• Keine Ergebnisse gefunden

4. Diskussion 82

4.4. Aussicht auf die Zukunft

4.4.1. Therapierelevanz

Die Ergebnisse zeigen, dass bei einem chronischen zirrhotischen Umbau der Leber Endorganschäden am Herzen messbar sind.

Bei Zirrhosepatienten sollte die zirrhotisch bedingte Kardiomyopathie besonders bei geplanten Interventionen wie Operationen, aber auch bei anderen Eingriffen, in denen es zu einer Volumenbelastung des Herzens kommt, sowie bei Infektionen berücksichtigt werden. (70)

Hier wären die intravenöse Flüssigkeitstherapie im Allgemeinen, oder spezielle Situationen wie die -im pädiatrischen Bereich eher seltene- TIPSS-Anlage sowie die Anlage von großvolumigen arteriovenösen Shunts, wie z.B. einer hohen AV-Fistel am Oberarm bei dialysepflichtigen Patienten (z.B. bei polyzystischen Nierenerkrankungen oder hepatorenalem Syndrom), zu nennen.

Sollte eine terminale Niereninsuffizienz (z.B. bei ARPKD) eintreten wäre die primäre Einleitung eines Peritonealdialyseverfahrens als überbrückende Therapie bis zur kombinierten Leber-Nieren-Transplantation wohl zu favorisieren.

Nach TIPSS-Anlage sind besonders die ersten Stunden entscheidend, in denen es durch die plötzliche Volumenüberladung durch Abfluss des im Splanchnikusgebiet gestauten Blutvolumens zum Anstieg der kardiopulmonalen Drücke (mittlerer pulmonalarterieller Druck, kapillärer Wedge-Druck, rechtsatrialer Druck) unter Zunahme des kardialen Index und Abnahme des systemischen Gefäßwiderstandes kommt. Nach 24 Stunden konnte wieder eine Normalisierung dieser Drücke gemessen werden. (71)

Insbesondere die Lebertransplantation stellt eine sehr riskante Situation dar, da es zunächst zu einem Absacken der Nachlast bei Narkoseeinleitung kommt. Zum Ende der Operation ist dann mit einer plötzlichen massiven Volumenbelastung (Steigerung der Vorlast nach Öffnung der Gefäßklemmen und Perfusion der Leber mit Abfluss des Blutvolumens aus dem Splanchnikusgebiet nach zentral) zu rechnen. Die Möglichkeit eines postoperativen Lungenödems muss besonders bei hochgradiger (diastolischer) Dysfunktion des linken Ventrikels bei geplanter Extubation bedacht werden.

Ebenso sind Patienten mit zirrhotischen Lebererkrankungen im Fall eines septischen Geschehens (z.B. durch die recht häufig auftretende spontan-bakterielle Peritonitis bei Aszites) durch die

Down-Diskussion 98 Regulation der Betarezeptoren mit konsekutiv ausgeprägterer Hypotonie durch Hypovolämie und Nachlastsenkung (bei bereits durch NO aus dem Splanchnikusendothelien reduziertem peripheren Gefäßwiderstand) besonders gefährdet, ein Multiorganversagen durch Minderperfusion der Organe zu entwickeln.

Im Rahmen einer Sepsis scheint auch eine Beteiligung von vielen anderen Organen, wie z.B. der Nebennieren, des Gastrointestinaltrakts o.a. eine Rolle zu spielen, die Rolle der gegenseitigen Beeinflussung von Nebennieren und Kardiomyopathie bei Leberzirrhose ist diesbezüglich noch nicht ausreichend untersucht. Autoren verschiedener Studien sprechen von einer bei Zirrhose der Leber vorliegenden relativen Nebenniereninsuffizienz durch verschiedene Zytokine, wie TNF-α und IL-6. (72-75)

Inwiefern bei Fehlen von kardialen Symptomen eine therapeutische Relevanz/Therapieindikation besteht, muss bis zum Vorliegen weiterer, prospektiver Studien bei jedem Patienten individuell geklärt werden.

4.4.2. Weitere Folgestudien

In zukünftigen Studien könnte die Beteiligung eines sekundären Hyperaldosteronismus - bei Zirrhosepatienten durch den verminderten Abbau des Mineralokortikoids in der Leber sowie durch Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron (RAAS) durch Verminderung des Blutdrucks über Minderperfusion der Nieren verursacht- untersucht werden: eine standardisierte Messung der Natrium- und Kaliumkonzentration und der Reninkonzentration im Blut, sowie Messung von Natrium und spezifischem Gewicht des Urins könnte im Rahmen einer prospektiven Studie zur Klärung der Pathogenese der CCM untersucht werden.

Zudem wäre es aber auch wichtig, die Relevanz von weiteren Laborparametern, wie Herzinsuffizienzmarkern, zu überprüfen. Bei Erwachsenen sind bei Vorliegen einer ausgeprägteren diastolischen Dysfunktion die pro-BNP(pro brain natriuretic peptide-)-Werte erhöht. Ob es trotz der recht dezenten kardialen Veränderungen im pädiatrischen Bereich mit Zunahme des zirrhotischen Umbaus auch zu einem Anstieg des BNP-Werts kommt, oder es bei Kindern durch bessere Kompensationsmöglichkeiten seltener zu einer relevanten Herzinsuffizienz kommt, wäre zu überprüfen.

Interessant bei nun bereits größtenteils vorliegenden Daten wäre auch eine Nachfolgestudie, bei der echokardiographische Parameter von Patienten mit isolierter portaler Hypertonie ohne zirrhotischen Leberumbau (nach sonographischen und klinischen Kriterien) mit Patienten verglichen werden, die einen zirrhotischen Leberumbau aufweisen. Falls hier ein signifikanter Unterschied vorliegt, könnte das möglicherweise klären, ob der zirrhotische Leberumbau oder auch eine portale Hypertension allein eine zirrhotische Kardiomyopathie bedingen können.

Nachfolgende echokardiographische Studien sollten zusätzliche Messwerte einschließen, die zur genaueren Beurteilung der diastolischen Dysfunktion dienen. Hier wäre neben den Gewebedopplermessungen, die ja bereits z.B. im Rahmen der Studie von Polat et al. bei einem Patientenkollektiv mit chronischer Hepatitis ermittelt wurden (35), auch die Dezelerationszeit des frühdiastolischen transmitralen Einstroms, also die Dauer des Abfalls der E-Welle, oder die Dauer des systolischen Rückflusses in die Pulmonalvenen zu nennen.

Diskussion 100 Weiter wäre es interessant zu untersuchen, inwiefern die einzelnen Immunsuppressiva, die nach (Leber-)Transplantationen eingesetzt werden, zu einer Kardiomyopathie führen. Im Fall von Tacrolimus wird dies kontrovers diskutiert, hier ist eine Kardiomyopathie in Einzelfällen in der Literatur beschrieben. (76)

In einer größeren Studie war die Einnahme von Tacrolimus mit einem selteneren Auftreten neuer Herzinsuffizienz assoziiert. (77)

Da bei der vorliegenden Arbeit insbesondere Wert auf die Veränderungen vor und nach Lebertransplantation gelegt wurde, konnten kardiale Auswirkungen von immunsuppressiven Medikamenten, die wohl eher im längeren Verlauf zu beobachten wären, nicht untersucht werden.

Zumindest im ersten Jahr nach Transplantation waren jedoch keine relevanten linksventrikulären Veränderungen zu detektieren. Eine durch Einnahme von Immunsupressiva hervorgerufene Kardiomyopathie sollte daher in weiteren möglichst prospektiven Studien über ein längeres Intervall post transplantationem mit mindestens zwei zeitversetzten echokardiographischen Kontrollen untersucht werden. Gegebenenfalls könnte die Kohorte der Patienten mit notwendigen Re-Transplantationen diesbezüglich untersucht werden (in unserer Studie wiesen die beiden eingeschlossenen Patienten mit erneuter Transplantation erhöhte Z-Scores >2 auf).

4.4.3. Hepatorenales Syndrom, renale Kardiomyopathie?

Die Ursachen für ein hepatorenales Syndrom sind recht kongruent mit den Faktoren, die eine zirrhotische Kardiomyopathie ausmachen. Ein Einzelfallbericht aus dem Jahr 2015 berichtet von einem Patient mit hepatorenalem Syndrom Typ I auf dem Boden einer alkoholtoxischen Hepatopathie in Kombination mit chronischer Hepatitis C. Bei diesem Patienten kam es zu einer progredienten Zustandsverschlechterung mit Oligurie und steigenden Nierenretentionsparametern im Sinne eines sekundären Nierenversagens trotz Ausschöpfung der etablierten therapeutischen Maßnahmen. Als ultima ratio leiteten die behandelnden Ärzte trotz nahezu erhaltener systolischer kardialer Funktion eine parenterale Gabe inotroper Medikamente (in diesem Fall Dobutamin) ein.

Daraufhin kam es innerhalb kurzer Zeit zu einer nahezu vollständigen Restitution der Diurese mit Abnahme der Nierenretentionsparameter. (48)

Eine ursächliche Mitbeteiligung der zirrhotischen Kardiomyopathie beim hepatorenalen Syndrom muss postuliert werden und sollte weiter untersucht werden. Hierzu sind weitere Medikamenten-Studien mit Einsatz von Inotropika von Patienten mit Leberzirrhose und akuter/subakuter Nierenfunktionsverschlechterung denkbar. Da eine medikamentöse Therapie nur das Langzeitüberleben bessern kann, sollte bei Patienten mit rasch progredienten hepatorenalem Syndrom immer eine Lebertransplantation erwogen werden. (42,43)

Auch bei chronischer Niereninsuffizienz zeigte eine Studie von Skora/Franczyk et al. im Jahr 2014, dass korrelierend mit dem Grad der Ausprägung einer chronischen Niereninsuffizienz eine Myokardmassen(-index)zunahme und eine zunehmend schwere diastolische Dysfunktion zu beobachten war. Die Gruppe mit schwerer Niereninsuffizienz bzw. dialysepflichtiger terminaler Niereninsuffizienz zeigte die größte Myokardmasse, die ausgeprägteste diastolische Dysfunktion, (Mittelwerte des E/E’-Verhältnisses bereits im pathologischen Bereich um 13 und relevante linksatriale Dilatation auf im Mittel 44mm). (78)

Ob man hier analog zur zirrhotischen Kardiomyopathie von einer renalen/renovaskulären Kardiomyopathie sprechen kann, oder die kardialen Veränderungen im Rahmen der Komorbiditäten unter dem Oberbegriff zirkulatorisch-metabolische Kardiomyopathien zusammengefasst werden sollten, steht zur Diskussion.

Diskussion 102