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Ebenen politischer Einflussnahme auf die Rohstoffversorgung

5. Handlungsoptionen und -empfehlungen

5.1 Ebenen politischer Einflussnahme auf die Rohstoffversorgung

Ausgangslage

Das Rohstoffangebot und die Rohstoffnachfrage steigen welt-weit an. Während das Angebot durch vermehrte Explorations-anstrengungen und das Auffahren neuer Minen erhöht wird, nimmt die Nachfrage infolge des Bevölkerungs- und Wirt-schaftswachstums sowie der Erhöhung des Lebensstandards zu. Hinzu kommt, dass neue Technologien einen zusätzlichen Rohstoffbedarf entfalten, was künftig bei einigen ohnehin schon risikobehafteten Rohstoffen zu erheblichen Nachfrage-steigerungen führen dürfte. Dadurch steigen die Preisvolatili-täten und Lieferrisiken bei diesen Rohstoffen weiter an. Davon besonders betroffen ist die EU. Die Rohstoffnachfrage wird im Zuge der Etablierung von Zukunftstechnologien weiter steigen und heimische Rohstoffvorkommen sind in Bezug auf metalli-sche Rohstoffe begrenzt. Dies lässt sich anhand dieser Rela-tion veranschaulichen: Während nur ca. 5% der weltweiten Förderung risikobehafteter Rohstoffe in der EU erfolgen, ver-braucht die EU ca. 20% davon (Europäischer Ausschuss der Regionen 2021: 3).

In Bezug auf metallische Primärrohstoffe ist die EU daher in hohem Maße auf Rohstoffimporte angewiesen. Wichtig ist da-her, dass der Zugang zu den internationalen Rohstoffmärkten gewährleistet ist. Die Funktionsfähigkeit der Rohstoffmärkte wird allerdings zum Teil durch staatliche Maßnahmen der Roh-stoffförderländer beeinflusst, wodurch die Wettbewerbsbedin-gungen verzerrt werden. Insbesondere werden die heimi-schen rohstoffnachfragenden Unternehmen oder solche Län-der, mit denen die Rohstoffförderländer bilaterale Beziehun-gen pfleBeziehun-gen, zu Lasten anderer rohstoffnachfraBeziehun-gender Unter-nehmen und Länder bevorzugt. Dies erfolgt z.B. durch exklu-sive Lieferverträge, bevorzugte Rohstofflieferungen aufgrund von strategischen Beteiligungen an Bergbauunternehmen, durch Subventionen und Rohstoffrabatte oder durch Export-beschränkungen (Zölle, Kontingente usw.).

Ziel dieser Maßnahmen ist es, die begünstigten Unternehmen bzw. Länder mit ausreichend Rohstoffen zu günstigen Kondi-tionen zu versorgen und zugleich höhere Weltmarktpreise

durchzusetzen. Relevant ist ein solches marktverzerrendes Verhalten insbesondere dann, wenn sich die Rohstoffförde-rung auf nur wenige große und zudem politisch instabile För-derländer konzentriert. In dem Fall können solche marktver-zerrenden Maßnahmen dann nämlich tatsächlich eine preis-beeinflussende Wirkung entfalten und im ungünstigsten Fall sogar zu einer Verknappung des physischen Angebots führen, mit der Folge stark steigender Preise bei den von den Markt-interventionen betroffenen Rohstoffen.

Es gibt aber nur wenige Beispiele, dass durch derartige Markt-eingriffe die Märkte über längere Zeiträume nachhaltig gestört wurden. Selbst China als das größte Rohstoffförderland der Welt vermochte dies trotz seiner enormen Wirtschaftskraft nur selten. Zwar hat China den Rest der Welt gelegentlich seine Marktmacht spüren lassen, letztendlich war es aber nicht im eigenen Interesse, die Funktionsfähigkeit der Rohstoffmärkte dauerhaft zu desavouieren. Zudem hat gerade ein so großes Rohstoffförderland ein vitales Interesse daran, seine Roh-stoffe auf dem Weltmarkt abzusetzen. Der Umstand, dass die eigenen Unternehmen durch Subventionen, Rabatte und der-gleichen möglicherweise alimentiert werden, muss und kann dann toleriert werden, wenn die betroffenen Rohstoffmärkte dadurch nicht zu sehr beeinträchtigt werden.

Die metallischen Primärrohstoffe müssen auch von NRW na-hezu vollständig importiert werden, sodass die Importabhän-gigkeit hier bei nahezu 100% liegt. Anders sieht das bei den heimisch geförderten Primärrohstoffen aus, bei denen es sich in erster Linie um nichtmetallische Industrieminerale und Bau-rohstoffe handelt. Sie sind besonders für den Aufbau und die Erhaltung der Infrastruktur unverzichtbar, aber auch für di-verse industrielle Anwendungen. Aufgrund ihrer zum Teil nur geringen Transportwürdigkeit – das gilt besonders für die Bau-rohstoffe Kies und Sand – sind Importe hier nur in begrenztem Maße möglich. Andere heimisch geförderte Rohstoffe sind we-niger transportkostensensibel (z.B. Tone), sie werden daher ein- oder auch ausgeführt, wenn sie in ausreichender Menge und der erforderlichen Qualität vorkommen.

Es existiert aber ein entscheidender Unterschied zwischen eingeführten und heimisch geförderten Primärrohstoffen: Im-portrohstoffe implizieren zwar immer ein mehr oder weniger ausgeprägtes Preis- und Lieferrisiko, aber sie sind mit keiner Flächeninanspruchnahme im eigenen Land verbunden, wie das bei den heimisch gewonnenen Primärrohstoffen grund-sätzlich immer der Fall ist. Die heimische Rohstoffförderung impliziert damit immer auch, dass es Flächennutzungskon-flikte geben kann. Zum einen bezieht sich das auf die Auswei-sung von Siedlungs- und Verkehrsflächen, die ansonsten möglicherweise auch für einen Rohstoffabbau infrage kämen, sowie land- und fortwirtschaftliche Nutzungen, zum anderen spielen mitunter Schutzanforderungen von Natur und Wasser eine Rolle. Es ist dann eine Güterabwägung zwischen diesen Nutzungs- und Schutzanforderungen vorzunehmen.

Zwar sind die Rohstoffvorräte in NRW noch für lange Zeit in ausreichender Menge verfügbar, die raumplanerischen Her-ausforderungen steigen aber. Die Aufsuchung neuer Rohstoff-vorkommen, die sich bislang schwerpunktmäßig auf ver-gleichsweise konfliktfreiere Räume konzentrierte, wird sich künftig vermehrt auch auf Flächen beziehen, die stärker von anderen Nutzungs- und Schutzanforderungen gekennzeich-net und damit konfliktbeladener sind. Auf Dauer könnte sich daher eine ausreichende Rohstoffversorgung zu vertretbaren Preisen gerade bei jenen Rohstoffen schwieriger gestalten, die durch eine steigende Nachfrage geprägt sein werden.

Sowohl in Bezug auf die importierten als auch die heimisch geförderten Primärrohstoffe ist die Gemengelage somit als durchaus schwierig zu bezeichnen und mit zahlreichen Unsi-cherheiten bzw. Risiken verbunden. Vor diesem Hintergrund stellt sich somit die Frage, welcher Primärrohstoffbedarf ei-gentlich künftig zu erwarten ist und wovon die damit einherge-hende Nachfrageentwicklung abhängt, wobei sich jeweils, je nach betrachtetem Rohstoff, ein gemischtes Bild zeigt:

- Wirtschaftswachstum: Es gibt grundsätzlich einen Zu-sammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Roh-stoffeinsatz dergestalt, dass der RohRoh-stoffeinsatz umso ausgeprägter ist, je höher die Wachstumsraten ausfallen.

Es hat sich aber bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sich der Rohstoffeinsatz vom Wachstum zuneh-mend abkoppelt. Demzufolge ist beispielsweise in den zu-rückliegenden zweieinhalb Jahrzehnten, die Rohstoffin-tensität tendenziell zurückgegangen bzw. die Rohstoff-produktivität gestiegen. Dieser Trend dürfte sich künftig noch weiter verfestigen, da sich die Rohstoffeffizienz wei-ter erhöhen wird und im Zuge der steigenden fähigkeit der Produkte und der verbesserten Recycling-technologien Primärrohstoffe zunehmend durch Sekun-därrohstoffe substituiert und Stoffkreisläufe damit ge-schlossen werden. Die NRW-Wirtschaft wird zudem mit nur knapp 1% p.a. bis 2035 eher verhalten wachsen.

- Strukturwandel: Zwar wird die Gesamtwirtschaft noch moderat wachsen, das Verarbeitende Gewerbe dürfte aber stagnieren und der Industrieanteil an der gesamtwirt-schaftlichen Wertschöpfung damit weiter sinken. Die

NRW-Schlüsselindustrien werden sich aber unterschied-lich entwickeln. Die Grundstoffindustrien, also große Teile der Chemischen und der Stahlindustrie, stehen aufgrund der Umstellung ihr energetischen Basis auf grüne Was-serstofftechnologien vor einer fundamentalen Transfor-mation, vor dem Hintergrund der Elektrifizierung der An-triebe aber auch die Automobilindustrie. Diese Schlüssel-industrien stehen daher vor einer durchgreifenden Zäsur, die mit Auswirkungen auf die Struktur des Rohstoffeinsat-zes verbunden sein wird. Der Maschinenbau sowie die Elektronik- und Elektroindustrie werden sich noch am dy-namischsten entwickeln, wobei hier nahezu alle risikobe-hafteten Rohstoffe eingesetzt und auch viele Zukunfts-technologien etabliert werden. Die Entwicklung der Kunst-stoffindustrie ist am schwersten einzuschätzen, da der künftige Einsatz von Sekundärkunststoffen u.a. von der Entwicklung der Primärkunststoffpreise abhängt. Die Bauindustrie, die im engeren Sinne nicht zum Verarbei-tenden Gewerbe gehört, und – durch deren Entwicklung bedingt – auch Teile der Keramikindustrie (Fliesen und Ziegel) dürften dagegen dynamisch wachsen, was vor al-lem in einer steigenden Nachfrage nach heimisch geför-derten Rohstoffen zum Ausdruck kommen wird.

- Etablierung von Zukunftstechnologien: Im Zuge der technologischen Megatrends Digitalisierung, Automatisie-rung und DekarbonisieAutomatisie-rung der Wirtschaft und der Elekt-rifizierung der Antriebe sowie der Energiewende werden in den NRW-Schlüsselindustrien damit einhergehende Zukunftstechnologien etabliert werden. Diese gehen je-weils mit einem zusätzlichen Bedarf an bestimmten (risi-kobehafteten) Rohstoffen einher. Auch wenn der Primär-rohstoffbedarf der Industrie insgesamt zurückgehen dürfte, wird die Nachfrage nach einigen Importrohstoffen sprunghaft steigen. Bei diesen Rohstoffen ist dann ein be-sonderes Augenmerk in Hinblick auf die Sicherstellung der Versorgung zu legen, da ansonsten die Entfaltung der Zukunftstechnologien gefährdet werden könnte.

- Bereitstellung von Sekundärrohstoffen: Ein entschei-dender Aspekt in Hinblick auf die künftige Rohstoffversor-gung wird die Bereitstellung von Sekundärrohstoffen sein, um hierdurch Primärrohstoffe zu substituieren. Dazu soll-ten verschiedene Ansatzpunkte in den Blick genommen werden, und zwar (1) die Verbesserung der Recyclingfä-higkeit der neu auf den Markt gebrachten Produkte (zirku-läres Design), (2) die Erhöhung des zur Verfügung ste-henden Sekundärmaterials (u.a. Steigerung der Sammel-quoten von Elektronikschrott, Verbesserung der Sortier- und Trenntechnologien, Unterbindung von (illegalen) Ex-porten von Schrotten und Altautos), (3) die Verbesserung der Recyclingtechnologien durch die Weiterentwicklung metallurgischer Wiedergewinnungsverfahren, (4) die Er-höhung der Verarbeitungskapazitäten für Sekundärmate-rialien und (5) die Erhöhung der Akzeptanz für den Ein-satz von Sekundärrohstoffen in neuen Produkten.

- Umsetzung der Kreislaufwirtschaft: Die Ergänzung der Produktgestaltung um die Eigenschaft Recyclingfähigkeit

(zirkuläres Design) wird auf dem Weg zu einer nachhalti-geren Kreislaufwirtschaft durch Schließung von Stoff-kreisläufen an Bedeutung gewinnen. Eine geschlossene Kreislaufwirtschaft ist allerdings eine Utopie, die nie voll-ständig umsetzbar sein wird. Dies hängt mit dissipativen Verlusten bei der Produktion und Nutzung der Rohstoffe sowie beim Recycling, qualitativen Einbußen bei der Er-stellung der Sekundärrohstoffe, Disproportionalitäten auf-grund der unterschiedlich langen Nutzungsdauer von Pro-dukten, Rohstoffabgängen durch Exporte und die vermut-lich auch auf Dauer gering bleibende Recyclingfähigkeit bei einigen metallischen Rohstoffen zusammen. Das wird zusammengenommen dazu führen, dass Stoffkreisläufe nicht gänzlich geschlossen werden, sodass auch weiter-hin ein gewisser Einsatz von Primärrohstoffen erforderlich bleiben wird. Dennoch ist die Kreislaufwirtschaft ein guter Ansatz, an dem man sich unter Nachhaltigkeitsgesichts-punkten orientieren kann und sollte.

- Realisierung einer effektiven Rohstoffpolitik: Die roh-stoffrelevanten Aspekte vermitteln einen Eindruck, wel-che Herausforderungen mit dem Thema Rohstoffe künftig einhergehen werden und an welchen Stellen sich politi-scher Handlungsbedarf ergeben könnte. Um den Erfor-dernissen bestmöglich gerecht zu werden, sollte die Roh-stoffpolitik auf die zu erwartenden Entwicklungen hin aus-gerichtet und optimiert werden. Im Folgenden werden ver-schiedene Ansatzpunkte für die Rohstoffpolitik vorgestellt und diskutiert sowie konkrete Maßnahmen empfohlen.

Ziele der Rohstoffpolitik

Vor dem Hintergrund der zuvor skizzierten Ausgangslage stellt sich anknüpfend daran die Frage, welche Ziele mit der Roh-stoffpolitik verfolgt werden sollten. Dies sind vor allem:

- Vermeidung von Lieferengpässen bei Importen risikobe-hafteter Primärrohstoffe,

- Sicherstellung einer ausreichenden und nachhaltigen hei-mischen Primärrohstoffförderung,

- Senkung des Primärrohstoffbedarfs und Erhöhung der Rohstoffeffizienz,

- Verbesserung der Recyclingfähigkeit der Produkte und Steigerung der Verfügbarkeit von Sekundärmaterialien, - Verbesserung der Recyclingtechnologien und Erhöhung

von Recyclingkapazitäten und Sekundärrohstoffeinsatz, - Etablierung einer auf die Schließung von Stoffkreisläufen

ausgerichteten nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.

Rohstoffpolitische Handlungsoptionen

Das rohstoffpolitische Leitmotiv von NRW sollte sein, dass die Hauptverantwortung für die Sicherung der Versorgung mit

im-portierten Primärrohstoffen bei der Industrie liegt. Der ord-nungspolitische Rahmen wäre ein marktwirtschaftlicher An-satz auf Basis eines freien Handels und eigenverantwortlicher Entscheidungen der betroffenen Akteure. Es gibt aber Um-stände, die rohstoffpolitischen Handlungsbedarf begründen:

- internationale Handelskonflikte im Rohstoffbereich und große Marktmacht einzelner rohstofffördernder Länder, - Verknappung von Importrohstoffen aufgrund von

Nach-fragesteigerungen infolge disruptiver Technologien, - steigende Anforderungen in Hinblick auf sozial- und

um-weltgerechte Lieferketten,

- divergierende Flächennutzungsansprüche in Bezug auf die Förderung heimischer Rohstoffe,

- notwendige Verbesserungen der Produktdesigns, der Wertstoffsammlung und der Recyclingtechnologien, - Ausbau der Kapazitäten von Anlagen zur Aufbereitung

von Sekundärmaterialien zu Sekundärrohstoffen, - Sicherung von Sekundärrohstoffen in Produkten zum

Ende ihrer Lebensphase hin (PKWs, Handys, PC-Bild-schirme, Batterien, Windkrafträder, Infrastruktur usw.).

Handlungsbedarf kann letztendlich in allen Bereichen der Rohstoffpolitik (Importrohstoffe, heimisch geförderte Primär-rohstoffe, Sekundärrohstoffe) und auf allen Ebenen entstehen (WTO-, OECD-, EU-, Bundes- und Ebene). Die NRW-Rohstoffpolitik sollte sich dabei nicht nur an Stellen einbringen, an denen ihre Einflussmöglichkeiten unmittelbar gegeben sind, sondern auch dort, wo eigentlich andere Institutionen zu-ständig sind, NRW aber aufgrund seiner Größe und wirtschaft-lichen Bedeutung auf die dort zu treffenden Entscheidungen einwirken kann. Vor diesem Hintergrund ergeben sich die fol-genden grundsätzlichen Handlungsoptionen:

- Einbringung in nationale und supranationale Rohstoffre-gulierungen, - initiativen und -aktivitäten,

- Flankierung von Maßnahmen zur Rohstoffsicherung, - Setzung rohstoffpolitischer Rahmenbedingungen

(An-reize, Vorgaben, raumplanerische Maßnahmen usw.), - Abbau bürokratischer Hemmnisse für Unternehmen im

Rohstoffsektor durch die Gewährleistung schneller, effizi-enter und rechtssicherer Genehmigungsverfahren, - Förderung der rohstoffrelevanten Forschung und

Ent-wicklung, von Rohstoffpotenzialanalysen und Pilotstudien sowie von Demonstrationsanlagen,

- Intensivierung des Dialogs mit Stakeholdern im Rohstoff-bereich (Wissenschaft, Wirtschaft, Verbände usw.),

- Information, Kommunikation, (Schul-)Bildung und Bera-tung zwecks Bewusstseinsbildung bei den Themen Roh-stoffe, Recycling und Kreislaufwirtschaft.

Bezugnehmend auf das zuvor Ausgeführte ergibt sich somit der folgende strategische Ansatz zur Sicherung der Roh-stoffversorgung in NRW:

- Schaffung alternativer Bezugsquellen für risikobehaf-tete Importrohstoffe: Bei vielen strategisch wichtigen metallischen Primärrohstoffen ist die Importabhängigkeit hoch, zudem wird die weltweite Nachfrage nach einigen dieser Rohstoffe künftig stark steigen. Insofern ist es sinn-voll, die Bezugsquellen der Rohstoffbeschaffung stärker zu diversifizieren. Dies umfasst die Unterstützung von An-strengungen in anderen Ländern, die sich bisher weniger in Bezug auf die Förderung dieser Rohstoffe hervorgetan haben, vorhandene Vorkommen zu explorieren. Mit die-sen Ländern sollten dann Rohstoffpartnerschaften einge-gangen und frühzeitig Lieferverträge abgeschlossen wer-den, wobei hierbei auch den Unternehmen eine beson-dere Verantwortung zukommt. Dies gilt auch für Länder, die bereits entsprechende Rohstoffe fördern, mit denen aber noch keine Rohstoffpartnerschaften oder Lieferver-träge abgeschlossen wurden. Risikobehaftete Rohstoffe könnten des Weiteren auch durch die Wiederaufnahme stillgelegter bzw. die Exploration neuer eigener Lagerstät-ten (in NRW, eher aber in anderen Bundes- bzw. EU-Län-dern), durch Urban Mining (Rückgewinnung von Rohstof-fen aus kartierten Deponien und Abraumhalden) und durch das Recycling (zurück-)gewonnen werden.

- Sicherung heimisch geförderter Primärrohstoffe: Es wird künftig schwieriger werden, die Versorgung mit hei-misch geförderten Rohstoffen sicherzustellen, da sich die Aufsuchung von übertägigen Rohstoffvorkommen teil-weise auf Flächen verlagern wird, die von weitergehen-den Nutzungs- und Schutzanforderungen geprägt sind.

Daher kommt es vermehrt zu Konflikten durch konkurrie-rende Flächennutzungsansprüche (Siedlungs- und Ver-kehrs- oder land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flä-chen) sowie den Natur- und Wasserschutz. Hier könnte es künftig zu Engpässen bei Rohstoffen kommen, die transportkostensensibel sind und daher eine möglichst flächendeckende Bereitstellung erfordern, für die zudem mit einer steigenden Nachfrage zu rechnen ist, wie das beispielsweise für Kies und Sand sowie Natursteine der Fall sein dürfte. Dies sollte die künftige Landes- und Re-gionalplanung im Auge behalten. Zudem ist verstärkt da-rauf zu achten, dass die Akzeptanz für die heimische Roh-stoffgewinnung durch Verbesserungen der Wissens- und Informationsbasis bestehen bleibt bzw. erhöht wird.

- FuE-Förderung von Technologien: Hierdurch soll zum einen die nachhaltige und effiziente Gewinnung von Pri-märrohstoffen durch die Entwicklung neuer Technologien sowie die langfristige Erschließung neuer Rohstoffpoten-tiale gefördert werden, zum anderen die technologische Einsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit des metallurgischen

Recyclings verbessert werden. Zur Finanzierung bietet sich die stärkere Nutzung von Horizont 2020, von EFRE und von Bundesprogrammen an. Diese Programme soll-ten durch NRW-Landesprogramme gezielt ergänzt wer-den. Hierzu wäre auch zu überlegen, die Mittel im Rah-men des Programms zur Soforthilfe für das Rheinische Revier und die künftige Verwendung der Mittel für die Strukturhilfen stärker in dem Sinne auszurichten (einige Aktivitäten in Hinsicht auf die Weiterentwicklung von Re-cyclingtechnologien wurden hier bereits entfaltet).

- Sekundärrohstoffe und Kreislaufwirtschaft: Besonde-res Gewicht sollte beim Inverkehrbringen neuer Produkte auf deren Recyclingfähigkeit gerichtet werden (zirkuläres Design). Zudem müssen die Mengen der Sekundärmate-rialien deutlich erhöht werden (Steigerung der Sammel-quoten, Verringerung der Schrottexporte usw.), parallel dazu aber auch die Kapazitäten der Recyclingwirtschaft, da ansonsten lediglich Halden entstehen, die keinen Nut-zen mit sich bringen, sondern nur eine Verlagerung des Entsorgungsproblems. Zwar ist die Umsetzung der Kreis-laufwirtschaft in einigen Bereichen schon recht weit ge-diehen, in den meisten gibt es bezüglich der Schließung von Stoffkreisläufen aber noch Nachholbedarf.

- Wiederherstellung und Ausbau der rohstofflichen Ex-pertise: Die entsprechende Expertise etwa in den Berei-chen Rohstoffgewinnung und -aufbereitung sowie Mine-ralogie und Metallurgie wurde in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten an den Hochschulen von NRW tenden-ziell eher zurückgefahren. Diesen Trend gilt es nicht nur zu stoppen, sondern umzukehren, um verlorenen gegan-genes Know-how in den genannten sowie in weiteren Be-reichen (z.B. in Bezug auf das Recycling und die Schlie-ßung von Stoffkreisläufen) wieder zurückzugewinnen bzw. neu aufzubauen. Dies schließt auch die Bergbaufor-schung im Energiebereich mit ein, die einerseits in die Forschung hinsichtlich der Gewinnung heimischer mine-ralischer Primärrohstoffe integriert, andererseits für den Technologietransfer genutzt werden sollte.

- Abstimmung mit anderen Rohstoffpolitiken und -stra-tegien sowie Unterstützung von Rohstoffallianzen:

Die Setzung rechtlicher Rahmenbedingungen, die Schaf-fung ökonomischer Anreize und weitere Maßnahmen im Rahmen der NRW-Rohstoffpolitik sollten möglichst gut mit der Rohstoffpolitik auf der Bundes-, EU-, OECD und WTO-Ebene abgestimmt werden und sich in die jeweili-gen Rohstoffstrategien auf der nationalen und supranati-onalen Ebene einfügen. Insbesondere die Abstimmung mit der Rohstoffstrategie der Bundesregierung und den Leitlinien und Maßnahmen zur Förderung einer nachhal-tigen Rohstoffpolitik des Forums für Bergbau, Minerale, Metalle und nachhaltige Entwicklung sollten dabei be-rücksichtigt werden. Sinnvoll wäre auch, die verschiede-nen Rohstoffallianzen aktiv zu unterstützen, wie z.B. die Europäische Rohstoffallianz, die Europäische Batteriealli-anz oder die AlliBatteriealli-anzen für die Grundstoffindustrie (Euro-päischer Ausschuss der Regionen 2021: 5).