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Schiitische Gruppierung: „Hizb Allah“ („Partei Gottes“)

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B. ISLAMISTISCHER EXTREMISMUS UND

3. ISLAMISTISCHER EXTREMISMUS

3.2 Schiitische Gruppierung: „Hizb Allah“ („Partei Gottes“)

(„PARTEI GOTTES“)

GRÜNDUNG: 1982 im Libanon

SITZ: Libanon, weltweite Verbreitung von „Hizb-Allah“-nahen

„Gemeinden“

GENERALSEKRETÄR: Hassan NASRALLAH

ANHÄNGER: ca. 90 Baden-Württemberg (2013: ca. 90), ca. 950 Deutschland (2013: 950)

FERNSEHSENDER: „al-Manar“ („Der Leuchtturm“)

RADIO: „an-Nur“ („Das Licht“)

Die „Hizb Allah“ ist die bedeutendste schiitisch-islamistische Organisation im Libanon. Seit ihrer Gründung im Jahr 1982 unterhält sie sehr enge Verbindungen zu staatlichen und religiösen Institutionen Irans. Sie strebt eine theokratische Herrschaftsform („Wilayat al-Faqih“: „die Herrschaft der islamischen Rechtsge-lehrten“) an, in der die durch Islamgelehrte ausgelegte Religion über allem steht.

Volkssouveränität ist nicht vorgesehen. Wichtige Bestandteile der „Hizb-Allah“-Ideologie sind der Hass auf Israel und das Ziel, es zu zerstören.

Anlass für die Entstehung der „Hizb Allah“ war der Einmarsch israelischer Trup-pen in den Libanon zu Beginn der 1980er Jahre. Mit starkem iranischem Einfluss wurde eine Miliz der Organisation gegründet, die „al-Muqawama al-Islamiya“

(„Islamischer Widerstand“). Ihr erklärtes Bestreben war zu dieser Zeit unter an-derem die Vertreibung der Israelis aus dem Südlibanon.

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Seit 1992 ist die „Hizb Allah“ durch ihre Mandatsträger auch als politische Partei fest etabliert. Derzeit stellt sie zwölf von 128 Parlamentsabgeordneten und zwei Minister in der libanesischen Regierung.

Mit großzügiger finanzieller Unterstützung durch Iran kann die „Hizb Allah“ in ihren Hochburgen karitative Infrastrukturprojekte wie Schulen, Kranken- und Waisenhäuser betreiben. So erzielt sie vor allem bei der schiitischen Bevölke-rungsgruppe Rückhalt.

Weltweit verübte die „Hizb Allah“ in den 1980er und 1990er Jahren Attentate gegen US-amerikanische und jüdische Einrichtungen. Außerdem gehört Geisel-nahme zu ihren Methoden. Sie schreckt nicht davor zurück, ihren Willen mit Gewalt gegen innenpolitische Gegner durchzusetzen. Die Organisation verherr-licht das Märtyrertum, auf diese Weise kann sie ihre Anhänger leichter zu Selbst-mordattentaten und zur Teilnahme an militärischen Handlungen motivieren. Im Juli 2013 wurde der militärische Flügel der „Hizb Allah“ auf die EU-Liste terro-ristischer Organisationen gesetzt.

Am 25. Mai 2013 verkündete „Hizb-Allah“-Generalsekretär Hassan NASRALLAH offiziell das militärische Engagement der „Hizb Allah“ in Syrien. Seither kämpfen tausende „Hizb-Allah“-Anhänger auf Seiten des diktatorischen Assad-Regimes.

„Hizb-Allah“-nahe „Gemeinden“ sind weltweit verbreitet. In Deutschland werden der „Hizb Allah“ ca. 950, in Baden-Württemberg etwa 90 Anhänger zugerechnet.

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islamistischen HAMAS auf, die wiede -rum ein Ableger der „Muslimbruder-schaft“ ist. Am 25. Juli 2014 wurde eine weitere Demonstration mit ähnlich

hoher Teilnehmerzahl durchgeführt, für welche die PGD neben weiteren eingetragenen Vereinen ebenfalls als Mitveranstalterin fungierte.

Am 23. März 2014 wurde eine Solidaritätsver-anstaltung für den Salafisten Sven LAU in Mann heim durch Gegendemonstranten ge-stört, darunter auch Schiiten. Dabei wurden Flaggen und Symbole der „Hizb Allah“ gezeigt.

EREIGNISSE IM JAHR 2014:

den bislang zwischen 500 und 1.000 von ihnen getötet.

NASRALLAH betonte in einer Rede am 15. August zum wiederholten Mal die Rolle des Märtyrertums für die

„Hizb Allah“:

Wir sind bereit, Opfer zu bringen. Ich versichere Ihnen, dass wir eine Gruppe sind, die bereit ist, Opfer zu bringen. Wir opfern täglich Märtyrer. Wir opfern Märtyrer und wir haben in diesem Kampf Ver-wundete. Wir scheuen niemals davor zurück, für unser Volk, unser Land, unsere Heiligtümer und unsere islamische Gemeinschaft Opfer zu bringen.

Am 16. Februar 2014, dem Gedenktag der Märtyrer-Führungspersönlichkeiten, grüßte er deren Familien und auch die Familien der übrigen Märtyrer. Diese würden ebenfalls die Sache voranbrin-gen und immer noch ihr Land, ihre Sicherheit, ihre Würde sowie die Hei-ligtümer und die Interessen ihrer isla-mischen Gemeinschaft verteidigen – und zwar an jedem Ort, in jeder Posi-tion, an jeder Front und bei jeder jiha-distischen Verpflichtung.

DER „AL-QUDS-TAG“ UND DIE VERNICHTUNG ISRAELS

Der von Ayatollah Ruhollah KHO-MEINI 1979 ins Leben gerufene

„al-Quds-Tag“ („Jerusalem-Tag“) ist in Iran ein gesetzlicher Feiertag. Am letzten Freitag im Monat Ramadan wird zur internationalen Solidarität der Muslime mit dem palästinensischen Volk aufge-rufen. Seit 1979 wird der „al-Quds-Tag“

weltweit begangen; auch in Berlin findet aus diesem Anlass jährlich eine De-monstration statt, die unter anderem von „Hizb-Allah“-Anhängern organi-siert wird. Bei dieser Veranstaltung werden oftmals antiamerikanische und antiisraelische Parolen gerufen und auf Spruchbändern gezeigt. Im Jahr 2014 fiel der „al-Quds-Tag“ auf den 25. Juli.

In Berlin versammelten sich an diesem Tag etwa 1.200 Personen zu einer De-monstration. Es wurden „Hizb-Allah“-Fahnen gezeigt, auf denen vor einem gelben Hintergrund in grüner Farbe der arabische Schriftzug „Hizb Allah“

mit einer Kalaschnikow zu sehen ist;

das Gewehr symbolisiert den militäri-schen Charakter der Organisation. Auch iranische und syrische Fahnen wurden mitgeführt.

Die Demonstranten skandierten Paro-len wie „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf ’ allein“ und

„Kindermörder Israel“. Vereinzelt war auch „Israel vergasen“ als Sprechchor zu vernehmen. Auf den Plakaten stan-den Parolen wie „Zionismus ist Rassis-mus“, „Zionisten sind Faschisten“ und

PROPAGANDAINSTRUMENTE

„AL-MANAR“ UND DAS INTERNET

Der „Hizb-Allah“-Fernsehsender „al-Manar“ („Der Leuchtturm“) ist eine effektive Plattform für die Propagan da der Organisation. Seit 1991 ist er im Li-banon lokal auf Sendung, im Jahr 2000 begann die weltweite Ausstrahlung des Programms über Satellit rund um die Uhr. Am 29. Oktober 2008 erließ das Bundesministerium des Innern eine Verbotsverfügung gegen den Sender.

Sie wurde damit begründet, dass sich

„al-Manar“ u. a. gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte und das friedliche Zusammenleben von Deut-schen und Ausländern gefährde. Den-noch ist der Satellitensender in Europa weiterhin über verschiedene Satelliten -betreiber zu empfangen. In den von

„al-Manar“ professionell produzierten Videoclips wird das „Märtyrertum“ ge-priesen und zu Spenden für

„Hizb-Allah“-nahe Organisationen aufgerufen.

In Sendungen und Videoclips wird Israel das Existenzrecht abgesprochen.

Es gibt auch zahlreiche Internetseiten, die der „Hizb Allah“ nahestehen und auf Arabisch, Englisch und vereinzelt auch Französisch ihre Botschaften ver-breiten. Diese Medien dienen eben-falls als Plattform für die Helden- und Märtyrerverehrung.

„HIZB ALLAH“: MILITÄRMACHT UND TERRORORGANISATION

Die „Hizb-Allah“-Führung unterstützt im Syrienkonflikt die Seite des Re-gimes, da der Aufstand aus ihrer Sicht ein „Beispiel für eine ausländische In-tervention“ ist. Diese Sichtweise liegt darin begründet, dass die Organisation in vielerlei Hinsicht von Syrien abhängig ist und daher ein Interesse daran hat, dass der syrische Staatschef Assad an der Macht bleibt. An der Unterstützung für das Assad-Regime zeigt sich, dass das Recht auf Selbstbestimmung eines Volkes und demokratische Grundprin-zipien für die „Hizb Allah“ keine Rolle spielen. Die Situation in Syrien wird von Generalsekretär Hassan NASRAL-LAH zugunsten des Regimes schönge-redet. Momentan sind in dem Land mehrere tausend „Hizb-Allah“-Kämpfer im Einsatz; Schätzungen zufolge

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getragen. Zweck der Vereinsgründung war es laut Satzung, „Patenschaften“

für die Hinterbliebenen von gefallenen

„Hizb-Allah“-Kämpfern zu organisieren und somit deren Lebensunterhalt und gegebenenfalls die Ausbildung zu finan -zieren. Das WKP überwies die Spen-dengelder an die libanesische „Shahid Stiftung“, die ein integraler Bestand-teil der „Hizb Allah“ ist. Vor einigen Jahren hat das WKP seinen Haupt-sitz nach Essen verlegt. Neben dem Ver einsvorstand gibt es deutschland-weit Regional verantwortliche und Pa-tenschaftsvermittler, so auch in Baden-Württemberg.

Am 2. April 2014 wurde das WKP durch den Bundesminister des Innern wegen Verstoßes gegen den Gedanken der Völkerverständigung verboten und aufgelöst. Der Verein erwirkte jedoch am 8. Juli 2014 beim Bundesverwal-tungsgericht einen Beschluss im Ver-fahren des einstweiligen Rechtsschutzes, so dass das Verbot vorerst nicht wirksam wurde. Allerdings muss sich das WKP bis auf weiteres an bestimmte Aufla-gen halten: Er darf nicht mehr mit der

„Shahid Stiftung“ zusammenarbeiten und muss darüber hinaus monatlich seine Einnahmen und Ausgaben dem Bundesinnenministerium offenlegen (Az.: 6 VR 1.14). Ein Urteil in der Hauptsache steht noch aus.

„HIZB ALLAH“ IN DEUTSCHLAND UND BADEN-WÜRTTEMBERG

Die „Hizb Allah“ hat sich im euro -päischen Ausland, aber speziell auch in Deutschland, in den vergangenen Jahren weiter organisiert und eine überregionale Struktur aufgebaut. Al-lerdings treten die hier lebenden An-hänger der Bewegung nur selten in der Öffentlichkeit auf und verschleiern die Aktivitäten, mit denen sie Finanzmittel beschaffen. Die Verbindung zur „Hizb Allah“ im Heimatland wird unter an-derem durch den in Deutschland ver-botenen TV-Sender „al-Manar“ und durch Internetseiten von Organisa -tionen gehalten, die der „Hizb Allah“

nahe stehen.

In Baden-Württemberg verteilen sich die meisten Anhänger der „Hizb Allah“

auf die Regionen Freiburg, Mannheim und Stuttgart.

Am 23. März 2014 fand auf dem Mannheimer Marktplatz eine Solidaritäts -demonstration für den salafistischen Prediger Sven LAU statt, der zu die-sem Zeitpunkt inhaftiert war. Mehr als 300 Teilnehmer des salafistischen Spek -trums folgten dem Aufruf von Pierre VOGEL, hinzu kamen jedoch auch 200 Gegendemonstranten, unter denen einige Schiiten waren. Während der Demonstration kam es aus dem

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„Zionisten trinken Blut“. Letztere Parole ist eine Anspielung auf eine weit verbreitete Legende, die den Juden Ritual -morde zur Last legt. Dieser Gedanke findet auch im Nahen Osten Verbrei-tung, u. a. durch eine iranische TV-Serie, in der Juden Araberkinder töten, um deren Blut zu trinken. Einige Teilneh-mer der Demonstration zeigten Land-karten des Nahen Ostens ohne Israel.

Von einem Redner wurde Israel als

„Unstaat“ bezeichnet, der „nie Teil der Lösung sein kann“.

Wie jedes Jahr gab es auch eine Ge-gendemonstration, zu der dieses Mal über 1.000 Menschen zusammenkamen.

Als die „al-Quds“-Demonstration an der „Pro-Israel“-Demonstration vorbei-zog, versuchten einige Teilnehmer, die Gegendemonstranten anzugreifen. Sie konnten jedoch von der Polizei daran gehindert werden. Ein Demonstrant der „al-Quds“-Demonstration wurde festgenommen.

Zu Israel, dem Feindbild Nummer Eins der „Hizb Allah“, äußerte sich Hassan NASRALLAH ebenfalls am 16. Feb -ruar 2014:

Im libanesischen Kontext müssen wir uns daran erinnern, dass Israel ein Feind ist. Ich erinnere alle im Libanon, die es vergessen haben, daran, dass Israel eine Bedrohung

für den Libanon darstellt. Es stellt eine Bedrohung für alles im Libanon dar: seinen Boden, sein Volk, sein Wasser, sein Öl, seine Sicherheit und seine Souveränität. Wir müssen das alle verstehen und auf der Hut sein.

Nun, sowohl in der Vergangenheit als auch heute ist es im Libanon ständig ein Problem, diese Gefahr zu begreifen und diesen Feind nicht zu verharmlosen und dieses Projekt zu verstehen.

Mit dem „Projekt“ meint NASRAL-LAH die Bekämpfung Israels mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln: „Ver -stand, Herz, Hand und Gewehrkugeln“.

Mit solchen Äußerungen versucht er immer wieder, das Feindbild Israel auf-rechtzuerhalten – nicht nur bei seinen Anhängern, sondern auch bei den üb-rigen Libanesen.

VERBOT DES „WAISENKINDER -P ROJEKTS LIBANON E. V.“ (WK-P)

1997 wurde das WKP in das Vereinsre gister beim Stuttgarter Amtsgericht ein

-Betätigung in unterschiedlichen isla-mistischen Strömungen und Organi-sationen ermöglicht. Aus der Türkei stammende Muslime sind daher im ge-samten Spektrum des islamistischen Extremismus vertreten – in legalis -tischen Organisationen ebenso wie in teilweise gewaltgeneigten salafistischen Strukturen oder auch jihadistischen Netzwerken, wobei die Übergänge fließend sein können. Eine Reihe tür-kischstämmiger Jugendlicher und jun-ger Erwachsener, zum Teil im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit, reiste im Lauf des Jahres 2014 aus Deutsch-land aus, um sich am Jihad in Syrien zu beteiligen. In einigen Fällen konnten die Sicherheitsbehörden eine Ausreise verhindern. Der Ereignisablauf Aus-reise – Teilnahme am Jihad – mögliche Wiedereinreise in das Herkunftsland in Europa wirft ein Problem auf: Die Rückkehrer aus dem Kampfgebieten sind radikalisiert und meist traumatisiert. Sowohl die Behörden in Deutsch -land als auch die Gesellschaft insge-samt müssen einen Weg finden, um mit dieser Personengruppe umzugehen.

Die in den 1980er Jahren gegründete und seit 2001 in Deutschland verbo-tene Organisation „Kalifatsstaat“ ist ein Beispiel für ein Umfeld, in dem sich aufgrund der revolutionären Aus-richtung des Gedankenguts – Vorbild

war die islamische Revolution in Iran 1979 – eine Radikalisierung von Ju-gendlichen bis hin zur Gewaltorientie-rung vollziehen kann. Ungeachtet des Verbots der Organisation bleibt ihr ver fassungsfeindliches Gedankengut insbesondere virtuell präsent, es wird nachweislich über „offizielle“ Internet-seiten, Seiten von Einzelpersonen und über Videokanäle verbreitet. Angesichts der neuen politischen Entwicklungen an anderen Schauplätzen im Nahen Os -ten erscheint es jedoch immer schwie-riger, Interessenten für die stark auf die Türkei bezogene Ideologie des

„Kalifatsstaats“ zu gewinnen. So haben sich dessen frühere Anhänger, wie auch deren Nachwuchs, zum Teil anderen islamistischen Organisationen zuge-wandt oder unterstützen diese. Bei diesem Personenkreis zeigt sich vor allem eine Affinität zu den multiethni -schen salafis ti-schen und jihadisti-schen Strömungen.

Zentrale Anliegen der Akteure der in-nermuslimischen Da’wa-Arbeit sind die Entwicklung eines „islamischen Be-wusstseins“ und die Stärkung der isla-mischen Identität ihrer Zielgruppen.

Andere Muslime sollen zum „richtigen“

Religionsverständnis geführt werden.

Die Solidarisierung mit der islamischen Weltgemeinschaft (ümmet) überlagert dabei die Identifikation mit ethnischen trennten Zuschauerbereich wiederholt

zu lautstarken Störungen und Provo-kationen durch Personen aus dem offenkundig regionalen schiitischen Um feld. Dabei wurden libanesische Flaggen sowie die Flaggen und Sym-bole der „Hizb Allah“ gezeigt. Die verbale Eskalation zwischen einigen sunnitischen Teilnehmern und der ge-nannten Störergruppe führte nach der Veranstaltung u. a. zu einer tätlichen Auseinandersetzung, bei der zwei Sa-lafisten von sechs bislang unbekannten Tätern angegriffen und verletzt wurden.

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