eingesetzte Daten der linearen und Flächenana-lyse (MGS, AGS, heterogenes/homogenes Ge-füge usw.) geben diese Komplexität nur unvoll-kommen wieder (s. Kapitel 3.2.2.4).

In dieser Arbeit wurden zur Ermittlung der ma-ximalen Korngrößen (MGS) an den Dünn-schliffaufnahmen die Durchmesser der 3 größ-ten Körner eines Schliffes gemessen. Zur Er-mittlung der mittleren Korngröße (AGS) wur-den Strecken parallel und senkrecht zu einer eventuellen Kornlängung gemessen und durch die Anzahl der Körner geteilt. Der Quotient aus MGS und AGS ist zudem ein Indikator für die Heterogenität der Korngrößenverteilung. Er liegt bei homogenen Gefügen zwischen 1 und 2, bei heterogenen Gefügen wesentlich darüber.

Boxplots zu den MGS, AGS, MGS/AGS und AGS1/AGS2-Quotienten verschiedener Lager-stättenmarmore finden sich in Kapitel 5.4.3 und 5.4.4.

Beim Vergleich mit direkt am Mikroskop vor-genommenen Messungen zeigte sich eine sehr gute Übereinstimmung. Nicht verwunderlich ist aber die Tatsache, dass anhand der Ausdrucke der Dünnschliffaufnahmen die ermittelten Korndurchmesser in der Regel etwas über de-nen anhand der Photographien ermittelten la-gen. Diese durch das Verwischen von Konturen bedingte Art statistischer Kornvergröberung hält sich jedoch in vertretbaren Grenzen.

Abbildung 29: S&W-Bild von Burgass-Adasi-Marmor (BurgAd29_125) mit weißer Farbe der größeren Körner links und grauer Farbe der kleineren Körner rechts, N+, Maßstabsbalken 2 mm

Oftmals ist ein Zusammenhang zwischen Farbe und Korngröße feststellbar. So gehören die größeren Körner auf der linken Seite der Abbildung 29 einem weißem Farbbereich an, während die kleineren Körner mit einer grauen

Färbung einhergehen, ohne dass unter dem Mikroskop ein höherer Anteil opaker Minera-lien und Einschlüsse auszumachen war. Nichts-destotrotz geht jedoch häufig ein grauer Farbton auch mit einem höherem Anteil an opaken Ein-schlüssen einher (z.B. SCHMID & FLAMMER

2002).

Ein charakteristisches Gefügemerkmal können auch Kornlängungen sein, die sich im Zusam-menhang mit Schieferungen ausgebildet haben.

Sie lassen sich häufig mit bloßem Auge am Gestein feststellen, traten aber in unserem Un-tersuchungsgebiet nie so deutlich zutage wie in Marmoren aus dem thessalischen Tembital (Abbildung 30 aus EILERT 1978 und GAST et al.

1979).

Abbildung 30: Extrem starke Kornlängung an Mar-moren des thessalischen Tembi-Tals (Ga29.2), N+, kurze Kante 2,4 mm

Vor allem in duktilen akzessorienreichen Mar-moren machen sich schon unter relativ geringen metamorphen Druckbedingungen – häufig die Sedimentation nachzeichnende – Einregelungen und Kornlängungen bemerkbar. Diese werden insbesondere bei höheren Temperaturen durch isometrische Calcitkornsprossung tendenziell wieder aufgehoben. Leider hat sich erst nach Abschluss der Hauptuntersuchungen herausge-stellt, dass bei einigen Marmoren Gefügeunter-suchungen zusätzliche Informationen zur mög-lichen Unterscheidung relevanter Lagerstätten hätten liefern können (s. z.B. Kapitel 6.4.7 und 7.3.2).

Wie schon ausgeführt, erwies sich insbesondere der direkte Vergleich von Dünnschliffaufnah-men als überaus nützliches Unterscheidungs-mittel. Abbildung 31 enthält Dünnschliffauf-nahmen mit charakteristischen Gefügemerkma-len von Marmoren:

a) sehr feinkörnig-homogen mit Einschlüs-sen (Carrara)

b) feinkörnig heterogen mit Einregelung (Magnesia grau)

c) mittelkörnig heterogen-bimodal (Pro-konnesos)

d) mittelkörnig het/hom (Herakleia3) e) mittelkörnig homogen (Herakleia) f) mittel-grobkörnig heterogen (Akkaya) g) mittelkörnig heterogen (Muğla) h) grobkörnig hom/het (Thasos-Aliki) i) sehr grobkörnig-heterogen (Naxos-Iria).

Die Herkunftsangaben der abgebildeten Proben in Klammern sollten allerdings nicht dazu füh-ren, sie als unbedingt repräsentativ für die ent-sprechenden Lagerstätten zu betrachten. Im weiteren Verlauf der Untersuchung finden sich

viele Beispiele spezieller Gefügemerkmale und ihres Beitrags zur Herkunftsbestimmung.

Trotz der Vorteile der digitalen Gesamtdünn-schliffaufnahmen wurde für die Feindiagnose spezieller Merkmale nicht auf die zusätzliche Untersuchung mit dem Mikroskop bei bis zu 400-facher Vergrößerung verzichtet.

Zusammengefasst werden in dieser Arbeit zwei Arten von Gesamtdünnschliffaufnahmen mit gekreuzten Nicols (N+) im polarisierten Licht verwendet: Digitalkameraaufnahmen mit auto-matisch eingefügtem 2-mm-Maßstabsbalken sowie eingescannte Photographien mit einge-zeichnetem Maßstabsbalken 2 mm und 10-mm-Lineal (z.B. Abbildung 185). Gelegentlich kommen auch „normale“ Dünnschliffaufnah-men im polarisierten Licht bei gekreuzten Pola-risatoren zum Einsatz, die jedoch durchweg nur einen Ausschnitt zeigen.

a

b

c

d

e

f

g

h

i

Abbildung 31: Dünnschliffaufnahmen von Marmoren mit verschiedenen Gefügeeigenschaften (Erklärung vorige Seite), Maßstabsbalken 2 mm, N+

4.4.3 Bestimmung des Mineralbestands mit Dünnschliffen und Anschliffen

Die Dünnschliffe wurden unter dem Mikroskop auch auf ihre akzessorischen Mineralien hin un-tersucht. Diese kommen in den weißen Marmo-ren in der Regel nur in geringer Menge vor. Auf-treten und Verteilungshäufigkeit sind jedoch sehr zufällig, und wie schon in vielen anderen Unter-suchungen festgestellt, eignen sie sich nicht für eine pauschale Unterscheidung relevanter Mar-morlagerstätten. Trotzdem wurden sie bei der Feindiagnose in den entsprechenden Kapiteln öfters herangezogen. Beispielsweise zeigen die prokonnesischen Marmore bei insgesamt gerin-gen akzessorischen Mineralgehalten im Dünn-schliff je cm2 bei 100-facher Vergrößerung bis ca.

20 und mehr Körner Quarz und opake Mineralien (besonders Pyrit), während Hellglimmer nur sehr selten auftreten (allgemein lassen sich bei 40-facher Vergrößerung besonders die Quarzkörner kaum ausmachen). Demgegenüber sind in den ungebänderten Herakleia-Marmoren so gut wie keine akzessorischen Mineralien zu finden, wäh-rend die untersuchten Carrara-Proben sehr hohe Quarz- und Glimmeranteile, jedoch fast keine opaken Mineralien aufweisen. Ein einfacheres pauschales Indiz können auch die Quarzpeaks sein, die bei der pulverdiffraktometrischen

Erfas-sung von Dolomit auftreten. So zeigen Lasa-Marmorproben unter dem Mikroskop beträchtli-che Quarzanteile, die sich pulverdiffrakto-metrisch mit 0,7 Gew% (gegenüber 0-0,4 Gew%

bei den meisten anderen Marmoren) bemerkbar machen.

Für einige spezielle Fragen wurden auch die 36 polierten Anschliffe zur genauen Identifizierung opaker Mineralien herangezogen.

4.4.3.1 Abhängigkeit Alizarin Rot von Schnittlage

Das bei feinkörnigen Karbonaten zur Unter-scheidung dolomitischer und calcitischer Kom-ponenten routinemäßig eingesetzte Anfärbever-fahren mit Alizarin Rot hat sich bei den hier untersuchten Marmoren als ungeeignet erwie-sen (vgl. "Das Dolomit-Problem" in CRAMER

1998). Je nach Schnittlage wurden Calcitkörner angefärbt oder blieben farblos, was im letzteren Fall auf Dolomit hingewiesen hätte, und das auch bei Proben, in denen sowohl pulverdiffrak-tometrisch als auch geochemisch (sehr niedriger Mg-Gehalt) kein Dolomit nachweisbar ist. Die nachträgliche Anfärbung einiger Dünnschliffe bestätigte diese Beobachtung und führte durch Säureeinwirkung lediglich zu einer Verwi-schung der Korngrenzen und der Gefügekontu-ren insgesamt (s. Abbildung 99 ff.).

4.5 Bestimmung von Calcit, Dolomit und Quarz mittels Pulverdiffraktometrie