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Strategische Erschließung und Integration in das Unternehmen

7.1 Projektmanagement

7.1.3 Strategische Erschließung und Integration in das Unternehmen

Da durch Fernkälte fast immer mehr als ein Hausanschluss versorgt wird, stellt sich die Frage, wie ein Gebiet in Abhängigkeit Kunden/Technik strategisch sinnvoll erschlossen werden kann. Dabei tragen zwei Punkte maßgeblich zum Erfolg bei, nämlich der Auslöser des Projekts sowie der strategische Ausbau. Konkret bedeutet es, dass der Ausbaubeginn sowie die weitere Erschließung unter Berücksichtigung der richtigen strategischen Aspekte wichtige Zeitpunkte darstellen, die besondere Beachtung erfordern. Dem Beginn des Netz- und Erzeugungsausbaus geht natürlich immer eine Machbarkeit und Planung voraus.

Generell gibt es zwei Möglichkeiten für den initialen Ausbau. Zu Beginn wird entweder die Versorgungsstruktur vorab errichtet und die Anschlüsse folgen sukzessive oder der Ausbau erfolgt situationsbedingt, also abhängig der Nachfrage eines oder mehrerer Initialkunden.

Geht man den Weg des Vorabausbaus, sind zwei Randbedingungen zu erfüllen.

Zunächst muss eine Potentialanalyse in dem entsprechenden Gebiet durchgeführt werden, damit überhaupt eine Aussage getroffen werden kann, ob und in welchen Bereichen mit welchem Leistungsumfang zu rechnen ist. Das kann durch direkten Kontakt mit neuen und Bestandskunden von anderen Sparten erfolgen, um eine Interessensbekundung abzufragen. Des Weiteren ist eine Orientierung an Stromlastgängen hilfreich, da insbesondere im Sommer mit Lastspitzen im Vergleich zum Winter zu rechnen ist. Daraus lässt sich der ungefähre Kältebedarf für ein Versorgungsgebiet rückrechnen.

Letztlich sollte man sich noch an der erkennbaren Technik sowie der Architektur der einzelnen Gebäude orientieren. Heutige Bauweisen haben eine dichte Gebäudehülle sowie viele Glasfassaden, die thermische Einträge zur Folge haben und aufgrund der Dichtheit nur durch Klimaanlagen bzw. Temperierung geregelt werden können. Bei ausreichend Fachwissen kann daraus die ungefähre Leistung abgeleitet werden. Auch durch Begutachtung der Haustechnik sowie der Rückkühler auf dem Dach lassen sich Rückschlüsse auf den Kältebedarf ziehen.

Wichtiger ist jedoch die zweite zu erfüllende Randbedingung. Es muss im Unternehmen der Wille vorhanden sein, Vorabinvestitionen zu tätigen. Das bezieht sich nicht auf einen vollständigen Ausbau von Netz und Erzeugung, sondern nur auf grundlegende Technik, um einen Versorgungsstart zu gewährleisten. Bei der Erzeugung bedeutet das z.B. nur die erste Ausbaustufe einer Kältezentrale oder Brunnen und beim Netz z.B.

eine Ausspeise- und Verteilleitung in das Gebiet. Zu berücksichtigen ist die strategische Dimensionierung, so dass die mögliche Erzeugungsleistung vollständig an das Netz abgegeben werden kann. Um der Maßnahme eine Grundlage zu geben, sollte das basierend auf zuvor durchgeführten Potentialauswertungen sein. So würde bei vorhandenem konkretem Interesse der erste Ausbau stattfinden mit dem Ziel, dass sich im Laufe der Zeit immer mehr Kunden sukzessive anschließen und alle Erweiterungen situationsbedingt erfolgen. Da die meisten Unternehmen jedoch nicht willens sind, ohne konkretes Potential in Vorleistung zu gehen, muss eine entsprechende wirtschaftliche Darstellung basierend auf Erkenntnissen aus der Potentialanalyse gegeben sein.

Die Alternative für den Ausbaubeginn sind ein oder mehrere Kunden, die eine Fernkälteversorgung möchten. Somit wird in diesem Fall für den bzw. die ersten Kunden nach Vertragsabschluss eine Versorgung eingerichtet. Dadurch sind die Anfangsinvestitionen ganz oder teilweise gesichert. Wenn mehr Leistung durch Grundwasser bzw. in der Kältezentrale verfügbar ist, als wie zu Beginn vertraglich verkauft wurde, so ist auch hier eine strategische Auslegung nötig. In den meisten Fällen werden der oder die Initialkunde/n nur bereit sein, die Kosten für den Eigenbedarf zu investieren. Somit sind die strategischen Erzeugungs- und Netzkosten meist durch das Versorgungsunternehmen zu tragen. Diese können durch spätere Kunden finanziert werden.

Wie ersichtlich, ist beiden Varianten gemein die Potentialanalyse sowie die darauf basierende strategische Dimensionierung bzw. Auslegung. Voraussetzung für die Realisierbarkeit ist eine wirtschaftliche Darstellung innerhalb des Betrachtungszeitraumes, z.B. 20 Jahre. Das bedeutet, die getätigten Investitionskosten sowie alle anfallenden Betriebs-, Wartungs- und Instandsetzungskosten inkl. zukünftiger Preissteigerungen müssen durch laufende und einmalige Zahlungen gewinnbringend ausgeglichen werden. Ein Gewinn ist für zukünftige Erweiterungen erforderlich.

Erfahrungsgemäß sollten die wirtschaftlichen Ziele insbesondere anfangs nicht zu hoch gesetzt werden, da ansonsten die überhöhten Preise beim Kunden dazu führen können, sich gegen einen Anschluss zu entscheiden und zudem den Projektbeginn und dessen Fortsetzung sehr erschweren. Die Historie anderer Sparten belegt diese Vorgehensweise, da hier zunächst investiert wurde, um eine grundlegende Versorgung zu gewährleisten und die Möglichkeit geboten wird, sukzessive auszubauen, was letztendlich zu einem finanziellen Erfolg geführt hat. In der Fernkälte stellt sich aus bisherigen Erkenntnissen ein ähnliches Bild dar. Neben der wirtschaftlichen Komponente sowie der korrekten Produktplatzierung bedarf es unternehmensintern weiterer Maßnahmen zur erfolgreichen Integration der Fernkälte als weitere Sparte.

Dazu sind Vorgaben und Richtlinien auszuarbeiten und festzulegen, die Abläufe sowie einheitliche Festlegungen für Mitarbeiter und Technik vorzugeben. Aufgrund von Schnittstellen zu externen Personen wie dem Kunden und Planungsbüros sind diese ebenso miteinzubeziehen. Als Orientierung können Dokumente der Bestandssparten herangezogen werden. Eine individuelle Anpassung ist erforderlich, da zum einen die Fernkälte in den meisten Fällen im Vergleich zu Bestandssparten erst neu installiert werden muss und zum anderen die technischen Randbedingungen deutlich variieren.

Zur erfolgreichen Einführung ist somit zunächst eine Strategie auszuarbeiten, die letztlich in einen Organisationsaufbau mündet. Die Vorgehensweise ist dem Kapitel 7.1.1 „Strategie und Organisationsaufbau“ zu entnehmen. Um den Übergang zu einer regulären Sparte zu ermöglichen, müssen im Rahmen der erfolgreichen Einführung genannte Vorgaben und Richtlinien erstellt werden. Diese sind in Form von Prozessen, Technischen Anschlussbedingungen, Planungsgrundsätzen, Netzinformationen sowie evtl. unternehmensspezifischer Dokumente auszuarbeiten. Die Präzisierung der einzelnen Punkte kann dem Kapitel 5 „Dokumentation zur Verbesserung von Planung und Betrieb“ entnommen werden.

Zusammenfassend sind für eine erfolgreiche strategische Erschließung und Integration in das Unternehmen folgende Punkte zu beachten:

 Projektauslöser und strategischer Ausbau maßgeblich für Erschließung relevant

 Entweder Versorgungsstruktur wird vorab errichtet oder Ausbaubeginn erfolgt mit Initial-kunde/n

 Bei Vorabausbau Berücksichtigung von:

o Potentialanalyse durch Kundenkontakt, Stromlastgangauswertung und Auswer-tung von Gebäuden und deren Technik

o Vorabinvestitionen für grundlegende Technik, basierend auf Potentialanalysen

 Strategische Auslegung bei Ausbau für Initialkunden berücksichtigen und Finanzierung der strategischen Kosten durch weitere Kunden

 Wirtschaftlichkeit gewährleisten, jedoch wirtschaftliche Ziele nicht zu hoch setzen, da sonst das Kundeninteresse sinkt und Projektbeginn und Fortsetzung erschwert wird

 Ausarbeitung von Vorgaben und Richtlinien für klare Definition interner und externer Ab-läufe und Festlegungen