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Selbstgesteuertes Lernen und Lernstrategien im Kontext arbeitsintegrierten Lernens

6. Evaluation arbeitsintegrierter Lernumgebungen

6.3 Z USAMMENFASSUNG UND D ISKUSSION DER E RGEBNISSE

6.3.5 Weitere Forschungsperspektiven

6.3.5.2 Selbstgesteuertes Lernen und Lernstrategien im Kontext arbeitsintegrierten Lernens

Sowohl die veränderten Tätigkeitsanforderungen in der Arbeitswelt als auch neue

die zunehmende Bedeutung des selbstgesteuerten Lernens hin. Auch beim arbeitsintegrierten Lernen spielt die Selbststeuerung eine wichtige Rolle. Zum einen müssen eigenständig Aufgaben identifiziert und übernommen werden, zum anderen ist die Selbststeuerung über alle Phasen des Handelns hinweg, also bei der Zielbildung, Planung, Durchführung und Kontrolle, eine wichtige Zielgröße. Auch im Cognitive Apprenticeship wird gerade durch das Element der Exploration die Bedeutung von selbstgesteuertem Lernen betont. Es wurde bereits herausgearbeitet, daß Handlungsspielräume sowie zeitliche und inhaltliche Freiheitsgrade notwendige Voraussetzungen für die Entwicklung selbständigen Handelns darstellen. Es darf aber auch nicht übersehen werden, daß auch die Fähigkeit zur Selbststeuerung erst erworben werden muß und somit nicht bei allen Lernenden gleichermaßen als vorhanden vorausgesetzt werden darf (Mandl &

Reinmann-Rothmeier, 1999). Mangelt es Lernenden an Fähigkeiten zur Selbststeuerung, sind insbesondere in problemorientierten und situierten Lernumgebungen ineffektive Lernprozesse die Folge (Stark, Graf, Renkl, Gruber, Mandl, 1995; Gräsel, 1997).

Welche Bereiche von der Selbststeuerung betroffen sind, wird je nach Ansatz unterschiedlich konzeptualisiert. Zimmerman (1986) sieht metakognitive, motivationale und verhaltensbezogene Aspekte von der Selbststeuerung betroffen.

Ertmer und Newby (1996) erklären selbstgesteuertes Lernen anhand der Kategorien metakognitives Wissen (Wissen über Zusammenhänge von Anforderungen und geeigneten Bewältigungsformen, Wissen über eigene Ressourcen), metakognitive Kontrolle (Fähigkeit zur Planung, Überwachung und Evaluation von Lernprozessen) und Selbstreflexion. Boekaerts (1996) fokusiert in seinem Modell neben kognitiven Aspekten (bspw. Elaborations-, Strukturierungs- und Memorierungsstrategien) auf motivationale Komponenten der Selbststeuerung. Schreiber (1998) integriert verschiedene der vorhandenen Ansätze in einem handlungstheoretischen Rahmenmodell, in dem er Teilaspekte von selbstgesteuertem Lernen mit den Planungs-, Ausführungs- und Kontrollkomponenten einer Handlung in Verbindung bringt. Kerngedanke in diesem Ansatz ist, selbstgesteuertes Lernen als zielgerichtete Handlung zu verstehen.

Ein wesentliche Rolle beim selbstgesteuerten Lernen spielen Lernstrategien.

Lernstrategien können als Pläne von Handlungsabfolgen zur Erreichung eines Lernziels verstanden werden (Klauer, 1988), die unterschiedliche

Allgemeinheitsgrade besitzen können. Unterschiedliche Klassifikationsansätze für Lernstrategien liegen vor. Warr und Gardner (1998) unterscheiden bspw. primary und self-regulatory strategies. Primary strategies beziehen sich in erster Linie auf kognitive Strategien, die die Auswahl, Kodierung und das Abrufen von Lerninhalten steuern. Self-regulatory strategies umfassen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Lernmotivation, zur Steuerung der Anstrengungsbereitschaft, zur Abwehr von Leistungsängsten und zur Überwachung des Lernfortschritts. Für den schulischen und universitären Kontext liegen mit dem "Motivational Strategies for Learning Questionnaire" (Pintrich, Smith, Garcia & McKeachie, 1991) und dem "Inventar zur Erfassung von Lernstrategien im Studium" (Wild & Schiefele, 1994) erprobte Klassifikationen und Meßinstrumente vor.

Schaper (2000) untersuchte mit Hilfe von szenariobasierten Interviews Lernstrategien und Lernhandlungen von Auszubildenden beim arbeitsbezogenen Lernen in der gewerblich-technischen Ausbildung an unterschiedlichen Lernorten.

Da es in erster Linie um den Erwerb prozeduralen Wissens und arbeitsbezogener Kompetenzen ging, wurden Lernstrategien und -handlungen in direktem Bezug zu Arbeitshandlungen erfaßt. Auf der Basis von Lernortanalysen wurden Situationen mit Anforderungen an das selbstgesteuerte Lernen für unterschiedliche Lernorte ermittelt. Hierauf aufbauend wurde eine strukturierter Interviewleitfaden entwickelt, in dem typische Arbeits- und Lernaufgaben geschildert werden. Die Auszubildenden geben schließlich bei der Befragung an, welche Lernstrategien bzw.

Lernhandlungen sie in der geschilderten Situation einsetzen würden. Unterschieden wird zwischen Realaufgaben (hier beschreiben die Auszubildenden, wie sie bei einer bereits vorgekommenen Aufgabe tatsächlich vorgegangen sind) und fiktiven Aufgaben (hier stellen sich die Auszubildenden vor, wie sie bei einer Aufgabe, die sie noch nicht erlebt haben müssen, vorgehen würden).

Lernstrategien beim arbeitsbezogenen Lernen kommen in erster Linie in der Ausführung der Arbeitshandlung vorgelagerten bzw. nachgelagerten Phasen zum Einsatz (vgl. Schaper, 2000). In der Phase der Informationsbeschaffung werden folgende Strategien hauptsächlich eingesetzt: Beobachtung oder Befragung, Nutzung von Arbeitsunterlagen, kooperative Informationsbeschaffung. Bei der Planung und Vorbereitung des Handelns kommt als Strategie in erster Linie die Antizipation des Vorgehens und möglicher Probleme vor. Bei der Kontrolle und

Arbeitsresultate sowie eine Reflexion des Vorgehens bei der Aufgabenbewältigung statt. Da die Strategien anhand exemplarischer Aufgaben ermittelt wurden, sind Generalisierungen bzgl. der Häufigkeit des Vorkommens der Strategien nicht zulässig.

Der Vergleich der Lernorte zeigte, daß an dezentralen Lernorten (insbesondere an arbeitsintegrierten Lernorten) höhere Anforderungen an den Einsatz von Lernstrategien gestellt werden, als in klassischen seminarbezogenen Lernumgebungen in zentralen Bildungseinrichtungen. Auch wurde deutlich, daß gerade in besonders problemhaltigen Situationen die Auszubildenden beim arbeitsbezogenen Lernen deutliche Präferenzen für kooperative Lernformen zeigen.

Der Einsatz von Lernstrategien hängt auch von den Merkmalen der zu bearbeitenden Arbeitsaufgaben ab. Schaper (2000) fand erste Hinweise, daß Vielfalt und Dynamik der Tätigkeit sowie der vorhandene Handlungsspielraum in deutlichem Zusammenhang mit der Anzahl eingesetzter Strategien stehen, d.h. je vielfältiger und problemhaltiger eine Aufgabe ist und je mehr der Auszubildende die Arbeit auch planen und strukturieren muß, umso ausgeprägter ist der Einsatz von Lernstrategien.

Auch die personalen Merkmale von Auszubildenden spielen eine wichtige Rolle bei der Erklärung des Einsatzes von Lernstrategien. Auszubildende, die Lernen als Chance zur Weiterentwicklung begreifen (Lernzielorientierung) und bereit sind, sich aktiv neuen Herausforderungen zu stellen, zeigen ausgeprägteres strategisches Verhalten beim arbeitsintegrierten Lernen (Schaper, 2000). Durch die Studie von Schaper wurden erste Erkenntnisse zur Rolle von Lernstrategien und Selbststeuerung beim arbeitsintegrierten Lernen gewonnen. Interessant wäre in weiteren Untersuchungen, die Zusammenhänge von Lernstrategien und Arbeits-und Aufgabenmerkmalen sowie personalen Merkmalen der Lernenden genauer zu bestimmen. Auch sollte überprüft werden, inwieweit der Einsatz von Lernstrategien tatsächlich in Zusammenhang mit der Kompetenzentwicklung von Auszubildenden steht. Schließlich stellt sich die Frage, inwieweit der Einsatz von Lernstrategien beim arbeitsintegrierten Lernen durch gezielte instruktionale Maßnahmen unterstützt und angeregt werden kann.

6.3.5.3Auswirkungen arbeitsintegrierten Lernens auf die Motivation von