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4. Diskussion 82

4.2 Stärken und Schwächen der Studie

4.2.1 Stärken der Studie

Mit der vorliegenden Studie untersuchten wir erstmals an einem großen pädiatrischen Patientenkollektiv über einen Zeitraum von über 12 Jahren Daten von fast 200 Kindern mit Leberversagen. In den bisherigen (pädiatrischen) Studien wurden meist Kinder mit Leberzirrhose mit einer kleinen Kontrollgruppe aus der Normalbevölkerung verglichen. Beim Studiendesign wählten wir jedoch ausschließlich Leberversagen, die zu einer Transplantation führten, und verglichen zwischen zirrhotischem und nicht-zirrhotischem Leberversagen.

Die Stärken der Studie waren neben der deutlich größeren Patientenzahl ein doppelter Vergleich der Parameter der kardiologischen Befunde von Lebertransplantations-Patienten mit unterschiedlich stark ausgeprägter Leberfibrose.

So konnte erstens die Patientengruppe mit fortgeschritten-fibrotisch/zirrhotisch bedingtem Leberversagen mit der Gruppe der nicht-zirrhotisch bedingten Leberversagen verglichen werden und zweitens die Werte der beiden Gruppen über die etablierten Z-Scores zu einer großen Kontrollgruppe in Relation gesetzt werden. Somit ist nicht nur ein Vergleich der Gruppen von Kindern mit zirrhotischem und nicht-zirrhotischem Leberumbau möglich gewesen, sondern auch der Vergleich der beiden Gruppen mit einem sehr großen Normalkollektiv Tausender gesunder Kinder (Kontroll-Gruppe). (56,60-62)

Die transthorakale Echokardiographie ist fester Bestandteil der kardiologischen Standard-diagnostik. Große Vorteile des Verfahrens sind eine leicht reproduzierbare Beurteilung der kardialen Funktion, insbesondere der links- und rechtsventrikulären systolischen und diastolischen Funktion und der Herzklappen bei fehlenden Nebenwirkungen seitens der Technik.

Insbesondere die Untersuchung von Kindern ist trotz der doch etwas höheren Untersucher-abhängigkeit des Verfahrens aufgrund der recht oberflächlich („schallkopfnah“) liegenden Organstrukturen meist sehr aussagekräftig und somit gut reproduzierbar.

Diskussion 86 Hier liegt somit auch die Stärke der Untersuchung im Rahmen dieser Studie, da eingeschränkte Schallbedingungen durch den Habitus der Patienten (z.B. bei schwerer Adipositas) als limitierender Faktor nahezu nicht vorhanden sind.

Ebenso liegt ein Vorteil der pädiatrischen Studienpopulation in der Seltenheit anderweitiger kardiovaskulärer Komorbiditäten (keine Auswirkungen von „Zivilisationskrankheiten“, die sich erst in späteren Lebensdekaden manifestieren: selten hypertensive Herzkrankheit, keine ischämische Ätiologie der Kardiomyopathie) im Kindesalter.

Daher ist eine Untersuchung der zirrhotischen Kardiomyopathie gerade im pädiatrischen Bereich sehr vorteilhaft.

Durch die histologische Untersuchung des Explantates stand eine sehr valide Methode zur Bestimmung des Ausmaßes des Leberumbaus und zur Vermeidung des sample-errors zur Verfügung. Im Vergleich zu vorangegangenen Studien, bei denen das Ausmaß der Zirrhose hauptsächlich über klinische Parameter mit Scores und die Ausprägung des Aszites definiert wurde, erscheint dieser Studienaufbau zur genauen Beurteilung hinsichtlich Zirrhose vorteilhaft.

Die echokardiographisch messbaren Veränderungen zeigten bei den Dimensionen der Herzwände Unterschiede zwischen aF- und naF-Gruppe.

Vorliegende Ergebnisse zeigten insbesondere eine Dilatation und auch relevante Muskel-massenzunahme des linken Ventrikels. Hinweise auf eine relevante diastolische Dysfunktion anhand des E/A-Verhältnisses fanden sich nicht. In der vorliegenden Kohorte waren die Veränderungen passend zu der subklinischen Symptomatik der zirrhotischen Kardiomyopathie im pädiatrischen Bereich milde ausgeprägt. Nur in wenigen Fällen waren „pathologische“ Werte bezüglich der Z-Scores und auch der QTc-Zeit festzustellen.

Bereits innerhalb weniger Monate nach erfolgter Lebertransplantation kommt es dann wieder zu einer Normalisierung der echokardiographisch messbaren Parameter, signifikante Unterschiede des Überlebens zwischen beiden Gruppen konnten zumindest im Zeitraum von einem Jahr nach Lebertransplantation nicht festgestellt werden. Die Sterblichkeit auf der Warteliste wurde durch das Studiendesign (erst Einschluss in die Studie bei erfolgter Transplantation und Fehlen von Ausschlusskriterien) nicht untersucht.

4.2.2 Schwächen der Studie

Schwächen/Limitationen der Studie im Allgemeinen sind das retrospektive Studiendesign mit teilweise unvollständigen Datensätzen, der Ausschluss eines nicht unerheblichen Anteils der Patienten (insgesamt 44) aufgrund fehlender Echokardiographiebefunde zum ZP1, sowie die - wenn auch geringe - Interobservervarianz der echokardiographischen und sonographischen Untersuchungen.

Eine Verzerrung der Ergebnisse kommt sicherlich auch durch das unterschiedliche mittlere Alter (also die unterschiedliche Altersverteilung von Kindern mit vorhandenen Daten) zu den einzelnen Kontrollen zu Stande. In Anbetracht der Altersdifferenz haben wir uns daher auf die Auswertung der Z-Scores (LVIDd-, IVSd-, LVPWd- und LVM-Z-Score), die einen altersunabhängigen Vergleich gestatten, konzentriert.

Aufgrund des Studiendesigns lag die zeitliche Latenz zwischen letztmaliger Echokardiographie-untersuchung und Lebertransplantation mit histologischer Beurteilung des Explantates in der aF-Gruppe mit im Mittel 7,2 Monaten fast 3 Monate länger als die der naF-aF-Gruppe, eine ausgeprägtere QTc-Zeitverlängerung in der aF-Gruppe z.B. wäre kurz vor Transplantation zu erwarten.

Ein weiteres großes Problem ist die Verzerrung der Ergebnisse durch fehlende Daten zum 2.

Zeitpunkt.

Insbesondere von Jugendlichen, die in die Erwachsenenmedizin wechselten, sind keine echokardiographischen Daten zum Zeitpunkt der Jahreskontrolle vorhanden.

Eine weitere Schwäche der retrospektiven Studie ist in Ermangelung von Gewebedopplerdaten die unzureichende Beurteilbarkeit der diastolischen Funktion. Gewebedoppleruntersuchungen werden erst seit wenigen Jahren standardisiert durchgeführt.

Die Untersuchung mittels Gewebedoppler mit Bestimmung der E’/A’-Ratio (diese ist bei E/A-Ratio-Pseudonormalisierung umgekehrt) und Bestimmung des Verhältnisses E/E’ (ab mittelgradiger diastolischer Dysfunktion Werte >10), ggf. Messung der Dezelerationszeit des frühdiastolischen Einstroms und Messung der Dauer des reversen Flusses in den Pulmonalvenen ist bei zukünftigen (evtl. prospektiven) Studien zu empfehlen.

Diskussion 88 Da im Rahmen unserer Studie keine ergometrischen Daten ausgewertet wurden (aufgrund des Einschlusses von Patienten mit akutem vital bedrohenden Leberversagen erscheint dies auch nicht realisierbar), ist eine Aussage bezüglich einer negativen ino- und chronotropen Antwort auf kardiale Belastung nicht möglich.


4.2.3 Fazit der Studie

Im klinischen Alltag ist die Echokardiographie mit Tissue Doppler aktuell die geeignete bildgebende Methode, um kardiale Auswirkungen der zirrhotischen Lebererkrankung zu detektieren. Alternativ wäre eine Bildgebung mittels Cardio-MRT möglich, dies wurde im Rahmen einer kleinen Studie bereits validiert. (63)

Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern ist eine MRT Untersuchung meist nur unter Vollnarkose durchführbar, sodass diese alternative Bildgebung zumindest im Rahmen einer größer angelegten Studie bei Kindern schwierig durchführbar ist.

Die Echokardiographie ist gerade beim Kind eine sehr gute Methode, um Veränderungen früh und einfach zu erkennen. In Anbetracht der Entwicklungen der letzten Jahre mit deutlich sichereren Untersuchungsmöglichkeiten, besonders durch Einsatz des Gewebedopplers zur Bestimmung der diastolischen Dysfunktion, ist sie als primäre diagnostische Methode zu favorisieren. (64,65)

Nach unseren Ergebnissen entwickeln sich bei zirrhotischen Lebererkrankungen eine Dilatation des linken Ventrikels und Myokardhypertrophie. Eine anderweitige Ursache für eine Dilatation der linken Herzhöhlen haben wir ausgeschlossen.

Klinische Parameter wie Aszites, Splenomegalie und andere Zeichen für eine portale Hypertension als auch Laborwertscores wie der PELD-Score können auf den Grad der Ausprägung der Zirrhose hindeuten, sind aber keine spezifischen Marker für die CCM. Der PELD-Score ist zum Beispiel ebenfalls beim akuten nicht-zirrhotisch bedingtem Leberversagen erhöht.

Da sich die kardialen Veränderungen anfänglich in sehr dezentem Ausmaß manifestieren, ist ein gutes kardiales Monitoring von Patienten mit Lebererkrankung im Endstadium zu empfehlen. Der Untersucher sollte bei der Echokardiographie von Zirrhosepatienten ein besonderes Augenmerk auf ventrikuläre Dilatation, Hypertrophie und diastolische Dysfunktion legen, die sich als führende Problematik bei der manifesten CCM herausgestellt hat. Ein automatische Erhebung des Normwertvergleichs (Z-Scores) direkt bei der Bemessung der Parameter während der echokardiographischen Untersuchung wäre eine hilfreiche Beurteilungsfunktion für den Kinderkardiologen.

Diskussion 90 Standardmäßig wäre zu diskutieren, bei in der Regel erhaltener systolischer Funktion des linken Ventrikels, Gewebedopplermessungen durchzuführen (s.o.), um den Schweregrad der diastolischen Dysfunktion zu dokumentieren.

Bei der echokardiographischen Untersuchung des Kindes mit Leberzirrhose im Endstadium sollten Parameter wie die Z-Scores und auch der nach den LV-Dimensionen abgeschätzte und mit Einschluss der Körperoberfläche bestimmte linksventrikuläre Massenindex und der Z-Scores der Herzwanddimensionen, beziehungsweise des auf deren Basis ermittelten LVM-Z-Scores möglichst automatisch durch Programmierung der Echokardiographiegeräte in die Beurteilung mit einbezogen werden.