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identifizierenden Ursachen

Beispiele für solche Krankheiten gibt es aus der Vergangenheit und der Gegenwart (unten-stehende Tabelle).

Das Tannensteı-ben ist in Europa seit mehr.

als 200 Jahren bekannt (CRAMER 1984, LEIBUNDGUT 1988) und dennoch unzurei-chend geklärt. Eine plausible Hypothese für das

Bezeichnung Verbreitung Itrehlrhıitıblld

Sμtller auch in anderen Gebieten Bestandessterben der Schweiz

Brig). Unterschledllch stark sterben geschädigte Ftlhrenbesilinde aul

einer Gesamtllilohe von etwa 13000 hd (1977/78)

Zllrlohberg. bei Hllngg (Zürich) sowie Baumsterben lm Sihlwald und Lehrwald der ETH

Nordwestschweiz (Stand 1989)

Nordwestschweiz, aber lm ganzen Slammquerschnitt.

bekannt (Stand 1989190)

Waldföhrel lislllch von Winterthur (Hegiwald)

ıchlden und Ostschweiz. Nadelbaum- Baumslerben besttlnrle in Htlhenlagen zwischen

700 und 1100 m tl. M. aul einer 'Gesamlllliche von etwa 1000 ha

betrolien

Tennenıterlıırı Lokal im Wallis seit 1920. sell den Kronenverlichtung. Zuwachs-lllnlziger Jahren lm Mittelland und depresslon, pathologischer Nasskern in den lleleren Lagen des Jura, im Stamm (lalr.). Baum- bis

Flihrenslerben Sell etwa 1945 im Mlttelwallis Kronenverlichtung, Zuwachs-(Flhonetal mischen Martigny und depression. Baum- bis

Bestandes-lluehenıtertıen 1940/41 lokal im Wald aul dem Lin- Kronenverlichtung, und -vergllbung, denberg bei Wlnlerlhur, aul dem olattiges Abbrechen rler Fllnde,

ltuehırııtıı-lien An gewissen Orten seit längerer Kronenverlichtung und -verglltıung.

reueııınselııeım- zelt bekannte Krantnall. heut« ıoleı Kıeınelallrıglreir. euenenwolısnııınıaus 1986; Schutt lt Lane 1980

lluse) in weiten Teilen des Btlchenareals aut der Stammrinde, Rlndennekrose (Buchenrinıien- auf der Alpennordselle. Erhebliche. mil Schlelmlluss, Ablilattern der

nekrıııei well verbreitete Schaden in der Rinde, Pllzoelall. Baumsterben ' Buchın~8prllzirem Ali etwa 1986/87 v.a. in der Slernlnrmiger Nasskern lm tl??

Buchenareal der Alpennordselte Kronenverlichtung (7)

Buehenıterlıen Seltetwa19B8 lokal in einem Kronenverlichtung und -verlärbung.

Mlschwald (Hauptbaumarl: Kleinblathlgirell, Baumstorben

Wlnterlruıl- lm Frllhianr 1987 lokal in der Zentral- Nadelverlärbung, Kronenverlichtung.

Itrınirhıltıvırlıul Quellen

Chronisch. Ab etwa 1980 Leiiıundgut 1974, 1981;

zeichnet sich lm Mittelland Sehweingruber et al. 1953: Lenz eine Erholung im Zuwachs- el al. 1988; Schmid-Haas 1989;

verlaul ab (auch lm Schwarz- Baumann et al. 1990; Cramer wald und in den Vogesen) 1984; Kenlr 1989; Gerecke 1990;

Becker 1991

Chronisch, drastische EAFV 1981; Kienasl 1902 Verschlechterung der

Föhren-vilalltlil In den 40er Jahren nach Trockenperioden

Akut Leil1unrlgut1943. 1944:

110011944

Chronisch Meier et al, 1991; Z^Gral;l9en

Waller & Kucera 1991:

Walter et al. 1901; Schnell 1956

Il

Akut Matyssek et al. 1991

Akut; Schadenareal hal sich EAFV19E-B nach dem Ereignis kaum mehr

' . vergrlisserl

Krankheiten mit schwierig zu identifizíerenden Ursachen in der Schweia. Beispiele aus der Vergangenheit und der Gegenwart.

20 FORUM für Wissen 1992 Frank Haemmerli Tannensterben in der Schweiz (seit etwa 1950

regional) steht noch aus; aus Fallstudien sind jedoch Hypothesen bekannt. LEIBUNDGUT (1974/1981) bringt die komplexe Erkrankung der Tannen im Mittelland in Verbindung mit Wítterungs- und Klimaanomalien; er erwähnt aber auch die Unzweckmässigkeit von wald-baulichen Massnahmen. LENZ et al. (1988) neh-men an, dass die Zuwachsanomalien im Berner Mittelland nicht allein auf Witterungsfaktoren, sondern auch auf anthropogenen Einflüssen beruhen. SCHMID-HAAS (1989) vermutet für einen bestimmten Fall bei Bremgarten (AG), dass lokale Immissionen (Chlor) am Vitali-tätsverfall beteiligt waren.

Das Föhrensterben im Mittelwallis ist eben-falls ein seit Jahrzehnten bekanntes Phänomen.

Es ist nicht restlos geklärt. Die von der damali-gen EAFV (1981) in den siebziger Jahren durchgeführten Untersuchungen liessen “ jedoch einen räumlichen Zusammenhang zwischen dem Fluorgehalt von Föhrennadeln bzw. im Boden und der Emissionsquelle (Aluminium-hütten) erkennen. Zudem konnte für die untersuchten Bestände im Zeitraum 1941-1979 eine mittlere Einbusse im Radialwachstum von etwa 20--30 Prozent nachgewiesen werden (KIENAST 1982). Aus den Untersuchungen wurde postuliert, dass lokale Fluorimmissionen die Föhren schwächen und dass natürlicher Stress (Trockenheit) den Vitalitätsverfall

aus-löst. ' .

Auf der Alpennordseite ist eine ganze Reihe von Fällen bekannt, die gemeinhin mit Buchensterben bezeichnet werden. Das um 1940/1941 festgestellte, lokale Buchensterben im Kanton Zürich wurde von LEIBUNDGUT (1943, 1944) in erster Linie auf ein Zusammenwirken von grosser Winterkälte und kurzfristig intensi-ver Sonnenbestrahlung zurückgeführt. Am Absterbeprozess beteiligt war sodann der pilz-liche Erreger Nectria coccinea. - Bei der heute weit verbreiteten Buchenrindennekrose ist die Kausalkette im Ursachenkomplex noch unzu-reichend geklärt; es spielen aber abiotische wie auch biotische Faktoren eine Rolle. - Der Buchenspritz-Kern (Nasskern) ist als Krank-heitssyrnptom nicht neuartig (WALTER et_ al.

1991); das gegenwärtige Ausmass in der Nord-westschweiz liegt aber weit ausserhalb der all-gemeinen Erfahrung. WALTER et al. 1991 kommen aufgrund ihrer Untersuchung zum Schluss, dass vermutlich Trockenheit, sei sie nun standortsbedingt oder durch extreme Witte-rung hervorgerufen oder aus einer Kombination derselben verursacht, zur Ausbildung von Nass-kernen beiträgt. - Ein aktuelles Beispiel für ein akutes Buchenstcrben ist aus dem Raum Winterthur bekannt. Es wurde von einem

For-scherteam der WSL studiert. Die intensiven Beobachtungen haben es zusammen mit einem Bewässerungsexperiment erlaubt, die Ursachen einzugrenzen. So kommen MATYSSEK et al.

(1991) zum Schluss, dass das lokale Buchen-sterben' wahrscheinlich auf 'Trockenstress zurückgeht. Eine plausible Hypothese, weil das Bestandesklima nach den Sturmereignissen 1981/82 und der intensiven Durchforstung 1982/83 abrupt verändert wurde.

Als aktuelles Beispiel für eine akute Be-einträchtigung von Nadelbäumcn seien die auf-fälligen Nadelverrötungen erwähnt, wie sie im Frühjahr 1987 bestandesweise in der Zentral-und Ostschweiz auftraten. Dieses Problem wurde von einer interdisziplinären Arbeits-gruppe der WSL untersucht. Die Fallstudien und die Analyse von historischen Informatio-nen haben es erlaubt, die akute KroInformatio-nenschädi- Kronenschädi-gung als winterlichen Wechselfrostschaden zu interpretieren; sie liess sich hinreichend aus dem Witterungsverlauf und den speziellen geländcklimatischen Gegebenheiten erklären.

Ein Immissionseinfluss .konnte zwarnicht rest-los ausgeschrest-lossen werden; er wurde aber als unwahrscheinlich taxiert. Die Zusatzunter-suchungen, welche der Kanton Graubünden in Auftrag gab, bestätigten die Erkenntnis, dass Winterfrost massgeblich war.

Die besprochenen Krankheitsfälle zeigen, dass Bäume nur über wenige Möglichkeiten ver-fügen, um ein allfälliges Missbehagen auszu-drücken. Daher führen die verschiedensten Ursachen zu ähnlichenodcr gar zu gleichen Symptomen. Die Kronenverlichtung und die Vergilbung von Nadeln und Blättern, wie sie im Rahmen der Waldschadeninventuren erfasst werden, sind solche unspezifische Krank-heitsanzeichen. Wichtig in diesem Zusammen-hang ist der Hinweis, dass die jährlich publi-zierten ' Waldschadenzahlen lediglich einen Uberblick über den Zustand und die Verände-rung der Baumkronen im Schweizer Wald ver-schaffen. Sie geben weder über die Existenz und die Bedeutung von verschiedenen Krankheits-fällen Auskunft noch lassen sie Rückschlüsse auf Ursachen zu.

Der Begriff «komplexe Waldkrank-heit» ist dem Begriff «Waldsterben››

vorzuziehen

Mitte der siebziger Jahre traten in Deutschland abnorme Nadelverluste an Tannen auf. Diese Erkrankung wurde zunächst als nicht sehr aus-sergewöhnlich eingestuft, weil sie seit langem bekannt war. Erst als sich um 1980 die

Meldun-FORUM für Wissen 1992 Frank Haemmerli 21 genüber Kronenveränderungen auch an

Fich-ten, ab etwa 1982 ebenso am Laubholz, 'an Wald~

föhre und an Lärche häuften, stellte sich eine grosse Beunruhigurıg ein. Aus dieser Zeit stammt der Begriff «Waldsterben››. Dieser wurde später in Deutschland durch «neuartige Waldschäden» ersetzt, weil die Waldschaden-inventuren die Befürchtungen über einen drasti-schen Krankheitsverlauf nicht bestätigten (die beiden Abbildungen auf dieser Seite). Auch die Bezeichnung «neuartige Waldschäden›› ist in zunehmenden Masse umstritten. Kronenverlich-tung und Nadelvergilbung sind altbekannte Symptome. Die Frage, ob die Verbreitung der Kronenverlichtung neuartig sei, bleibt offen, weil es früher keine grossräumige Inventur gab.

Einzig bei der auffälligen Nadelvergilbung der Fichte in Deutschland ist die Neuartigkeit der räumlichen Ausdehnung offensichtlich und am wenigsten umstritten (Forschungsbeirat Wald-schäden/Luftverunreinigungen 1989).

Diese Begriffsunsicherheiten zeigen, dass es notwendig ist, das Phänomen zu definieren. Es wird in den USA, in Frankreich, in der Schweiz und für einen bestimmten Fall in Deutschland wie folgt definiert: p

I USA '

«Forest decline (zu deutsch: «Waldniedergang››

oder _«Waldverfa1l››) is a gradual general dei terioriation in the health of trees in a forest, often ending in death. Frequently caused by the interaction of more than one stress at a time.

Expressed by visible symptoms such as chloro~

sis, crown thinning or dieback; or occuring by reductions in growth in the absence of visible symptoms» (NAPAP 1990).

Prozentsatz Bäume

100 - r' Tm

-i*"i

Y" .. ///Øi //í//i W///Ø_

BW/

80 _

ı 60

40

/Ã /////íá 20

o 3456

Ficflte 1983-89 EI] sr-tus-2s%r<v› 1

sr 2 (so-60% KV) ,

sr 3 (es-95% KV) .

Q sr 4 (100% Kv›

Verlauf der Kronenverlichtung auf ausgewählten, nicht repräsentativen Dauerbeobachtungsflächen (Tanne: 27 DBF; Fichte: 24 DBF) in Baden-Würt-temberg. Bei« beiden Baumarten hat der Anteil Bäume mit Nadelverlusten zwischen 30 und 60 Pro»

zent in der ersten Hälfte der achtziger Jahre stark zu-genommen. Von einer Zunahme weniger betroffen war der Anteil Bäume mit Nadelverlusten zwischen 65~95 Prozent. Trotz hoher Nadelverluste ist ein Baumsterben (Stufe 4) bei beiden Arten praktisch ausgeblieben. Es gibt Hinweise, dass selbst stark verlichtete Bäume erholungsfähig sind (Quellen:

Mettendorf 1986, Mettendorf et all 1989,eFBW 1989).

-.L N 02 A

(90100m-L

\I 00 <0 `J W CD

03 CD

Tanne 1 ~

Prozentsatz Bäume mit Verlichtung > 25%

Verlauf der Kronenverlich-tung im Gesamtwald der Schweiz und von benachbar-ten Gebiebenachbar-ten. In

Baden-4 0 Ii Württemberg und Bayern 30 traten die. Höchstwerte in

den Jahren 1985/1986 auf. Im _, !

Tirol-Vorarlberg, in den Vogesen und im Franche-Comté (beide Frankreich) blieb das Ausmass der Kro~

20 ~ Ü

nenverlichtung nahezu sta- 10=

tionär. In der Schweiz hin-gegen ist über

alleErhe-M /Al

I l 1 l i 1 i i _

bungsjahre ein zunehmender Trend der

Kronenverlich-O ,

1983 » 84 85 86 87 88 070± 8ia: L__„--...._._.„glcoııl

tung festzustellen. Der Anteil der abgestorbenen Bäume blieb in allen Regio-nen gering.

-«*`°' Schweiz Baden-Württ. "E" Bayern

Tirol-Vora|berg'¬2-'_ Elsass ¬* Franche-Comté

22 ,_ __ FORUM für Wissen 1992 Frank Haemmerli I Frankreich

«... on qualifie le déperissement tout phénomen inhabituel de perte de vitalité, quelle qu'en soit la cause. Identifier un dépérissement suppose en outre que celui-ci soit suffisamment important pour être mesurable avec les outils de mesure classique (symptômes visibles, modifications de la croissance, taux de mortalité)›› (DEFORPA

1991). Ai

I Schweiz . «

«Le dépérissement des forêts est defini comme une dégradation observable de l'état sanitaire de Pécosystème forestier, en particulier de l'arbre, dont les symptômes ne peuvent pas être classés parmi les dégâts dus aux facteurs d'in-fluence bien connus›› (SCHLAEPFER 1988) . I Deutschland

«In the Fichtelgebirge study, a decline was recognized only if needle-yellowing was accom-panied by reduced stand growth rate per ground area. Growth reduction may be not only the first consequences of stress, but also the earliest indicator of incipient forest damage»

(SCHULZE et al. 1989). .

Wir sehen daraus, dass das Phänomen je nach Land unterschiedlich umschrieben wird. Trotz-dem gibt es einige Gemeinsamkeiten. Für eine allgemeine Definition leite ich daraus folgendes ab:

- das Phänomen ist eine Abweichung vom normalen Verlauf der Lebensvorgänge im

Wald; ' . 4

- das Phänomen beruht auf einer Einwirkung verschiedener Einflussfaktoren; sie sind schwierig. zu identifizieren.

Wichtig ist der Befund, dass das Phänomen nicht nur mit Symptomen der Krone, sondern auch mit dem Zuwachs und der Mortalität zu beschreiben ist, um die Schwere der Krankheit zu identifizieren. Daraus lässt sich ableiten, dass es verschiedene Krankheitsstadien zu unterscheiden gibt. Wenn wir das Phänomen mit dem allgemeinen Begriff «komplexe Wald-krankheit» bezeichneten, so könnten zum Bei-spiel die folgenden Krankheitskategorien unter-schieden werden: I

- leichte Erkrankung: Im Kronen-, Stamm-oder Wurzelbereich eines Waldbestandes I werden Veränderungen beobachtet, die aus-serhalb des Normalen liegen. Weder Zu-1 wachseinbussen noch eine erhöhte Mortalität können festgestellt werden. `

- mittelschwere Erkrankung (Vitalitätsverfall):

Ein abnormer Zuwachsrückgang wird festge-stellt. Er wird begleitet von einem Baum-sterben, das ausserhalb des Normalen liegt.

- schwere Erkrankung (Waldsterben): Die Mortalitätsrate ist stark erhöht. Ganze Wald»

bestände sterben ab.

Wir sehen daraus, dass der Begriff «Wald-sterben›› nicht der geeignetste ist, um das Phänomen als Ganzes zu bezeichnen. Das Waldsterben kann als Endstadium einer kom-plexen Walderkrankung verstanden werden.

Es gibt verschiedene Fälle der