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3.3 Notwendigkeit und Nutzen

3.3.4 Nutzen

3.3.4.1 Kunden

Wie bereits zu Beginn erwähnt, sind die Gründe eines Kältekunden sehr vielfältig, die ihn dazu veranlassen, sich für eine Fernkälteversorgung zu entscheiden. Die Priorisierung erfolgt daher auch sehr differenziert je nach Interessenslage, wodurch sich die besagten harten und weichen Faktoren ergeben. Eine Erörterung bzw.

Herausarbeitung und Verdeutlichung der Thematik zusammen mit dem Kunden vor Anbindung an die Fernkälte ist deshalb sehr wichtig.

Da diese Art der Versorgung meist Neuland für den zukünftigen Verbraucher darstellt, muss bewusst gemacht werden, was damit in Verbindung steht und welche Vorteile daraus generiert werden können, die oftmals nicht ausreichend bekannt sind. Generell betrachtet kristallisieren sich drei Faktoren heraus, die zur maßgebenden Entscheidungsfindung beitragen: Technik, Kosten, Ökologie, wobei sich die Faktoren gegenseitig beeinflussen können.

Die dezentrale Technik zur Kälteerzeugung stellt ein komplexes System dar, welches sich aus Kältemaschine inkl. Peripherie, sowie Rückkühlern, Verrohrung und Anbindung an Strom/Wärme inkl. Trafo bzw. Wärmeversorgung, sowie Wasser zusammensetzen kann. Dem gegenüber gestellt wird eine auf wenigen Quadratmetern installierte Fernkälteübergabestation. Richtabmessungen einer FK-Übergabestation können Abbildung 12 entnommen werden.

Abbildung 12: „Richtabmessungen für Fernkälteübergabestationen“ [4]

Diese kurze technische Zusammenfassung beinhaltet eine Vielzahl an Informationen zur Erörterung der Thematik. Gesamt betrachtet ist für den Betrieb der technischen Komponenten Antriebsenergie nötig, die im Laufe der Zeit immer wieder Preissteigerungen unterliegen. Oftmals verkannt, aber doch sehr wichtig, ist die durchgängige Wartung des Systems, da ansonsten ein dauerhafter Betrieb nicht gewährleistet ist. Das bezieht sich nicht nur auf die Komponenten, sondern auch auf systemabhängige Erfordernisse wie z.B. Wasser zur Rückkühlung, welches entsprechend aufbereitet werden muss. Zur Thematik der Rückkühlwerke sei hinzuzufügen, dass deren Betrieb einwandfrei sein muss, da diese an die Umgebung warme Luft, bei Wassereinsatz auch sichtbaren Dunst abgeben, sowie Schall emittieren. Aufgrund des Einflusses auf die Umgebung steht der private Betreiber in der Pflicht, der Prüfung und Wartung stetig nachzukommen. Hinzu kommt, dass in den meisten Fällen die Rückkühlung an exponierter Stelle aufgestellt wird, also beispielsweise auf dem Dach. Es stellt zwar nur eine optische Veränderung des Gebäudes dar, ist jedoch kritischer zu sehen, da dadurch, insbesondere in innerstädtischen Lagen, das Stadtbild negativ beeinflusst wird.

Betrachtet man nun das andere Ende der Kältetechnik, so findet sich dort als Hauptkomponente die Kältemaschine, in der die Kälte durch einen Kreisprozess erzeugt wird. Durch die besagte Preissteigerung für die Antriebsenergie ergibt sich automatisch der Bedarf nach einer immer effizienteren Maschine in Form eines besseren Wirkungsgrades EER bzw. ESEER. Eine Beschreibung ist dem Kapitel 4.2.1

„Wirkungsgrad“ zu entnehmen.

Der gleiche Effizienzgedanke gilt natürlich für alle weiteren Komponenten. Das führt zu einem kürzeren Austauschzyklus der Technik. Wurde bisher eine Anlage beispielsweise 15 Jahre in Betrieb gehalten, so kann ein Austausch nun aufgrund verbesserter Technik bereits früher sinnvoll sein, wobei eine wirtschaftliche Betrachtung erforderlich ist.

War es bisher oft so, dass sich ein Weiterbetrieb einer alten, energetisch ineffizienten Anlage aus wirtschaftlicher Sicht mehr lohnte als eine Neuanschaffung, so ist dies aufgrund erhöhter Reglementierungen zukünftig differenzierter zu betrachten. Ein Beispiel hierfür ist die ab 2015 geltende F-Gase-Verordnung. Der Nutzer hat sich zukünftig in Zusammenhang mit dem in Kältemaschinen verwendeten Kältemitteln mit Dichtheitskontrollen, Leckageerkennung, Logbuchpflicht, CO2-Äquivalenten, Kältemittelverboten, immens gestiegenen Preisen, usw. zu beschäftigen. [13] Anhand dieses Beispiels zeigt sich, dass durch sich ändernde Rahmenbedingungen der Aufwand und somit auch die Kosten zukünftig steigen und dadurch die Wirtschaftlichkeit wie bisher nicht mehr gegeben sein können. Zudem wird der Kunde mit neuen Vorgaben konfrontiert, mit denen er sich bisher nicht oder in geringem Maße beschäftigen musste. Anhand der genannten Punkte fällt auf, dass eine Eigenversorgung mit Kälte aus technischer und wirtschaftlicher Sicht ein umfangreiches Thema darstellt, mit dem sich der Betreiber einer Eigenanlage zwangsweise aus genannten Gründen auseinanderzusetzen hat. Da der Betrieb der Eigenanlage in den überwiegenden Fällen nicht das Hauptbetätigungsfeld des Kunden ist, stellt es für ihn eine besondere Belastung dar. Betrachtet man nun die Versorgung durch Fernkälte, so entfallen die meisten Aufgaben, da die Verantwortung an den Energieversorger übergeht. Ggf. sind sämtliche technische Komponenten im Besitz des Energieversorgers und, ausgenommen im Contracting-Fall, auch außerhalb des Gebäudes bzw. Grundes des Abnehmers. Nur die Übergabestation inkl. Hausanschluss ist im Gebäude des Kunden. Somit liegen sämtliche Pflichten hinsichtlich Wartung, Instandhaltung, Erneuerung sowie die Einhaltung rechtlicher Vorgaben beim Energieversorger und nicht mehr beim Kunden. Lediglich die Wartung der Sekundärseite hat der Kunde durchzuführen, um einen ordnungsgemäßen Betrieb der Fernkälteübergabe zu gewährleisten. Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass sich im Laufe der Zeit auch der Kältebedarf eines Gebäudes, z.B. durch Installation bisher nicht vorhandener Server, verändern kann. Insbesondere bei einer Leistungssteigerung kann dies bei einer Eigenversorgung problematisch werden. Wenn die Leistung der Bestandsmaschinen erreicht ist, muss nachgerüstet werden. Durch die neu zu installierende Technik resultiert erhöhter Platzbedarf, mehr Wartung, u.U. einen neuen Stromanschluss, usw. Bei der Fernkälte ist eine Leistungserweiterung leichter zu realisieren. Wenn die Hausanschlussleitung entsprechend dimensioniert ist, kann durch geringfügige Einstellungen an der Übergabestation der Massenstrom der geforderten Leistung entsprechend angepasst werden. Bei erheblich höherer Leistungsanforderung ist im Extremfall ein größerer oder ein weiterer Hausanschluss zu setzen. Das ist jedoch immer noch sinnvoller, als die komplette Kältetechnik nachzurüsten.

Im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit aus Kundensicht im Vergleich Fernkälte zu Eigenerzeugung ist die Sachlage etwas komplizierter. Für die Installation einer eigenen kompletten Kälteanlage können die Kosten durch Planung ermittelt werden. Weichen die Einbaubedingungen nicht im größeren Umfang von einer regulären Gebäudeinstallation ab, sind ungefähre Kosten hierfür bekannt. Ähnliches gilt auch bei Teilerneuerung des Bestandes, z.B. Austausch von Kältemaschinen oder Pumpen.

Die Ermittlung der Kosten für die Installation des Hausanschlusses zur Anbindung an das Fernkältenetz gestaltet sich differenzierter. Jeder Kunde liegt von einer Bestandskälteleitung in einem anderen Abstand entfernt, wodurch die Baukosten zur Erstellung des Anschlusses stark variieren. Zu berücksichtigen ist durch die Individualität der bauliche Aufwand für die Installation.

Hinzu kommt der Erzeugungsanteil für die angeforderte Leistung. Manchmal existiert auch weder Netz noch Erzeugung im angefragten Gebiet, wodurch eine Neuinstallation bzw. Neuverlegung erforderlich wird. Liegen die Investitionskosten vor, können diese auch höher ausfallen als eine vergleichbare Eigenlösung. Hier ist es enorm wichtig, einen realistischen Vergleich mit einer Eigenlösung durchzuführen. Es bringt generell keinen Vorteil, nur die Investitionen zu vergleichen. Oftmals werden pauschale Werte, z.B. 500-800

𝑘𝑊 (Stand 2014/15), oder sogar nur Investitionskosten einer neuen Kältemaschine angesetzt, was bei weitem keiner vollumfänglichen Betrachtung entspricht.

Wie aus diesem Kapitel zu entnehmen, wirken wesentlich mehr Faktoren auf eine Wirtschaftlichkeit ein. Das betrifft insbesondere (steigende) Betriebskosten, statische Maßnahmen, Flächenverlust (≙

𝑚²), Wartung und Ersatz, Zudem treten durch die angesprochene F-Gase-Verordnung auch Faktoren auf, die bisher nicht bekannt waren.

Daher ist es erforderlich, alle Kostenfaktoren zu berücksichtigen und über einen wirtschaftlich sinnvollen Betriebszeitraum zu rechnen.

Wesentlichen Einfluss haben auch die Betriebsstunden, denn wenn beispielsweise durch den Betrieb eines Rechenzentrums hohe Volllaststunden auftreten, begünstigt dies zusätzlich in wirtschaftlicher Hinsicht den Einsatz der Fernkälte. Erst dann ist ein realistischer wirtschaftlicher Vergleich von Fernkälte zu Eigenerzeugung gewährleistet.

Zu berücksichtigen ist auch, dass eine Fernkälteübergabestation nicht ausgetauscht werden muss und in einem selten vorkommenden Schadensfall nur geringe Kosten auftreten, wobei das auch nur die Sekundärseite des Kunden betrifft, da die Primärseite dem Energieversorger gehört.

Sollte es dem Kunden wichtig sein, beispielsweise geringe Investitionskosten zu haben, kann ggf. auch darauf in gewissem Umfang reagiert werden, z.B. durch Kompensation mit höherem Grund-/Arbeitspreis.

Zusammengefasst lässt sich daraus ableiten, dass für einen Kunden die Fernkälte in wirtschaftlicher Hinsicht von Vorteil sein kann, wenn eine gesamtheitliche Kostenbetrachtung, wie beschrieben, durchgeführt wird.

Eine interessante Entwicklung ist im Bereich einer möglichst nachhaltigen bzw.

ökologischen Kälteversorgung von Gebäuden zu beobachten. Lag das Interesse bisher fast ausschließlich bei wirtschaftlichen Gründen, so tritt vermehrt der ökologische Faktor in den Vordergrund und wird bei der Planung einer Kälteversorgung mit berücksichtigt.

Es hat sich gezeigt, dass die Motivation hierfür oft aus Imagegründen entsteht. Neben der Darstellung einer effizienten Kälteversorgung des Gebäudes hat es auch Einfluss auf Gebäudezertifizierungen, bei der die Versorgungseffizienz einen gewissen Anteil der Gesamtbewertung ausmachen kann.

Zudem macht sich ein deutlich vermehrter Einfluss der Gesetzgebung auf die Vorgaben zur Kälteversorgung von Gebäuden bemerkbar. Durch sich ständig verschärfende bzw.

ändernde oder neue Gesetze ist es für den Verbraucher wichtig, die Thematik ständig zu beobachten und sich auf dem Laufenden zu halten. Das bedeutet, hier ist der Kunde bzw. der Planer gefordert, sich bewusst zu machen, welche Vorteile die Fernkälte für sein Projekt unter dem Aspekt Gesetzgebung hat. Wie bereits erwähnt, unterliegt dies einem ständigen Wandel, hauptsächlich zu nennen seien die EnEV (Energieeinsparverordnung) in der jeweils gültigen Fassung sowie das EEWärmeG mit dem Passus „Kälte aus Erneuerbaren Energien“ [11].

Zur Erörterung einer ökologischen Kälteversorgung sind 2 Sachverhalte zu klären:

Wodurch definiert sich eine ökologische Kälteversorgung und wie lässt sich dies realisieren? Allein durch die Fragestellung lässt sich erkennen, dass die beiden Punkte voneinander abhängig sind.

Zur Kälteerzeugung wird Energie benötigt. Bei technisch erzeugter Kälte ist das die Antriebsenergie der Kältemaschine in Form von Strom oder Wärme sowie der Peripherie, z.B. für Pumpen. Bei Natur- bzw. Grundwasserkälte ist lediglich Energieeinsatz für die Grundwasserpumpen inkl. Peripherie nötig, wodurch erhebliche Energieeinsparung durch den Entfall der Antriebsenergie der Kältemaschine möglich ist.

Bei der allgemeinen Betrachtung der von Herstellern angegebenen Wirkungsgrade von Kältemaschinen bzw. Pumpenkennlinien lässt sich feststellen, dass mit steigender Leistungsgröße auch eine erhöhte Effizienz im Vergleich zur Kältetechnik im geringeren Leistungsbereich zu erwarten ist. Diese Thematik wird in Kapitel 4.3.4 „Optimierte Auslegung von Kompressionskältemaschinen“ ausführlich behandelt. Daher ist man in der Lage, durch eine oder wenige größere Kältezentralen eine effizientere Betriebsweise zu erreichen, als wenn im Vergleich dazu jedes an die Fernkälte angeschlossene Gebäude wie bisher die Kälte selbst erzeugt. Aus wirtschaftlichen Gründen bietet sich somit auch die Möglichkeit, mehrere Objekte zu versorgen.

Zudem gibt es weitere Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung, beispielsweise durch Speicheranbindung oder Abwärmenutzung, die für Betreiber oftmals nicht infrage kommen, sei es aus Platz- und Kostengründen oder mangelnder Betriebserfahrung.

Durch die ständige Wartung und Betriebsoptimierung kann die Gesamtenergiebilanz der Fernkälte nochmals verbessert werden.

Des Weiteren ist für den Kunden bzw. Verbraucher zu beachten, welche Energieart relevant ist, wie bereits in Kapitel 3.3.2 „Notwendigkeit“ beschrieben. Bleibt der Wert der Endenergie konstant, kann jedoch die Menge der Primärenergie variieren. Das ist z.B.

beim Primärenergieträger Gas davon abhängig, ob dieser in einem Kraftwerk nur zur Stromerzeugung verwendet wird ohne Abwärmenutzung oder zu Kraft-Wärme-Kopplungs-Zwecken. Es ist z.B. nicht sinnvoll, wie in der EnEV beschrieben, allein den Primärenergiefaktor zur energetischen Bewertung eines Gebäudes zu verwenden.

Ansonsten könnte ein Gebäude mit schlechten baulichen Werten, z.B. keine Dämmung, 1-Scheiben-Verglasung, eine gute energetische Bewertung erhalten, indem Fernkälte oder Fernwärme mit einem hervorragenden Primärenergiefaktor zur Temperierung verwendet wird.

Zusammengefasst resultiert zur Fragestellung der Definition einer ökologischen Kälteversorgung für den Kunden folgendes Ergebnis:

Die technische Umsetzung hat maßgeblichen Einfluss auf die ökologische Kälteversorgung. Basierend auf den Auslegungen, Durchführung alternativer Maßnahmen, sowie Optimierungsmaßnahmen wird es ermöglicht, den Energiebedarf für die Kälteversorgung von Gebäuden durch Fernkälte wesentlich zu reduzieren.

Daraus können auch wirtschaftliche Vorteile generiert werden, wobei dies fallbezogen zu berechnen ist.