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Sequenzunspezifische Bindung an DNA und Chromatin

3 Material und Methoden

5.1 Sequenzunspezifische Bindung an DNA und Chromatin

In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass DEK sowohl an proteinfreie als auch an nukleosomale DNA binden kann (Abbildung 4.3, A). DEK verändert ebenso die Topologie der proteinfreien DNA, allerdings ist zwei bis drei mal mehr DEK notwendig, um eine Sättigung zu erreichen (Abbildung 4.3, B). Ein möglicher Grund hierfür könnte sein, dass DEK mit den Histonen H2A/H2B in Wechselwirkung treten kann (Alexiadis et al. 2000), daher könnte die Bindung von DEK an Minichromosomen im Vergleich zur Bindung an proteinfreie DNA besser und effektiver erfolgen. Da Alexiadis et al. nur limitierende Mengen an DEK in die Assays eingesetzt hat, könnte dies eine Erklärung dafür sein, dass Alexiadis et al. keine

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Topologieveränderung an proteinfreie DNA finden konnten (Alexiadis et al. 2000).

Eine weitaus plausiblere Erklärung aber wäre der Phosphorylierungszustand von DEK. Denn mittlerweile ist bekannt, dass DEK in vivo phosphoryliert ist und dass phosphoyliertes DEK in vitro weitaus schlechter an DNA binden kann als nicht-phosphoryliertes DEK (Ferdinand Kappes, persönliche Kommunikation). Da aber in Prokaryoten keine posttranslationalen Modifikationen stattfinden, ist das hier verwendete GST-DEK auch nicht phosphoryliert und kann daher gut an DNA binden.

Das von Alexiadis et al. gereinigte DEK stammte aus HeLa-Zellkernen und wurde sehr wahrscheinlich in einem phosphorylierten Zustand aufgereinigt.

Phosphoryliertes DEK kann die Topologie von SV40 Minichromosomen dagegen verändern, wenn auch nicht so gut wie dephosphoryliertes DEK (Ferdinand Kappes, persönliche Kommunikation). Ob die Phosphatgruppen bei der Bindung an DNA und Minichromosomen eine Rolle spielen ist nicht Bestandteil dieser Arbeit und muss noch ermittelt werden.

Die unterschiedlichen Produkte im Bandshift-Assay deuten darauf hin, dass sich die Bindung von DEK an Minichromosomen und an DNA, auch ohne Phosphatreste, voneinander unterscheiden. Während man bei der DNA-Bindung schon ab einem molaren Verhältnis DEK/DNA von 78 (Abbildung 4.3, A, DNA Spur 6) große DNA-Proteinkomplexe in den Taschen findet und ab 180 (Abbildung 4.3, A, DNA Spur 9) die gesamte DNA als Komplex vorliegt, ist bei letzterem Wert nur ein sehr geringer Teil des Chromatins in den Taschen zu finden (Abbildung 4.3, A, Minichromosomen Spur 9). Die Ergebnisse der EM-Analysen sprechen ebenfalls dafür, dass sich die Bindung an Chromatin und DNA unterschiedlich gestaltet (Abbildung 4.20), denn es ist deutlich zu sehen, dass DEK bei proteinfreier DNA eher intermolekulare Wechselwirkungen zwischen zwei oder mehreren DNA-Molekülen hervorruft, bei den Minichromosomen dagegen finden vorwiegend intramolekulare Wechselwirkungen statt, was zu der beobachteten starken Kompaktierung führt. Diese Kompaktierung könnte über die Interaktion von DEK mit H2A/H2B vermittelt werden.

Wenn man nun die Bandshift- und Topologieanalysen miteinander vergleicht, ist fest-zustellen, dass mehr DEK an die DNA oder die Minichromosomen binden kann, als für eine Sättigung der Topologieleiter notwendig ist (Abbildung 4.3, vgl. A und B).

Hier könnten weitere DEK-Moleküle durch Multimerisierung mit schon gebundenen in Wechselwirkung treten, die dann keine Supercoils mehr einführen, sondern nur noch

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über Protein-Protein-Wechselwirkung binden. In der Tat konnte in dieser Arbeit für GST-DEK eine Homo-Multimerisierung nachgewiesen werden (Abbildung 4.18), für his-DEK wurde dieser Beweis mit Far-Western-Analysen erbracht (Ingo Scholten, persönliche Mitteilung).

Des Weiteren wird weder die DNA noch das Chromatin vollständig in die positiv supergecoilte Form I DNA überführt, denn es entsteht immer eine Topoisomerleiter, was ein Hinweis darauf ist, dass keine homogene Population entsteht, sondern immer eine Mischpopulation von DNA-Molekülen, die unterschiedlich viele Supercoils aufweisen. Dies wird auch von den Elektronenmikroskopanalysen bestätigt, denn auch hier findet man bei allen DEK-Konzentrationen immer eine inhomogene DNA-Population (Abbildung 4.20, A). Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass ab einer bestimmten Menge an gebundenem DEK die sterische Behinderung durch die topologische Spannung zu groß wird. Es können dann vielleicht weitere DEK-Moleküle binden, die aber keine Supercoils mehr einführen. Eine zweite Erklärung für diesen Effekt könnte eine kooperative Bindung von DEK-Molekülen sein, denn wenn das erste DEK-Molekül an die DNA gebunden hat, wird die Bindung eines zweiten erleichtert, dabei bleiben andere DNA-Moleküle von einer Bindung ausgeschlossen.

Es konnte gezeigt werden, dass die Topologieveränderung eine spezifische Aktivität von DEK ist, denn das DNA-Bindeprotein SV40-T-Antigen und das Histon-bindeprotein NAP1 verändern die Topologie der DNA nicht (Daten nicht gezeigt).

Daher kann also ausgeschlossen werden, dass jedes DNA-Bindeprotein Supercoils in zirkuläre DNA einführt. Ein zusätzlicher Beweis hierfür ist, dass natives DEK und rekombinantes DEK aus drei unterschiedlichen Expressionssystemen die gleiche Aktivität hat. So verändert natives endogenes DEK aus HeLa-Zellkernen (Alexiadis et al. 2000) die Topologie der DNA ebenso wie GST-DEK aus Bakterien (Abbildung 4.3, B), his-DEK exprimiert in Cos-Zellen (Daten nicht gezeigt) und his-DEK exprimiert im Baculovirussystem (Abbildung 4.9, B) haben ebenfalls die gleiche Aktivität.

In den weiteren ausführlichen Studien konnte keinerlei Sequenzspezifität gefunden werden. DEK bindet (Abbildung 4.4, A) und verändert die Topologie (Abbildung 4.4 B) von zwei weiteren Plasmiden (Litmus- und HK-Plasmid) ebenso gut, wie die der SV40 DNA. Dies korreliert mit den Ergebnissen von Alexiadis et. al., die mit verschiedenen Plasmiden Chromatin rekonstituierten und so zeigen konnten, dass die zugrundeliegende DNA-Sequenz keine Bedeutung für die DEK-Aktivität hat

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(Alexiadis et al. 2000). Dies steht in Gegensatz zu den Ergebnissen der Gruppe um Markovitz, die zeigen, dass DEK sequenzspezifisch an die PET-Sequenz im HIV-2 Enhancer bindet (Kapitel 1.5), während DEK nicht mehr an eine Sequenz bindet, die sich an drei Stelle von der Wildtyp-Sequenz unterscheidet (Fu et al. 1997; Faulkner et al. 2001). Aus diesem Grund wurde die Bindung an genau das selbe DNA-Fragment, das auch von der Markovitz-Gruppe verwendet wurde, nochmals getestet.

Wie man in Abbildung 4.5 sehen kann, bindet DEK sowohl an die Wildtyp-Sequenz als auch an die mutierte Sequenz. Eine Erklärung für diese Diskrepanz könnte sein, dass die ersten Arbeiten (Fu and Markovitz 1996; Fu et al. 1997) mit dem HIV-2-Enhancer mit nuklearem Extrakt durchgeführt wurden und dass es sich deshalb beim so genannten Petsfaktor nicht um DEK handelt, sondern um ein anderes unbekanntes Protein. DEK ist in diesen Extrakten natürlich auch vorhanden und da DEK an jegliche DNA-Sequenz binden kann, bindet es natürlich auch an diese PET-Sequenz. Allerdings findet sich keinerlei Erklärung dafür, warum sich der Bandshift mit rekombinanten DEK mit der mutierten PET-Sequenz nicht kompetitieren lässt, während die Wildtyp Sequenz eine vollständige Kompetition auslöst (Fu et al. 1997).

Die Frage warum die Bindung von DEK an die mutierte PET-Sequenz nie direkt gezeigt wurde, sondern immer indirekt über Kompetitionsversuche gestestet wurde bleibt bei diesen Arbeiten offen. Aus den Ergebnissen dieser Arbeit ist zu schließen, dass die DEK-Aktivität von der DNA-Sequenz unabhängig ist.

Bisher konnte noch nicht gezeigt werden, dass DEK an eine bestimmte Sequenz bevorzugt bindet. Potenzielle Kandidaten für solch eine bevorzugte Bindung wären die AT-reichen SAR/MAR-Sequenzen. Denn der Bereich von DEK zwischen der Aminosäure 149 und 183 hat Homologien zu einem bekannten DNA-Bindemotiv, der SAF-Box (scaffold attachment factor) (Göhring et al. 1997; Kipp et al. 2000). Die SAF-Box oder SAP-Domäne; (SAF-A/B, Acinus PIAS) ist ein weit verbreitetes DNA-Bindemotiv, welches oft bei der chromosomalen Organisation involviert ist. Das Motiv wird durch ein nicht-variables Glycin in zwei Hälften geteilt und besteht aus sehr konservierten hydrophoben und polaren Aminosäuren. Die erste Hälfte der SAF-Box bildet eine α-Helix, der Bereich um das stark konservierte Glycin einen „Loop“, die zweite Hälfte liegt wieder als α-Helix vor (Kipp et al. 2000). Es konnte gezeigt werden, dass sich die SAF-Box von verschiedenen Proteinen spezifisch in die kleine Rinne der DNA an AT-reiche Sequenzen lagert (Kipp et al. 2000). Interessanterweise finden sich unter den SAF-Box-Proteinen auch bifunktionelle Proteine, die sowohl in

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den RNA-Metabolismus involviert sind als auch eine Funktion bei der Zellkernarchitektur haben. Ein Beispiel wäre der Scaffold-Attachement-Faktor A (SAF-A), der auch als hnRNP-U bezeichnet wird, da er auch ein Bestandteil der hnRNP-Partikel ist und darüber hinaus an RNA binden kann. Auf der anderen Seite hat SAF-A eine zweite Funktion bei der Organisation des Chromatins im Zellkern.

Diese Funktion wird über das DNA-Bindemotiv, der SAF-Box, vermittelt (Kiledjian and Dreyfuss 1992; Fackelmayer et al. 1994; Fackelmayer and Richter 1994; Romig et al. 1994). Demgegenüber gibt es aber auch SAR/MAR-bindende Proteine, die keine SAF-Box besitzen. Dazu gehören beispielsweise die HMGA-Proteine ((Zhao et al. 1993) und Kapitel 1.3.3.2), das Histon H1 (Izaurralde et al. 1989) und Topoisomerase II (Adachi et al. 1989). Interessant ist dabei, dass es sich bei diesen Proteinen unter anderem um sogenannte Architekturproteine handelt, die bei der Zellkernorganisation eine wichtige Funktion haben. Ebenso wie DEK (Abbildung 4.8) binden auch diese Proteine bevorzugt an überkreuzte DNA-Strukturen wie supergecoilte oder Kruziform-DNA. Dies könnte ein Hinweis sein, dass DEK eine Rolle bei der Zellkernarchitektur oder bei der Organisation des Chromatins haben könnte.