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Mögliche Mechanismen für die Einführung der Supercoils

3 Material und Methoden

5.4 Mögliche Mechanismen für die Einführung der Supercoils

5.4.1 Wrapping

Man kennt einige Proteine, die Supercoils über verschiedene Mechanismen in DNA einführen können. Die zunächst naheliegendste Möglichkeit ist der so genannte

„Wrapping“-Mechanismus, der das Winden der DNA um einen Proteinkomplex beinhaltet. Sehr gut beschrieben ist dieser Mechanismus für die Bindung des Histonoktamers, das durch seine Bindung negative Supercoils einführt. Aber es gibt auch Beispiele, bei denen die DNA nicht linksgängig wie beim Nukleosom, sondern rechtsgängig um das Protein gewunden ist. Das Resultat ist die Einführung von positiven Supercoils, da die DNA-Helix dabei überwunden wird. Ein gut charakterisiertes Beispiel sind die Hmf-1 und -2 Proteine des thermophilen Archäen Methanothermus fervidus. Die Supercoils werden dadurch eingeführt, dass jeweils zwei Homodimere an die DNA binden, um ein Tetramer zu bilden, wobei die DNA rechtsgängig um den Proteinkomplex gewunden ist (Musgrave et al. 1991; Marc et al. 2002). (Sandman et al. 1990) Dabei entsteht eine Struktur, die vergleichbar ist mit dem eukaryotischen Nukleosom.

Ein weiteres Beispiel für positives Supercoiling in hyperthermophilen Archäen ist das Protein Smj12 aus Sulfolobus solfataricus, das nicht ubiquitär in der Zelle vorkommt, sondern nur lokal auftritt. Allerdings sind weder Bindungsmechanismus noch die Funktion von Smj12 bekannt. Es wird vermutet, dass Smj12 den negativen Supercoils, die während der verschiedenen DNA-Transaktionen entstehen, lokal entgegenwirken kann (Napoli et al. 2001).

Es sind noch weitere Beispiele bekannt, die über den sogenannten „Wrapping“-Mechanismus positive Supercoils in ein geschlossenes zirkuläres DNA-Molekül

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einführen können. Die DNA-Gyrase, eine TypII A Topoisomerase von Prokaryonten und die reverse Gyrase, eine TypI A Topoisomerase von Archäen, verwenden diesen Mechanismus um eine gerichtete Strangpassage zu gewährleisten. Um dies zu erreichen, wird bei der DNA-Gyrase die DNA rechtsgängig um das Enzym gewickelt, dabei entsteht ein fixierter positiver Supercoil. So liegen G- und T-Segment immer in der gleichen Orientierung im aktiven Zentrum des Enzyms. (Gellert 1981; Champoux 2001).

Ein ähnlicher Mechanismus konnte für DEK ausgeschlossen werden. Die EM-Analyse eines 1000 bp Fragments zeigte keinerlei Verkürzung der DEK-gebundenen DNA, wie man es für einen „Wrapping“-Mechanismus erwarten würde (Abbildung 4.16, A) (Verhoeven et al. 2001), während bei rekonstituierten Histonoktameren, von denen bekannt ist, dass die DNA um den Proteinkomplex gewickelt ist, eine deutliche Verkürzung messbar war (Abbildung 4.16, C). Ganz im Gegenteil konnte mit DEK eine leichte Verlängerung der DNA um ca. 10% detektiert werden, was eher für eine Bindung über DNA-Interkalation spricht.

5.4.2 Interkalierung

Dieser mögliche Bindungsmechanismus für DEK wurde durch einen Bandshift-Assay in Gegenwart von Ethidiumbromid überprüft (Abbildung 4.17). Tatsächlich wird die Bindung von DEK an DNA inhibiert, wenn die DNA mit EtBr vorbehandelt wurde (Abbildung 4.17, A, Spuren 7-11), während die Bindung von H1 kaum beeinflusst war (Abbildung 4.17, B, Spuren 7-11). Es ist bekannt, dass sich H1 über ein AT-hook-Motiv in die kleine Rinne der DNA lagert, ohne aber mit bestimmten Aminosäureresten in die DNA zu interkalieren (Aravind and Landsman 1998). Aber ein Bindungsmechanismus allein über die Interkalierung von Aminosäureresten kann noch keine Erklärung für die Einführung von positiven Supercoils sein, denn eine Interkalierung von der Art, wie sie bei Ethidiumbromid beobachtet werden kann, hat zur Folge, dass die DNA an dieser Stelle aufgedreht wird. Daraufhin entsteht ein kompensatorischer positiver Supercoil an einer anderen Stelle im DNA Molekül.

Dieser Supercoil würde aber im Falle von DEK, von der im Ansatz anwesenden Topoisomerase I relaxiert werden, übrig bleiben würde ein negativer Supercoil. Wenn DEK tatsächlich über die Interkalierung bestimmter Aminosäuren an die DNA bindet,

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müssen noch weitere Faktoren an der Bindung beteiligt sein, um die positiven Supercoils einzuführen.

Grundsätzlich sind aromatische Aminosäuren gute Kandidaten für solch einen Bindungsmodus, denn es ist bekannt, dass sie sich mit ihrem aromatischen Ring zwischen die Basenpaare der DNA lagern können. Interessanterweise hat DEK in seiner potenziellen DNA-Bindedomäne zwei Phenylalaninreste, einen am Anfang und einen am Ende der SAF-Box. Des Weiteren findet man drei weitere Phenylalaninreste direkt vor der SAF-Box. Die SAF-Box des DNA-bindenden Proteins SAF-A dagegen besitzt keine aromatischen Aminosäuren in der SAF-Box und es ist bekannt, dass sich SAF-A in die kleine Rinne der DNA lagert ohne zu interkalieren (Kipp et al. 2000).

5.4.3 Looping

Wie schon oben erwähnt, kann eine Interkalierung nicht die einzige Erklärung für die Einführung von positiven Supercoils sein. Es gibt einige Beispiele für Proteine, die zwar interkalieren und trotzdem positive Supercoils oder keine Supercoils einführen können. Dies wird vor allem bei den HMGB-Proteinen deutlich, eine Familie von sequenzspezifischen und -unspezifischen DNA-Bindeproteinen (Kapitel 1.3.3.1). Das klassische HMG-1-Protein besteht aus drei Domänen, der A-Box, der B-Box und einem C-terminalen sauren Bereich. Die Bindung an die DNA erfolgt über einen sogenannten hydrophoben Keil in der B-Box, der immer aus drei hydrophoben Aminosäuren besteht, wovon die mittlere immer eine interkalierende Aminosäure ist Saito, 1999 #370]. Dadurch wird die DNA zum einen entwunden und zum anderen gebogen (Paull et al. 1993; Stros 1998). In einem geschlossenen zirkulären DNA-Molekül hat dies im Fall des HMG-1-Proteins die Einführung von negativen Supercoils zur Folge (Sheflin and Spaulding 1989; Stros and Muselikova 2000). Es wurden sehr viele Studien über die HMG-Proteine und die verschiedenen HMG-Box-Proteine und deren isolierte HMG-Boxen durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass die Interkalierung des hydrophoben Keils in der B-Box bei weitem nicht allein für die DNA-Bindung verantwortlich ist. So reichen einige Substitutionen von basischen Aminosäuren im Bereich der B-Box von HMG-1 aus, um die Supercoilingaktivität zu minimieren oder sogar von negativen zu positven Supercoils zu verändern. Wie und welche Bindungseigenschaften dadurch beeinflusst werden,

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ist noch unbekannt. Erstaunlich ist, dass ein Austausch des Phenylalanins (F103) im hydrophoben Keil der B-Box von HMG-1 gegen Serin die Supercoilingaktivität dieser Proteindomäne fast vollständig aufhebt (Stros and Muselikova 2000). Darüber hinaus ist bekannt, dass sich die Bindeeigenschaften der isolierten B-Box im Vergleich zur B-Box, die noch die nächsten 18 C-terminalen Aminosäuren hat, sehr stark in Bezug auf DNA-Biegung (Stros 1998), Affinität zu Kruziform (Stros and Muselikova 2000) und Supercoilingaktivität (Teo et al. 1995) unterscheidet. Ein sehr imposantes Beispiel für diese Unterschiede ist der RNA-Polymerase I Transkriptionsfaktor xUBF.

xUBF ist ein sequenzspezifisches DNA-Bindeprotein mit fünf hintereinander geschalteten HMG-Box-Domänen. Das Wildtyp-Protein führt negative Supercoils in zirkulär geschlossene DNA ein (Bazett-Jones et al. 1994; Hu et al. 1994). Wird die erste der fünf HMG-Boxen isoliert in den Topologieassay eingesetzt, werden positive Supercoils in die DNA eingeführt (Stros and Muselikova 2000). Die Richtung der Supercoils ist demnach also nicht nur auf ein einzelnes Interkalationsereignis zurückzuführen. Vielmehr scheinen weitere Faktoren eine Rolle zu spielen, wie beispielsweise die Interaktion mit anderen Proteindomänen oder in vivo mit anderen Proteinen (Stros and Muselikova 2000). Auch im Fall von DEK könnte eine Komponente der DNA-Bindung die Interkalierung einer oder mehrerer Aminosäuren sein, das Resultat der Bindung, nämlich die Einführung der positiven Supercoils, wäre dann von weiteren Proteindomänen oder einzelnen Aminosäuren bestimmt. Da für DEK gezeigt werden konnte, dass es mit sich selbst multimerisieren kann (Abbildung 4.18), könnte dies ein möglicher Faktor sein.