• Keine Ergebnisse gefunden

Sent.II d.3 q.2: Nihil enim existit in re extra nisi individuum vel singulare

Im Dokument R E L A T I ON A LS V E R G L E I CH (Seite 136-142)

B. Decker, Die Gotteslehre des Jakob von Metz, p.399-403

6 Sent.II d.3 q.2: Nihil enim existit in re extra nisi individuum vel singulare

7 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der scotischen Univozitätsthese findet sich: qdl. aven.III, 1; zur sonstigen Scotus-Kritik bei Durandus: Decker, Gotteslehre, pp.86-88.

8 qdl. aven.I, 1 (Stella 48): res vel ens reale.

solches, das als ein Soseiendes identifiziert werden k a n n : res dicitur per prius et simpliciter de re absoluta, de qua dicitur formaliter, praedicatione dicente hoc est hoc, sicut dicitur quod albedo, vel quantitas, et fortiori ratione, substantia, est res vel ens reale.9

Alles andere also, das per negationem nicht ein i m genannten Sinne "Absolutes" sein k a n n , sondern einen "respectus" meint, k a n n n u r i m abgeleiteten Sinne eine "res" heißen. D e r Bezug setzt das Bezogene voraus. Es gibt keine Verhältnisse, wenn es nicht zugleich etwas gibt, das i n solchen Verhältnissen steht. D a m i t sind aber insgesamt allererst die Präliminarien der T h e o r i e angesetzt;

diese bislang zitierten Texte könnten, wenn es nicht anderweitig gesichert wäre, niemals aus internen Gründen einem bestimmten A u t o r zugeschrieben werden. Das Specificum der Relationstheorie des D u r a n d u s liegt nämlich nicht darin, den Sekundärstatus der Relation als eine sekundäre Bedeutung von "res" zu bestimmen, sondern vielmehr darin, j e n e n als einen " m o d u s " z u interpretie-ren. W i r d damit nicht einfach der analoge Status bloß mit e i n e m eigenen N a m e n versehen? A u s d e m folgenden soll hervorgehen, daß damit auch inhaltliche Bestimmungen angegeben werden.

Durandus greift mit seinem M o d u s - B e g r i f f zurück auf die i m 13. Jahrhundert weit verbreitete Weise, den Status von Einteilungen des Seins zu bestimmen. D i e Transzendentalien sind allgemeine B e s t i m m u n g e n des Seins, nicht selbst verschiedene Seiende.

Analoges gilt für die aristotelischen Kategorien. Diese Weise v o n Verschiedenheit, die aus einsichtigen Gründen unterschieden werden muß von der i n aller logischen Klassifizierung beanspruch-ten spezifischen Differenz, nannte m a n eine "Unterscheidung d e m M o d u s n a c h " .1 0 So ist etwa Subsistenz unmöglich eine spezifische Differenz des Seins, sie ist aber auch nichts für sich Wirkliches.

Sie ist vielmehr die Weise, der M o d u s also, wie Substanzen sind.

Entsprechendes muß n u n auch von der Inhärenz gesagt werden.

A b e r der Status der Relation ist nicht einfachhin als Akzidentalität zu fassen. D e n n eine Qualität oder eine bestimmte Quantität ist als ein Dieses denkbar. Sie k o m m e n zwar normalerweise nicht selbständig vor; i n d e m U m s t a n d , daß sie überhaupt für sich denkbar sind, liegt aber zugleich die Möglichkeit einer isolierten Realität. Es gehört mit anderen W o r t e n zwar z u unserer E r f a h r u n g von natürlicher W i r k l i c h k e i t , daß diese A k z i d e n t i e n stets an

9 qdl. aven. I, 1 (Stella 48).

1 0 cf. R. Schönberger, Transformation, p.l32 sqq.

a n d e r e m v o r k o m m e n , aber dies gehört nicht zu i h r e m Begriff, d . h . es b e r u h t a u f k e i n e m W e s e n s z u s a m m e n h a n g .1 1 D i e s e begriffliche u n d - übernatürlicher Weise - auch reale Möglichkeit w i r d n u n bei d e r R e l a t i o n gerade ausgeschlossen. Ist für die absoluten A k z i d e n t i e n deren Inhärenz-Status selbst akzidentell, d . h . faktischer aber n i c h t notwendiger A r t , so läßt sich diese B e d i n g t h e i t v o n einer Relation eben n i c h t abtrennen. D u r a n d u s wiederholt es unermüdlich, daß es zur Wesensverfassung einer Relation gehört, das i n Relation Stehende vorauszusetzen:

Illud, cuius tota entitas et quidditas est formaliter esse ad aliud, non est ens, nisi quia entis . . . Tota entitas et quidditas respectus est esse ad aliud formaliter.1 2

D u r a n d u s gibt e i n nachvollziehbares Beispiel: D i e Eigentums-relation, die e i n e n Gegenstand e i n e m bestimmten Eigentümer zuordnet, ist sicherlich nichts für sich Wirkliches, sie ist aber a u c h nichts " a n " diesem Gegenstand. Z u m Bestand seiner W i r k l i c h k e i t gehört n i c h t das rechtliche Verhältnis, welches aber gleichwohl e i n echtes Verhältnis ist. Es ist dies somit e i n bloßer " m o d u s h a b e n d i " ,1 3 eine Weise des Im-Verhältnis-Stehens-zu. D a d u r c h verändern sich die ontologischen K o o r d i n a t e n der Kategorien-lehre g r u n d l e g e n d .1 4 D i e Relation, so könnte m a n sagen, ist das

1 1 qdl.I, 1 (Stella 48): <accidentia> absoluta sunt entia quia entis, non quidem formaliter et essentialiter, sed solum concomitative, quia non essent naturaliter, nisi essent in alio scilicet in substantia, tarnen sua quidditas non est esse in alio, immo praeter hoc habent suam formalem entitatem et quidditatem, sicut quantitas in sacramento altaris habet suam formalem entitatem, absque hoc quod sit in alio, vel sit alterius ut subiecti; et idem est de albedine. Insofern etwas nur seine eigene Bestimmtheit hat, kann es, zumindest was seine Identität betrifft, für sich vorkommen. Ob dies die uns bekannten Ursachen zu bewirken vermögen, ist demgegenüber sekundär. Insofern die ontologische Analyse die Möglichkeit separater Existenz offenläßt, gelangt der Sachverhalt in Entsprechung zur göttlichen Allmacht, die durch eben diese Möglichkeit als Nicht-Wider-sprüchlichkeit definiert ist: de natura cogn. (Koch 20).

1 2 qdl. aven.III, 1 (Stella 248); I, 1 (p.50): esse eorum est habitudo aliorum;

de nat.cogn. (Koch 20): Relativum secundum esse est illud, cuius esse est referri et essentia est relatio . . .

1 3 qdl. aven.I, 1 (Stella 56); an anderer Stelle bringt Durandus das Beispiel des "tangere" und "tangi", für welches das nämliche gilt.

1 4 An anderer Stelle sagt Durandus: si distinctio praedicamentorum sumeretur secundum naturas rerum secundum se, iam non esset nisi quattuor praedica-menta, scilicet substantia, quantitas, qualitas et relatio; quod est inconveniens.

Sed quia a dictis rebus fiunt praedicationes et denominationes pluribus modis, quibus se concernunt, ideo secundum pluralitatem illorum modorum sumitur pluralitas praedicamentorum: qdl. aven.III, 1 (Stella 245); Sent.I d.33 q.l a.21 (76vb): qui vellet variare naturas rerum secundum casus grammaticales multum erraret. Ob diese nicht-realistische Interpretation der Kategorien mit einem Einfluß von Olivis anti-realistischer Interpretation zusammenhängt, kann

auf-einzige wirkliche Akzidens. Es setzt nicht n u r faktisch häufig, sondern auch begrifflich notwendig ein anderes voraus, das i n eben dieser Relation steht. I m Unterschied z u sonstigen Akzi-dentien k a n n gar nicht i m eigentlichen Sinne von e i n e m Wesen der Relation gesprochen werden:

non proprie dicitur essentia, quamvis non sit alia res ab ea, nec subsistens, nec inhaerens, quia eius entitas vel quidditas non est esse hoc vel illud, sed esse huius vel illius, seu ad hoc vel ad aliud.1 5 Im Unterschied z u anderen Akzidentien läßt sich aber auch von e i n e m Etwas nicht sprechen. Die Relation ist der reine Charakter des W i e , das mit d e n A k z i d e n t i e n n u r gemein hat, daß es anderes voraussetzt. A n d e r s gesagt: Relationalität liegt nicht auf der Ebene der A k z i d e n t i e n , sondern auf d e r der M o d i ; sie ist e i n M o d u s wie Subsistenz u n d Inhärenz. Das impliziert übrigens auch, daß diese scheinbar vollständige Disjunktion für die Relation selbst nicht gilt:

Modus autem essendi, sie aeeeptus, praecise nec inhaeret, nec subsistit.16

I h r e r k o n s t i t u t i v e n Unselbständigkeit wegen distanziert d i e Relationalität die beiden anderen M o d i u n d rückt sie zugleich zusammen. D a m i t hat Durandus einen Ansatz gewonnen, aus d e m sich eine ganze Reihe von weiteren O p t i o n e n ergeben, die für die Ausgangsprobleme der Relationstheorie von größtem Belang sind. Als das pure W i e eines Was hat es selbst keine gegenständ-liche Wirklichkeit. Es fügt somit dem, das i n i h m vorausgesetzt ist, weder etwas h i n z u , n o c h könnte es m i t i h m zusammen e i n Ganzes k o n s t i t u i e r e n .1 7 D a m i t scheint D u r a n d u s gesichert z u haben, daß die göttliche Einfachheit d u r c h innertrinitarische Relationen nicht bedroht wird. U n d vice versa kann auch die A r t von Differenz, d u r c h die sich e i n bloßer M o d u s v o n einer "res"

unterscheidet, keine reale genannt w e r d e n .1 8

grund der schmalen Textbasis nicht entschieden werden; A. Maier hat eine Rezeption von Olivis Ehelehre durch Durandus entdeckt: Processo contro 1'Olivi, in: AM II, p.253.

1 5 qdl. aven.I, 1 (Stella 56 sq.).

1 6 qdl. aven.I, 1 (Stella 53);J.R. Weinberg, Nicolaus of Autrecourt, p.152: "Thus relation appear as radically distinet and irreducible kinds of being."

1 7 qdl. aven.I, 1 (Stella 49 sq.; 60).

1 8 op.cit. (Stella 50; 53); I, 2 (p.66): illa dicuntur differre realiter primo et simpliciter quae sunt sie diversae res quod utraque est per se subsistens, propria et distineta subsistentia.

Für die Trinitätsproblematik ergibt sich daraus, daß die gött-lichen Personen, die d u r c h Relationen konstituiert werden, eben nichts sind als die verschiedenen Weisen der göttlichen Wesenheit selbst. Es muß also, dies scheint für die Motivation der T h e o r i e von nicht geringerem Belang zu sein als für ihre Architektonik, für die göttlichen Relationen kein Sonderstatus reklamiert u n d begründet werden: Für die göttlichen Relationen gilt, was für Relationen überhaupt gilt.1 9

Unbeschadet dieser Festlegungen k a n n der Theologe Durandus sich nicht der Aufgabe entziehen, eine sabellianistische Depoten-z i e r u n g der Trinität a u f denkerisch überDepoten-zeugende Weise Depoten-z u vermeiden. A b e r auch hier bedarf Durandus keiner a d - h o c - T h e o rie. D e r Charakter des M o d u s wurde zwar eingeführt als Gegen-bestimmung z u d e n verschiedenen Weisen des Realseins, wie es Substanzen oder Akzidentien zukommt. Diese "Unwirklichkeit"

darf j e d o c h keinesfalls mißverstanden werden als eine Öffnung für bloß subjektive Willkür oder aspekthafte Äußerlichkeit. D i e Nachdrücklichkeit, m i t d e r die Nicht-Gegenständlichkeit d e r Relation unterstrichen wurde, will diese nicht zur Irrealität werden lassen. Vorgegebenheit fallt nicht mit Dinglichkeit zusammen.

Durandus möchte explizit an der Objektivität festhalten. D i e Weise, wie er dies tut, ist von besonderer Aussagekraft. Durandus sieht offenbar keine andere Möglichkeit, als d o c h wiederum von einer "res" z u sprechen. Damit bleibt er aber lediglich seinem Ansatz treu, welcher eingangs vorgeführt wurde. Jene Möglichkeit war insofern i n seinem Ansatz enthalten, als Durandus erstens

"res" als e i n e n analogen Begriff ausgelegt u n d zweitens das sekundäre A n a l o g o n als ein "secundum q u i d " , der Prädikation nach als "denominative" etc., gefaßt hatte.2 0 So waren j a auch innerhalb des "ens extra a n i m a m " sich voneinander graduell abhebende Weisen der Identität u n d Verschiedenheit angesetzt worden. M i t diesen Kautelen versehen übernimmt d e n n auch Durandus die aristotelische F o r m u l i e r u n g des ontologischen Status der Relation, der ihr das "minimum de entitate"2 1 zugewiesen hatte.

M a n muß fragen, was D u r a n d u s damit gewonnen hat. D i e Bestimmung der Relation als M o d u s besagt zweierlei:

1 9 Dies hatte auch schon B. Decker herausgestellt: "All dies gilt wie die durandischen Relationsbestimmungen überhaupt auch von den trinitarischen Relationen: sed differentiae essentiae et relationis in divinis non est pure et praecise secundum rationem, sed est ex natura rei, excluso omni actu rationis;

ergo tali differentia est aliquo modo realis: qdl. aven.I,1 (Stella 53).

-° cf. supra n.9.

2 1 qdl. aven.I, 2 (Stella 66).

1. D i e Relation ist eine Kategorie, die nicht allein d u r c h ein bestimmtes M e r k m a l von anderen Kategorien zu unterscheiden ist, s o n d e r n der vielmehr als solcher ein Sonderstatus z u k o m m t . Während andere Kategorien Gegenstände auf G r u n d einer be-stimmten Seinsweise betreffen, ist die Kategorie der Relation gar nichts anderes als eine Seinsweise. Sie ist eine Seinsweise v o n anderem; D u r a n d u s sagt konsequenter Weise, daß der Relation nicht selbst wiederum eine Seinsweise z u k o m m t .2 2

2. D e m steht allerdings gegenüber, daß Durandus gleichwohl in der Analogizität v o n "ens" u n d "res" für d e n Status des M o d u s einen abgeleiteten, schwachen, uneigentlichen, etc. S i n n v o n

"res" vorsieht.

3. D i e O n t o l o g i e des Durandus steht m i t anderen W o r t e n vor denselben Schwierigkeiten wie die scotische L e h r e der Formali-täten. Sie k a n n die Objektivität nicht anders festhalten als d u r c h Inanspruchnahme eines res-Charakters. Sie muß gleichwohl die-sen zugleich minimalisieren u n d veruneigentlichen. Diese A p o r i e könnte der Anstoß dafür gewesen sein, daß d e n verschiedenen Versuchen, d e n Realitätsstatus der Relation ontologisch zu bestim-men, kein weiterer hinzugefügt wurde. Allerdings hat auch der ganz andere Ansatz der Suppositionslogik sich nicht gänzlich der Ver-suchung entziehen können, die Sprache der Ontologie zu sprechen.2 3

2 2 qdl. aven.I, 1 (Stella 49): nihil quod sit modus essendi, habet modum essendi ei competentem denominative, quia tunc huius modus esset alius modus, et sie in infinitum.

2 3 A. Maier möchte wegen der übereinstimmenden Ersetzung der species in medio durch reale Qualitäten annehmen, "daß Ockham seinen Sentenzen-kommentar (seil, den des Durandus) gekannt hat und dass die Ubereinstimmung keine zufällige ist." Das Problem der species in medio, AM II p.439; cf. p.440.

10. KAPITEL J A K O B V O N V I T E R B O

1. Die "Scholastizität" von Jakobs Relationstheorie

A u c h wenn Jakob von Viterbo außerhalb d e r Mediävistik n o c h keine u n d innerhalb ihrer fast n u r eine ordensspezifische Beach-tung gefunden hat, scheint es gleichwohl keiner Rechtfertigung bedürftig, seine Relationstheorie hier aufzunehmen. Daß a n i h m vorbeigegangen wird, liegt wohl n u r daran, daß seine umfängliche literarische Produktivität erst seit etwa zwei Jahrzehnten (kritisch) ediert wird. I n B . Geyers materialreicher Philosophiegeschichte über "Die patristische u n d scholastische P h i l o s o p h i e " wird sein Name n u r hinsichdich seines Anschlusses an die kirchenpolitischen Thesen des Aegidius Romanus,1 i n Et. Gilsons "History of Christian Philosophy i n the M i d d l e Ages" n u r m i t einigen wenigen Erläu-terungen erwähnt.2 I m wesentlichen verweist Gilson j e d o c h ledig-lich a u f eine A b h a n d l u n g von M . G r a b m a n n aus d e n dreißiger Jahren, i n der dieser z u m ersten M a l Jakob von V i t e r b o i n einem

relevanten Z u s a m m e n h a n g untersucht hatte.3 Grabmanns Charak-terisierung des inzwischen zugänglichen Textes, daß er sich " d u r c h große Gründlichkeit, ruhige, unnötiger P o l e m i k abholde Sach-lichkeit"4 auszeichne, scheint durchaus zutreffend, wenn auch gewiß ergänzungsbedürftig. Zwei M e r k m a l e seien vorweg noch genannt: V e r m e i d e n auch die Texte jede Dramatisierung der Probleme, so werden diese d o c h gleichwohl mit allem gebotenen A u f w a n d untersucht. Auffällig ist dabei j e d o c h insbesondere die akzentuierte O r i e n t i e r u n g an bestimmten Autoritäten. Es sind dies vor allem Johannes Damascenus u n d insbesondere Simplicius.

Dessen i n d e n späten 1260er Jahren von M o e r b e k e übersetzter K o m m e n t a r zur Kategorienschrift des Aristoteles wird ganz beson-ders oft herangezogen; zwar sicherlich weniger häufig als Texte aus Aristoteles oder Averroes, aber d o c h i n einer gegenüber den

Im Dokument R E L A T I ON A LS V E R G L E I CH (Seite 136-142)