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Die Entstehung der Organisation „Islamischer Staat“

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B. ISLAMISTISCHER EXTREMISMUS UND

2. SALAFISTISCHE STRÖMUNGEN

2.6 Die Entstehung der Organisation „Islamischer Staat“

ORGANISATION „ISLAMISCHER STAAT“

Der Bürgerkrieg in Syrien übt bereits seit seinem Beginn im Jahr 2011 eine große Anziehungskraft auf eine höhere Anzahl junger Männer aus Deutsch-land aus. Sie wollten dort, teilweise aus nachvollziehbaren Motiven wie dem Wunsch nach einer Demokrati-sierung, gegen das Regime von Bashar al-Assad kämpfen. Nach kurzer Zeit übernahmen im syrischen Widerstand

jedoch jihadistisch orientierte Grup-pen die Führung; bereits in dieser Frühphase konkurrierten Strömungen mit unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung um Dominanz und Deu-tungshoheit. Im weiteren Verlauf des Konflikts gelang es der Terrormiliz ISIS („Islamischer Staat im Irak und Syrien“), die sowohl militärisch erfolg-reich als auch im Beerfolg-reich der Propa-ganda äußerst versiert war, sich massiv in den Vordergrund zu drängen. Bis Ende 2013 konnte sie ihre Position weiter ausbauen.

Aus Syrien heraus startete ISIS im Ja-nuar 2014 eine umfassende Offensive im Irak. Ab Juni 2014 konnte die Miliz massive Geländegewinne für sich ver-buchen; die Kämpfer nahmen mehrere Provinzen und Städte im Nord-, West-und Zentralirak ein West-und rückten bis auf wenige Kilometer auf die Hauptstadt Bagdad vor. Die irakische Zentral -regierung verlor de facto die Kontrolle

Pierre VOGEL (2. von rechts) bei der Kundgebung in Mannheim.

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In diesem Zusammenhang stand bis An fang 2015 die syrische Stadt Koba -ne, die direkt an der Grenze zur Tür-kei und damit an der grenze zum IS-kontrollierten Gebiet liegt, im Mittel punkt der me dialen Aufmerksamkeit. Eine wachsende Koalition westlicher und arabischer Staaten bekämpft den IS durch Luft-schläge, Waffen liefe run gen und Aus-bildungsmaßnahmen für kurdische Kämpfer.

Insbesondere die Unterstützung der kurdischen Kräfte, u. a. durch Waffen-lieferungen aus Deutschland ab Sep-tember 2014, trug auch in deutschen Städten zur Verschärfung von Konflikt -lagen bei. So trafen insbesondere im Herbst 2014 immer wieder in Deutsch-land lebende Angehörige oder Sympa-thisanten der verschiedensten Akteure und Konfliktparteien (Jesiden, Kurden, Tschetschenen, Salafisten, Schiiten u. a.) aufeinander. Hierbei kam es phasen-weise zu offenen Auseinandersetzungen, deren Teilnehmer mitunter auch bewaff -net waren. Bei diesen Krawallen gab es mehrfach Verletzte. In BadenWürttem -berg verliefen die Demons trationen von kurdischer Seite gegen den IS und die von ihm an den Kurden verübten Gräueltaten mehrheitlich störungsfrei.

Auch von Veranstaltungen der übrigen o. g. Konfliktparteien wurden keine

gewalttätigen Auseinandersetzungen bekannt.

2.6.1

INTERNE MACHTKÄMPFE

Derzeit existieren im globalen Jihadis-mus im Wesentlichen zwei Leitvorstel-lungen: zum einen die „al-Qaida“-Langzeitstrategie des „globalen Jihad“, zum anderen die Vorstellung, dass die als „islamisch“ definierte Gesellschafts-utopie der Jihadisten in Gestalt des

„Islamischen Staates“ bereits verwirk-licht ist. Die aktuelle Entwicklung am Schauplatz Syrien unterliegt auch einer internen Rivalität dieser beiden Sicht-weisen. Die jeweiligen Vertreter kon-kurrieren um die Deutungshoheit und die Hegemonie in der Region – und letztlich um die eigene Attraktivität für militant eingestellte Aktivisten aus aller Welt.

Ein Versuch von „al-Qaida“ (AQ) zur Vereinnahmung von ISIS Anfang des Jahres endete für AQ im Fiasko: der von AQ-Führer Ayman AL-ZAWA-HIRI entsandte Emissär Abu Khaled AL-SURI wurde am 22. Februar 2014 bei einem Treffen der konkurrieren-den Organisationen in Syrien durch einen (von ISIS beauftragten?) Selbst-mordattentäter getötet. Nach wie vor beansprucht der IS nicht nur die

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über weite Teile der betroffenen Pro-vinzen. Insbesondere gelang es ISIS, bedeutende infrastrukturelle Einrich-tungen zu erobern (darunter Flughäfen, Militärstützpunkte, Öl- und Gasfelder sowie Raffinerien). Dabei fiel der Or-ganisation in erheblichem Umfang modernes Militärgerät u. a. aus US-Produktion in die Hände. Die Einnah-men aus den eroberten

Ölförder anlagen tragen seither zur Finanzierung der Terrormiliz bei.

Die Ausrufung des „Is-lamischen Staates“ (IS) als „Kalifat“ und die Proklamation Abu Bakr AL-BAGHDADIs zum

„Kalifen“ am 29. Juni 2014 war ein zentrales Ereignis in der

Ge-schichte des weltweiten Jihadismus.

Mit dem IS konnte sich in Teilen Sy-riens und im Irak innerhalb kürzester Zeit ein teilweise von ausländischen Kräften getragenes Terror-Regime etablieren, das über ein eigenes be -herrsch tes Territorium verfügt. Dort wird rigoros eine islamistische Gesell -schafts ordnung mit einer – nach eige-nen Vorstellungen – möglichst „reieige-nen“

Vor stellung der Scharia umgesetzt. Da -zu gehört, dass Andersgläubige vor die Wahl gestellt werden, zum Islam zu

konvertieren, ein Schutzgeld zu be -zahlen oder hingerichtet zu werden. In großem Umfang verhängen die neuen Machthaber Scharia-Körperstrafen.

Kir chen, Moscheen und andere Ge-betshäuser von Andersgläubigen und ethnischen Minderheiten sowie histo-rische Stätten werden systematisch ge-plündert und zerstört.

Seit Ende Juli bzw. Anfang August 2014 weitet der nunmehrige „Islami-sche Staat“ die Kämpfe auch auf das Gebiet der Autonomen Region Kur-distan im Nordirak aus. Wie auch in seinem übrigen Einflussgebiet gehen die IS-Anhänger mit äußerster Bruta-lität gegen kurdische Interessen bzw.

die religiösen Minderheiten (Jesiden, Christen, schiitische Turkmenen u. a.) vor. Die Angriffe des IS auf kurdisches Gebiet konnten nur mit Unterstützung der US-Luftwaffe aufgehalten werden.

Ge sängen ohne Instrumentalbeglei-tung) veröffentlicht, in denen CUSPERT aus Syrien heraus für den dortigen Jihad wirbt.

Im Lauf des Jahres erschienen außer-dem mehrere Videos von CUSPERT und weiteren deutschsprachigen IS-Kämpfern. Darin präsentieren sie auf Schauplätzen von kurz zuvor beende-ten Kämpfen neben den dort verstreut liegenden Leichen ihre „Kriegsbeute“

und brüsten sich damit, an der Tötung gegnerischer Kämpfer beteiligt gewe-sen zu sein. Die zynischen Kommen-tare und der Umgang mit den Toten zeugen von extremer Menschenver-achtung.

Im Juni 2014 erschien ein mit Kriegszenen aus Syrien visualisierter deutsch -sprachiger Nasheed von CUSPERT mit dem Titel „Haya alal Jihad“ (ara-bisch: „Auf zum Jihad“). Der Gesang richtet sich offenkundig an deutsch-sprachige Muslime sowie an Sympathi-santen des globalen Jihad mit dem Ziel, sie zur Teilnahme am Kampf in Syrien zu motivieren.

Im Text wird der „Märtyrertod“ verherrlicht. Derartige Propagandaproduk -tionen dienen dazu, den IS als schlag-kräftige und erfolgreiche Organisation darzustellen.

[Refrain:]

„Brüder steht doch auf, holt euch euren Sieg!

Brüder steht doch auf, holt euch euren Sieg!

Haya haya! Haya alal jihad!

Haya haya! Haya alal jihad!

Brüder, steht doch auf, zieht in die Schlacht, wenn ihr wahrhaftig seid, gehört euch der Sieg,

bring mir nur dar die Shahada.3 Fürchtet ihr den Tod, es gibt kein Entrinnen, holt euch die Ehre, und die Shahada fi sabilillah, ist der Eintritt in al Jannah.4 Heute schlaft ihr Löwen,

eure Geschwister sind am Weinen, am Schreien, am Sterben,

und Sham5ist am Verbluten.

[Refrain]

rung über alle Muslime weltweit, sondern auch die Vormachtstellung ge -gen über allen anderen regionalen ji hadistischen Organisationen.

Die langfristige Bindungsfähigkeit von Akteuren an AQ-Strukturen ist in den letzten Jahren weitestgehend erloschen.

Inzwischen ist die AQ-Führung nicht mehr in der Lage, die Entwicklung argumentativ aufzufangen; mit der Situ -ation des realen „islamic n-ation-building“

in Syrien ist sie faktisch überfordert.

Die Entstehung des IS zeigt offenkundig eine attraktivere „jihadistische Moder ne“ auf, deren Dynamik auch Islamis -ten in Deutschland stark beeinflusst.

Damit hat spätestens die Entwicklung in Syrien ab 2012 einen strategischen Generationswechsel eingeleitet, der den „Kampf gegen den Terror“ der westlichen Staatengemeinschaft nach 2001 in der bisherigen Form ablöst und die Sicherheitsbehörden vor ganz neue Herausforderungen stellt.

2.6.2

AGGRESSIVE UND MENSCHEN-VERACHTENDE PROPAGANDA

Der „Islamische Staat“ zeichnet sich durch eine modern konzipierte, aber gleichzeitig äußerst brutale Selbstdar-stellung auf allen gängigen medialen Plattformen aus. Dazu gehören medien

-wirksame Videos von Enthauptungen mehrerer westlicher Geiseln, die Be-richterstattung über die Einführung der Scharia durch den IS und deren Umsetzung durch öffentliche Körper-strafen wie Auspeitschen oder das Abhacken von Gliedmaßen. Insbeson-dere Steinigungen, Kreuzigungen und Enthauptungen, ob wegen geringer Ver gehen oder aus reiner Willkür, demons -trieren das Entstehen eines absolut totalitären pseudostaatlichen Kons -trukts. Die Propaganda suggeriert, dass auf dem vom IS kontrollierten Territo-rium zum ersten Mal eine „reine“ isla-mische Lebensführung möglich ist, die in voller Übereinstimmung mit den Überlieferungen aus der Frühzeit des Islam steht und alle Bereiche der Ge-sellschaft regelt.

Daneben ist die Selbstdarstellung von Einzelpersonen und ihrer stufenweisen Hinwendung zum IS fester Bestandteil der Rekrutierung über das Internet.

Wichtigste Person als IS-Propagandist im deutschsprachigen Raum ist der aus Berlin stammende ehemalige Rapper Denis CUSPERT alias „Abu Talha AL-ALMANI“. CUSPERT gab Mitte April 2014 seinen Beitritt zu ISIS bekannt und leistete dessen Emir den filmisch dokumentierten Treueid. Danach wur-den eine ganze Reihe von Videos und sogenannten Nasheeds

(Jihad-Denis CUSPERT

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temberg ist der einer jungen Frau aus Konstanz. Die damals 15-jährige Deutsch-Algerierin reiste im Herbst 2013 allein nach Syrien, um am Jihad teilzunehmen und einen Kämpfer zu heiraten. Zu ihren Freundinnen in Deutschland hielt sie über WhatsApp, Facebook und andere soziale Netzwerke Kontakt. Fragmentarisch beschrieb sie auf ihrer Facebook-Seite ihren Tagesab-lauf: „Schlafen, Essen, Schießen, Ler-nen, Vorträge anhören.“ Und sie teilte ihre Sichtweise eines Lebens in Syrien mit:

Was für ein friedliches und süßes Leben ist dies, indem wir unter dem Schatten der Scharia und unter den Lehren des Qurans und der Sunnah sind. Selbst wenn wir uns vor den Angriffen der Kuffar fürchten, selbst wenn wir eine Hungersnot durchleiden müssen, selbst wenn unsere Waffen uns niemals an diesen Orten des Islams verlassen, wie wunderbar muss dieses Leben sein, wo Allahs System über allem herrscht! Ein Leben, in dem wir frei sind von diesen Gesetzen, die von diesen Schweinen mit dem Verständnis von Kindern gemacht wurden, ein Leben, in dem wir keine Menschen sehen, die anderen Menschen dienen. Dies ist die Weite. Dies ist der Erfolg.

Derartige Botschaften aus Syrien spie-geln das Selbstverständnis der ausge-reisten Jihadistinnen und Jihadisten wider und zeigen Wirkung: Eine Freun

-din aus dem näheren Umfeld der Ver-fasserin verschwand Mitte August 2014 ebenfalls in Richtung Syrien.

Ein aus Kirchheim unter Teck stam-mender Siebzehnjähriger reiste 2013 nach Syrien aus. Dort kam er nach we-nigen Monaten, im Frühjahr 2014, an einem feindlichen Checkpoint ums Leben.

Die Motive zur „Hijra“ (Auswanderung) in die Region ash-Sham (in der islami-schen Überlieferung Bezeichnung für den Großraum Syrien) sind vielfältig.

Allerdings sind sie wissenschaftlich noch nicht ausreichend erforscht. Hin -zu kommt, dass die bislang nachvoll-ziehbaren Biografien der Akteure äußerst heterogen sind.

Neben der reinen Abenteuerlust ge-hört zu den möglichen Beweggründen auch die Konstruktion eines islamis

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Und wir schreiten voran, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt.

Und wir machen keinen Halt, bis Allahs Wort das Höchste ist.

Die schwarze Flagge hoch, es gibt nur ein’ Gott, und wir bezeugen dies mit unsrem Blut, unserem Tod, bis wir fallen!

Verbittert wird gekämpft, vor den Toren von al Jannah.

Brüder schließt euch an, wir schlachten jeden bis Yaum al Qiyama6ab.

[Refrain]

Von überall kommen sie, die Soldaten der Ehre,

euch zu halten im Gefecht, auch zur Verteidigung des Gesandten.

Erkannt haben sie ihre Pflicht, denn sie vernichten die Feinde.

Keine Krankheit mehr im Herz, denn sie lieben es zu sterben.

(…)

Nicht zuletzt der Hinweis auf leidende Muslime dient dazu, unentschlossene Sympathisanten des bewaffneten Jihad emotional anzusprechen und sie zum Handeln zu bewegen.

Die Propaganda des IS entfaltet in ihrer perfiden Ausstrahlung bereits eine töd -liche Wirkung. 2014 fanden in Syrien und im Irak erste aus Deutschland stammende Personen den Tod,

offen-kundig als Selbstmordattentäter bei Anschlägen mit Dutzenden von Opfern.

Mit dieser Entwicklung, aber auch mit der menschenverachtenden Propagan -da des IS und deren medialen Prota-gonisten, sympathisiert insbesondere eine junge und dynamische, medial so-zialisierte Anhängerschaft. Diese ideo-logische Übereinstimmung kommt in weiten Teilen des virtuellen Raumes z. B. durch Facebook-Kommentare zum Ausdruck.

2.6.3

SYRIEN-AUSREISEN AUS BADEN-WÜRTTEMBERG

Darüber hinaus wird die verhängnis-volle Anziehungskraft des IS für junge Menschen aus aller Welt aber auch ganz real greifbar: Die immer weiter steigenden Zahlen von Ausreisen jun-ger – zum Teil minderjährijun-ger – Frauen und Männer sprechen für sich. Allein aus Baden-Württemberg reisten bis Ende 2014 rund 30 Personen in Richtung der Krisengebiete aus, zumeist über die Zwischenstation Türkei. Mindestens vier von ihnen wurden später in der Region getötet. Einige der Ausgerei-sten kehrten wieder nach Deutsch land zurück; gegen einen Teil von ihnen wird strafrechtlich ermittelt bzw. wur-den bereits Gerichtsverfahren eröffnet.

Der bekannteste Fall aus

Baden-Würt-6Tag des jüngsten Gerichts.

vielfach auch eine gewisse Orientie-rungslosigkeit auf der Suche nach An-erkennung spielen.

Die Perspektive, endlich zu den Siegern im Diesseits und vor allem im Jenseits zu gehören, wird möglicherweise zum Anlass genommen, das bisherige, ver-meintlich ereignis- und erfolgslose Leben in Deutschland hinter sich zu lassen. Konkret bedeutet dies für einen Teil dieser Menschen auch, eine aus islamischer Sicht entscheidende Ausgangsbasis für das Leben im Jen-seits zu erreichen. Einer islamischen Überlieferung zufolge ist die Region um die Kleinstadt Dabiq nördlich von Aleppo in Syrien der zentrale Ort einer mythischen Endschlacht zu Beginn der Apokalypse. Diese Prophezeiung wird zunehmend propagandistisch genutzt.

2.6.4

„DABIQ“-MAGAZIN

Das „offizielle“ Online-Magazin des IS in englischer Sprache, das 2014 in fünf Ausgaben erschien, nennt sich be-zeichnenderweise „DABIQ“ nach der oben genannten Stadt. In der Regel wird das Magazin auf diversen Twitter-Kanälen und in jihadistischen Inter-netforen veröffentlicht; es multipliziert sich innerhalb kürzester Zeit im virtu-ellen Raum.

Die Botschaften in „DABIQ“ belegen den Hass auf das westliche Wertesys tem und die in ihm lebenden Menschen.

In der vierten Ausgabe vom August 2014 rief der IS auch zu flächendecken-den gezielten Anschlägen auf:

Und so versprechen wir ihnen mit Allahs Erlaubnis, dass dieser Feldzug ihr letzter Feldzug sein wird.

Er wird gebrochen und besiegt werden, so wie alle ihre früheren Feldzüge gebrochen wurden und (...) wir werden ihr Rom erobern, ihre Kreuze zerbrechen, und mit der Erlaubnis Allahs, des Erhabenen, ihre Frauen versklaven.

Dies ist seine Verheißung an uns (…).

Sie werden den Preis bezahlen wenn sie auf den Straßen gehen, in der Angst vor den Muslimen (…).

Sie werden den Preis bezahlen, wenn ihr Kreuzzug zusammenbricht,

tischen Heldenbildes, das auf allen medialen Ebenen gepflegt und damit zum Ideal erhoben wird. Auf internet -affine junge Frauen scheint insbeson-dere die „Krieger-Romantik“ äußerst anziehend zu wirken. Die romanti-sche Idee, einen „Mu jahid“ zu heiraten und dauerhaft in ei nem

„islamischen“ Land zu leben, fas zi niert sie of-fenbar so sehr, dass sie dafür die Beschwer-lichkeiten und die hy-gienischen Bedingun-gen dieses Lebens in der Fremde auf sich nehmen.

Ein wesentlicher Antrieb für junge Män -ner dürfte dagegen in ei-ner gewissen Affinität zu (Kriegs-)Waffen bestehen, gepaart mit der – in ihren Augen – da -mit verbundenen Kombination aus Ge walt und „Coolness“. Zusätzlich wirkt sicher auch der in vielen Online-Dokumenten gezeigte anarchische Lebensstil in den Kampfgebieten, wo Allmachts- und Gewaltphantasien un-gehindert ausgelebt werden, als Anreiz.

Ein Teil von ihnen weist bereits ein-schlägige strafrechtliche Vorläufe bei Gewaltdelikten auf. Die Chance, beim IS vom Verlierer zum „Räuberhaupt-mann“ mit der Macht über Leben und Tod aufzusteigen und diese Macht

sa-distisch ausleben zu können, ist für viele eine verlockende Option. Dazu gesellt sich das erhebende Gefühl, als islamische Avantgarde an weltgeschicht-lich bedeutsamen Ereignissen beteiligt zu sein.

Geschlechterübergreifend ist eines der stärksten Motive möglicherweise das Aufbegehren gegen ein strukturell be-engtes (kulturelles) Milieu in Familie und Heimat. Nicht zuletzt sind u. a. ei-gene Gewalterfahrungen in der Familie der Grund, aus den alten Verhältnissen auszubrechen. Eine zentrale Rolle wird

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