• Keine Ergebnisse gefunden

Fact Sheet: Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung mit importierten metallischen Primärrohstoffen

6. Fact Sheets: Kurzf assungen zentraler Befunde

6.13 Fact Sheet: Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung mit importierten metallischen Primärrohstoffen

Das Wichtigste in Kürze

Im Folgenden werden Maßnahmen zur Sicherung der Ver-sorgung mit importierten Primärrohstoffen aufgezeigt, durch die NRW mit Hilfe seiner Vernetzung mit nationalen und multinationalen Gremien oder Einrichtungen mittelbar, teilweise aber auch unmittelbar einwirken kann:

Sie reichen von der Offenhaltung der Rohstoffmärkte, der Ausweitung der Primärrohstoffgewinnung, dem Schmieder von Rohstoffallianzen, einer Vorratshaltung zur Absiche-rung von Lieferketten, der AbsicheAbsiche-rung gegen Preisrisiken bis hin zur Diversifizierung von Lieferquellen.

Offenhaltung der Rohstoffmärkte

Da die Lieferketten bei den meisten metallischen Rohstoffen weltweit aufgestellt sind, kommt dem uneingeschränkten Zu-gang zu offenen, freien und funktionsfähigen Rohstoffmärkten eine große Bedeutung zu. Es gilt dabei insbesondere die ta-rifären Handelshemmnisse etwa in Form von Zöllen, aber auch nichttarifäre Handelsbarrieren wie z.B. Ausfuhrbe-schränkungen der rohstoffliefernden Länder zu beseitigen.

Dazu tragen multinationalen Handelsabkommen auf der Ebene der WTO, der OECD oder der EU bei, aber auch zwi-schenstaatliche Handelsverträge oder strategische Rohstoff-partnerschaften mit ausgewählten rohstofffördernden Län-dern.

Das Eingehen weiterer Rohstoffpartnerschaften sollte NRW unterstützen, wenn sie Rohstoffe betreffen, die für die Indust-rie von besonderer strategischer Bedeutung sind. Dabei han-delt es sich um bilaterale Verträge mit Rohstoffförderländern, die einen Rahmen für Vertragsabschlüsse der Unternehmen bilden. Der Abschluss von Lieferverträgen ist dann Aufgabe rohstoffnachfragender (Handels-)Unternehmen. Dabei geht es um die physische Lieferung der Rohstoffe, aber auch um die Vereinbarung der Lieferkonditionen in Bezug auf Menge, Preis, Qualität und den Zeitpunkt der Lieferung.

Ausweitung der Primärrohstoffgewinnung

Initiativen, die darauf abzielen, die Primärrohstoffgewinnung in Bezug auf metallische Rohstoffe anzustoßen bzw. auszuwei-ten, gibt es auch in Deutschland. So wird etwa im Erzgebirge die Förderwürdigkeit von Vorkommen der Seltenerdenmetalle untersucht und Lithium bereits gefördert. Das betrifft beispiels-weise auch die Geothermie-Werke am Oberrhein, die unter geänderten ökonomischen Vorzeichen demnächst eventuell Lithium gewonnen werden könnten. Zudem kommt eine För-derung von Bodenschätzen in der Tiefsee in Betracht, woran auch die Bundesregierung beteiligt ist. Vor allem beziehen sich solche Initiativen, durch welche die Abhängigkeit der EU von Importen metallischer Rohstoffe aus Nicht-EU-Ländern verringert werden soll, aber in erster Linie auf andere EU-Län-der (z.B. Portugal, Skandinavien oEU-Län-der Grönland).

NRW sollte diese Entwicklungen sehr genau verfolgen und über sein Netzwerk in der EU auch begleiten. Aufgrund der ausgewiesenen Bergbaukompetenzen in NRW käme ein Technologie- und Personaltransfer in Betracht, um diese Initi-ativen auch aktiv zu unterstützen. Auf dem Wege könnte auch auf die Primärrohstoffgewinnung außerhalb der EU eingewirkt werden, indem z.B. Unterstützung bei der Identifizierung von Rohstoffquellen und bei deren Erschließung geleistet wird.

Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn zu den För-derländern gute Beziehungen gepflegt werden, etwa durch Rohstoffpartnerschaften, sodass dann auch mit einer verläss-lichen Rohstofflieferung zu rechnen wäre. Die Neuexploration in NRW bezieht sich dagegen eher auf Baurohstoffe und In-dustriemineralien, die Gewinnung von metallischen Rohstof-fen dagegen ausschließlich auf Sekundärrohstoffe.

Schmieden von Rohstoffallianzen

Geopolitische Rohstoffstrategien in Form von strategischen Beteiligungen an Rohstoffunternehmen stellen in westlichen Industrieländern keine staatliche Aufgabe ist. Diese Art von Di-rektinvestitionen kommt eher für inländische Unternehmen in-frage. Direktinvestitionen durch setzen das Vorhandensein staatlicher Rohstoffunternehmen voraus, die es in NRW und auch dem restlichen Deutschland bislang nicht gibt. Rohstoff-nachfragende Unternehmen könnten aber auch eigene Berg-werke betreiben (vertikale Integration). Da dies mit hohen In-vestitionen verbunden, lässt sich dies kaum von einzelnen Un-ternehmen bewerkstelligen, sondern eher durch eine Koope-ration mehrerer Unternehmen. Bei Bedarf könnte NRW beim Schmieden solcher Allianzen Unterstützung leisten.

Vorratshaltung zur Absicherung von Lieferketten Eine Möglichkeit zur Absicherung gegen Versorgungs- und Preisrisiken von strategisch besonders wichtigen Rohstoffen, die schwer zu substituieren sind, kann eine Lagerhaltung dar-stellen. Zu bedenken ist aber, dass diese mit nicht unerhebli-chen Kosten und einer Kapitalbindung verbunden ist. Eine staatlich alimentierte Lagerhaltung von Rohstoffen ist nicht sinnvoll, da es sich dabei um eine Subventionierung von Un-ternehmen handeln würde. Der ökonomische Nutzen wäre zu-dem zweifelhaft, da die Kurve der Preisentwicklung lediglich geglättet, zugleich aber auch nach oben verschoben wird. Der Aufbau von Lagerbeständen durch staatlich finanzierte Roh-stoffgesellschaften sollte aber, wenn überhaupt, auf wenige, strategisch besonders wichtige und stark risikobehaftete Roh-stoffe beschränkt bleiben. Unternehmen sollten ansonsten ei-gene Lagerhaltung betreiben. Durch Anpassungen des Steu-errechts ließe sich beispielsweise vermeiden, dass die von Unternehmen beschafften Rohstoffvorräte zum Aufbau von Umlaufvermögen führen, das sich erst bei der Nutzung der Rohstoffe ertragswirksam auswirken würde, stattdessen könnte die Bildung einer Rücklage für bestimmte Rohstoffe zu einem sofortigen Betriebsausgabenabzug berechtigen.

Absicherung gegen Preisrisiken durch Hedging Beim Hedging handelt es um ein Warentermingeschäft, das die Lieferung eines Rohstoffs zu einem künftigen Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis festlegt. Durch dieses Preissiche-rungsgeschäft, das z.B. über die London Metal Exchange ab-gewickelt werden kann, sinkt somit das Preisrisiko. Ein strate-gisches Hedging nutzen daher viele Unternehmen zur Absi-cherung gegen Preisschwankungen bei Rohstoffen. Zwar ist die Kapitalbindung für ein strategisches Hedging gering, gleichwohl sind hiermit auch einige Nachteile verbunden. Zu-nächst einmal bedarf es eines gewissen Know-hows und eines entsprechenden Zugangs zum Finanzmarkt, um eine effektive Hedging-Strategie überhaupt realisieren zu können. Weiterhin ist jede Form des Hedgings mit Kosten verbunden, da es sich um eine Art Versicherung gegen Preisschwankungen handelt.

Eine noch so ausgeklügelte Hedging-Strategie kann im Übri-gen nicht vor langfristig eintretenden PreisanstieÜbri-gen und auch nicht vor Lieferausfällen schützen. Für rohstoffnachfragende Unternehmen wäre die Vermittlung seitens der NRW-Landes-regierung von einer entsprechenden Beratung hilfreich.

Diversifizierung von Bezugsquellen und Abschluss langfristiger Lieferverträge

Unternehmen, die sich um die Rohstoffsicherung kümmern, weisen häufig geringere Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten aus rochstoffreichen Förderländern auf, als Un-ternehmen, die das nicht tun. Das liegt daran, dass letztere den teilweise anzutreffenden Marktverzerrungen auf den Roh-stoffmärkten stärker ausgesetzt sind. Diese Verzerrungen kommen dadurch zustande, dass Unternehmen in den Förder-ländern diverse Vergünstigungen zukommen, etwa eine Roh-stoffversorgung zu günstigeren Konditionen, Subventionen und dergleichen. Soweit diese Unternehmen mit denen in Deutschland konkurrieren, resultieren daraus Wettbewerbs-nachteile. Wenn es sich bei dem Förderland um einen Staat mit einem geringen Anteil am weltweiten Bruttoinlandsprodukt handelt, spielt das möglichweise keine so entscheidende Rolle, wenn es aber um große Förderländer mit einem ver-gleichsweise hohen Anteil am BIP wie z.B. China geht, ist das ein durchaus wesentlicher Wettbewerbsfaktor.

Unternehmen können für eine Diversifizierung der Bezugs-quellen zur Deckung ihres Rohstoffbedarfs und den Abschluss von Lieferverträgen mit Rohstofflieferanten sorgen. Unterneh-men mit einer diversifizierteren Lieferantenstruktur und guten Beziehungen zu ihren Lieferanten sind somit von den Roh-stoffrisiken weniger betroffen. Es ist daher sehr wichtig, sich nicht zu von nur einen einzigen Lieferanten abhängig zu ma-chen, da dann für den Fall, dass dieser seinen Lieferverpflich-tungen nicht mehr nachkommen kann, kurzfristige Produkti-onsausfälle drohen. Aus Sicht der Versorgungssicherheit ist

es daher ratsam, gerade bei besonders risikobehafteten Im-portrohstoffen über mehrere Lieferquellen zu verfügen.

Der Abschluss von Lieferverträgen hat den Vorteil, dass so-wohl die Liefermengen als auch die Preiskonditionen bis zu einem gewissen Grad fixiert werden oder zumindest Preisgleit-klauseln bzw. Preiskorridore vereinbart werden können. Ver-tragliche Vereinbarungen ermöglichen es zudem, im Falle ei-ner Zuwiderhandlung von einem der Vertragsparteien rechtli-che Schritte einleiten zu können, was ebenfalls der Erhöhung der Versorgungssicherheit dient. An der Stelle greifen dann ggf. auch die Maßnahmen zur Rohstoffsicherung der Bundes-regierung, wie z.B. die Garantien für ungebundene Finanzkre-dite, die langfristige Lieferverträge von deutschen Unterneh-men gegen Kredit- und Lieferausfallrisiken absichern.

Sollte sich herausstellen, dass mehr Rohstoffe benötigt wer-den als ursprünglich vereinbart, weil z.B. der Absatz des nach-fragenden Unternehmens höher ausfällt als erwartet oder neue Technologien etabliert werden, die mehr Rohstoffe erfor-dern, ist das ein weiterer Grund, die Lieferantenstruktur von vorneherein zu diversifizieren, denn es kann dann sein, dass einer der Lieferanten nicht in der Lage ist, die Rohstofflieferun-gen auszuweiten oder dafür nicht akzeptable Konditionen ein-fordert. Um mehr Marktmacht auf der Seite der rohstoffnach-fragenden Unternehmen zu erzeugen, kann es im Übrigen sinnvoll sein, dass sich Unternehmen beim Abschluss von Lie-ferverträgen zusammenschließen. Dies wäre auch ein Ansatz-punkt für den Abschluss von Rohstoffpartnerschaften und ei-nen Informationsaustausch mit ausgewählten Förderländern.

Bei der Suche nach alternativen Beschaffungswegen könnte das Land NRW seinen Unternehmen unterstützen. Dies kann durch Vermittlung von Kontakten zu Unternehmen erfolgen, die hier bereits erfolgreich waren. Zudem könnte auf entspre-chende Angebote bei der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) verwiesen werden, die u.a. zur Information und Beratung von Unternehmen in Rohstofffragen gegründet wurde. Die DERA kann auch Kontakte zu den Kompetenzzentren für Bergbau und Rohstoffe herstellen, die an Außenhandelskammern eini-ger ausgewählter Länder eineini-gerichtet wurden, um deren Hilfe-stellung zu erbitten. Hilfreich sein könnte in dem Zusammen-hang auch das German Mining Network – Internationale Berg-bau- und Rohstoffkompetenz für deutsche Unternehmen.

Zur Identifizierung neuer Lieferquellen sollten Unternehmen Unterstützung durch Politik, aber auch die Wissenschaft erhal-ten (z.B. die Universitäerhal-ten Aachen, Bochum und Dortmund, Fachhochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrich-tungen). Zudem könnte die Energieagentur NRW eingebun-den wereingebun-den, etwa in Bezug auf die Kooperationsanbahnung zum nachhaltigeren Bergbau in ausgewählten Förderländern durch einen Transfer von Wissen und Bergbaumaschinen.