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Rolle der Telekommunikationsnetzbetreiber und -diensteanbieter als Enabler

2.3 Transformation des Telekommunikationssektors und Enabler-Rolle

2.3.3 Rolle der Telekommunikationsnetzbetreiber und -diensteanbieter als Enabler

Gut ausgebaute Telekommunikationsinfrastrukturen sind die entscheidende Voraussetzung für alle gesell-schaftlichen und wirtgesell-schaftlichen Digitalisierungs- und Vernetzungsprozesse. Dabei stellt das Internet eine Plattform für den Datenaustausch bereit, die den zu übertragenden Daten weitestgehend unabhängig von Herkunft, Ziel, Inhalt, Anwendung/Dienst oder dem verwendetem Endgerät gleichberechtigt (neutral) ihre Übertragungskapazitäten zur Verfügung stellt.

Das Internetist dadurch in den vergangenen Jahren zu einem zunehmend zentralen Bereich der Volkswirt-schaft geworden, das seinerseits eine Vielzahl von anderen Bereichen beeinflusst:

• Es hat den Zugang zu Informationen revolutioniert, Suchkosten gesenkt und die Medienlandschaft grundlegend verändert.

• Die Erbringung von Dienstleistungen wurde nachhaltig verändert, weil sie in bestimmten Branchen nicht mehr an einen spezifischen geographischen Ort gebunden ist (z. B. Softwareprogrammierung oder Support-Dienstleistungen).

• E-Commerce hat die Strukturen des Handels nachhaltig verändert.

• Das Internet hat für Anbieter und Nachfrager von Produkten eine nie dagewesene Transparenz ge-schaffen.

Im Allgemeinen besteht daher die Enabler-Rolle von Telekommunikationsnetzbetreibern und -dienstean-bieterndarin, dass über eine Telekommunikationsinfrastruktur Konnektivität bereitgestelltwird, über die gesicherte Kommunikation möglich ist. Aufbauend auf diesen Konnektivitätsleistungen lassen sich nach-gelagert Produkte und Maschinen vernetzen, was eine zunehmende Automatisierung und Flexibilisierung von Produktionsprozessen erst ermöglicht.

Verbrauchern gewährleistet die flächendeckende Verfügbarkeit ausreichend ausgebauter Telekommunika-tionsinfrastrukturen eine angemessene Teilhabe an der digitalen Welt. Für Unternehmen stellen hoch-leistungsfähige Telekommunikationsinfrastrukturen einen elementaren Wettbewerbsfaktordar. Ihr flächendeckender Ausbau schafft so auch die Voraussetzungen für einen chancengleichen Wettbewerb. Dies zeigt sich in besonderer Weise auch in anderen Netzsektoren.

Die Notwendigkeit flächendeckend ausgebauter Telekommunikations-Infrastrukturen kann am Beispiel des Energiesektorsverdeutlicht werden. So nimmt im Zuge der Energiewende die Anzahl der volatil einspei-senden Erneuerbaren-Energien-Anlagen massiv zu. Zugleich sinkt der Anteil konventioneller Kraftwerke.

Dadurch erhöht sich die Komplexität des Stromversorgungssystems auf allen Spannungsebenen enorm.

Während in der alten „zentralen fossil-nuklearen“ Welt nur rund 700 Erzeugungsanalgen in Deutschland gesteuert werden mussten, müssen heute bereits 1,5 Mio. Photovoltaik-Anlagen und über 25.000 volatil ein-speisende Windanlagen ins Stromnetz integriert werden. Dies ist nur mit Hilfe von intelligenten (digitalen) Betriebsmitteln und auf Basis moderner Telekommunikations-Infrastrukturen möglich.

Aber auch die weiteren Netzsektoren sind in hohem Maße auf flächendeckend ausgebaute Telekommunika-tions-Infrastrukturen angewiesen. Durch die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung der gesamten wertschöpfungsbegleitenden Prozesse im Postsektor, einschließlich der postlogistischen Transportkette, ge-winnen IT-gestützte Systeme und Anwendungen, die auf Telekommunikationsinfrastrukturen basieren eine immer stärkere Bedeutung für die Durchführung von Postdienstleistungen. Dienstleister des Postsektors können mit Hilfe von Sensoren und Aktoren in Verbindung mit modernen Informations- und Kommunika-tionstechnologien eine Vielzahl von unternehmensinternen Prozessen wie das Lager- und Bestandswesen, Track and Trace sowie die Steuerung der gesamten Supply-Chain abwickeln und optimieren. Auch für die Kommunikation und Interaktion mit den Kunden sind flächendeckend ausgebaute Telekommunikations-infrastrukturen von grundlegender Bedeutung (z. B. letzte Meile Zustellung, Echtzeit-Sendungsverfolgung).

Ebenso wären Wachstumsimpulse, die der Online-Handel für die Postbranche setzt, ohne flächendeckend verfügbare Telekommunikationsinfrastrukturen nicht möglich. Denn zur aktuellen Zunahme der Sendungen im Kurier-, Express- und Paketgeschäft (KEP)-Bereich tragen vor allem auch die vielfältigen Möglichkeiten des E-Commerce bei.

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Aus Sicht der Eisenbahninfrastrukturbetreiberund Eisenbahnverkehrsunternehmenbietet der digitale Wandel zahlreiche Möglichkeiten zur Optimierung der eigenen Wertschöpfungsprozesse und der Wett-bewerbsfähigkeit. Auf allen Wertschöpfungsstufen können intelligente IT-Anwendungen eingesetzt werden, für deren Nutzung gut ausgebaute Telekommunikationsinfrastrukturen von hoher Bedeutung sind. Das um-fasst die Netzebene (Sensor- und Signaltechnik, vorausschauende Wartung- und Instandhaltung, Netz- und Kapazitätsmanagement etc.), die Betriebsebene (beispielsweise Train2X-Kommunikation, Fahrassistenz-systeme und vernetzte Güterlogistik) und die Endverbraucherebene (z. B. multimodale, echtzeitgestützte Reiseplanung und Buchung, Fahrgastassistenzsysteme, WLAN-Anbindung in Zügen).

In den Fokus dieser Vernetzungsprozesse rückt insbesondere die Qualität der Breitbandinfrastruktur. Neben der flächendeckenden Verfügbarkeit sind weitere Qualitätsmerkmale wie eine hohe Datenübertragungsrate, kurze Latenzzeiten, Zuverlässigkeit, Sicherheit sowie Flexibilität von besonderer Relevanz. Die im jeweiligen Anwendungsfall erforderlichen Qualitäten werden dabei durch die zu unterstützende Anwendung an einem bestimmten Ort bestimmt. Während einige Anwendungen hohe Datenübertragungsraten erfordern, ist für andere Anwendungen beispielweise eine möglichst geringe Latenz oder eine hohe Zuverlässigkeit zentral. Die Anforderungen an die Netzinfrastrukturkönnen über die Breite der Anwendungen somit höchst unter-schiedlichausfallen. Einige Qualitätsparameter sind dabei für bestimmte Anwendungsszenarien nur durch intelligente, softwarebasierte Netzfunktionenrealisierbar und rücken zukünftig so verstärkt in den Blick-punkt.17

Zusätzlich zu den leitungsgebundenen Anschlusstechnologien werden zukünftig auch Mobilfunktechnolo-gienweiter an Bedeutung gewinnen. Der neue Mobilfunkstandard 5G, der voraussichtlich ab dem Jahr 2020 Marktreife erlangt, wird vergleichsweise sehr hohe Übertragungskapazitäten und extrem niedrige Latenz-zeiten aufweisen. Damit kann er die Basis für viele künftige Anwendungen z. B. im Bereich vernetzter auto-matisierter Fertigungsprozesse (Industrie 4.0), im Mobilitätsbereich und auch im privaten Bereich (mobiles Internet) bilden.

Der Ausbau hochleistungsfähiger Infrastrukturenist in Deutschland ein wichtiges Thema. Zielsetzung dabei ist es, möglichst zeitnah den Weg in die sogenannte Gigabitgesellschaftzu gestalten, was insbesondere den weiteren Ausbau von Glasfaserinfrastrukturenvoraussetzt.

Wie schnell und in welchem Technologiemix ein solcher Ausbaudurch privatwirtschaftlich agierende Unter-nehmen realisiert werden könnte, wird vorranging durch eine Reihe von Faktoren getrieben, die als weitest-gehend losgelöst von der sektorspezifischen Marktregulierunganzusehen sind. Hier sind insbesondere Fak-toren zu nennen, die die Kosten des Ausbaus, die Nachfrageund den Infrastrukturwettbewerb beein-flussen.18

• Die Kostenstrukturendes Ausbaus divergieren stark in Deutschland aufgrund der heterogenen Sied-lungsstruktur. Sie sind hierdurch ungünstiger als in anderen europäischen Ländern, die eine konzen-triertere Besiedlungsdichte aufweisen als Deutschland. In Deutschland lebt nur ein geringer Anteil der Bevölkerung von knapp 10 Prozent in Städten mit über 1 Mio. Einwohnern (zum Vergleich:

Groß-17 Vgl. Fraunhofer Fokus(2016).

18 Dies ist auch das Ergebnis der BEREC-Studie „Challenges and drivers of NGA rollout and infrastructure competition“. Im Rahmen der Studie wurden 28 Länderberichte zum NGA-Ausbau erstellt und ausgewertet, vgl. BEREC(2016c).

britannien 29 Prozent, Spanien 25 Prozent, Frankreich 23 Prozent).19Der geringere Grad der urbanen Verdichtung zeigt sich auch daran, dass sich in Deutschland die Hälfte der Bevölkerung auf etwa 26 Prozent der Gesamtfläche verteilt. Zum Vergleich weisen Länder wie Großbritannien (8 Prozent) und Schweden (10 Prozent) eine deutlich höhere Konzentration auf.20Auch kann beim Ausbau i. d. R.

nicht auf weitreichend verfügbare Leerrohrkapazitäten zurückgegriffen werden, womit sich ein flächendeckender Ausbau kostenintensiverdarstellt. Insbesondere wegen des höheren Anteils des ländlichen Raums sind die Kosten pro Anschluss in Deutschland als relativ hoch einzuschätzen.

• Die tatsächliche Nachfragenach hochleistungsfähigen Breitbandanschlüssen wird nicht zuletzt durch die Einschätzung der Endnutzer über die Erforderlichkeit hoher Bandbreiten bestimmt. Ins-besondere kann sich die gesamtgesellschaftliche Bedeutung, die den hochleistungsfähigen Infra-strukturen beigemessen wird, verstärkend auf die Nachfrage des Individuums auswirken. Es hat sich beispielsweise gezeigt, dass durch ein größeres Angebot online bereitgestellter öffentlicher

Leistungen (z. B. E-Government, E-Learning) positive Akzente in Bezug auf die Nachfrage gesetzt werden konnten. Vorbehaltlich einer bestehenden Nachfrage nach hochbitratigen Anschlüssen auf Endkundenebene wird das Kalkül eines ausbauenden Unternehmens auch beeinflusst durch das Potenzial einer Vermarktung und Erlösgenerierung auf Vorleistungsebene(Wholesale und Wholebuy).

• Entscheidende Impulse für Infrastrukturinvestitionen gehen nicht zuletzt auch vom intermodalen Wettbewerbinsbesondere mit den Kabelnetzbetreibern aus. So hat sich gezeigt, dass der ehemalige Monopolist (Incumbent) den Infrastrukturausbau häufig auf die Gebiete fokussiert, in denen es be-reits Kabelnetzinfrastrukturen gibt.

Dass jedoch Regulierungunmittelbar den Ausbau gewährleisten kann, entspricht nicht ihrem prinzipiell flankierenden Charakter. Die Zugangs- und Entgeltregulierung kann jedoch – richtig ausgestaltet – Ausbau-vorhaben unterstützen und die Voraussetzungen für wettbewerbliche Investitionen verbessern:

• Einen Beitrag zur Reduzierung der Ausbaukosten können beispielsweise gesetzliche Regelungenzur gemeinsamen Nutzung auch sektorübergreifender Infrastrukturenleisten. Mit der Umsetzung der Kostensenkungsrichtlinie der EU-Kommission im Gesetze zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) besteht eine rechtliche Grundlage, die durch Informations-, Mitnutzungs- und Mitverlegungsrechte dazu beitragen dürfte, ungünstige Kostenstrukturen zu senken und damit den Ausbau von zukunftsfähigen hochleistungsfähigen Infrastrukturen zu fördern.

• Für die Profitabilität von Glasfaserausbauprojekten ist eine hohe Auslastung in relativ kurzer Zeit erforderlich. Hier kann eine freiwillige Zugangsgewährung(„Open Access“) die Netzauslastung erhöhen und somit einen sinnvollen Beitrag leisten. Dies gilt beispielsweise für Kooperations-projekte, bei denen zwei oder mehrere Vertragspartner entweder parallel oder komplementär ausbauen und sich gegenseitig Zugang gewähren.

19 Vgl. Weltbank(2015).

20 Vgl. OECD(2009).

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