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5. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

5.3 Beeinflussung der P-Homöostase und des endogenen P i -Kreislaufs über die diätetische P und/oder Ca-Versorgung bei Ziegen

5.3.2 Ruminierende Ziegen

Die Untersuchungen zur Beeinflussung des endogenen P-Kreislaufes und der P-Homöostase ruminierender Wiederkäuer wurden an ausgewachsenen weiblichen Ziegen (W = 40-70 kg), wachsenden männlichen Ziegen (W = ~ 25 kg) und männlichen Schafen (W = ~ 40 kg) durchgeführt. Eine „Belastung“ des P-Haushaltes im Sinne einer Überversorgung wurde bei den erwachsenen Ziegen über i.v. Infusionen von Pi-Lösungen eingestellt (siehe auch Kapitel 5.1, Tab. 4). Die Restriktion der P-Zufuhr erfolgte durch Gabe von Strohhäcksel und Kraftfutter, welches ~ 1 g P/kg TS enthielt.

Die Pi-„Belastung“ führte im Verlauf der Infusion zu Plasma-Pi-Spiegeln bis zu ~ 7,2 mmol/l, welche um das 3 - 4fache über den physiologischen Plasma-Pi-Konzentrationen von etwa 2,0 mmol/l bei diesen erwachsenen Ziegen lagen. Auch im Speichel stiegen die Pi -Konzentrationen auf ~ 60 mmol/l an. Wurde die Speichel-Pi-Konzentration in Abhängigkeit von der Plasma-Pi-Konzentration aufgetragen, ergab sich eine maximale Speichel-Pi -Konzentration von etwa 66,3 mmol/l (Abb. 16).

bbildung 16:

0 20 40 60 80 100

salivary P i [mM

0 2 4 6 8 10 12

y = 66.30 (1 - e-0.45x)

R2 = 0.70

plasma Pi [mM]

Plasma-Pi(mmol/l)

]

Speichel-Pi

(mmol/l)

A Speichel-Pi-Konzentrationen in Abhängigkeit von den Plasma-Pi -Konzentrationen unter P-Belastung durch i.v. Pi-Infusionen bei ausgewachsenen Ziegen.

Release 7.0 (Dixon 1993) erstellt (Widiyono et al. 1998).

Dargestellt sind 180 Messwerte von 5 Tieren. Die nicht-lineare Funktion zur Beschreibung des Zusammenhangs wurde unter Verwendung des Statistikprogrammes BMDP/Dynamic,

Dies impliziert, dass die Speicheldrüse nur im physiologischen Plasma-Pi -Konzentrationsbereich in der Lage ist, auf Veränderungen im Plasma-Pi-Pool zu reagieren und dass der Pi-Transport in der Speicheldrüse sättigbar ist. Das Verhältnis Speichel-Pi:Plasma-Pi war dabei im physiologischen Plasma-Pi-Bereich konstant, so wie dieses auch bei Ziegen unter P-Restriktion für einen Pi-Konzentrationsbereich im Plasma von 0,7 - 2,0 mmol/l beschrieben wurde (Breves et al. 1987). Diese Konzentrierungsfähigkeit der Speicheldrüse setzt einen aktiven Transportprozess - möglicherweise einen NaPi II (siehe Kapitel 5.2) - für Pi voraus. Da die Anpassung der Pi-Konzentrationen im Speichel an die steigenden Plasma-Pi-Spiegel im Rahmen einer 4stündigen Infusion erfolgte, lässt dies den Schluss zu, dass eine relativ hohe, wenn nicht sogar maximale Expression des Pi -Transportsystems in der Speicheldrüse konstant existiert. Eine schnelle Hochregulation der Transportsysteme bei Anfluten von Pi im Plasma wäre in Analogie zu Adaptationsprozessen im Darm für manche Nährstofftransporter (Karasov & Diamond 1987) auch denkbar. Erst wenn diese Transportkapazität nahezu voll ausgeschöpft ist, was etwa mit dem Erreichen der renalen Plasma-Pi-Schwelle von 4,3 mmol/l zusammenfällt, ist annähernd der Maximalwert der Pi-Konzentration im Speichel erreicht. Darüber hinaus könnte nur noch über die Steigerung der Speichelflussrate mehr Pi aus dem Plasma entfernt werden. Da eine Veränderung der Speichelflussrate bei den infundierten Ziegen während des Versuches nicht anzunehmen war, konnte der Überschuss an Pi nur über die Niere ausgeschieden werden.

Betrachtet man noch einmal die Verhältnisse beim nicht-ruminierenden Wiederkäuer (siehe Kapitel 5.3), wird deutlich, dass im Gegensatz zum ruminierenden Wiederkäuer im entsprechenden Bereich von 2,0 - 5,0 mmol Pi/l Plasma keine Korrelation zur Speichel-Pi -Konzentration bestand (Abb. 17). Die Expressionhöhe des NaPi II (siehe Kapitel 5.1) war bei diesen milchernährten Jungtieren noch deutlich geringer als bei den ruminierenden Ziegen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Pi-Transportkapazität der Speicheldrüse unter diesen Fütterungsbedingungen noch nicht voll ausgereift war. Bei physiologischen Plasma-Pi

-Konzentrationen war hier die Maximalkonzentration an Pi im Speichel also schon erreicht.

Dies bedeutete, dass - neben einer Einschränkung der intestinalen Pi-Absorption bei der diätetischen P-Zulage - eine viel höhere renale Pi-Exkretion zu erwarten war.

P-Restriktion

Abbildung 17: Speichel-Pi-Konzentrationen in Abhängigkeit von den Plasma-Pi -onzentrationen bei nicht-ruminierenden Ziegen bei diätetische P-Zulage oder -Restriktion.

Dargestellt sind Einzeltierdaten im Bereich der Plasma-Pi-Konzentrationen von 2,0 - 5,0 mol/l zum Schlachtzeitpunkt, n = 16 - 17 Tiere.

onzentration im Speichel bedeutet, dass dies mit dem Erreichen der renalen Plasma-Pi -K

m

Wenn auch beim nicht-ruminierenden Wiederkäuer das Erreichen der maximalen Pi -K

schwelle einhergeht, müsste für diese milchernährten Wiederkäuer eine wesentlich niedrigere Nierenschwelle angenommen werden, obwohl die renale Na+/Pi-Transportkapazität in diesem Entwicklungszeitraum den höchsten Wert erreicht hatte. Die zu erwartende hohe Pi-Exkretion konnte mittels der Bilanzdaten bestätigt werden (Institut für Tierernährung, Bonn, mündliche Mitteilung). Wann die Anhebung der Nierenschwelle erfolgt und unter welcher regulatorischen Kontrolle dies steht, ist noch unklar. Außerdem ist der Begriff der Nierenschwelle noch genauer zu definieren. Der Schwellenwert der Pi-Konzentration im Plasma bezeichnet wahrscheinlich eher die Konzentration an Pi, die in Analogie zu den Verhältnissen beim monogastrischen Tier als Signal für die rasche Internalisierung der Transporter fungiert als dass hier die Niere bei bestehender maximaler TRP einfach

„überläuft“. Dass die Adaptation der renalen Pi-Ausscheidung an zu hohe Plasma-Pi -Konzentrationen innerhalb weniger Stunden erfolgte, wurde aus den nur 3 - 4 Stunden dauernden Infusionsversuchen deutlich. Auch bei den erwachsenen Tieren ist eine hormonelle Regulation des renalen Pi-Transportes über Calcitriol und PTH auszuschließen, da sowohl während kurzfristigen Erhöhung der Plasma-Pi-Konzentrationen über die Infusionen als auch bei langfristiger Absenkung der Plasma-Pi-Spiegel durch Adaptation an eine reduzierte diätetische P-Zufuhr keine Änderungen in den Konzentrationen beider Hormone auftraten (Widiyono et al. 1998, Schröder & Breves 1996). Unter restriktiver P-Versorgung konnte trotz reduzierter Plasma-Pi-Konzentrationen bei Ziegen (P-Restriktion: 0,59±0,16 mmol/l; P Kontrolle 2,87±0,66 mmol/l; n = 8-12, x±SD, p<0,001) keine Erhöhung der Transportkapazität (bei unveränderter Affinität) des renalen Na+-abhängigen Pi-Transportes festgestellt werden (Abbildung 18A), während dies bei monogastrischen Tieren stets zu beobachten war. Kontrolle P-Restriktion Ca-Restriktion Vmax (nmol/mg Proteinec

0 100

4* 4 4

Kontrolle P-Restriktion Ca-Restriktion

Relative NaPi IIa mRNA-Menge (%)

A B

E

Abbildung 18: Einfluss einer restriktiven diätetischen P- oder Ca-Zufuhr auf die Kapazität des Na+-abhängigen Pi-Transportes(A) (Schröder et al. 2000) und die NaPi

IIa-mRNA-xpression (B) in der Niere ruminierender Ziegen. Dargestellt sind x±SD, n = Anzahl der Tiere ist in den Säulen angegeben. * Die relativen NaPi IIa-mRNA-Mengen der Kontrollen

nbeeinflusst. Ebenso verhielt es sich bei analogen Experimenten an ruminierenden Schafen (Schröder et al. 2000). Die semiquantitativ erfasste NaPi IIa-mRNA-Menge unterschied sich (NaPi IIa/b-Aktin) wurden gleich 100 % gesetzt.

Auch die Na+-Affinität des Transporters war durch die diätetische P-Versorgung u

nicht von der der Kontrollziegen (Abbildung 18B). Aus den Nieren-Clearance-Daten und den Na+/Pi-Transport-Expressionsstudien unter restriktiver P-Versorgung wird ersichtlich, dass bei Plasma-Pi-Konzentrationen unter 4,3 mmol/l bei ruminierenden Ziegen keine Steigerung der renalen Pi-Resorption stattfand. Es kann also davon ausgegangen werden, dass ruminierende Wiederkäuer ab einem bestimmten, noch nicht genau zu benennenden Zeitpunkt das Maximum der Nierenschwelle erreicht haben. Die quantitativ unbedeutende, aber dennoch zu beobachtende Einschränkung der Pi-Exkretion mit dem Harn unter restriktiver diätetischer P-Versorgung (Tab. 1, Kapitel 2.1) dürfte auf die geringeren Pi-Konzentrationen im Plasma und damit auch im Ultrafiltrat zurückzuführen sein. Eine Adaptation der renalen Pi-Resorptionskapazität an P-Mangelsituationen ist bei ruminierenden Ziegen nicht möglich, wohingegen eine Adaptation im P-Überschuss durch Senkung der TRP aufgrund der Reduktion der Expression des Na+/Pi-Transportexpression PTH- und Calcitriol-unabhängig stattfindet. Mechanistische Grundlagen könnten auch bei den ruminierenden Ziegen ein direkter „Pi-Effekt“ oder Änderungen in der Hormonrezeptor-Expression an der Niere sein, wie dies in Kapitel 5.3.1 für nicht-ruminierende Ziegen diskutiert wurde. Eine restriktive diätetische Ca-Versorgung beeinflusste weder die Plasma-Pi-Konzentration noch die Parameter des renalen Na+/Pi-Transportes (Abb. 18), obwohl eine restriktive Ca-Versorgung bei ruminierenden Ziegen zu eine Erhöhung der PTH- und der Calcitriolkonzentrationen führte (Scott & Beastall 1978, Schröder & Breves 1996). Somit kann eine direkte PTH-Wirkung („Phosphaturische PTH-Wirkung“ durch Reduktion der NaPi IIa-Expression) auf den renalen Na+/Pi-Transport beim ruminierenden Wiederkäuer, wie sie beim monogastrischen Tier vorliegt (Friedlaender et al. 2001), ausgeschlossen werden.

In der Niere scheint also in jeder Entwicklungsstufe die maximale tubuläre Resorptionskapazität für Pi erreicht zu sein, so dass keine Steigerung der tubulären Resorption mehr möglich ist. Die Konzentrierungskapazität der Speicheldrüsen ist zu jedem Entwicklungszeitpunkt des Tieres abhängig vom Plasma-Pi-Spiegel, wobei eine

entwicklungsabhängige maximale Konzentration erreicht werden kann. Dies könnte durch eine altersabhängige, jeweils maximale Expression des NaPi II bedingt sein. Der Organismus kann also weder über die Niere noch über die Speicheldrüse einschränkend auf die Pi-Abgabe (in den Harn beziehungsweise in den Speichel) homöostatisch reagieren, so dass nur über eine regulatorische Anpassung der Pi-Absorption im Darm der Verarmung an Pi im Pansen, im Intermediärstoffwechsel und im Knochen entgegengewirkt werden kann.

Der im Duodenum von Schafen (nicht dargestellt) und Ziegen exprimierte H+-abhängige Pi -Transport wurde nicht über eine diätetische P- oder Ca-Restriktion beeinflusst (Abb. 19).

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Kontrolle P-Restriktion Ca-Restriktion A

Kontrolle P-Restriktion Ca-Restriktion

V (nmo Pinec

Abbildung 19: Einfluss einer diätetischen P- oder Ca-Restriktion bei ruminierenden Ziegen auf den H+-abhängigen Pi-Transport im Duodenum. n=Anzahl der Tiere ist in den Säulen angegeben (Huber et al. 2002a).

A Pi-Nettofluxraten über duodenale Epithelien (transepithelialer Transport), x±SE, B Transportkapazitäten in isolierte BSMV (transmembranaler Transport). x±SD.

er Na+-abhängige Pi-Transport im Jejunum von Schafen (nicht dargestellt) und Ziegen

an NaPi b-Protein (Abb.10, Kapitel 5.1), während der Anstieg der spezifischen NaPi IIb-mRNA-D

wurde dagegen bei diätetischer P-Restriktion deutlich stimuliert (Huber et al. 2002a). Mit steigender Transportkapazität bei gleichbleibender Affinität stieg die relative Menge

II

Menge (NaPi IIb/b-Aktin Kontrolle: 1,26±0,24; P-Restriktion 3,41±2,20; x±SD, n = 3/Gruppe) aufgrund der großen interindividuellen Streuung nicht statistisch zu sichern war.

Die Ca-Versorgung hatte bei Ziegen keinen Einfluss auf die jejunale Expression des NaPi IIb.

Bei P-restriktiv gefütterten Schafen konnte eine signifikante Zunahme des NaPi

IIb-Transkriptes (NaPi IIb/b-Aktin Kontrolle: 1,08±0,64; P-Restriktion 3,05±0,55; x±SD, n = 5/Gruppe, p<0,001) festgestellt werden. Auch dieser adaptive Prozess an eine diätetische P-Restriktion war unabhängig von den zirkulierenden Hormonmengen im Plasma, so dass wie für die Niere regulatorische Mechanismen auf Rezeptorenebene und/oder ein Pi sensing Effekt existieren könnte. Ob dabei das luminal anflutende Pi, die intrazelluläre Pi-Konzentration oder die im Plasma bestehenden Pi-Konzentrationen die Signalwirkung hat, ist unklar. Auch die Stoffwechsellage in den Enterozyten beziehungsweise Tubulusepithelzellen könnte die Pi -Absorption beeinflussen. Diese Aspekte sollen im Kapitel 5.4 besprochen werden.

Die höhere Effizienz des jejunalen Pi-Transportes führt unter diätetischer P-Unterversorgung bei konstant niedrigem Plasma-Pi-Spiegel zwischen 0,6 - 1,0 mmol/l dazu, den endogenen Pi -Kreislauf auf einem geringeren Niveau aufrecht zu erhalten. Bei lang andauernder P-Restriktion reichte diese Anpassung nicht aus, die kontinuierliche Pi-Ausscheidung über den Kot aufgrund der unvermeidlichen endogenen Verluste zu kompensieren, die Tiere entwickelten eine negative P-Bilanz (Breves 1985 et al., Breves 1991, Pfeffer et al. 1993, Spiekers et al. 1993). Durch die kompensatorische Freisetzung von Pi aus dem Knochen nahmen die Knochendichte als auch die Dicke der Kortikalis signifikant ab (Breves & Prokop 1990, Ternouth & Sevilla 1990), die Gewichtsentwicklung stagnierte (Blair-West et al. 1992, Pfeffer et al. 1995). Die Anpassungsfähigkeit der Pi-Transportvorgänge im P-Haushalt ist unter diesen Bedingungen also nicht mehr ausreichend für den Erhalt der physiologischen Pi -Gesamtmenge im Organismus. Im Gegensatz zum monogastrischen Tier, welches durch die Einschränkung seiner renalen und fäkalen Pi-Ausscheidung eine zweifache „Sparmaßnahme“

für den Erhalt des Körper-Pi-Pools durchführen kann, ist der ruminierende Wiederkäuer ausschließlich von der Anpassungsfähigkeit der intestinalen Pi-Aufnahme abhängig. Eine effiziente Rezyklierung großer Mengen an Pi über den endogenen Pi-Kreislauf ist notwendig für den Erhalt der mikrobiellen Stoffwechselleistungen im Pansen. Darüber hinaus muss für das Wachstum und die Kompensation der endogenen unvermeidlichen Verluste Pi im Körper

deponiert werden. So ist der ruminierende Wiederkäuer direkt abhängig von der im Darm vorhandenen verfügbaren Pi-Menge. Eine kurzzeitige P-Unterversorgung kann im Rahmen des endogenen Kreislaufs wirksam kompensiert werden, da im Darm der mikrobiell gebundene Pals relativ leicht verfügbare Quelle für die Absorption und im Körper das in den Weichgeweben schnell mobilisierbare Pi zur Auffüllung des endogenen Kreislaufs zur Verfügung stehen. Die intestinale Anpassung des Pi-Transportes dürfte sich mit andauernder P-Unterversorgung erst langsam entwickeln, wenn beim Wiederkäuer analog zum monogastrischen Tier der Darm in seiner Regulationsfähigkeit ebenso träge ist. Die Niere hingegen konnte über eine Änderung der NaPi IIa-Menge in der apikalen Membran bei der Ratte innerhalb von Stunden auf Schwankungen des Plasma-Pi-Spiegels reagieren (Murer et al. 2000).