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1 Einleitung

1.3 Stammzelleinsatz nach Herzinfarkt

Die Stammzelltransplantation ist ein vielversprechender Therapieansatz bei Myokardinfarkten (WANG et al. 2009). Eine Vielzahl experimenteller Studien unterstützen die Stammzelltransplantation als eine Strategie, um die myokardiale Funktion nach einer Ischämie zu verbessern (ORLIC et al. 2001 a ,b ,c) und die Beeinträchtigungen durch sich bildendes Narbengewebe im Herzmuskel zu verringern. Es hat sich gezeigt, dass der Einsatz von Stammzellen (BRITTEN et al. 2003, WOLLERT et al. 2004) ein großes therapeutisches Potential (WU et al. 2007) in Hinblick auf die Verringerung der Infarktgröße und die Wiederherstellung der Herzfunktion nach einem irreversiblen ischämischen Schaden besitzen.

Es konnte sogar gezeigt werden, dass nach einer Ischämie im Myokard eine nachweisbare Rekrutierung von Knochenmark-Stammzellen von statten geht (KAMOTA et al. 2009).

Dieses sogenannte Homing von MSCs wird durch Zytokine, die im Infarktgebiet freiwerden, bedingt. Die Menge an ausgeschütteten Zytokinen ist jedoch nicht groß genug, um ausreichend MSCs zum Infarktgebiet zu führen, welche eine Ausheilung des Herzmuskels ermöglichen würden. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass Zytokine selbst unterstützend bei der Heilung von Geweben agieren, indem sie beispielsweise die Einsprossung von Gefäßen und somit die Versorgung des geschädigten Gewebes fördern (HORWITZ et al.

2009). Mesenchymale Stammzellen werden therapeutisch bei der Behandlung verschiedener Erkrankungen angewendet (BARRY 2003).

Der größte Anteil der in-vivo-Forschung im Bereich der Stammzelltherapie wird am Tiermodell durchgeführt. Es gibt bisher nur sehr wenige Studien, die sich mit direkten klinischen Belangen nach Einsatz von Stammzellen zur Therapie myokardialer Schäden befassen (SATIJA et al. 2009). Die Stammzellanwendung ist eine sehr neue Strategie zur Behandlung verschiedenster Erkrankungen und Krankheitskomplexe. In vielen Bereichen

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wird Grundlagenforschung betrieben, in der es ein Ziel ist, neue, innovative Therapiestrategien zu etablieren. Es spielt sich ein großer Anteil der Stammzellforschung an in-vitro-Studien in der Zellkultur ab, hier werden häufig immunologische Fragestellungen bearbeitet oder Stammzellen, die aus verschiedenen Geweben stammen, hinsichtlich ihres Potentials vergleichend charakterisiert. Die meisten Methoden, die im Tierversuch dazu dienen, den Verbleib von Stammzellen nach Transplantation in den Körper zu klären, erfordern eine Immunhistologische Untersuchung des Gewebes. Für diese Art der Untersuchung ist eine Probengewinnung aus verschiedenen Geweben in einem nicht mit einem Weiterleben zu vereinbarendem Umfang notwendig.

Die Fluoreszenzangiographie (FA) konnte für die visuelle Beurteilung und Quantifizierung der Myokardperfusion (WIPPER 2006) bei flusslimitierenden Stenosen sowie zur Infarktdiagnostik bereits validiert werden. Die FA ist ein hoch sensitives, einfach anwendbares und gut reproduzierbares bildgebendes Verfahren, das zur intraoperativen Darstellung von Koronargefäßen und der Myokardperfusion (DETTER et al. 2007) ohne Kontrastmittel- und Strahlenbelastung für den Patienten verwendet werden kann. Die Myokardperfusion kann anhand von Intensitätsdifferenzen oder im zeitlichen Verlauf des Fluoreszenzanstiegs quantifiziert werden, so können selbst kleinste Perfusionsunterschiede des Myokards intraoperativ detektiert werden.

Eine bisher angewendete Methode zur Bestimmung des Verbleibs von injizierten Stammzellen beinhaltet die Verwendung von Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT). Die Kennzeichnung von Zellen mit Superparamagnetic-iron-oxide-Nanopartikeln (SPIO) lässt eine nichtinvasive MRT-Darstellung von transplantierten Stammzellen zu. Die Zellen stellen sich bei dieser Methode als dunkle Bereiche im MRT dar, der Nachweis von SPIO markierten Zellen ist für mehrere Wochen postoperativ möglich (AMSALEM et al. 2007). Die eisenmarkierten Zellen erscheinen im MRT als Bereiche mit einer reduzierten Signalstärke und können somit gut von dem umliegenden Gewebe unterschieden werden. Die Zellen wurden in verschiedenen Studien (AMSALEM et al. 2007) über 24 Stunden mit den SPIO inkubiert und ein Nachweis des Überlebens der Zellen wurde mittels Trypanblaufärbung getroffen. In der histologischen Auswertung dieser genannten Studie (AMSALEM et al.

2007) zeigte sich jedoch, dass eine Vielzahl der SPIO nach 4 Wochen von kardialen

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Makrophagen aufgenommen worden waren. Ein weiterer Anteil der SPIO befand sich in verschiedenen anderen Körperregionen in den im Blut befindlichen Makrophagen. Mittels Realtime PCR konnte daneben über eine Y-Chromosomenanalyse das Vorhandensein von injizierten Zellen nachgewiesen werden. Hierzu wurden in den Versuchen männliche Zellen in ein weibliches Tier transplantiert. Um eventuell für spätere Fragestellungen Y-Chromosomenanalysen bezugnehmend auf die für die vorliegende Dissertation vollzogenen Experimente durchführen zu können, wurden hier ebenfalls männliche Stammzellen in weibliche Empfängertiere appliziert und eine Vielzahl verschiedener Blut- und Gewebeproben entnommen und asserviert.

In bestehenden klinischen (SCHULERI et al. 2009) und experimentellen (SATIJA et al. 2009) Studien konnte bereits gezeigt werden, dass der Einsatz von Stammzellen in ischämisch geschädigten Myokardarealen zu einem positiven Verlauf der Heilung geführt hat.

In jüngster Zeit sind multipotente mesenchymale Stammzellen (MSCs) aufgrund ihrer einzigartigen Charakteristika zu einem beliebten therapeutischen Werkzeug avanciert. Sie können leicht gewonnen werden, sind einfach zu kultivieren und zeigen ex vivo ein hohes Expansionspotential (QIAO et al. 2007). Es gibt verschiedene Stammzellpopulationen, die je nach Art und Herkunft multi- bis pluripotent sind. Stammzellen können aus Embryonen gewonnen werden, wobei dies nur sehr restriktiv geschieht und sich weltweit strengen Auflagen unterwirft. Es sind nur sehr wenige humane embryonale Stammzelllinien erhältlich.

Aufgrund der vorherrschenden internationalen Rechtslage ist es nicht möglich, neue humane embryonale Stammzelllinien aus Embryonen zu isolieren und zu etablieren. Für die Arbeit mit embryonalen Stammzellen unterschiedlicher Säugetiere bedarf es weltweit länderspezifischer Genehmigungen. Embryonale Stammzellen sind pluripotent und somit wissenschaftlich für einige Fragestellungen von großem Interesse. Die Pluripotenz der embryonalen Stammzellen (KOLLE et al. 2009; OHNUKI et al. 2009) lässt eine Differenzierung der Zellen in jedes gewünschte Gewebe, ungeachtet des Keimblattes, zu.

Eine Isolation früher mesenchymaler Stammzellen ist aus verschiedenen Anteilen der Nabelschnur möglich, und adulte mesenchymale Stammzellen können aus vielen Geweben des Körpers, wie zum Beispiel Knochenmark und Fettgewebe, gewonnen werden. In der internationalen Literatur werden aus Knochenmark isolierte mesenchymale Stammzellen als

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„bonemarrow-derived mesenchymal stem cells“ bezeichnet und mit BM-MSCs abgekürzt.

Anders als embryonale Stammzellen sind mesenchymale Stammzellen nur multipotent. Die aus Knochenmark gewonnenen Stammzellen können aufgereinigt, ex vivo vermehrt (REYES et al. 2001) und anschließend biologisch charakterisiert werden (BARRY 2004). In der vorliegenden Studie wurde mit aus Knochenmark isolierten adulten mesenchymalen Stammzellen (MSC) gearbeitet. Die aus Knochenmark gewonnenen mesenchymalen Stammzellen beinhalten eine Population von multipotenten Progenitorzellen, die die Fähigkeit besitzen, Haematopoese zu unterstützen und sich in eine Vielzahl verschiedener Gewebe zu differenzieren (PITTENGER et al. 1999). Adulte mesenchymale Stammzellen stehen nicht im Blickfeld ethischer Diskussionen und erfahren in ihrem Einsatz keine ethischen Beschränkungen (LE BLANC et al. 2003).

Bisher konnte gezeigt werden, dass die Implantation von aus Knochenmark gewonnenen mesenchymalen Stammzellen (MSCs) die Funktion des geschädigten Herzens unterstützt und das nekrotische Gewebe sowie die Narbenausdehnung verringert (MANGI et al. 2003;

AMANDO et al. 2005; ZIMMET u. HARE 2005, LERI et al. 2005).

Mesenchymale Stammzellen (MSCs) – auch mesenchymale stromale Zellen genannt – kommen als adulte, multipotente Stammzellen in für eine Isolation ausreichender Zahl, zum Beispiel im Knochenmark, Fettgewebe und in sämtlichen Bestandteilen der Nabelschnur, genauer im Wharton´s Jelly, einem gallertartigen Bindegewebe, dem die Nabelschnurvenen umgebenden Gewebe, dem Nabelschnurblut, und des weiteren in der maternalen Plazenta, vor. Der aus unterschiedlichen Anteilen der Nabelschnur stammende, frühe mesenchymale Stammzelltyp steht aufgrund seiner Plastizität und guten Zugänglichkeit für Anwendungen in der regenerativen Medizin seit einigen Jahren im Fokus der adulten Stammzellforschung.

Stammzellen aus dem Mesenchym werden zurzeit vor allem aus Knochenmark gewonnen, sie haben eine hohe Teilungsrate und können primär in Gewebezellen mesenchymalen Ursprungs (Knochen, Knorpel, Sehnen, Muskel, Bindegewebe, Blutzellen) differenzieren. Seit einigen Jahren werden Versuche unternommen, diese mesenchymalen Stammzellen auch in Zelltypen anderer Gewebe (Nervenzellen, Leber-, Epithel-, ß-Zellen und Nierentubuluszellen) zu differenzieren, um sie auf ihr therapeutisches Potential entsprechender organspezifischer Erkrankungen in diesem Bereich zu untersuchen. Die Differenzierung in andere, nicht direkt

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durch den Zellursprung im mittleren Keimblatt, dem die MSCs zugeordnet werden, vorgegebene Zelltypen nennt man Transdifferenzierung. In vitro konnten aus Knochenmark gewonnene MSCs bereits in cardiomyozytenartige Zellen transdifferenziert werden (MARTIN-RENDON et al. 2008).

Die Differenzierung von MSCs, also die Entwicklung im Sinne einer morphologischen und funktionellen Reifung und Spezialisierung, kann durch Zugabe von verschiedenen Substanzen, wie zum Beispiel Zytokinen und Wachstumsfaktoren, in Gang gesetzt werden.

Eine solche gezielte Differenzierung in bestimmte Zelltypen kann zur Charakterisierung und Identifizierung der Ausgangszelle herangezogen werden. Diese Differenzierung von mesenchymalen Stammzellen in Chondrozyten, Adipozyten und Osteozyten ist mit verschiedenen Protokollen ein gängiger, für die Charakterisierung von Zelllinien genutzter Nachweis.

Der Weg der Differenzierung, also die Entscheidung, zu welchem Zelltyp eine Zelle sich entwickelt, hängt von verschiedenen äußeren und inneren Faktoren, wie beispielsweise dem Einfluss von Wachstumsfaktoren, Hormonen, Gewebehormonen (Zytokinen), Nachbarzellen (Zell-Zell-Kontakte) und der Herkunft (Determination) der Spenderzelle ab, um nur einige zu nennen. Da die Herkunft der Zellen einen wesentlichen Einfluss auf die Differenzierungsmöglichkeiten hat, kann die Differenzierung als Methode herangezogen werden, um Rückschlüsse auf die Ausgangszelle zu ziehen.

In der embryologischen Entwicklung entstehen drei Keimblätter. Keimblätter sind eine schichtenartige Anordnung der Zellen durch die Gestaltungsvorgänge während der Gastrulation. Zunächst entstehen das äußere Keimblatt, Ektoblast und das innere Keimblatt, Entoblast, zwischen die sich in der Folge das mittlere Keimblatt, Mesoblast, einschiebt. Aus dem Mesoblast, auch Mesoderm genannt, gehen vorwiegend Binde und Stützgewebe des Körpers, der Kreislaufapparat, die Muskulatur, der Harn- und Geschlechtsapparat, die Nebennierenrinde und das Mesothel der serösen Häute hervor. Als Mesenchym bezeichnet man sogenanntes embryonales Bindegewebe, das im Wesentlichen einen Verband sternförmig verzweigter Mesenchymzellen darstellt und eine Vielzahl von Organen und Geweben (z.B.:

Knochen, Muskulatur, Sehnen, Bindegewebe,…) hervorbringt. (WIESNER u. RIBBECK

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2000) Die mesenchymalen Stammzellen verhalten sich ähnlich den embryonalen Mesenchymzellen, sind aber nicht mehr pluripotent, sondern nur noch multipotent.

Sind mesenchymale Stammzellen für lange Zeit in Kultur, erfahren sie, wie die im Körper befindlichen Zellen, einen Alterungsprozess, der sich in einer Veränderung des Zellmetabolismus zeigt und zu einer ungewollten Differenzierung der Zellen führen kann (VACANTI et al. 2005).

Die Anwendung mesenchymaler Stammzellen zur Heilung verschiedenster Erkrankungen, besonders des blutbildenden Systems, ist eine seit über 30 Jahren erfolgreich durchgeführte Praxis (GRATWOHL et al. 2003). Ein klinischer Einsatz mesenchymaler Stammzellen findet seit einigen Jahren erfolgreich, auch bei Erkrankungen wie zum Beispiel der Osteogenesis imperfecta, Anwendung (HORWITZ et al. 1999). Diese Erfolge basieren auf dem Wissen um die immunologischen und physiologischen Eigenschaften der haematopoetischen Stammzellen (METCALF 2001; MC CULLOCH 2003). Vor mehr als drei Dekaden identifizierte Friedenstein mesenchymale Stammzellen im Knochenmark (FRIEDENSTEIN et al. 1976). Inzwischen weiß man, dass sich diese Zellen in vitro unter geeigneten Kulturbedingungen in mindestens drei Zelllinien differenzieren können, osteogene, adipogene und chondrogene Linien (FRIEDENSTEIN et al. 1976; COLTER et al. 2001). Mesenchymale Stammzellen stellen Zellen für Haematopoese und Angiogenese, sie bilden eine starke immunsupressive Aktivität aus, welche die Häufigkeit der graft-versus-host-disease (GvHD) nach allogener humaner Stammzell-Transplantation (HSC) reduziert (LE BLANC et al. 2004;

RINGDEN et al. 2006). Des Weiteren kommen MSCs bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen in der Klinik zum Einsatz (GERDONI et al. 2007; AUGELLO et al. 2007). Studien zeigten, dass Stammzelleinsatz nach Verletzungen einen positiven Effekt auf den Heilungsverlauf auf zellulärer Ebene auf Skelettmuskulatur, Hepatozyten, Neuronen, Epithel- und Endothelzellen sowie Kardiomyozyten ausübt (LAFLAMME u. MURRY 2005;

KRABBE et al. 2005; JIANG et al. 2002).

Mesenchymale Stammzellen zeigten sich in verschiedenen Studien als immunprivilegiert und sogar immunmodulatorisch (LE BLANC et al. 2003, 2004, 2006). MSCs sind über verschiedene Mechanismen in der Lage, die T-Zell-Reaktion des Empfängers zu unterdrücken

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(YANG et al. 2009). Mesenchymale Stammzellen sind aufgrund ihrer Eigenschaften nach bisherigem Kenntnisstand erfolgversprechende und zukunftsweisende Therapeutika zur Heilung vieler verschiedener Erkrankungen.