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Stereospezifität der Therminator DNA-Polymerase

3.1 Einbau artifizieller Nukleotide durch DNA-Polymerasen

3.1.2 Ergebnisse

3.1.2.4 Stereospezifität der Therminator DNA-Polymerase

Das Verhältnis der Nukleotid-Einbaueffizienz einer kanonischen Nukleobase zum Einbau gegenüber einer nichtkanonischen Nukleobase ist ein Maß für die Selektivität einer DNA-Polymerase.

In Primerverlängerungsstudien mit natürlichen Primer/Templat-Komplexen und anschließender Analyse durch denaturierende Polyacrylamid-Gelelektrophorese wurde das Einbauverhalten von L-TTP als Substrat gegenüber den vier natürlichen Basen im Templatstrang durch die Therminator DNA-Polymerase untersucht. Dafür wurden vier verschiedene Primer/Templat-Kombinationen verwendet, die sich an der -1 Position hinter dem 3’-Ende des Primers im Templatstrang unterschieden. Die Studie zeigte, dass unter den verwendeten Reaktionsbedingungen die Polymerase das stereoisomere Substrat selektiv gegenüber der Watson-Crick-Base dA im Templatstrang einbaut (siehe Abbildung 16).

Während keine Primerverlängerung gegenüber der nicht-kanonischen Templatnukleotiden dC, dG und T zu beobachten waren, erfolgte trotz der spiegelverkehrten Anordnung der Riboseeinheit des Substrats ein selektiver Einbau durch die Therminator DNA-Polymerase gegenüber der kanonischen Templatbase dA.

Durch die Steigerung der Substratkonzentration konnte auch der nicht kanonische Einbau provoziert werden. Die kinetischen Daten Vmax, KM und daraus resultierend die Verlängerungseffizienz Vmax/KM wurden durch steady-state-kinetische Untersuchungen des Einzelnukleotideinbaus mit unterschiedlichen Substratkonzentrationen bestimmt. Um single-completed-Hit Bedingungen herzustellen, wurde eine Reaktionszeit von 10 min genommen und der verwendete Konzentrationsbereich des Substrats so angepasst, dass nur 20 % oder weniger des Primer/Templat-Komplexes umgesetzt wird. Exemplarisch für diese Studien ist der Einbau von L-TTP gegenüber dG im Templatstrang abgebildet (Abbildung 17). Die Substratkonzentration lag zwischen 2 und 0 mM L-TTP.

Ergebnisse

Abbildung 17. Autoradiogramm eines 12 % denaturierenden PAGE-Gels zur Auftrennung der Produktgemische aus Primerverlängerungsstudien mit der Therminator DNA-Polymerase. Bahn 1: 2 mM, Bahn 2: 1.5 mM; Bahn 3:

1.25 mM, Bahn 4: 1 mM, Bahn 5: 0.75 mM, Bahn 6: 0.5 mM, Bahn 7: 0.25 mM, Bahn 8: 0.1 mM, Bahn 9: 0 mM TTP. Die Reaktion enthielt 133 nM Primer, 200 nM G-Templat (24mer Primer, 36mer Templat), 0 bis 2 mM L-TTP, 0.05 U Therminator DNA-Polymerase und wurde 10 min bei 72 °C inkubiert. Oligonukleotidsequenz siehe 8.1.

Die durchgeführten Messungen bestätigten, dass der Einbau des L-TTP gegenüber der nicht kanonischen Templatbasen von der Therminator DNA-Polymerase mit geringerer Effizienz katalysiert wird als der Einbau gegenüber dem kanonischen dA (siehe Tabelle 3).

Tabelle 3. Einzeleinbaukinetiken von L-TTP gegenüber den natürlichen Nukleotiden im Templatstrang unter steady-state- und single-completed-Hit Bedingungen Die Reaktionen wurden mit verschiedenen Kombinationen aus Primer und Templaten durchgeführt und durch die Therminator DNA-Polymerase katalysiert. Grau hinterlegt ist die Reaktion des kanonischen Primer/Templat-Komplexes mit dem natürlichen D-TTP als Substrat. Alle Daten resultieren aus mehreren unabhängigen Messungen.

Templat

Die Unterschiede in der katalytischen Effizienz werden primär durch die KM-Werte bestimmt.

Während die maximalen Katalysegeschwindigkeiten Vmax sowohl für den Einbau des natürlichen Thymidins als auch für den Einbau des Enantiomers vergleichbar ist, unterscheiden sich die KM-Werte um das 75-fache vom kanonischen Einbau im Falle des L-TTPs. Daraus ergibt sich, dass das artifizielle Substrat mit einer 3-fach höheren Einbaueffizienz (Vmax/KM) gegenüber dem kanonischen A inkorporiert wird als gegenüber

Ergebnisse

dem nicht kanonischen T. Im Falle des L-T/G Fehlpaars und des L-T/C Fehlpaars zeigt sich sogar eine 10 bis 100-fach verringerte Einbaueffizienz im Vergleich zum kanonischen L-T/A Basenpaars.

Im Vergleich zu dem Einbau von L-TTP ist die berechnete Einbaueffizienz des natürlichen D-TTP um das 104-fache höher. Auch hier liegen die Werte für den Einbau gegenüber des kanonischen dA nah bei dem Wert des nicht kanonischen dT. Die Unterschiede in der katalytischen Effizienz zu den anderen Templatbasen dC und dG liegen an den niedrigeren KM-Werten. Im Vergleich dazu wird der Einbau des L-TTP gegenüber dC und dG stärker diskriminiert.

Als nächstes sollte untersucht werden, ob der oben beobachtete Effekt auch dann auftritt, wenn sich das enantiomere L-Nukleotid im Templatstrang befindet. Dafür wurden erneut radiometrische Primerverlängerungsstudien durchgeführt. Das verwendete Primer/Templat-System wurde in diesem Fall aber so gestaltet, dass das erste Templatnukleotid hinter dem 3’-Ende des Primers ein enantiomeres L-A ist. Als Substrat wurde jeweils eines der vier natürlichen Nukleotide pro Reaktion eingesetzt. Die Therminator DNA-Polymerase wurde auf ihre Fähigkeit hin untersucht, ob sie die im vorherigen Experiment gezeigte Selektivität auch unter diesen Bedingungen aufweist.

Abbildung 18. Autoradiogramm eines 12 % denaturierenden PAGE-Gels zur Auftrennung der Produktgemische aus Primerverlängerungsstudien mit der Therminator DNA-Polymerase zum Einbau der natürlichen dNTPs gegenüber des L-dA im Templat. M = Primermarker. Bahn 1 bis 4: A C G T im Templatstrang. Die Reaktion enthielt 133 nM Primer, 200 nM Templat (25mer Primer, 55mer Templat), 50 µM dNTP, 0.05 U Therminator DNA-Polymerase und wurde 10 und 20 min bei 72 °C inkubiert. Oligonukleotidsequenz siehe 8.1.

Abbildung 18 zeigt, dass es zum Einbau eines Nukleotids gegenüber des stereoisomeren dA im Templatstrang kommt, allerdings konnte die Therminator DNA-Polymerase die oben beobachtete Selektivität in diesem Fall nicht bestätigen. Das dTTP wurde genauso gegenüber des L-A eingebaut wie dATP und dGTP. Nur dCTP wurde unter diesen Reaktionsbedingungen nicht eingebaut.

Ergebnisse

Zur Quantifizierung wurde die Effizienz des Einzeleinbaus gegenüber des artifiziellen L-Nukleotides im Templatstrang mit der Verlängerung bei homochiralen Templaten verglichen.

Dafür wurden steady-state-kinetische Messungen des Einzelnukleotideinbaus unter single-completed-Hit Bedingungen mit unmodifizierten und modifizierten Primer/Templat-Komplexen durchgeführt.

Tabelle 4. Daten der errechneten Einbaueffizienz der natürlichen dNTPs gegenüber des enantiomeren L-As im Templat im Vergleich mit dem unmodifizierten Templat. Die Daten wurden durch steady-state Kinetikmessungen unter single-completed-Hit Bedingungen erhalten und resultieren aus mehreren unabhängigen Messungen.

dA

Die Daten zeigen sowohl vergleichbare Vmax-Werte in allen Fällen als auch vergleichbare KM -Werte. Nur im Falle des natürlichen Watson-Crick Basenpaares zeigt sich ein signifikant niedrigerer KM-Wert, was die Ursache für die deutlich höhere Einbaueffizienz ist. Darüber hinaus verhält sich das Enzym jedoch indifferent. Der zuvor beobachtete Selektivitäts-Effekt bei Verwendung des L-TTPs als Substrat ist hier, wenn das Stereoisomer Teil des Templats ist, nicht mehr feststellbar. Die Therminator DNA-Polymerase baut die eintretenden L-Thymidine mit ähnlicher Effizienz gegenüber den nichtkanonischen G und A ein. Diese Ergebnisse unterscheiden sich deutlich von den Ergebnissen der vorherigen Studie, in denen eine bis 100-fach höhere Selektivität beim kanonischen Einbau beobachtet werden konnte. Im Falle des dC im Templatstrang ist die Verlängerungseffizienz des Primers durch die Verwendung des Enantiomers so stark gehemmt, dass die Erfassung der kinetischen Konstanten unter den gegebenen Bedingungen nicht mehr möglich war.

Der Einbau der dNTP gegenüber des natürlichen dA im Templatstrang dagegen zeigt eine deutliche Diskriminierung der nicht kanonischen Nukleobasen.

Zusammenfassend kann aus den in Tabelle 4 dargestellten Ergebnissen abgelesen werden, dass kein signifikanter Einfluss auf die Einbaueffizienz und damit die Selektivität der

Ergebnisse

Polymerasereaktion ausgeübt wird, wenn sich das enantiomere Nukleotid im Templatstrang befindet.

Da zu Beginn der Dissertation die DNA der Therminator DNA-Polymerase nicht zugänglich war, sollte für die weiteren Arbeiten, die gefundene Eigenschaft des L-Thymidineinbaus der Therminator DNA-Polymerase durch Einführung dieser Mutation im Fingerbereich der Pfu DNA-Polymerase übertragen werden. Anschließend sollte durch den Aufbau eines passenden Selektionssystems diese Eigenschaft durch gerichtete Evolution noch verbessert werden.