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3 Ausstattung und Zustand des Natura 2000-Gebiets

3.5 Weitere naturschutzfachliche Bedeutung des Gebiets

3.5.3 Sonstige naturschutzfachliche Aspekte

Die Offenland- und Waldbiotopkartierung hat viele nach Naturschutz- oder Waldrecht ge-schützte Biotope erfasst, die nicht nach FFH-Richtlinie geschützt sind, darunter Quellbereiche, naturnahe Abschnitte von fließenden und stehenden Binnengewässern, Toteislöcher, Nass-wiesen, Sümpfe, Röhrichtbestände, Feldhecken und Feldgehölze. In Anhang B (ab S. 267) werden diese im Einzelnen benannt.

Boden-, Wasser- und Klimaschutz

Das gesamte Moorgebiet ist über die dargestellten Aspekte des Arten- und Biotopschutzes hinaus auch bedeutsam für den Boden-, Wasser-, und Klimaschutz. Die (an-)moorigen Böden können große Mengen an Wasser speichern und sukzessive wieder abgeben. Daraus ergibt sich auch ihre Funktion als Überschwemmungsschutz und Grundwasserfilter. Besonders be-deutend sind Feuchtgebiete für den Klimaschutz, da sie Kohlenstoff speichern und als Koh-lenstoffsenke wirken.

4 Naturschutzfachliche Zielkonflikte

Im Folgenden werden die Zielkonflikte, die innerhalb des Gebietes auftreten, und der fach-planerische Umgang mit denselben erläutert. Konflikte können sich bei räumlicher Überlage-rung von Lebensstätten verschiedener FFH-Arten und / oder Lebensraumtypen ergeben. Bei Überlagerung von Lebensstätten oder Lebensraumtypen mit Entwicklungsflächen hat die Er-haltung bestehender Lebensstätten oder Lebensräume in der Regel Vorrang.

Konflikte können aber auch mit sonstigen naturschutzfachlichen Zielvorstellungen auftreten, die nicht mit den Zielen der FFH-Richtlinie übereinstimmen. So sollte beispielsweise dem Er-halt von ökologisch wertvollen Feuchtstrukturen, z.B. Feuchtbrachen, Nasswiesen, Röhrich-ten, Seggenrieden u.a. Rechnung getragen werden, auch wenn diese keine ausgewiesenen FFH-Lebensraumtypen sind. Neben solchen nach § 33 NatSchG geschützten Biotopen und seltenen Lebensräumen sind weitere hier zu berücksichtigende Punkte u.a. Vogelarten, die nach der Vogelschutzrichtlinie geschützt sind, ASP-Arten, sonstige geschützte oder sehr sel-tene und/oder gefährdete Arten sowie die Vorgaben von NSG- oder Bannwald-Verordnungen.

Nachfolgend werden die möglichen Zielkonflikte beschrieben und der naturschutzfachliche Umgang im Rahmen der Managementplanung aufgezeigt.

Lebensraumtyp [91D0*] Moorwälder vs. offene Hochmoorgesellschaften [7110*, 7120, 7140, 7150]

Ziel der Maßnahmen zur Sanierung des Wasserhaushalts in den Jahren 2008 bis 2010 in den Teilgebieten Tisch und Großer Trauben ist die Entwicklung großflächig offener, gehölzfreier Bereiche. Die Ausdehnung offener Moorflächen hält aktuell an. Gehölzbestände, die dem LRT Moorwälder [91D0*] zugeordnet werden konnten, werden weiter zurückgehen. Der Umfang dieser Entwicklung ist noch nicht absehbar.

Die EU misst sekundären Moorwäldern auf ehemaligen Nicht-Waldstandorten eine geringere Erhaltungspriorität zu als den ursprünglichen offenen Hochmoorgesellschaften.

Vogelarten des Offenlands vs. Prozessschutz im Bannwald

Die dauerhafte Erhaltung offener und halboffener Grünlandbereiche für Vogelarten wie Neuntöter, Schwarzkehlchen oder Raubwürger steht dem naturschutzfachlichen Primärziel des Prozessschutzes innerhalb des Bannwalds „Pfrunger-Burgweiler Ried“ entgegen. Dies betrifft im Wesentlichen eine ca. 17 ha große Fläche südlich des Großen Traubens (Flst. 4325 und 4327, Gemarkung Burgweiler), in welchen mehrere Reviere der genannten Arten liegen.

Auch im Gewann „Im weiten Ried“, das sichzwischen den Waldbereichen Hornung und Tisch erstreckt werden langfristig Brutlebensräume für Vogelarten halboffener Grünlandbereiche verloren gehen.

Auch im Bannwald können abweichend Prinzip des Prozessschutzes im Einvernehmen mit der höheren Forstbehörde Maßnahmen zur Erreichung des Schutzzwecks veranlasst werden.

Es bedarf hier einer gründlichen Abwägung der konkurrierenden Schutzgüter.

Übergangs- und Schwingrasenmoore vs. Große Moosjungfer

Eine sukzessive Entlandung und Freistellung von Torfstichen als Entwicklungsgewässern der Großen Moosjungfer führt zu einer punktuellen Zerstörung der Lebensraumtypen 7140 „Über-gangs- und Schwingrasenmoore“ und 7120 „Degradierte Hochmoore“. Andererseits sind Torf-moorschlenken als LRT 7150 und andere Kleingewässer mit ihrer hohen Artenvielfalt charak-teristische Bestandteile von Moorgebieten. Mittelfristig können die Entlandungsmaßnahmen jedoch auch der Erhaltung der Übergangs- und Schwingrasenmoore (LRT 7140) dienen, da sie die Sukzession zurücksetzen.

Pflegeeingriffe in Moore dürfen wegen der Empfindlichkeit und naturschutzfachlichen Wertig-keit dieser Lebensräume erst nach gründlicher Prüfung und Abwägung von Zielkonflikten um-gesetzt werden (BUCHWALD & SCHIEL 2002).

Uferabflachung vs. Lebensstätten des Eisvogels

Durch das Abflachen der Ufer von Torfstichen und entlang der Ostrach kann eine natürliche Entwicklung einer typischen Ufervegetation für die Lebensraumtypen [3150], [3160] und [3260]

initiiert werden. Andererseits benötigt der Eisvogel zur Anlage seiner Bruthöhlen geeignete hochwandigen Ufern oder abgebrochene Steilwände. Insgesamt bringt die naturnahe Entwick-lung von Gewässern stets auch eine Verbesserung des Lebensraums des Eisvogels mit sich.

Auf Eingriffe in besonders geeignete hochwandigen Ufer sollte dennoch verzichtet werden.

Um im Gesamtgebiet die Fläche mit zonierter Ufervegetation zu erhöhen, stellt auch schon die abschnittsweise Durchführung an einzelnen ausgewählten Torfstichen eine deutliche Aufwer-tung des Strukturreichtums dar.

Lebensraumtyp [3160] Dystrophe Seen und Teiche vs. Hochmoorgesellschaften

Zielkonflikte können sich ergeben, wenn dystrophe Stillgewässer zunehmend verlanden und sich zu naturnahen Moor-Lebensraumtypen entwickeln (Lebende Hochmoore [7110], Geschä-digte Hochmoore [7120], Übergangs- und Schwingrasenmoore [7140] sowie Torfmoor-Schlen-ken [7150]). Bei Sekundärgewässern hat die Moorentwicklung in der Regel Vorrang, während bei natürlichen Moorgewässern im Einzelfall zu entscheiden ist, ob Pflegemaßnahmen zur Er-haltung offener Wasserflächen zu ergreifen sind. Wenn die ErEr-haltung von Moorgewässern aus Artenschutzgründen erforderlich ist (z.B. für Libellenarten), sollte gegenüber der Beseitigung naturnaher Verlandungsvegetation in alten bzw. ehemaligen Moorgewässern in der Regel eine Neuanlage von Gewässern in angrenzenden degradierten Moorbereichen oder Moorrandbe-reichen bevorzugt werden (NLWKN 2012).

Schmale Windelschnecke [1014] vs. Offenland-Lebensraumtypen

Die Lebensstätten der Schmalen Windelschnecke überschneiden sich häufig mit Standorten des LRT Kalkreiche Niedermoore [7230]. Für die Art ist eine späte Mahd (September/Okto-ber) mit größeren Bracheanteilen besonders günstig – ein Pflegeregime, das auf eutrophier-ten, verschilften oder verbrachten Niedermooren oder auch Streuwiesen auf längere Sicht LRT-abbauend wirken dürfte. Bei vorkommen der Schmalen Windelschnecke sollte daher ein kleiner Teil des Mähguts auf der Fläche belassen werden. Die Mahd sollte nicht zu tief über dem Boden erfolgen. Möglich ist auch ein alternierender Wechsel unterschiedlicher Schnitthöhe und Menge der Streuschicht. Auf das Vorkommen der Schmalen Windelschne-cke wird in der entsprechenden Erhaltungsmaßnahme

Großes Mausohr vs. Naturnahe Waldbewirtschaftung vs Frauenschuh

Die Waldlebensraumtypen (außerhalb des Bannwalds) sollen wesentlich durch eine Natur-nahe Waldbewirtschaftung erhalten werden. Dabei stehen die standortsgerechte Baumarten-zusammensetzung im Vordergrund sowie die Bereitstellung von Altholzanteilen, Totholz und Habitatbäumen. Angestrebt werden Naturverjüngungsverfahren und das Belassen von Althol-zinseln u. a. Dabei entstehen strukturreiche Wälder mit einem gestuften Bestandsaufbau und in der Regel einer ausgeprägten Strauchschicht. Dem gegenüber stehen die Lebensrauman-sprüche des Großen Mausohrs, das zur Jagd möglichst geschlossene, hallenartige Hochwald-bestände ohne Kraut- und Strauchschicht bevorzugt. Von der Förderung von Habitatbäumen dagegen profitiert auch das Große Mausohr, da insbesondere die Männchen Baumhöhlen als Quartiere nutzen.

Ein gewisser Zielkonflikt mit der Erhaltung und Förderung des Standorts des Frauenschuhs besteht ebenfalls, da für diesen zur Optimierung der Lichtverhältnisse eine Auflockerung des Kronendaches vorgesehen ist, während das Große Mausohr ein geschlossenes Kronendach bevorzugt. Günstig dagegen würde sich die vorgesehene Reduktion der Strauchschicht für beide Arten auswirken. Es handelt sich hierbei aber um ein eindeutig umrissenes, relativ klein-flächiges Waldareal im Teilgebiet Zußdorfer Wald von etwa 4,7 ha, so dass auf dieser Fläche eindeutig dem Schutz der seltenen Orchideenart Vorrang gewährt werden kann. Das Große Mausohr profitiert in diesem Bereich von der Auflichtung, da sich ein Winterquartier der Art in einem Eiskeller im Zußdorfer Wald befindet.

Im FFH-Gebiet „Pfrunger Ried und Seen bei Illmensee“ ist aber insgesamt nicht von einem erheblichen Zielkonflikt zwischen der Waldbewirtschaftung und dem Großen Mausohr auszu-gehen, da im Offenland sowie im nicht bewirtschafteten Bannwaldbereich großflächige, geeig-nete Jagdhabitate vorhanden sind.

5 Erhaltungs- und Entwicklungsziele

Um den Fortbestand von Lebensraumtypen und Arten innerhalb der Natura 2000-Gebiete zu sichern, werden entsprechende Erhaltungs- und Entwicklungsziele formuliert.

Der Erhaltungszustand der FFH-Lebensraumtypen wird nach Artikel 1 e) der FFH-Richtli-nie folgendermaßen defiFFH-Richtli-niert:

Der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums ist günstig7 wenn,

 sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen und

 die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen bestehen und in absehbarer Zukunft wahrscheinlich weiter beste-hen werden und

 der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten im Sinne des Buch-stabens i) günstig ist.

Der Erhaltungszustand für die Arten wird nach Artikel 1 i) der FFH-Richtlinie folgender-ma-ßen definiert:

Der Erhaltungszustand einer Art ist günstig7 wenn,

 aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, dass diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird und

 das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehba-rer Zeit abnehmen wird und

 ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.

Erhaltungsziele werden formuliert, um zu erreichen, dass

 es zu keinem Verlust der im Standarddatenbogen gemeldeten FFH-Lebens-raumtypen und Arten kommt,

 die Größe der gemeldeten Vorkommen ungefähr erhalten bleibt und

 die Qualität der gemeldeten Vorkommen erhalten bleibt.

Das Verhältnis der Erhaltungszustände A/B/C soll (bezogen auf das gesamte Natura 2000-Gebiet) in etwa gleich bleiben bzw. darf sich zumindest nicht in Richtung schlechterer Zu-stände verschieben. Hierbei ist zu beachten, dass es verschiedene Gründe für die Einstufung eines Vorkommens in Erhaltungszustand C gibt:

 der Erhaltungszustand kann naturbedingt C sein, wenn z. B. ein individuen-schwaches Vorkommen einer Art am Rande ihres Verbreitungsareals in subop-timaler Lage ist;

 der Erhaltungszustand ist C, da das Vorkommen anthropogen beeinträchtigt ist, z. B. durch Düngung; bei Fortbestehen der Beeinträchtigung wird der Lebens-raumtyp oder die Art in naher Zukunft verschwinden.

7 Der Erhaltungszustand wird auf der Ebene der Biogeografischen Region sowie auf Landesebene entweder als günstig oder ungünstig eingestuft. Auf Gebietsebene spricht man von einem hervorragenden - A, guten - B oder durchschnittlichen bzw. beschränkten - C Erhaltungszustand. Die Kriterien sind für die jeweiligen Lebensraumtypen und Arten im MaP-Handbuch (LUBW 2013) beschrieben.

zung von Flächen für Entwicklungsziele wurden vorrangig Bereiche ausgewählt, die sich aus fachlicher und/oder bewirtschaftungstechnischer Sicht besonders eignen. Weitere Flächen in-nerhalb des Natura 2000-Gebiets können dafür ebenfalls in Frage kommen.

Die Erhaltungsziele sind verpflichtend einzuhalten bzw. zu erfüllen. Dagegen haben die Ent-wicklungsziele empfehlenden Charakter. In Kapitel 6 sind Empfehlungen für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen dargestellt, die geeignet sind, die Erhaltungs- und Entwicklungs-ziele zu erreichen.

Die Inhalte der Ziele für den jeweiligen Lebensraumtyp bzw. die jeweilige Lebensstätte bezie-hen sich auf das gesamte FFH-Gebiet (bei Lebensraumtypen und Anhang II-Arten) bzw. Vo-gelschutzgebiet (bei Vogelarten). Sie sind nicht auf die einzelne Erfassungseinheit bezogen.

5.1 Erhaltungs- und Entwicklungsziele für die