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5. Handlungsoptionen und -empfehlungen

5.3 Sicherung der Versorgung mit importierten Rohstoffen

Den Abschnitten 3.3 und 3.4 ist die Bedeutung der risikobe-hafteten Importrohstoffe für NRW und dessen Schlüsselin-dustrien zu entnehmen. Aufgrund des künftig deutlich steigen-den Bedarfs einiger dieser strategisch besonders bedeutsa-men Rohstoffe für die NRW-Industrie stellt sich die Frage, mit Hilfe welcher Maßnahmen sich die Sicherung der Versorgung mit diesen Importrohstoffen, die von einem mittleren oder so-gar hohen Versorgungs- und Preisrisiko gekennzeichnet sind, gewährleisten lässt. An dieser Stelle geht es zunächst einmal um die Sicherstellung der Versorgung mit importierten Primär-rohstoffen. Maßnahmen, die zur Substitution durch Sekundär-rohstoffe beitragen, was dann zu einem sinkenden Bedarf der hier zunächst im Fokus stehenden importierten Primärroh-stoffe führen würde, sind Gegenstand von Abschnitt 5.5.

Im Folgenden werden ausgewählte Maßnahmen zur Siche-rung der Versorgung mit importierten Primärrohstoffen aufge-zeigt, durch die NRW mit Hilfe seiner Vernetzung mit nationa-len und multinationanationa-len Gremien oder Einrichtungen mittelbar, teilweise aber auch unmittelbar einwirken kann.

Offenhaltung der Rohstoffmärkte

Rohstoffe stehen am Beginn industrieller Wertschöpfungsket-ten. Da die Lieferketten der meisten metallischen Rohstoffe weltweit aufgestellt sind und NRW in Bezug auf die Primärroh-stoffe eine annähernd vollständige Importabhängigkeit auf-weist, kommt daher dem möglichst uneingeschränkten Zu-gang zu offenen, freien und funktionsfähigen Rohstoffmärkten eine große Bedeutung zu.

Dazu tragen neben multinationalen Handelsabkommen auf der Ebene der WTO auch zwischenstaatliche Handelsverträge oder strategische Rohstoffpartnerschaften mit rohstofffördern-den Ländern bei. Im Falle von Deutschland wird, wenn es um die Einflussnahme auf WTO-Entscheidungen geht oder um den Abschluss bilateraler Verträge mit einzelnen Ländern, meist die EU-Ebene gewählt. Auf den Rohstoffmärkten erlaubt die WTO bis zu einem gewissen Grad Exportbeschränkungen, etwa zur Reduzierung von Umweltbelastungen. Ziel war die Schaffung eines Level Playing Fields (gleiche Wettbewerbs-bedingungen) unter Nachhaltigkeitsaspekten. Das nahm China allerdings zum Anlass, für einige seiner Rohstoffe Ex-portzölle, Exportquoten oder Mindestexportpreise zu erlassen (Bardt et al. 2013: 51). Diese Maßnahmen konnten aber von Japan, den USA und der EU über den Klageweg ausgesetzt werden. Es ist aber nicht auszuschließen, dass China oder an-dere Länder künftig erneut Exportrestriktionen vornehmen.

Das Eingehen weiterer Rohstoffpartnerschaften sollte NRW dann unterstützen, wenn es sich um Länder handelt, die Roh-stoffe fördern, die für das Land bzw. seine Industrie von be-sonderer strategischer Bedeutung sind. Dabei handelt es sich um bilaterale Verträge mit Rohstoffförderländern, die einen Rahmen für Vertragsabschlüsse der Unternehmen bilden. Der Abschluss von Lieferverträgen ist dann aber meist alleinige Aufgabe der rohstoffverbrauchenden Unternehmen oder, was

im Rohstoffbereich häufig der Fall ist, dazwischengeschalteter Rohstoffhandelsunternehmen. Bei diesen Lieferverträgen geht es dann nicht nur um die physische Lieferung der Roh-stoffe an sich, sondern auch um die Vereinbarung der Liefer-konditionen in Bezug auf Menge, Preis, Qualität und den Zeit-punkt der Lieferung.

In der Regel ist das Problem auf den Rohstoffmärkten weniger die Verfügbarkeit der Rohstoffe, sondern eher die Schwan-kung der Preise. Diese ergeben sich aus den Angebots- und Nachfrageveränderungen, sie werden auch durch Marktinter-ventionen in die eine oder andere Richtung beeinflusst, was die Preisschwankungen erhöhen kann. Dies können tarifäre Handelshemmnisse in Form von Zöllen sein, aber auch nicht-tarifäre Handelshemmnisse, wie z.B. Ausfuhrbeschränkungen der rohstoffliefernden Länder.

Auch die Strategien großer Rohstoffhandelsunternehmen, wie z.B. Glencore oder Rio Tinto, können sich auf die Höhe der Weltmarktpreise von Rohstoffen auswirken. Das gilt zudem für den Rohstoffhandel der großen Warenterminbörsen wie der New York Commodities Exchange (COMEX) oder der London Metal Exchange, da hier auch spekulative Faktoren hinzukom-men. Letztendlich haben die Börsen aber die Funktion, die für Rohstoffe typischen zeitlichen und regionalen Disparitäten von Angebot und Nachfrage auszugleichen und auf dieser Basis die Preise zu stellen (siehe dazu auch den Abs. 3.1).

Handelsbarrieren seitens der Rohstoffländer sind jedenfalls so weit wie möglich auf dem Verhandlungsweg abzubauen, da sich diese meist schon auf die Weltmarktpreise auswirken, so-bald sie angekündigt werden oder auch nur darüber spekuliert wird. Preiswirkungen können davon selbst dann ausgehen, wenn sich an den Angebots- und Nachfrageverhältnissen an-sonsten (noch) gar nichts verändert hat.

Ein besonderes Problem können die Rohstoffe darstellen, die nur als Nebenprodukt des Abbaus anderer Rohstoffe anfallen, wie z.B. des Kupfer- oder Zinkabbaus. Bei diesen Kuppelpro-dukten funktioniert der Markmechanismus nämlich nicht in gleicher Weise wie bei den Massenrohstoffen. Sollten gerade bei diesen als Nebenprodukt anfallenden Rohstoffen beson-ders hohe Nachfragesteigerungen auftreten, können Preis-ausschläge besonders hoch ausfallen. Diesen Aspekt gilt es daher im Blick zu behalten.

Neben den zu erwartenden Nachfragesteigerungen und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Rohstoffpreise und deren Angebot wird künftig aber auch noch ein anderer Aspekt eine Rolle spielen, der bislang so noch nicht zum Tra-gen gekommen ist: Künftig soll nach dem Willen der EU auch beim Rohstoffhandel stärker auf Nachhaltigkeit geachtet wer-den. Das bedeutet, dass die rohstoffnachfragenden Unterneh-men nachweisen müssen, dass die Rohstoffe unter Umwelt-gesichtspunkten und unter Wahrung menschenwürdiger Pro-duktionsbedingungen nachhaltig gefördert wurden. Das ange-sprochene Lieferkettengesetz, das bereits beschlossen ist und

ab dem Jahr 2023 gelten wird, wirft da seine Schatten bereits voraus. Auch wenn derzeit noch weitgehend unklar ist, wie dieses vom Grundsatz her begrüßenswerte Gesetz umgesetzt werden soll, wird es die zum Teil ohnehin schon recht schwie-rige Lage auf den internationalen Rohstoffmärkten und auch die Situation für die rohstoffnachfragenden Industrieunterneh-men nicht gerade erleichtern.

Ausweitung der Primärrohstoffgewinnung

Eine Möglichkeit, die Situation auf den Rohstoffmärkten ange-botsseitig zu entspannen, stellen Maßnahmen dar, die darauf abzielen, die Primärrohstoffgewinnung auszuweiten. Zwar ist es gerade in Bezug auf die metallischen Rohstoffe in Deutsch-land – und aufgrund geringer Erzvorkommen besonders in NRW – schwierig, die Primärproduktion auszuweiten bzw.

überhaupt erst einmal anzustoßen, dennoch gibt es dazu ei-nige Initiativen. So wird etwa im Erzgebirge die Förderwürdig-keit von Vorkommen der Seltenerdenmetalle oder in der Lau-sitz von Kupfer untersucht (Bardt et al. 2013: 52). Dies schließt auch innovative Projekte einer möglichen Förderung von Bo-denschätzen in der Tiefsee ein (BDI 2017: 6). Hieran ist auch die Bundesregierung beteiligt, in deren Auftrag die BGR ein Lizenzgebiet für Manganknollen im Nordostpazifik erkundet (Die Bundesregierung 2019: 36).

Vor allem beziehen sich solche Initiativen, durch die eine Wie-derbelebung oder Neuexploration der primären Gewinnung von Rohstoffen geprüft werden soll, um auf diesem Wege die Abhängigkeit von Rohstoffimporten aus Nicht-EU-Ländern zu verringern, aber in erster Linie auf andere EU-Länder und we-niger auf Deutschland. Darunter befinden sich auch Rohstoff-lagerstätten wirtschaftsstrategisch risikobehafteter Rohstoffe, deren Explorationsmöglichkeiten geprüft werden.

Dies betrifft z.B. Vorkommen von Seltenerdenmetallen in Skandinavien oder von Lithium in Portugal und – als zumin-dest ehemaliges EU-Mitglied – auch in Großbritannien. Deren Förderung wäre vermutlich auch nachhaltiger als in einigen der Förderländer außerhalb der EU. Allerdings ist aufgrund der fraglichen Wirtschaftlichkeit und der langwierigen Genehmi-gungsverfahren unklar, ob und inwieweit es tatsächlich ohne das Erfordernis einer dauerhaften Subventionierung zu einem Rohstoffabbau kommen wird. Lithium ist bekanntlich im Zu-sammenhang mit Lithium-Ionen-Batterien für die Elektromobi-lität relevant. Die Nachfrage wird demnach stark steigen und damit vermutlich auch der Preis für Lithium, sodass eine wirt-schaftliche Lithiumgewinnung in Europa auf Dauer doch mög-lich sein könnte. Das betrifft beispielsweise auch die Geother-mie-Werke am Oberrhein, für die sich unter geänderten öko-nomischen Vorzeichen große Potentiale für die Extraktion von Lithium aus geothermalen Wässern bieten. Das Beispiel zeigt, dass es unter Umständen auch in Deutschland eine Primär-produktion von risikobehafteten Rohstoffen geben kann.

NRW sollte diese Entwicklungen auf jeden Fall sehr genau verfolgen und über sein Netzwerk in der EU auch kritisch be-gleiten. Aufgrund der ausgewiesenen Bergbaukompetenzen

in NRW käme eventuell ein Technologie- oder auch Personal-transfer in Betracht, um diese Initiativen aktiv zu unterstützen.

Die Neuexploration in NRW bezieht sich dagegen eher auf In-dustriemineralien (siehe dazu auch Abs. 5.4) und die Gewin-nung von metallischen Rohstoffen ausschließlich auf Sekun-därrohstoffe (siehe dazu auch Abs. 5.5).

Darüber hinaus kann der Versuch unternommen werden, auf die Primärrohstoffgewinnung außerhalb der EU einzuwirken, indem z.B. Unterstützung bei der Identifizierung von Rohstoff-quellen und bei deren Erschließung geleistet wird. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn zu den Förderländern gute Beziehungen gepflegt werden, etwa durch Rohstoffpart-nerschaften, sodass dann auch mit einer verlässlichen Roh-stofflieferung zu rechnen wäre. Die Hilfen können zudem dazu beitragen, dass rohstoffliefernde Länder politisch und wirt-schaftlich stabilisiert werden, insbesondere dann, wenn die Rohstoffpolitik mit der Entwicklungspolitik verknüpft wird.

Dadurch kommt es zu einer Diversifizierung der Bezugsquel-len von Rohstoffen, was für die Industrie mehr Versorgungssi-cherheit beim Rohstoffbezug und eine Stabilisierung der Lie-ferketten zur Folge hat. Das Land NRW muss dafür nicht un-bedingt selber eintreten, es kann aber bei der entsprechenden Anbahnung derartiger Kooperationsprojekte durch Informa-tion, Beratung und ggf. auch die Zahlung von Beihilfen Unter-stützung leisten.

Staatliche Investitionen in den Bergbau

Geopolitische Rohstoffstrategien hat z.B. China sehr intensiv verfolgt, indem es im Ausland strategische Beteiligungen an Rohstoffunternehmen eingegangen ist, um sich faktisch die Kontrolle über die Rohstoffvorkommen zu sichern. Diese Stra-tegie war vor allem in rohstoffreichen afrikanischen Ländern erfolgreich (weniger z.B. in den USA, Kanada oder Austra-lien). Dadurch konnte China seine Rohstoffbasis, die als be-deutendstes Rohstoffförderland der Welt ohnehin schon enorm ist, noch deutlich ausbauen.

Die Spielräume, um solche strategische Beteiligungen einzu-gehen, sind inzwischen allerdings geringer geworden. Es stellt sich die Frage, warum staatliche Investitionen in den Roh-stoffsektor z.B. seitens der EU oder gar durch einzelne Bun-desländer wie NRW nicht schon erfolgt sind. Dies hat in erster Linie systemimmanente Gründe, da ein solches Vorgehen in westlichen Industrieländern keine staatliche Aufgabe ist. Das hängt damit zusammen, dass Direktinvestitionen in Form einer strategischen Beteiligung an ausländischen Unternehmen nur für inländische Unternehmen vorgesehen ist. Würden Direk-tinvestitionen also durch den Staat erfolgen, setzt dies das Vorhandensein staatlicher Rohstoffunternehmen voraus, die es aber zumindest in Deutschland bislang nicht gibt.

Schmieden von Rohstoffallianzen

Rohstoffnachfragende Unternehmen könnten sich an auslän-dischen Rohstoffunternehmen beteiligen oder eigene Berg-werke betreiben. Eine solche vertikale Integration wäre aber

mit sehr hohen Investitionen verbunden, die in mitunter poli-tisch eher instabilen Ländern getätigt werden müssten. Die da-mit einhergehenden Risiken wären vermutlich höher als es die mit den Importrohstoffen verbundenen Versorgungs- und Preisrisiken wären.

Derartige Bergbauprojekte lassen sich von einzelnen Unter-nehmen kaum bewerkstelligen, möglicherweise aber durch eine Kooperation mehrerer Unternehmen, wie bei der 2012 gegründeten, letztendlich aber gescheiterten „Allianz zur Roh-stoffsicherung“, einem Zusammenschluss von zwölf Unter-nehmen, darunter aus NRW Aurubis, Bayer, Evonik und Thys-senKrupp, die es sich zur Aufgabe machten, Rohstoffvorkom-men zu erkunden, zu bewerten und dadurch Beteiligungsopti-onen für deutsche Unternehmen zu schaffen (Bardt et al.

2013: 50). NRW könnte anregen, einen erneuten Versuch zu unternehmen, eine solche Allianz zu schmieden.

Vorratshaltung zur Absicherung von Lieferketten Eine Absicherung gegen Versorgungs- und Preisrisiken kann auch eine Lagerhaltung von Rohstoffen sein, sofern diese tat-sächlich strategisch wichtig, aber nur schwer oder gar nicht zu substituieren sind. Hierdurch könnten dann eventuelle Produk-tionsausfälle aufgrund ausbleibender Rohstoffliegerungen zu-mindest vorübergehend vermieden werden. Zu bedenken ist aber, dass eine Lagerhaltung immer auch mit nicht unerhebli-chen Kosten und einer Kapitalbindung verbunden ist.

Alles in allem ist zumindest von einer staatlich alimentierten Lagerhaltung von Rohstoffen sowohl aus ökonomischer als auch aus ordnungspolitischer Sicht eher abzuraten. Es han-delt sich hierbei letztendlich um eine Subventionierung von Unternehmen, die diese Rohstoffe einsetzen, da die Kosten für die Sicherung der Rohstoffversorgung sozialisiert werden.

Sicherlich wäre eine Möglichkeit, den Unternehmen eine Art Versicherungsprämie abzuverlangen, die zumindest die Kos-ten der Lagerhaltung abdeckt.

Die Frage stellt sich aber, wie zu verfahren ist, wenn die Lager zu höheren Rohstoffpreisen wieder aufgefüllt werden müssen, zumal die Preise anschließend auch wieder sinken könnten.

Die Unternehmen müssten dann auch die höheren Preise plus der Prämie zahlen. Der ökonomische Nutzen wäre zumindest zweifelhaft, da die Kurve der Preisentwicklung letztendlich le-diglich geglättet und nach oben verschoben wird. Der Aufbau von Lagerbeständen durch staatlich finanzierte Rohstoffge-sellschaften sollte daher, wenn überhaupt, auf ganz wenige, strategisch besonders wichtige und zugleich mit zum Teil ho-hen Risiken verbundenen Rohstoffe beschränkt bleiben.

Stattdessen haben Unternehmen die Möglichkeit, eine eigene Lagerhaltung zu betreiben. Dagegen könnten dann zumindest keine ordnungspolitischen Vorbehalte vorgebracht werden, gleichwohl wäre die ökonomische Sinnhaftigkeit ebenfalls fraglich. Immerhin hätten die Unternehmen dann aber die Möglichkeit, relativ flexibel auf die jeweilige Marktentwicklung zu reagieren. Laut einer Unternehmensbefragung des Bun-desverbandes der Deutschen Industrie wünschen sich knapp

die Hälfte der befragten Unternehmen eine politische Unter-stützung bei der privaten Lagerhaltung etwa in Form von Steu-ererleichterungen (BDI 2020: 3).

Fraglich ist aber, inwieweit die Förderung einer privaten La-gerhaltung eine öffentliche Aufgabe ist. Nur unter der Voraus-setzung, dass dies aus gesamtwirtschaftlicher Warte betrach-tet aufgrund der besonderen Relevanz der Versorgung mit be-stimmten strategisch bedeutsamen Rohstoffen zu bejahen wäre, könnte hierfür das Steuerrecht angepasst werden.

Dadurch ließe sich vermeiden, dass die von Unternehmen be-schafften Rohstoffvorräte zum Aufbau von Umlaufvermögen führen, das sich erst bei der Nutzung der Rohstoffe ertrags-wirksam auswirken würde, stattdessen könnte die Bildung ei-ner Rücklage für bestimmte staatlicherseits festgelegte Roh-stoffe zu einem sofortigen Betriebsausgabenabzug berechti-gen (Vetter 2020).

Absicherung gegen Preisrisiken durch Hedging Beim Hedging handelt es um ein Warentermingeschäft, das die Lieferung eines Rohstoffs zu einem künftigen Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis festlegt. Durch dieses Preissiche-rungsgeschäft, das z.B. über die London Metal Exchange ab-gewickelt werden kann, sinkt somit das Preisrisiko. Ein strate-gisches Hedging nutzen daher viele Unternehmen zur Absi-cherung gegen Preisschwankungen bei Rohstoffen. Setzt ein Rohstoffhandelsunternehmen strategisches Hedging ein, muss das Unternehmen, das von dem Händler beliefert wird, seinerseits keine Absicherung mehr vornehmen. Zwar ist die Kapitalbindung für ein strategisches Hedging gering, gleich-wohl sind hiermit auch einige Nachteile verbunden.

Zunächst einmal bedarf es eines gewissen Know-hows und eines entsprechenden Zugangs zum Finanzmarkt, um eine ef-fektive Hedging-Strategie überhaupt realisieren zu können.

Weiterhin ist jede Form des Hedgings zwangsläufig auch mit Kosten verbunden, da es sich um eine Art Versicherung gegen Preisschwankungen handelt, insbesondere Informations- und Transaktionskosten, sodass der Preis dafür, dass die Unsi-cherheit über die Rohstoffpreise sinkt, in einem gewissen An-stieg der Durchschnittspreise zum Ausdruck kommt (Bardt et al. 2013: 48f.) Eine noch so ausgeklügelte Hedging-Strategie kann im Übrigen nicht vor langfristig eintretenden Preisanstie-gen und auch nicht vor Lieferausfällen schützen, zudem gibt es nicht für alle Rohstoffe die Möglichkeit eines Hedgings.

Hedging ist somit keineswegs für alle Unternehmen geeignet bzw. erforderlich und auch nicht generell empfehlenswert, ins-besondere nicht bei den Rohstoffen, die meist von eher gerin-gen Preisschwankungerin-gen gekennzeichnet sind. Für die roh-stoffnachfragenden NRW-Industrieunternehmen, die trotz der genannten Einschränkungen dennoch an einem Hedging Inte-resse haben, aber unsicher sind, wie sie das bewerkstelligen könnten, wäre ein Beratungsangebot seitens der Landesregie-rung bzw. die Vermittlung von entsprechenden Beratungsleis-tungen hilfreich.

Diversifizierung von Bezugsquellen und Abschluss langfristiger Lieferverträge

Unternehmen, die sich eigenständig um die Rohstoffsicherung kümmern, haben wesentlich geringere Probleme beim Roh-stoffbezug und weisen geringere Wettbewerbsnachteile ge-genüber Konkurrenten aus rochstoffreichen Förderländern auf, als Unternehmen, die das nicht tun. Das liegt daran, dass letztere den teilweise anzutreffenden Marktverzerrungen auf den Rohstoffmärkten vollständig ausgesetzt sind. Diese Ver-zerrungen kommen dadurch zustande, dass Unternehmen in den Förderländern diverse Vergünstigungen zukommen, etwa eine Rohstoffversorgung zu günstigeren Konditionen, Subven-tionen und dergleichen. Soweit diese Unternehmen mit denen in Deutschland konkurrieren, resultieren daraus Wettbewerbs-nachteile. Wenn es sich bei dem Förderland um einen Staat mit einem geringen Anteil am weltweiten Bruttoinlandsprodukt handelt, spielt das möglichweise keine so entscheidende Rolle, wenn es aber um große Förderländer mit einem ver-gleichsweise hohen Anteil am BIP wie z.B. China geht, ist das ein durchaus wesentlicher Wettbewerbsfaktor.

Darauf zu warten, dass diese Wettbewerbsnachteile durch Maßnahmen auf der Ebene der WTO oder durch die EU-Han-delspolitik ausgeglichen werden, ist meist wenig zielführend, da auf diese Weise einige Wettbewerbsverzerrungen entwe-der gar nicht beseitigt werden können oentwe-der es relativ lange dauert, bis dies erfolgt ist. Umso wichtiger sind dann betriebli-che Maßnahmen der Unternehmen, um zumindest einen Teil der Wettbewerbsnachteile aufzufangen. Im Wesentlichen sind es zwei Dinge, die Unternehmen tun können: eine Diversifizie-rung der Bezugsquellen zur Deckung ihres Rohstoffbedarfs und der Abschluss von Lieferverträgen mit ihren Rohstoffliefe-ranten. Unternehmen mit einer diversifizierteren Lieferanten-struktur und guten Beziehungen zu ihren Lieferanten sind so-mit von den Rohstoffrisiken weniger betroffen.

Auf den ersten Blick mag es als Widerspruch erscheinen, durch die Diversifizierung von Rohstofflieferanten Wettbe-werbsvorteile zu erzielen. In der Regel ist es so, dass umso günstigere Konditionen ausgehandelt werden können, je hö-her die Abnahmemengen sind. Das spricht grundsätzlich ehö-her dafür, sich auf einen oder wenige Lieferanten zu konzentrie-ren. Dem steht aber entgegen, dass die Vereinbarungen mit einem Lieferanten schon alleine dadurch für das rohstoffnach-fragende Unternehmen positiver gestaltet werden können, wenn der Rohstofflieferant weiß, dass er sich gegen Konkur-renten durchsetzen muss. Zudem ist es wichtig, sich nicht zu von nur einen einzigen Lieferanten abhängig zu machen, da dann für den Fall, dass dieser seinen Lieferverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, möglichweise kurzfristige Pro-duktionsausfälle drohen, wenn kein anderer Lieferant einzu-springen in der Lage ist. Aus Sicht der Versorgungssicherheit ist es daher ratsam, gerade bei besonders risikobehafteten Im-portrohstoffen über mehrere Lieferquellen zu verfügen.

Der Abschluss von Lieferverträgen hat den Vorteil, dass so-wohl die Liefermengen als auch die Preiskonditionen bis zu einem gewissen Grad fixiert werden oder zumindest Preis-gleitklauseln bzw. Preiskorridore vereinbart werden können.

Vertragliche Vereinbarungen ermöglichen es zudem, im Falle einer Zuwiderhandlung von einem der Vertragsparteien recht-liche Schritte einleiten zu können, was ebenfalls der Erhöhung der Versorgungssicherheit dient. An der Stelle greifen dann ggf. auch die Maßnahmen zur Rohstoffsicherung der Bundes-regierung, wie z.B. die Garantien für ungebundene Finanzkre-dite, die langfristige Lieferverträge von deutschen Unterneh-men gegen Kredit- und Lieferausfallrisiken absichern, von de-nen bisher schon rund 4,4 Mrd. € übernommen wurden (Die Bundesregierung 2019: 20).

Sollte sich herausstellen, dass mehr Rohstoffe benötigt wer-den als ursprünglich vereinbart, weil z.B. der Absatz des nach-fragenden Unternehmens höher ausfällt als erwartet oder neue Technologien etabliert werden, die mehr Rohstoffe erfor-dern, ist das ein weiterer Grund, die Lieferantenstruktur von vorneherein zu diversifizieren, denn es kann dann sein, dass

Sollte sich herausstellen, dass mehr Rohstoffe benötigt wer-den als ursprünglich vereinbart, weil z.B. der Absatz des nach-fragenden Unternehmens höher ausfällt als erwartet oder neue Technologien etabliert werden, die mehr Rohstoffe erfor-dern, ist das ein weiterer Grund, die Lieferantenstruktur von vorneherein zu diversifizieren, denn es kann dann sein, dass