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Anwendungsbeispiele im betrieblichen Kontext

2. Modelle und Ansätze zur Konzeptualisierung arbeitsintegrierten

3.2 S CHWERPUNKT : A NLEITUNGS - UND B ETREUUNGSFORMEN

3.2.3 Cognitive Apprenticeship

3.2.3.3 Anwendungsbeispiele des Cognitive Apprenticeship Ansatzes

3.2.3.3.3 Anwendungsbeispiele im betrieblichen Kontext

Mentorenunterstützung in der Krankenpflegeausbildung

Gestaltungsprinzipien des Cognitive Apprenticeship Ansatzes wurden im Rahmen einer mentorenunterstützen praktischen Krankenpflegeausbildung umgesetzt und evaluiert. Als Mentor wird eine Person bezeichnet, die einem Schüler als Betreuungsperson für den gesamten Verlauf der Ausbildungszeit zur Verfügung steht. Der Mentor führt mit seinem Schüler vor Beginn des Stationseinsatzes sowie vor der Übernahme neuer Aufgaben jeweils Mentorengespräche, in denen er dem Schüler Aufgaben und Vorgehensweisen erklärt. Außerdem arbeitet er gemeinsam mit dem Schüler an geeigneten Aufgaben. Ziel ist, daß der Schüler selbst mögliche viele Aufgaben auf der Station übernimmt. Treten Schwierigkeiten auf, bietet der Mentor Hilfestellungen an. Mit zunehmender Handlungskompetenz des Schülers reduziert der Mentor seine Unterstützung und Anleitung. In nachbereitenden

Gesprächen werden die Arbeits- und Lernerfahrungen vom Stationseinsatz gemeinsam besprochen und reflektiert. Der Mentor ermuntert den Schüler, erworbenes Wissen in neuen Kontexten anzuwenden.

In einer Studie (Schaper, 2000) wurde die mentorenunterstützte Ausbildung mit anderen Ausbildungsformen (konventionelle Ausbildung, Bezugsschwesternsystem) verglichen. Gerade bei der konventionellen Ausbildung wird der Schüler von wechselnden Anleitern betreut. Durch den Wechsel der Anleiter verfügt niemand im Stationsteam über einen umfassenden Eindruck vom Wissensstand des Schülers.

Außerdem kommt es so zu einer Verantwortungsdiffussion beim Stationspersonal.

Schüler mit Mentoren haben eine klare Bezugsperson und der Schülerstatus des Lernenden wird unterstrichen.

Zunächst ergab der Vergleich der Ausbildungsvarianten, daß nur die Gestaltungsprinzipien Scaffolding, Artikulation und Reflexion bei der mentorenbasierten Ausbildung stärker realisiert wurden als bei den beiden anderen Ausbildungsformen. Für die übrigen Cognitive Apprenticeship Methoden konnten keine Unterschiede im Realisierungsgrad belegt werden. Es zeigte sich jedoch, daß bei der mentorenbasierten Ausbildung die fachlichen, methodischen, sozialen und personalen Kompetenzen der Auszubildenden stärker gefördert wurden als bei den übrigen Ausbildungsformen.

Verbesserung des Vorgehens bei der Diagnose und Prävention von Anlagenstörungen

Hintergrund

Störungszustände in komplexen Fertigungssystemen können zu Stillständen und somit zur Reduzierung der Anlagenverfügbarkeit führen. Durch Störungsprävention, d.h. das frühzeitige Erkennen und Ausschalten von potentiellen Störungsursachen sowie durch Störungsdiagnose und –behebung kann die Anlagenverfügbarkeit erhöht werden. Traditionell entsprechen diese Tätigkeiten den Aufgaben des Instandhaltungspersonals. Bei neuen Instandhaltungskonzepten wie Total Productive Maintenance (TPM) sollen möglichst alle Mitarbeiter an den Instandhaltungsaufgaben beteiligt werden. Insbesondere die Anlagenbediener

selbständig durchzuführen. Störungsvermeidende Maßnahmen nehmen eine zentrale Stellung bei TPM ein.

Trainingskonzept

Die Weiterqualifizierung der Mitarbeiter, insbesondere der Anlagenbediener, ist bei diesem anspruchsvollen Instandhaltungskonzept unerläßlich. Da die Instandhalter die Träger des Expertenwissens sind, das zum größten Teil nicht in Form von Büchern oder Anweisungen externalisiert vorliegt, müssen die Instandhalter in den Qualifizierungsprozess einbezogen werden. Durch ein gemeinsames Training von Anlagenbedienern und Instandhaltern sollte das strategische Vorgehen im Bereich der Störungsdiagnose, -behebung und –prävention verbessert werden. Hierbei wurden die Gestaltungsprinzipien des Cognitive Apprenticeship Ansatzes sowie ein Struktur-Lege-Verfahren eingesetzt. Durch das Struktur-Lege-Verfahren lassen sich insbesondere Prozesse der Artikulation und Reflexion sowie des Modeling unterstützen. Handlungswissen wie auch technisches Systemwissen können mit diesem Verfahren rekonstruiert werden (Sonntag & Stegmaier, 1998b). Das Training soll der Bedeutsamkeit strategisch geplanten Handelns sowie den hohen Kommunikations- und Kooperationserfordernissen bei Instandhaltungstätigkeiten gerecht werden.

Umsetzung der Gestaltungsprinzipien

• Umsetzung von Reflexion und Artikulation: Mitarbeiter mit unterschiedlichem Kompetenzniveau bereiten gemeinsam ihr Vorgehen anhand einer konkreten bearbeiteten Störung nach. Die eigenen Strategien werden so bewußt reflektiert und können mit den Strategien der Kollegen verglichen werden, was zur Optimierung der Strategien und Vorgehensweisen sowie zu Korrekturen der Wissenstrukturen der Mitarbeiter beiträgt. Zur Unterstützung von Reflexion und Artikulation wurde mit einem Struktur-Lege-Verfahren bzw. einem Leitfragen-Blatt gearbeitet. Folgende inhaltlichen Kategorien werden hierbei abgebildet:

Störungsbild/Symptome, Prüfschritte/Maßnahme, Störungsursachen, Reparatur-und Austauschmaßnahmen, vorbeugende Maßnahmen.

• Modeling und Coaching: Modeling und Coaching sollten direkt am Arbeitsplatz stattfinden. Hierbei werden die Experten (Straßenführer und Instandhalter) angehalten, Anlagenbediener bei auftretenden Störungen oder der Durchführung von Maßnahmen zur Störungsprävention in die Problemlösung einzubeziehen.

Die Experten sollen ihre Vorgehensweise und ihre dabei verfolgten Strategien den Anlagenbedienern verständlich erklären und diesen soweit möglich Teilaufgaben übertragen. Sind die Anlagenbediener überfordert, werden sie von den Experten entsprechend angeleitet und unterstützt.

Die Inhalte des Trainings sind nicht systematisch planbar, sondern hängen von den zufällig auftretenden Störungen ab. Lediglich durch die Auswahl von Störungen, die im Rahmen der Nachbereitung näher betrachtet werden sollen, kann Einfluß auf die Trainingsinhalte genommen werden. Der Trainingsleiter regte zur tatsächlichen Umsetzung der beschriebenen Elemente an und unterstützte die Mitarbeiter bei auftretenden Schwierigkeiten. Die Befähigung der Mitarbeiter zum Umgang mit den Visualisierungstechniken war hierbei eine wichtige Aufgabe des Trainingsleiters. Die eingesetzten Techniken des Trainings lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: (Seeger-Kelbe, 1997, S. 86):

„- Verstärkter Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den Mitarbeitern über authentische Arbeitsprobleme bei der Störungsdiagnose, -behebung und –prävention (zur Förderung von Artikulation und Reflexion).

- Wechselseitige Erläuterung des Vorgehens und unterstützendes Anleiten anderer Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Störungsdiagnose, -behebung und –prävention (zur Förderung von kognitivem Modellieren und Coaching).

- Erörterung und Förderung des Gebrauchs von Strategien zum systematisch geplanten und aufwandsgünstigen Vorgehen im Zusammenhang mit der Nachbereitung des Vorgehens bei Anlagenstörungen (zur Förderung strategischen Denkens und Vorgehens).

- Verwendung eines Struktur-Lege-Verfahrens bzw. eines Leitfragen-Blattes als Visualisierungshilfe zur Nachbereitung, Analyse und Optimierung des Vorgehens der Mitarbeiter bei Störungen (zur

Trainingseffekte

Auswirkungen des Trainings auf Anlagendaten (Störungszeiten, -arten und –orte), Verhaltensdaten (Erfolg, Schnelligkeit, Systematik im Vorgehen, Anzahl von Prüfschritten) sowie subjektive Einschätzungen (Bewertung von Trainingsergebnissen, -ablauf und –methodik) wurden untersucht. Die Störungszeiten an der betroffenen Anlage waren seit Beginn der Intervention rückläufig. Die subjektiven Einschätzungen der Teilnehmer bzgl. des Trainings waren positiv. Da der Posttest (Störungsdiagnoseaufgabe) schwieriger war als der Prätest konnte keine Verbesserung der Leistung der Trainingsteilnehmer bei den Störungsdiagnoseaufgaben festgestellt werden. Das geplante Prä-Posttest-Untersuchungsdesign konnte demnach nicht wie geplant realisiert werden. Eine nachträgliche Gruppierung der Trainingsteilnehmer in Extremgruppen in Abhängigkeit von der Häufigkeit ihrer Teilnahme am Training zeigte jedoch, daß häufig anwesende Mitarbeiter im Posttest bessere Leistungen erzielten als selten anwesende.

3.3 Zusammenfassende Diskussion

In diesem Kapitel wurde herausgearbeitet, daß die Möglichkeiten für arbeitsintegriertes Lernen sowohl von Aufgaben- und Arbeitsbedingungen (arbeitsstrukturale Perspektive) als auch von den realisierten Anleitungs- und Betreuungsformen bestimmt werden (instruktionale Perspektive). Weiter wurde dafür argumentiert, daß die Frage nach der Persönlichkeitsförderlichkeit von Arbeit nicht erst auf der Ebene der einzelnen Aufgabe zu stellen ist, sondern daß dieses Thema bereits bei allgemeinen Fragen der Organisations- und Technikgestaltung Berücksichtigung finden sollte.

Verschiedene arbeitsstrukturale Merkmale wie Handlungsspielraum oder Vollständigkeit der Tätigkeit, deren persönlichkeitsförderlicher Charakter sowohl theoretische Begründung als auch empirische Bestätigung erfahren hat, wurden beschrieben und hinsichtlich ihrer förderlichen Auswirkungen auf unterschiedliche Persönlichkeits-, Leistungs-, Motivations- und Zufriedenheitsmaße diskutiert.

Ausgehend von den Modellen zum Qualifizierungspotential sowie zum Lernpotential wurde aber auch deutlich herausgestellt, daß Lern- und Qualifizierungschancen immer durch das Verhältnis von Qualifikationsanforderungen zu augenblicklich bei einem Lernenden gegebenen Qualifikationsvoraussetzungen determiniert werden und somit eine differentielle und dynamische Arbeitsstrukturierung und Betreuung erforderlich ist. Nur wenn diesen Prinzipien Rechnung getragen wird, kann man davon ausgehen, daß demotivierende und lernhinderliche Über- bzw.

Unterforderung vermieden werden.

Bei der Diskussion der Anleitungs- und Betreuungsformen wurde deutlich, daß sowohl bei klassischen arbeitspsychologischen Trainingsansätzen (wie den psychoregulativ akzentuierten oder den kognitiven Trainings) als auch den neueren Ansätzen aus dem Umfeld der konstruktivistisch-orientierten Instruktionspsychologie ähnliche Methoden und Wirkmechanismen herausgehoben werden. So kommt bspw. der Beobachtung von Expertenhandeln, der Nutzung von Sprache und Sprechen, dem Einsatz von Denkprozessen zur gezielten Reflexion von Arbeits-und Lernerfahrungen sowie der Externalisierung von expertenähnlichen Wissenstrukturen in allen diskutierten Ansätzen ein großer Stellenwert zu. Im Cognitive Apprenticeship Ansatz, bei dem das Lernen durch die Bearbeitung authentischer Aufgaben und Probleme unter gezielter Anleitung eines Experten abläuft und als Enkulturation in eine Expertengemeinschaft verstanden wird, die sich durch zunehmende Teilnahme des Novizen an den Tätigkeiten in der jeweiligen Expertenkultur ausdrückt, werden die genannten Mechanismen durch den Einsatz der Methoden Modeling, Coaching, Scaffolding, Reflektion, Artikulation und Exploration integrativ kombiniert. Stärker als bei den klassischen arbeitspsychologischen Trainingsansätzen rücken beim Cognitive Apprenticeship die Beziehung Experte-Novize, der Aufbau metakognitiver Kompetenzen sowie die Einbindung in den sozialen Kontext einer Expertengemeinschaft in den Vordergrund. Entsprechend geht es beim Lernen auch um den Erwerb von Überzeugungs- und Meinungssystemen nicht lediglich die Aneignung isolierter Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Von unterschiedlichen Anwendungen des Cognitive Apprenticeship im schulischen, universitären und betrieblichen Kontext wurde berichtet. Meist wurde in den durchgeführten Untersuchungen der Realisierungsgrad der einzelnen Cognitive

Beziehung zu Veränderungen personaler Merkmale (wie Kompetenzentwicklung oder Ausbildungszufriedenheit) gesetzt. Diese beiden Aspekte wurden bei der Planung und Auswertung der hier vorliegenden Untersuchung berücksichtigt (vgl.

Untersuchungsanlage und Ergebnisse in Kapitel 6).