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3.3 Hybridisierung von DNA-Strängen mit artifiziellen Nukleotiden

3.3.1.2 Circular Dichroismus

Um die Wirkung der Thymidin-Modifikationen auf die allgemeine Konformation der DNA-Helix zu untersuchen, wurden Circular Dichroismus Messungen durchgeführt.

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Unter Circular Dichroismus versteht man die Differenz der Lichtabsorption von rechts- und linkspolarisiertem Licht129. Dieses Phänomen titt bei chiralen Molekülen auf. Allgemein versteht man unter Chiralität die Eigenschaft eines Objektes sich nicht mit seinem Spiegelbild zur Deckung bringen zu lassen. Diese Eigenschaft findet man unter anderem bei vielen Biomolekülen, wie beispielsweise Aminosäuren, Zuckern, Nukleotiden, Milch- und Weinsäuren. Mit Hilfe dieser Methode wird schon seit über 20 Jahren die Konformationsanalyse von Nukleinsäuren durchgeführt130.

Die DNA Doppelhelix kann in drei verschiedenen Formen auftreten, A-, B- und Z-DNA. Die B-DNA bildet eine rechtsgängige Helix aus. Charakteristisch für die B-DNA ist das Auftreten einer so genannten großen und kleinen Furche zwischen den spiralförmig gewundenen äußeren Rändern der DNA, die das Rückgrad aus Zucker und Phosphatketten bilden. Die A-DNA tritt auf, wenn die relative Feuchtigkeit unter 75 % sinkt. Dann liegen die Basenpaare nicht mehr senkrecht zur Helixachse wie bei der A-Form, sondern etwas geneigt und die kleine Furche verschwindet nahezu vollständig. In diesem Fall binden die Phosphatgruppen weniger H2O Moleküle als bei der B-Helix. Bei der Z-DNA Helix verläuft das Rückgrat zickzackförmig statt spiralförmig. Unter physiologischen Bedingungen liegt der größte Teil der DNA in einem bakteriellen oder eukaryotischen Genom in der B-Form vor.

Die verschiedenen DNA-Strukturfamilien verursachen unterschiedliche CD-Spektren. Aus diesem Grund kann die Analyse durch CD-Spektroskopie wertvolle Informationen über die Sekundärstruktur der DNA-Doppelhelix in Lösung liefern. Jede DNA-Strukturfamilie weist in ihren CD-Spektren charakteristische Merkmale auf, anhand derer die Totalkonformation der DNA-Doppelhelix bestimmt werden kann (Abbildung 41).

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Abbildung 41. Schematische Darstellung von typischen CD-Spektren für A-, B- und Z-DNA. Charakteristische Merkmale für A-DNA: stark positives Signal bei 260 nm. B-DNA zeigt Nulldurchgang bei 260 nm und positive Bande bei 280 nm. Für Z-DNA ist ein stark negativer Wert bei 200 nm typisch. Abbildung aus Referenz131.

3.3.1.3 4’-C-modifizierte Thymidinanaloga

Für die Untersuchung komplexer biologischer Prozesse und bei der Entwicklung von Wirkstoffen gegen Krankheiten wie beispielsweise AIDS132-135, haben sich sowohl Nukleosidanaloga als auch modifizierte Oligonukleotide als wertvolle Werkzeuge entwickelt58,99,136.

Kristallstrukturen von quaternären Komplexen aus DNA-Polymerasen, Primer/Templat und dNTP ergaben, dass DNA-Polymerasen weitreichende Wechselwirkungen mit dem Primer/Templat-Duplex eingehen137. Diese Kontakte finden vorrangig mit dem Zucker-Phosphat-Rückgrat über die kleine Furche der DNA statt63,68,138,139. Dabei kommt es zu Wasserstoffbrücken zwischen Donorgruppen des Enzyms und Akzeptorgruppen der Nukleobasen in der kleinen Furche. Diese verlaufen ausgehend vom 3’-Ende des Primers über vier Basenpaare und werden jeweils mit den N3- und O2-Positionen der Nukleobasen eingegangen.

Zur Untersuchung der funktionalen Wechselwirkungen zwischen DNA-Polymerase und der 2’-Desoxyriboseeinheit von Primer/Templat-Komplexen wurden in Arbeiten von Marx et al.

verschiedene sterische Substratsonden angewendet. Dabei handelt es sich um Thymidinanaloga, die an der 4’-C-Position der 2’-Desoxyriboseeinheit mit Alkylgruppen

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nehmen einen graduell wachsenden Raumanspruch ein, sind dabei aber so positioniert, dass sie die Wasserstoffbrückenbildung, Nukleobasenpaarung und –stapelung im Duplex nicht behindern. Für die Untersuchungen wurden die sterischen Sonden in verschiedene Oligonukleotide eingebaut. Die Alkylgruppen ragen dabei in die kleine Furche der Doppelhelix und eignen sich dadurch als Werkzeuge zur Gewinnung neuer Erkenntnisse über den Einfluss sterischer Wechselwirkungen zwischen DNA-Polymerasen und der DNA auf die Selektivität und Effizienz der DNA-Replikation.

Abbildung 42. 4’C-alkylierte Thymidinderivate für funktionale Untersuchungen der Wechselwirkungen zwischen DNA-Polymerasen und der Desoxyriboseeinheiten des Primer/Templat-Komplexes. Die Alkylgruppe ragt in die kleine Furche des DNA-Duplexes und dient so als sterische Sonde. Untersucht wurde hier der Einfluss der Sonden auf die Stabilität und Konformation von DNA-Duplexen.

Im Rahmen der Diplomarbeit wurden die vier verschiedenen 4’-C-alkylierten Thymidinanaloga nach Marx synthetisiert und gereinigt. Nach Transformation in die entsprechenden Phosphoramiditbausteine wurden die Analoga mittels automatisierter DNA-Festphasensynthese (siehe Abbildung 14) in verschiedene Oligonukleotidsequenzen eingebaut.

Um die Eignung der 4’-C-modifizierten Nukleotide zur Erfassung lokal definierter sterischer Interaktionen zwischen Enzym und DNA zu verifizieren, wurde der Einfluss der Modifikation auf relevante Eigenschaften wie die Stabilität und Konformation von DNA-Duplexen mit Hilfe von thermischen Denaturierungsstudien sowie Circular Dichroismus Experimenten untersucht.

Diese Untersuchungen erfolgten unter anderem im Sequenzkontext des Dickerson-Drew-Dodecamers, der häufig als Modell zur Untersuchung intrinsischer Eigenschaften von B-DNA herangezogen wird140-142. Seine Kristallstruktur lieferte die ersten detaillierten Bilder einer rechtsgängigen DNA-Doppelhelix, aus denen sich charakteristische Merkmale für B-DNA Formen ableiten ließen. Der Duplex besteht aus zwei selbstkomplementären Oligonukleotidketten (5’-CGCGAATTCGCG), die mittig zwei Thymidine enthalten. Für die Untersuchungen wurden die beiden Thymidine des Dodecamers durch die modifizierten Analoga ersetzt. Im Duplex ergeben sich dadurch vier Modifikationen hintereinander,

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wodurch ein starker Einfluss auf Stabilität und Konformation erwarten wurde (siehe Abbildung 43). Die Ergebnisse der thermischen Denaturierungsstudien zeigten einen deutlichen Einfluss der Thymidinanaloga auf die Stabilität des Duplexes. Die größten Schmelzpunkterniedrigungen ergaben sich im Falle der 4’-C Ethylgruppen (-7.1 °C) und der 4’-C Isopropylgruppen (-7.0 °C), während der Einfluss der sterisch anspruchsvolleren 4’-C Isobutylgruppen bei einer Schmelzpunkterniedrigung von -4.6 °C lag. Die 4’-C Methylgruppen hatten den geringsten Einfluss auf die Stabilität des Duplexes (-3 °C). Die CD-spektroskopischen Untersuchungen zeigten dagegen kaum Veränderung der DNA-Konformation durch die Einführung der modifizierten Thymidine.

Über „Molecular Modelling“ Experimente von Marx et al. wurden Kraftfeldberechnungen ausgehend von der Kristallstruktur des Dickerson-Drew-Dodecamer durchgeführt. (Abbildung 43). Diese zeigen, dass die Alkylgruppen in die kleine Furche der DNA ragen. Durch ihren großen Raumanspruch ragt die Isopropylgruppe etwas aus der Furche heraus143.

Abbildung 43. Kristallstruktur des Dickerson-Drew-Dodecamers (PDB-Eintrag 355D). Die DNA-Oberfläche ist eine Connolly Solvenszugänglichkeits-Oberfläche (Solvenssondenradius 1.4 Å für Wasser). In blau gezeigt sind die 4’-C Alkylreste der modifizierten Thymidinanaloga. Links der unmodifizierte Duplex. Duplex 2: 4’-4’-C-Methyl (blau).

Duplex 3: 4’-C-Ethyl (blau). Duplex 4: 4’-C-isoPropyl (blau).

Diese Berechnungen ergaben keine signifikanten Abweichungen der Gesamtkonformation des Duplex, nicht einmal bei den vier gegenüberliegenden Ethylgruppen und Isopropylgruppen, die die stärksten Destabilisierungen der Duplexe verursachten. Nach diesen Untersuchungen scheinen die chemischen Sonden nur unwesentliche Veränderungen der Duplex-Konformation hervorzurufen. Die Stabilität des Duplexes wird allerdings durch die Anwesenheit von vier Alkylgruppen in der kleinen Furche beeinflusst.

Ergebnisse

3.3.2 Ergebnisse

Im Rahmen dieser Arbeit wurden noch weitere biophysikalische Untersuchungen modifizierter Duplexe durchgeführt, bei denen nur ein modifiziertes Thymidin in einen DNA-Duplex eingebaut wurde. Die Studien bezogen sich speziell auf einen Sequenzkontext, der von Marx et al. in funktionalen Studien bezüglich weitreichender Interaktionen von KF DNA-Polymerase exo- mit dem Primer/Templat-Komplex verwendet wurden. Dafür wurde eine sterische Sonde an Position +1 bis +4 des Primers eingebaut, wobei +1 das am 3’-Terminus befindliche Nukleotidpaar bezeichnet. Die Positionen +2 bis +4 bezeichnen die sich in 5’-Richtung des Primers anschließenden Nukleotidpaare (siehe Tabelle 7).

Anschließend wurden ihre Duplexeigenschaften mit Hilfe von thermischen Denaturierungsstudien und CD-Spektroskopie untersucht und mit den Eigenschaften der unmodifizierten Oligonukleotide verglichen.