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7.3 Vorgehensweise in einem Erschließungsgebiet

7.3.2 Erschließungsgebiet technisch erzeugte Kälte

7.3.2.1 Entwicklung der Erzeugung

Für die Erzeugung benötigt man eine oder mehrere ausreichend große Flächen im näheren Umfeld, die alle Gegebenheiten erfüllen, um darauf eine Kältezentrale einrichten zu können. Diese finden sich in Form von firmeneigenen Grundstücken im Osten und Westen des Gebietes, auf denen sich im Westen ein nicht mehr in Betrieb befindliches Heizwerk und im Osten ein Wasserkraftwerk mit Freifläche befinden.

Das Wasserkraftwerk wird durch ein Fließgewässer mit einem Durchfluss von 20𝑚3

𝑠

angetrieben, welches aus einem Fluss gespeist wird. Darüber bietet sich eine Rückkühlung an.

Im weiteren Umfeld des alten Heizwerkes existiert kein Fließgewässer. Der ehemalige Industriestandort am alten Heizwerk erscheint für konventionelle Rückkühlung geeignet.

Durch die Kombination aus Fließgewässer und konventioneller Rückkühlung bietet sich die Möglichkeit für einen hocheffizienten sowie redundanten Betrieb. Daher ist ein Verbundbetrieb beider Zentralen zur Versorgung des definierten Gebietes vorteilhaft.

Zur Eignungsfeststellung ist eine technische sowie genehmigungsrechtliche Prüfung erforderlich. Die leistungsmäßige Auslegung der Komponenten erfolgt nach den in den TAB vorgegebenen Kriterien:

Vorlauftemperatur: 6-10 °C gleitend, Außenenthalpie geführt Rücklauftemperatur: mind. 16 °C

maximaler Betriebsüberdruck: 16 bar(ü)

Die Umgebung des alten Heizwerkes wird als Gewerbegebiet definiert, so dass eine Schallgrenze tagsüber von 65 dB(A), nachts von 50 dB(A) einzuhalten ist. [55] Das Gebiet, in dem das Wasserkraftwerk liegt, wird als Mischgebiet definiert, daher liegt hier die Grenze tagsüber bei 60 dB(A), nachts bei 45 dB(A). [55] Diese sind bei der technischen Auslegung zu beachten.

Das Gebäude des alten Heizwerks eignet sich aufgrund seiner verfügbaren Fläche und Raumhöhe für eine Aufstellung der Kältetechnik sowie einer Platzierung der Rückkühler auf dem Dach. Weiterhin ist das Gelände bereits als Erzeugungsstandort im Bebauungsgebiet gesetzt. Das Fließgewässer wird im Sommer durch solare Einträge erwärmt. Bereits durchgeführte Messungen haben ergeben, dass somit bei einer Aufwärmung des Gewässers um 5 K ca. 5𝑚3

𝑠 maximal genutzt werden können, um die gesetzliche Obergrenze von 21,5 K einzuhalten. Im Rahmen dieser Entnahmegrenzen ist nach Abstimmung mit der entsprechenden Behörde eine Gewässernutzung prinzipiell genehmigungsfähig. Eine oberirdische Nutzung der Freifläche zur Einrichtung einer Kältezentrale beim Wasserkraftwerk scheidet aus, da die Zugänglichkeit und Zufahrt zu den vorhandenen Trafos und dem Gebäude weiterhin gegeben sein muss.

Daher bietet es sich an, ein unterirdisches Bauwerk auf der Freifläche zu errichten, in dem die Kältezentrale installiert werden kann. Damit sind die Rahmenbedingung für die Aufstellungsflächen, Rückkühlung sowie Genehmigungsbedingungen definiert.

Basierend darauf kann die Auslegung und Planung erfolgen.

Die Planung hat ergeben, dass im alten Heizwerk drei Turbokältemaschinen zu je 5 MW mit einem ESEER von 7,2 für einen effizienten Betrieb am geeignetsten sind.

Absorptionskältemaschinen sind hier nicht vorgesehen, da durch den hohen Rückkühlbedarf eine Wärmeabfuhr über konventionelle Rückkühler nicht infrage kommt.

Die Einbringung der Komponenten gestaltet sich durch ein großes Tor relativ einfach.

Aufgrund des Gesamtwirkungsgrades der Kältemaschinen ergibt sich aus der Kälteleistung von 15 MW eine Rückkühlleistung von ca. 17 MW.

Zur Wärmeabfuhr werden Hybridkühltürme gewählt mit einer Auslegung auf die maximale Außentemperatur von 32 °C und einer relativen Feuchte von 40 %, was einer Außenluftenthalpie von 63𝑘𝐽

𝑘𝑔(Wasserdampfgehalt 12,1 𝑔

𝑘𝑔) entspricht. Zur Einhaltung der geforderten Schallpegel hat ein Gutachten ergeben, dass eine Schallschutzwand, welche die Rückkühler umgibt, ausreicht. Die Aufstellung der Rückkühler erfolgt auf zuvor installierten Stahlträgern am Dach, um die statischen Vorgaben einzuhalten.

Hierbei ist auf jeden Fall die bautechnische Problematik des Körperschalls in Form von Vibrationen zu beachten und durch entsprechende Entkopplungsmaßnahmen entgegenzuwirken. Komponenten zur freien Kühlung sind nicht vorgesehen, da eine effizientere Lösung über das Fließgewässer der anderen Kältezentrale geboten wird.

Die Rückkühlpumpen werden entsprechend der Fördermenge und –höhe unter Berücksichtigung der Temperaturspreizung und Viskosität des Wasser/Glykolgemisches ausgelegt.

Die Netzpumpen sollen im Redundanzfall in der Lage sein, die Kälte an den hydraulisch schlechtesten Punkt im Netz transportieren zu können. Zur Auslegung wird dort ein Kunde mit 500 kW Anschlussleistung und einem Differenzdruck von 0,7 bar gesetzt. Für das Gesamtkältenetz muss eine Druckhaltung vorgesehen werden. Aufgrund des großen Platzangebotes im Gebäude kann diese in der Kältezentrale installiert werden.

Die Auslegung erfolgt basierend auf dem gesamten Volumeninhalt des Netzes, das im nächsten Kapitel 7.3.2.2 „Entwicklung der Infrastruktur“ beschrieben wird.

Durch die frühere Nutzung als Heizwerk und die innerstädtische Lage sind die zum Betrieb der Kältezentrale nötigen Sparten verfügbar. Der Stromanschluss wird an einem 10 kV-Netz vorgenommen. Die Trafos für die jeweiligen Spannungsebenen (400 und 230 V) zum Betrieb der Anlage werden in einem separaten Raum innerhalb des Gebäudes installiert. Die Wasserversorgung für die Nachspeisung des verdampften Wassers der Hybridrückkühler sowie zur Fernkältenetznachspeisung ist, inkl.

Wasseraufbereitung, ebenso vorhanden.

Für die Fernkältezentrale am Wasserkraftwerk wird das unterirdische Bauwerk erstellt.

Nach einer Vorermittlung besteht für die geforderte Kälteleistung von 25 MW ein Flächenbedarf von ca. 800-900 m². Dafür wird ein Schacht mit etwas über 15 m Tiefe erstellt. Dadurch lassen sich auf drei Ebenen mit jeweils 300 m² und 4,5 m Raumhöhe alle notwendigen Komponenten installieren inkl. Freiraum zur Einbringung der Technik.

Durch die unterirdische Bauweise sowie der weiten Entfernung zum nächsten Gebäude stellen die Schallemissionen kein Problem dar. Die Planung der Kältetechnik hat ergeben, dass aufgrund des prognostizierten Lastganges der Kunden eine Aufteilung der Kältemaschinen auf 1 x 10 MW, 2 x 5 MW und 2 x 2,5 MW am geeignetsten erscheint. Zur Abdeckung der ermittelten ganzjährigen Kältegrundlast von ca. 5-6 MW, insbesondere durch Rechenzentren, wird eine 5 MW und eine 2,5 MW Kältemaschine in hocheffizienter Bauform ausgeführt. Nach Festlegung der Kältemaschinen ergibt sich daraus eine Rückkühlleistung von 28,5 MW. Das entspricht bei 5 K Spreizung einer Entnahme aus dem Fließgewässer von 1,3𝑚3

𝑠 in der Dimension DN900. Da im Wasserkraftwerk ein Rechen für Treibgut vorhanden ist, wird an dieser Stelle mittels eines kleinen Bauwerkes, in dem die Pumpen installiert werden, das Wasser entnommen und wieder eingeleitet. Durch Zwischenschaltung von Wärmetauschern kann bei ausreichend niedriger Gewässertemperatur freie Kühlung betrieben werden.

Die Netzpumpen werden, wie auch bei der Kältezentrale am alten Heizwerk, auf den hydraulisch schlechtesten Punkt ausgelegt. Der Stromanschluss erfolgt an eine 10 kV-Leitung, die auch mit dem Wasserwerk verbunden ist.

Da der Ausbau des Fernkälteverbundes sukzessive erfolgt, werden beide Kältezentralen zunächst auf Inselbetrieb ausgelegt. Daher ist auch für die Kältezentrale am Wasserwerk eine Druckhaltung erforderlich. Zur Netznachspeisung wird auch hier ein Wasseranschluss vorgesehen. Die Netzpumpen sind so ausgelegt, dass sowohl ein Inselbetrieb, als auch ein Kälteverbundbetrieb möglich ist.

Auch bei der Auslegung der Leittechnik wird auf die unterschiedlichen Betriebsvarianten geachtet. Daher erhält jede Zentrale die nötigen regelungstechnischen Komponenten und im alten Heizwerk wird zudem eine übergeordnete Leittechnik installiert, um einen Verbundbetrieb zu ermöglichen. Die Vernetzung aller Netz- und Erzeugungskomponenten erfolgt mittels in Kabelschutzrohren verlegten Glasfaserkabeln, die vorzugsweise beim Trassenbau mitverlegt werden. Ebenso wird von Beginn an ein zusätzlicher Fernzugriff über die Leitwarte eingerichtet.

Bei Bedarf, z.B. für Lastmanagement oder zur Abdeckung von erhöhtem Leistungsbedarf besteht die Möglichkeit, am alten Heizwerk im Keller vorhandene Freiflächen für einen Kältespeicher zu verwenden. Da aus Effizienzgründen Turbokältemaschinen vorgesehen sind, kommt ein Kaltwasserspeicher infrage, da zur Eisspeicherbeladung Schraubenkompressoren nötig sind. Eine mögliche Synergie bietet sich in Form der Nutzung von Abwärme am alten Heizwerk. In der Nähe befindet sich ein Schwimmbad. Durch die Verdampfertemperaturen am Rückkühler bietet sich die Möglichkeit, einen Teil der Abwärme zur Vorheizung des Schwimmbades zu nutzen.

Da zu Beginn nur ein Teil der maximal möglichen Erzeugungsleistung an beiden Standorten erforderlich ist, kann ein schrittweiser Ausbau erfolgen. Bei Bedarf kann die Erweiterung der Kältetechnik erfolgen. Durch den schrittweisen Ausbau wird das Projekt wirtschaftlicher und orientiert sich an der Versorgungssituation, abhängig vom Ausbau der Netzanschlüsse.