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Einführung

Im ersten Kapitel («Klimatologische Reihen››) wurde dargelegt, dass die jährlichen Schwan-kungen der Temperaturmittelwerte relativ gross sind. Daraus kann geschlossen werden, dass die Variabilität der Extremwerte noch grösser sein muss. Diese Extremwerte beeinflussen, neben dem mittleren Verlauf der Witterung, die Bio-sphäre sehr stark. Es sind die ausserordentli-chen Temperaturverhältnisse (Hitze, Frost), die hygrischen Verhältnisse (Trockenheit, Nässe, intensive Schneefälle, Hagel) sowie die Sturm-winde zu erwähnen. Solche Ereignisse können die Vegetation nachhaltig schädigen, zu Wachs-tums- und Entwicklungsverzögerungen oder gar zum Tode einzelner Individuen oder Bestände führen.

130 FORUM für Wissen Claudio Defila Winterfröste der Periode 1901-1990 1

Wie bereits im Abschnitt «Die Vegetations-entwicklung›› erwähnt wurde, kann nicht ein-fach eine fixe Temperaturlimite angegeben wer-den, bei deren Unterschreiten Schäden an den Pflanzen auftreten. Einerseits ist die Vorge-schichte der Pflanze (z.B. Vegetationsabschluss, Gesundheitszustand) und der Witterung (Temperatursprünge etc.) von Bedeutung, ande-rerseits sind die Schadschwellen artspezifisch.

Einheimische, gesunde Pflanzen vermögen ohne weiteres Temperaturen von -30 °C ertragen.

Pflanzen, die aus milderen Klimazonen stam-men (z.B. Reben, Baumnüsse, Aprikosen oder verschiedene Zierpflanzen) sind entsprechend stärker frostempfindlich.

Die Statistik der Station Bern (570 m ü.M.) zeigt, dass im Mittelland in Höhenlagen unter 600 m extrem tiefe Temperaturen sehr sel-ten auftresel-ten. In der Periode 1901-1990 wurden in Bern lediglich neunmal Minimaltemperatu-ren unter -20 .° registriert„mit dem tiefsten Wert am 12.2.1929 mit -23 °. Diese Fälle traten in den

.Jahren 1906, 1907, 1929 (zmaı), 1956 (zmaı),

1963, 1985 und 1987 auf. Mit ähnlichen Ver-hältnissen ist im ganzen Mittelland zu rechnen, wobei in den westlichen Landesgegenden die Temperaturen weniger tief sinken. So konnten bei der Station Genf für dieselbe Zeitperiode keine Temperaturen unter -20 ° festgestellt

wer-den. Aus diesem Grunde traten in den Jahren 1985 und 1987 vor allem in der Ost- und Nord-ostschweiz Winterfrostschäden an den Reben auf. Minimumtemperaturen unter -15 °C wur-den zwischen 1901 und 1990 109mal gemessen (Abbildung auf Seite 131).

Diese Graphik zeigt deutlich, dass während dieser Zeitperiode eine lose Abfolge von kalten Wintern besteht und keinebesondere Häufung von strengen Wintern in den letzten Jahren zu erkennen ist.

In den höheren Lagen steigt die Anzahl der starken Winterfröste, wie dies das Beispiel von Davos (1590 m ü.M.) zeigt. Bei dieser Station wurde während der Periode 1901-1990 40mal Minimatemperaturen unter -25 ° und 3mal unter -30 ° registriert mit dem tiefsten Wert von -32 ° am 2.1.1905. Da sich die Pflanzen sehr stark an die klimatischen Verhältnisse anpassen können, dürften auch hier nur vereinzeltwesentliche Frostschäden zu verzeichnen sein.

Bei dieser Statistik sind zwei wichtige Punkte zu beachten:

1. Bei diesen Angaben handelt es sich um Lufttemperaturwerte. Die für Frostschäden massgebenden Pflanzentemperaturen können einige Grade tiefer liegen. 1 2. Temperatursprünge wurden bei dieser

Aus-wertung nicht berücksichtigt. 1 Wirkungsmechanismus der Vegetationsentwicklung '

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der Vegetation

Vergangene Witterung Aktuelles Wetter Schadstoffe

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Vorgeschichte , Momentane Zustand

1 der Vegetation

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Pflanzenschädlinge Pflanzenkrarıkheiten

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Weiterentwicklung der Vegetation

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FORUM für Wissen Claudio Defila 131 Häufigkeiten der Minimatemperaturen < -15 Grad der Station Bern, 1901-1990

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Häufigkeiten von Spätfrösten der Periode

1961-1990 1

Während der Blühphase sind die- Obst- und Rebkulturen bei uns besonders frostgefährdet.

Die SMA erstellt und verbreitet deshalb wäh-rend den Monaten April und Mai Frostwarnun-gen (DEFILA, 1986). Im Kapitel «Die Vegeta-tionsentwicklung›› (Abbildung auf Seite 129) wurde dargelegt, dass die natürliche Frostresi-stenz vom Entwicklungsstadium (phänologische Phase) der Pflanze abhängt.

Im Gegensatz zu den offiziellen Lufttempera-turmessungen, die in 2 m über Boden durchge-führt werden, müssen bei den rund 22 Frost-stationen in der Schweiz die Temperaturen in 50 cm über Boden an einem freiexponierten Ther-mometer registriert werden. In der Abbildung auf Seite 132 ist ein Beispiel der jährlichen Frosttemperaturen (< 0 Grad) der Froststation Hallau (415 rn ü.M.) dargestellt.

-Diese Statistik zeigt wieder eine lose Abfolge von spätfrostreichen und -armen Jahren. Eine gewisse Anhäufung von Frostereignissen ist in den späteren Siebzigerjahren zu erkennen. Ein Trend zu erhöhter Frostgefahr in den letzten Jahren kann jedoch nicht nachgewiesen werden.

1

50 80 70 80 90

Die Wasserbilanz von Zürich, 1901-1990 Neben den Temperatur- und Strahlungsver-hältnissen (Photosynthese) ist für die Vegeta-tion vor allem die Wasserversorgung von le-benswichtiger Bedeutung. Der massgebende Faktor ist das pflanzenverfügbare Wasser im Boden. Dieses ist neben der Wasserbilanz -r auf die wir noch ausführlich zu sprechen kommen -von den Bodenverhältnissen und den Pflanzen-arten (Durchwurzelungstiefe) abhängig. 1

Als einfaches Mass für den Wasserüberfluss oder das -defizit dient die klimatische Wasser-bilanz (WB), die aus der Differenz des Nieder-schlages (R) und der potentiellen Evapotran-spiration (ETP) berechnet wird.

5 WB = R - ETP '

Die ETP-Werte werden in der Agrarmeteorolo-gie an der SMA nach der Formel von PRIMAULT berechnet, die im wesentlichen auf der relativen Luftfeuchtigkeit und der Sonnen-scheindauer basiert (PRIMAULT, 1981).

Wie bei den anderen meteorologischen Ein-flussgrössen reagieren die Pflanzen je nach ihrer Vegetationsentwicklung unterschiedlich sensitiv auf Wassermangel (Dürrestress). Eine

132 FORUM für Wissen Claudio Defila Relative Häufigkeiten der«Spätfröste der Station Hallau, 1961-1990

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ausreichende Wasserversorgung ist während der Wachstumsphase von grösserer Bedeutung als während der Reife- oder Ruhephase._

In der gebirgigen Schweiz ist im Winter oder Frühling (Schneeschmelze) normalerweise ge-nügend Wasser vorhanden, Trockenperioden treten jedoch in den Sommermonaten und im Herbst auf. In der Abbildung auf Seite 133 oben ist die klimatische Wasserbilanz über die Monate Juni bis August der Periode 1901-1990 von Zürich-SMA dargestellt.

Die negativen Werte zeigen ein Wasserdefizit an, d.h. die Evapotranspiration ist grösser als der Niederschlag. Dies war in den folgenden Jahren der Fall: 1904, 1911, 1921, 1923, 1928, 1935, 1943, 1947, 1949, 1952, 1962, 1964, 1983 und 1984. Auffallend sind die Jahre 1911, 1947 und 1949, wo auch Dürreschäden an den Kulturen und Wäldern auftraten. Von 1965 -bis 1982 herrschte eine eindeutig feuchtere Sommer-witterung. Ansonsten kann aber kein Trend zu trockneren oder feuchteren Sommermonaten festgestellt werden. Mit ähnlichen Verhältnis-sen ist auch in den übrigen Landesgegenden zu rechnen, wobei sich in den inneralpinen Trockentälern das Niederschlagsdefizit noch stärker auswirken wird.

Auf Schäden an der Vegetation infolge Hagel, Sturmwinden oder extremem Schneefall (Schneelast) soll in dieser Arbeit nicht

einge-gangen werden. Diese Ereignisse haben mehr lokale Bedeutung.