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5   Diskussion

5.3   Schlussbetrachtung

Die Ätiologie der IBD des Hundes ist bis heute, wie die der IBD des Menschen, ungeklärt. In den letzten Jahren wurden bei der IBD des Menschen eine Reihe von Untersuchungen zur Bedeutung von NO als wichtigem regulatorischen Molekül im gesunden sowie im entzündlich veränderten Intestinaltrakt durchgeführt (PERNER und RASK-MADSEN, 1999; KOLIOS et al., 2004; MÜHL et al., 2011).

Die Expression von iNOS spielt bei der angeborenen und adaptiven Immunantwort eine wichtige Rolle (BOGDAN et al., 2000). LPS und Th1-spezifische Zytokine wie INFγ induzieren die Expression von iNOS (BOGDAN et al., 2000; SHI et al., 2006).

Die Transkription wird von NF-κB kontrolliert (LUCKSCHANDER et al., 2010). Bei

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Hunden mit IBD wurde eine erhöhte Konzentration von NO in der Kolon-Lavage-Flüssigkeit festgestellt (GUNAWARDANA et al., 1997) und JERGENS et al. (1998) wiesen iNOS mRNA in der entzündeten Mukosa des Kolons von Hunden mit IBD nach.

Die Darstellung von iNOS in der intestinalen Mukosa der Kontrolltiere dieser Untersuchung ergab, dass iNOS in geringen Mengen bei darmgesunden Hunden vorhanden ist. Die Expression von iNOS bei darmgesunden Hunden könnte dadurch hervorgerufen sein, dass das Oberflächenepithel stetig fremden Antigenen und dem normalen intestinalen, bakteriellen Milieu ausgesetzt ist, welche als Stimuli für die iNOS-Induktion dienen. Außerdem dient NO der Erhaltung der intestinalen Perfusion (PAYNE und KUBES, 1993), der Inhibition der Plättchenaggregation und der Leukozyten-Adhäsion (KOLIOS et al., 2004). Diese Studie ergab, dass das intestinale Epithel den Haupsitz der iNOS-Expression darstellt. Außerdem exprimieren kleine Gefäße, Ganglienzellen des Plexus submucosus und des Plexus myentericus sowie Entzündungszellen der Lamina propria und der Submukosa geringe Mengen an iNOS. Von Epithelzellen produziertes NO könnte die epitheliale Barriere der intestinalen Schleimhaut verstärken und Schutz vor Bakterien bieten, die sonst die Schleimhaut durchdringen könnten. Hohe NO-Konzentrationen hingegen könnten entweder direkt oder mittels der Reaktion mit Superoxid zu Peroxynitrit eine zytopathogene Wirkung auf mukosale Zellen besitzen.

Eine erhöhte iNOS-Expression war in der entzündeten und nicht-entzündeten intestinalen Mukosa von Hunden mit LPE und EGE nachweisbar, was vermuten läßt, dass beide IBD-Formen mit einer Erhöhung der iNOS-Expression einhergehen. Im einschlägigen Schrifttum finden sich Untersuchungen bei Menschen, die zeigen, dass ein erhöhtes Vorkommen von iNOS auch mit entzündlichen Erkrankungen anderer Genese einhergehen kann (SINGER et al., 1996). Daher ist nicht auszuschließen, dass eine Erhöhung der iNOS nicht nur bei der IBD des Hundes, sondern allgemein bei entzündlichen Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts auftreten kann. Da hohe NO-Konzentrationen auch in den humanen nasalen Luftwegen und im Magen nachgewiesen wurden ohne dass eine Gewebsschädigung

vorhanden war (LUNDBERG et al., 1994), bleibt es unklar, ob große Mengen an NO immer mit einer intestinalen Schädigung der Mukosa einhergehen.

Aufgrund des Nachweises von 3-NT in der intestinalen Mukosa von Hunden mit IBD ist vom Vorliegen schädigender Effekte durch iNOS auszugehen. Peroxynitrit, welches durch die Reaktion von NO und Superoxid gebildet wird, führt zur Nitration von Tyrosin und somit zur Bildung von 3-NT. Peroxynitrit zählt zu den RNS und kann auf oxidativem Wege das Gewebe schädigen (MCCAFFERTY, 2000). Die Untersuchung von 3-NT ergab eine erhöhte 3-NT-Bildung in der entzündeten und nicht-entzündeten intestinalen Mukosa von Hunden mit IBD. Des Weiteren war eine Kolokalisation mit iNOS darstellbar, was darauf hinweist, dass die Bildung von Peroxynitrit mit dem Vorhandensein von iNOS in Zusammenhang steht.

Wie auch in Untersuchungen an humaner IBD bereits gezeigt wurde, war eine Aufregulation der antioxidativ wirkenden und zytoprotektiven Mn-SOD in der entzündeten und nicht-entzündeten intestinalen Mukosa von Hunden mit IBD festzustellen. Dieses Enzym wandelt Superoxid in Wasserstoffperoxid um, welches anschließend mit Hilfe der Katalase oder Glutathionperoxidase in Sauerstoff und Wasser oder mittels der Myeloperoxidase zu hypochloriger Säure neutralisiert wird (KRUIDENIER und VERSPAGET, 2002). Bei IBD-Fällen des Menschen wird vermutet, dass ein Anstieg der Mn-SOD-Expression nicht unbedingt mit einem verbesserten Schutz gegen oxidativen Stress einhergeht, sondern durch einen Anstieg von Wasserstoffperoxid den oxidativen Stress verstärken kann (KRUIDENIER et al., 2003a). Ein ähnlicher Mechanismus ist auch für die IBD des Hundes nicht auszuschließen.

In mehreren Studien an IBD-Modell-Versuchstieren, die iNOS-defizient waren oder bei denen die iNOS inhibiert wurde, ergaben sich widersprüchliche Ergebnisse mit Verschlimmerung oder Verbesserung der Entzündung (MCCAFFERTY et al., 1997;

ZINGARELLI et al., 1999; KOLIOS et al., 2004). Die unterschiedlichen Ergebnisse beruhen möglicherweise auf den verschiedenen Stimuli, die eingesetzt wurden, um eine intestinale Schädigung zu verursachen oder auf dem Einsatz verschiedenartiger iNOS-Inhibitoren. Zudem repräsentieren diese Modelle kaum die pathologischen

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Mechanismen der IBD und lassen daher nur eine eingeschränkte Beurteilung der Funktion von iNOS in Bezug auf die IBD des Menschen oder des Hundes zu.

Verschiedene Studien haben gezeigt, daß die Expression der iNOS durch Th1-Zytokine (IFNγ, TNFα) induziert wird (SHI et al., 2006), während Th2-Th1-Zytokine (IL-4, IL-10) die iNOS-Expression reduzieren (MODOLELL et al., 1995). Untersuchungen zur Ermittlung des vorherrschenden Zytokinspektrums bei Hunden mit IBD ergaben keine eindeutigen Ergebnisse (LOCHER et al., 2002; RIDYARD et al., 2002;

PETERS et al., 2005; JERGENS et al., 2009; DE MAJO et al., 2008; SCHMITZ et al., 2012). Da iNOS durch Th1-spezifische Zytokine induziert wird, ist zu vermuten, dass Th1-Zellen in der Pathogenese der IBD eine Rolle spielen. Aufgrund der verschiedenartigen Untersuchungsergebnisse ist wahrscheinlich von einer gemischten Th1/Th2 Antwort auszugehen. Neben den Untersuchungen zum Zytokinspektrum bei Hunden mit IBD ergaben sich auch interessante Ergebnisse zur Expression von TLRs, von denen einige wie TLR2 und TLR4 vermehrt nachgewiesen wurden (BURGENER et al., 2008; ALLENSPACH et al., 2010). Die Untersuchungen der Faktoren des mukosalen Immunsystems wie Zytokine, TLRs, Mastzellen, dendritische Zellen und T-Lymphozyten zeigen, dass fast alle entzündlichen Mediatoren in der intestinalen Mukosa dysreguliert sind. Welche jedoch tatsächlich in die Initiation und Aufrechterhaltung des Entzündungsprozesses involviert sind, bleibt weiterhin unklar.

Da bestimmte Hunderassen eine Prädisposition für spezifische Formen der IBD aufweisen, ist anzunehmen, dass genetische Aspekte ebenfalls eine Rolle in der Pathogenese spielen. So wurden z.B. bei Deutschen Schäferhunden Nukleotid-Polymorphismen im NOD2-Gen (KATHRANI et al., 2010a) und im TLR4- und TLR5-Gen festgestellt (KATHRANI et al., 2010b). Außerdem existieren anscheinend Wechselwirkungen zwischen genetischen Faktoren und dem intestinalen bakteriellen Milieu, die förderlich für die Entstehung der IBD sind (JERGENS und SIMPSON, 2012). Bei der HUK des Boxers wurden beispielsweise Nukleotid-Polymorphismen in einem Gen, welches am Mechanismus der Zerstörung von intrazellulären Bakterien beteiligt ist, sowie adhärente und invasive E. coli festgestellt (MANSFIELD et al., 2009; CRAVEN et al., 2010).

Die Therapiemöglichkeiten der IBD bestehen in diätetischen und/oder pharmakologischen Mitteln wie Kortikosteroide, Immunsuppressiva und Antibiotika.

Viele Studien versuchten klinische, serologische oder auch histologische Erkrankungsmarker, die Hinweise auf den Therapieverlauf der IBD geben, zu etablieren. Eine Beurteilung des Erkrankungsgrades erscheint bis jetzt aber nur unter Verwendung der Gesamtheit der erhobenen Befunde möglich.

Inwieweit iNOS als Erkrankungsmarker bei Hunden mit IBD einsetzbar ist oder ob eine Inhibition von iNOS als Therapie bei Menschen oder Hunden mit IBD förderlich oder nachteilig sein könnte, ist noch nicht geklärt. Daher sind weitere Untersuchungen zur Funktion der iNOS und zur Bedeutung von oxidativem Stress im Gastrointestinaltrakt erforderlich.

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