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Der Begriff Naturkälte sagt aus, dass eine Kälteversorgung bzw. Wärmeabfuhr durch ein System realisiert wird, welches als Kälteträger eine natürliche Quelle wie Fließgewässer oder Grundwasser nutzt, ohne dass dabei eine mechanische Kühlung in Form einer Kältemaschine einbezogen werden muss.

Das „Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG)“

enthält die entsprechenden Vorgaben zur Nutzung von Gewässern. Das Gesetz bezieht sich laut § 2 auf oberirdische Gewässer, Küstengewässer und Grundwasser. Die § 8 und 9 definieren die Erlaubnis und Benutzungen. [16]

Fließgewässer werden meist mit technischen Anlagen zur Rückkühlung kombiniert, da deren Temperaturen aufgrund der Oberflächennähe im Sommer oftmals zu hoch sind (ca. 20°C) und eher in kalten Jahreszeiten eine freie Kühlung ermöglichen.

Hauptanwendung für Grundwasserkälte sind Flächenkühlungen wie Kühldecken oder Betonkernaktivierung, sowie Kühlung von Rechenzentren. Bei allen Anwendungen sind keine tieferen Temperaturen zur Entfeuchtung (ca. 6°C) notwendig, sondern eine Temperierung mit >10°C, welche dem des Grundwassers in München ganzjährig entspricht. Ebenfalls Verwendung findet das Grundwasser zum Betrieb mit einer Wärmepumpe. Dabei wird ihm Wärme entzogen.

Abbildung 14: „Grundwassergleichenplan Quartär (Stadtgebiet)“ [17, p. Anlage 5.2]

In Abbildung 14 sind die Grundwasserhöhengleichen des quartären Hauptgrundwasserleiters im durch Stichtagsmessungen im April 2014 erstellten Grundwassergleichenplan des Stadtgebietes München erkennbar. [17, p. 62]

Zur Nutzung des Grundwassers werden zwei Verfahren angewendet. Die Förderung kann über Brunnen erfolgen, wie es auch z.B. bei Grundwasser-Wärmepumpen angewendet wird, oder durch Dükernutzung.

Die Förderung von Grundwasser erfolgt heutzutage überwiegend aus Bohrbrunnen.

Diese bestehen aus einem Bohrloch, in das eine Rohrtour aus Sumpfrohr, Filterrohren und Aufsatzrohren eingebaut ist. Der Ringraum zwischen der Rohrtour und der Bohrlochwand ist im verfilterten Bereich mit Filtersand, um die Aufsatzrohre herum mit Sand, Kies oder Bohrgut aufgefüllt. Beim Betrieb eines Brunnens in einem Lockergesteins-Aquifer mit ruhendem Grundwasser strömt das Grundwasser dem Brunnen von allen Seiten zu, es bildet sich ein radialsymmetrischer Absenkungstrichter.

[18]

Nach der Abwärmeaufnahme erfolgt eine Reinjektion in die Grundwasserschicht.

Eine Darstellung von Förderbrunnen (Abbildung 15) und Wiedereinleitungsbrunnen (Abbildung 16) ist nachfolgend zu sehen.

Abbildung 15: Förderbrunnen [4] Abbildung 16: Reinjektionsbrunnen [4]

Die schematische Darstellung eines Dükers ist in Abbildung 17 zu sehen. Darin sind auch Horizontaldrains zu erkennen, die eine alternative Art der Wasserfassung und Wiedereinleitung zu einem Bohrbrunnen darstellen können, jedoch aufgrund des horizontalen Platzbedarfs oftmals nicht infrage kommen.

Abbildung 17: U-Bahn-Düker [4]

Wenn Bauwerke wie U-Bahnröhren im Grundwasserbereich liegen, besteht durch die Anströmung die Gefahr des Grundwassereintrittes. Um dies zu vermeiden, wird das anströmende Wasser mittels Horizontaldrainagen in Schächten gesammelt, durch einen Querdüker unter dem Bauwerk durchgeleitet und über einen weiteren Schacht und Horizontaldrains wieder in das Erdreich ausgeleitet.

In Anlehnung an Abbildung 14 zeigt Abbildung 18 die Strömungsbahnlinien, wenn an Dükern Grundwasser entnommen und wiedereingeleitet wird. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Verwendung von Brunnen, jedoch müssen sich diese in einigem Abstand voneinander befinden, um eine gegenseitige Beeinflussung zu vermeiden. Bei dazwischen liegenden Bauwerken ist das meist nicht nötig, da sie als Barriere fungieren.

Abbildung 18: „Grundwassergleichenplan mit Strömungsbahnlinien“ [19, p. 19]

Dieses System macht man sich zu Nutze, indem man mit einer Pumpe das Grundwasser aus dem Düker der Anströmseite entnimmt, zum Verbraucher leitet um dort die Kühlung zu ermöglichen und danach wird das erwärmte Grundwasser in den Schacht auf der Abströmseite wiedereingeleitet, wie in Abbildung 19 schematisch dargestellt. Abbildung 20 zeigt einen Blick in einen in Betrieb befindlichen Dükerschacht.

Abbildung 19: „Bestehendes Dükerbauwerk mit Einbau-ten für die Fernkälteleitung“ [19, p. 11]

Abbildung 20: „Düker in Betrieb“ [19, p. 10]

Prinzipiell besteht natürlich die Möglichkeit, in dieses System eine Kältemaschine einzubinden und das Grundwasser zur Rückkühlung zu verwenden, jedoch ist das nur nötig, wenn angesprochene tiefere Temperaturen erforderlich sind.

Der Vorteil dieses Systems liegt in den tieferen Temperaturen des Grundwassers, insbesondere in den Sommermonaten, da hier im Vergleich dazu die Außenluft wesentlich höhere Temperaturen zur Rückkühlung aufweist und folglich ein geringerer Wirkungsgrad daraus resultiert. Zur Nutzung von Grundwasser bedarf es einer behördlichen Genehmigung, eingehende Untersuchungen der Grundwassermächtigkeit, Modellierungen, sowie einer permanenten Überwachung des Gesamtsystems. Es ist ein aufwändiger Prozess, der aber zum Betrieb einer Anlage immer gefordert wird.

Eine weitere Art der Naturkälte stellen Fließgewässer dar. In München sind das hauptsächlich die Isar, deren Bäche wie z.B. Eisbach, Stadtgrabenbach, Auermühlbach sowie die Würm. Die Nutzung der Kältequelle erfolgt ähnlich dem der Grundwassernutzung, das Wasser kann aber direkt aus dem Gewässer entnommen und erwärmt wieder eingeleitet werden. Eine freie Kühlung ist allerdings nur in den Wintermonaten und in den Übergangszeiten möglich, da Fließgewässer in wärmeren Jahreszeiten erwärmt werden und Temperaturen bis 20 °C erreichen können. Somit ist eine relativ konstante Temperatur wie beim Grundwasser nicht gegeben, wodurch maschineller Einsatz erforderlich wird. Daher ist eine Verbindung von technischer erzeugter Kälte, wie sie in Kapitel 4.2 „Technisch erzeugte Fernkälte“ ausgearbeitet wird, mit Fließgewässern eine effiziente Kombination, wodurch mit höchster Effizienz die Rückkühlung sowie die freie Kühlung umgesetzt bzw. kombiniert werden kann. Im Vergleich der Nutzung von Fließgewässern zur Außenluft ergibt sich aufgrund der Temperaturen auch hier wieder ein besserer Wirkungsgrad.

Als weitere Naturkälte liegt die bereits angesprochene Außenluft vor. Ihr freies Kühlpotential kann in kälteren Jahreszeiten genutzt werden. Der kalten Außenluft wird durch Rückkühler unter Umgehung der Kältemaschinen die Abwärme direkt zugeführt.

Durch die geringere Wärmekapazität der Luft (𝑐𝐿 ≈ 1,006 𝑘𝐽

kgK) im Vergleich zu Wasser (𝑐𝐻2𝑂 ≈ 4,2 𝑘𝐽

kgK) (durchschnittliche Erfahrungswerte) ist es nötig, dass die Ventilatoren der Rückkühler einen erhöhten Massenstrom befördern müssen. Die Schallthematik ist dabei immer zu beachten.

Neben der effizienteren Betriebsweise mit Grundwasser und Fließgewässer im Vergleich zur Rückkühlung über Luft stellt sich ein wichtiger Vorteil dar. Wie in Kapitel 3.3.3 „Auswirkungen von Faktoren auf zukünftigen Wärme- und Kältebedarf“ erörtert, hat der Klimawandel maßgeblichen Einfluss. Das heißt, es wird im Sommer bei Eigenerzeugung mittels Luftrückkühlung die Abwärme an die ohnehin schon erhitzte Umgebung abgegeben, wodurch die innerstädtische Wärmebelastung zusätzlich steigt.

Bei Nutzung von Grundwasser oder Fließgewässern wird jedoch die in das Wasser eingeleitete Wärme aus der Stadt ausgetragen, wodurch die städtische Wärmebelastung sinkt.

Weitere Arten der Naturkälte existieren in Form von Erdreich, Schnee, Regen, jedoch sind diese zur Nutzung nur in unzureichender Menge vorhanden oder nicht permanent verfügbar und kommen daher meist nicht in Frage.