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Schadensersatz aus § 122 in Höhe von 290 €

Geschäftsfähige bei der Internetauktion

B. Ansprüche P gegen M

I. Schadensersatz aus § 122 in Höhe von 290 €

Dies setzt zunächst eine wirksame An-fechtung gem. §§ 119ff. seitens des M voraus.

1. Zulässigkeit der Anfechtung

Vorliegend könnte eine Konkurrenz zwischen Anfechtung und Sachmängel-rechten gegeben sein. Letztere setzten zu ihrer Entstehung einen wirksamen Kaufvertrag voraus. An diesem fehlt es jedoch (s. Fallfrage 1). Eine Konkurrenz zwischen Anfechtung und Sachmängel-gewährleistungsrechten liegt nicht vor37.

37 Zum Vorrangs des Sachmängelgewährleis-tungsrechts vor der Irrtumsanfechtung gem. § 119 II BGB vgl. Westermann, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 437 Rdnr. 53ff., Pammler, in: jurisPK-BGB, §437 Rdnr. 53 ff.;

Dörner, in: Handkommentar zum BGB, § 119 Rn 2; a.A. Faust, in: Bamberger/Roth, BGB ,§437 Rn 182.

Der Zulässigkeit der Anfechtung könnte die Nichtigkeit des Vertrags entgegen-stehen. Allerdings ist anerkannt, dass auch ein nichtiges Rechtsgeschäft noch einmal angefochten werden kann (Kipp`sche Lehre von der Doppelnich-tigkeit)38. Die Anfechtung ist somit zu-lässig.

2. Anfechtungsgrund

Zunächst käme eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 in Be-tracht. Eine solche scheitert aber man-gels Arglist des P. Laut Sachverhalt war ihm die alte Reparatur des U-Phones nicht bekannt.

Es kommt somit nur eine Irrtumsan-fechtung nach § 119 II in Betracht. Hier-zu müsste sich M über eine verkehrs-wesentliche Eigenschaft des U-Phones geirrt haben. Verkehrswesentliche Ei-genschaften sind natürliche Merkmale, die infolge ihrer Beschaffenheit und Dauer nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung von Bedeutung sind39. Ob das U-Phone „fabrikneu“ o-der „gebraucht“ ist, hat erheblichen

38 Kipp, in: FS Martitz, 1911, S. 211 ff.

39 BGHZ 34, 41; Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 417 ff; Kramer, in: Münchener Kommentar BGB, § 119 Rdnr. 128 m.w.N.

Einfluss auf den Marktwert des U-Phones. Die Eigenschaft der „Fabrik-neuheit“ stellt somit eine verkehrswe-sentliche Eigenschaft dar.

M müsste sich darüber auch geirrt ha-ben. Dies bedeutet, dass bei M Vorstel-lung und Wirklichkeit unbewusst aus-einanderfielen. M hatte aufgrund des Internetangebots die Vorstellung ent-wickelt, dass es sich um ein „fabrikneu-es“ Gerät handele. Dies war nicht der Fall. Somit liegt bei M ein Irrtum und demzufolge ein Anfechtungsgrund i. S.

d. § 119 II vor.

3. Anfechtungserklärung gem. § 143 I a) Maßstab für die Auslegung

M selbst hat gar keine Erklärung abge-geben. Allerdings könnten die Eltern für M eine Anfechtungserklärung abge-geben haben. Die Eltern des M sind gem. §§ 1626 I, 1629 zur Ausübung der Vermögenssorge für M gemeinschaft-lich vertretungsberechtigt. Fraggemeinschaft-lich ist, ob in dem Schreiben der Eltern des M an P eine Anfechtungserklärung zu se-hen ist. Dies bestimmt sich durch Aus-legung des elterlichen Schreibens gem.

§§ 133, 157. Maßgeblich ist, ob der

ob-jektive Erklärungswert des Schreibens ergibt, dass die Willenserklärung des Anfechtungsberechtigten M nicht mehr gelten soll.Das Wort „anfechten“ muss dabei nicht verwendet werden40. Um-stritten ist, ob aus der Anfechtungser-klärung heraus erkenntlich sein muss, dass das Rechtsgeschäft von Anfang an nichtig sein soll.

aa) Eine Ansicht41 verlangt dies mit dem Argument, dass ansonsten eine Ab-grenzung zwischen Anfechtung und Rücktritt nicht möglich sei. Im Fall wä-re somit keine Anfechtungserklärung gegeben, da sich dem Schreiben nicht entnehmen lässt, ab welchem Zeitpunkt das Geschäft nicht mehr gelten soll.

bb) Die Gegenansicht42 hält dies nicht für erforderlich, da auch bei sonstigen Erklärungen nach deren objektivem Er-klärungswert ausgelegt werde, ohne dass rechtliche Fachtermini verwendet werden müssten. Im Fall wäre eine

40 OLG Hamm, NJW 2004, 2601; Busche, in:

Münchener Kommentar zum BGB, § 143 BGB Rdnr. 2; Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 433.

41 RG, JW 1936, 2065; BGHZ 91, 324 (331);

Jauernig in: Jauernig, BGB, § 143 Rdnr. 2.

42 Flume AT II § 31, 2; Busche, in Münchener Kommentar zum BGB, § 143 Rdnr. 3.

fechtungserklärung gegeben, da bei entsprechender Auslegung des Schrei-bens der Wille das Geschäft als nichtig zu behandeln klar zum Ausdruck kommt.

cc) Die vermittelnde Ansicht43 geht schließlich davon aus, dass nur dann erkenntlich sein müsse, dass das Rechtsgeschäft von Anfang an nichtig sein soll, wenn eine Konkurrenzsituati-on zwischen Anfechtung und Rücktritt vorläge. Da im Fall mangels wirksamen Kaufvertrags (s.o. Fallfrage 1) keine Konkurrenzsituation zum Rücktritt vor-liegen kann kommt auch diese Ansicht zu einer wirksamen Anfechtungserklä-rung.

dd) Stellungnahme: Für die zuletzt ge-nannten Ansichten spricht, dass es ei-nem juristischen Laien kaum zuzumu-ten sein dürfte, den Unterschied in den Rechtswirkungen zwischen Anfechtung und Rücktritt zu erkennen. Die zuerst genannte Ansicht würde an die ent-sprechenden Erklärungen hohe formale Anforderungen stellen und nicht nur

43 Larenz/Wolf AT § 44 Rdnr. 35; Palm, in: Er-man, BGB, § 143 BGB Rdnr. 1.

den wirklichen, sondern ggf. auch den objektiven Willen der Parteien außer Acht lassen. Um sicher zu gehen, müss-te in jedes Schreiben eine Erklärung des Inhalts aufgenommen werden, dass das Rechtsgeschäft „als nichtig hilfsweise von Anfang an als nichtig“ angesehen werde. Zwischen den zuletzt genannten Ansichten erscheint die unter b) erör-terte vorzugswürdiger, da die vermit-telnde Ansicht letztlich immer dann, wenn es darauf ankommt, die gleichen Probleme birgt wie die unter a) be-schriebene Ansicht.

b) Auslegung nach §§ 133, 157

Fraglich ist jedoch, ob eine Auslegung dahingehend hier überhaupt möglich ist. Vorliegend führt die vermeintlich für den Laien günstige Auslegung des Schreibens dazu, dass ihm nur Nachtei-le (Schadensersatzanspruch des An-fechtungsgegners) und keine Vorteile aus der Anfechtung entstehen. Zu be-rücksichtigen ist, dass es sich bei M um einen Minderjährigen handelt und dies von P beim persönlichen Treffen auch hätte erkannt werden können. Zudem ist M als Minderjähriger in erhöhtem

Maße schutzwürdig. Andererseits ist das Ergebnis, dass M möglicherweise über § 122 haftet, nicht in unerträgli-chem Maße ungerecht. Schließlich hat-te M für den Zeitraum von 1 Jahr und 8 Monaten ein U-Phone zur Verfügung.

Hinzukommt, dass M wusste, dass ihm der Kauf des U-Phones von seinen El-tern nicht erlaubt worden war. Aus die-sen Gründen erscheint es nicht unbillig, das Schreiben der Eltern als Anfech-tungserklärung auszulegen. Das Schrei-ben der Eltern des M ist daher als An-fechtungserklärung gem. § 143 I auszu-legen.

4. Anfechtungsfrist

Die Anfechtungsfrist nach § 121 ist ein-gehalten. Die Eltern haben unverzüg-lich, also ohne schuldhaftes Zögern nach Kenntnis vom Anfechtungsgrund angefochten.

5. Schaden

Fraglich ist, ob und in welcher Höhe ein Schaden bei P entstanden ist. Schaden ist zunächst jede Vermögenseinbuße44. Über § 122 wird jedoch nur der

44 Grüneberg, in: Palandt, BGB, Vor § 249 Rdnr.

9.

ensschaden ersetzt. Der Empfänger der Anfechtungserklärung ist so zu stellen, als hätte er nie von der angefochtenen Willenserklärung gehört bzw. als hätte er ihre Anfechtbarkeit gekannt45. Hätte P um die Anfechtbarkeit der Willenser-klärung des M gewusst bzw. hätte er nie von ihr gehört, so wäre ein Vertrag zu dem zweithöchsten Gebot zustande gekommen. Der dem P entgangene Gewinn ist also dem Grunde nach er-satzfähig.

Die Höhe eines Vermögensschadens bestimmt sich nach der Differenzhypo-these. Danach ist die Vermögenslage ohne das schädigende Ereignis (hypo-thetischer Zustand) mit dem tatsächlich gegebenen Zustand zu vergleichen46. Im Fall ist das schädigende Ereignis die Gebotsabgabe durch M. Denkt man sich dieses hinweg, so wäre das Vermö-gen des P um 290 € durch den An-spruch gegen den nächsthöheren Bieter gemehrt. Tatsächlich ist das Vermögen des P, da er die von M eingenommenen 300 € wieder an M auskehren muss, auf Inter-netauktion. Somit liegt ein Vermögens-schaden in Höhe von 290 € vor.

Die 290 € sind auch ersatzfähig. Zwar ist der Vertrauensschaden durch das positive Interesse begrenzt47, dieses beläuft sich vorliegend jedoch auf 300 €.

P hat also einen ersatzfähigen Schaden in Höhe von 290 €.

6. Ergebnis

P hat einen Schadensersatzanspruch gegen M aus § 122 in Höhe von 290 €.

II. Schadensersatz aus §§ 311 II, 280 I