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Telekommunikationsmärkte lassen sich klassischerweise in die Bereiche Festnetzund Mobilfunkunterteilen.

Im Festnetzbereichwerden sowohl Breitbandanschlüsse als auch Telefonanschlüsse/Zugänge an Endkunden vermarktet. Im Jahr 2016 verringerte sich die Nutzung klassischer Analog- und ISDN-Anschlüsse als ehemals häufigste Telefonanschlussart weiter, während sich die Nachfragesteigerung nach Internet Protocol (IP)-basierten Telefonzugängen fortsetzte. Als ein bedeutender Treiber dieser Entwicklung ist die Migration der Analog- und ISDN-Kunden auf IP-Anschlüsse zu sehen, die insbesondere die Deutsche Telekom AG bis 2018 für ihr Netz vollständig umsetzen will.

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Die Gesamtzahl der Festnetz-Breitbandanschlüsse betrug 2016 in Deutschland rund 32 Mio. Anschlüsse.6Der Großteil (75 Prozent) der Breitbandanschlüsse beruht auf der DSL-Anschlusstechnik, die Kupferdoppeladern auf dem letzten Teilstück zum Kunden verwendet. Auf alle anderen Anschlussarten entfielen insgesamt etwa 8 Mio. Anschlüsse. Hier wurden die meisten Anschlüsse auf Basis von HFC-Netzen (7,2 Mio.) realisiert. Auf Glasfasernetzen, die zumindest bis zum Gebäude (FTTB/FTTH) reichen, basierten rund 0,6 Mio. der nach-gefragten Anschlüsse. Das durchschnittliche Datenvolumen pro Nutzer und Monat wird 2016 auf ca. 60 GB in den Festnetzen prognostiziert.

Im Mobilfunkbereichbetrug 2016 der von den Netzbetreibern veröffentlichte SIM-Karten-Bestand auf dem Endkundenmarkt 129,9 Mio. Ein Anteil von 7,7 Mio. des SIM-Karten-Bestandes wurde für die Datenkommu-nikation zwischen Maschinen (Machine-to-Machine (M2M)-KommuDatenkommu-nikation) eingesetzt. Auch im Mobilfunk spielt die Nutzung mobiler Datenübertragungsdienste eine immer wichtigere Rolle: Das mobile Datenvolu-men stieg alleine zwischen 2015 und 2016 von 575 Mio. Gigabyte auf 918 Mio. Gigabyte an. Ende 2016 gab es dabei 63,1 Mio. regelmäßige UMTS- und LTE-Nutzer.7

Insgesamt hat die Bedeutung von Bündelangebotenfür die Telekommunikationsmärkte weiter zuge-nommen. Während zu Beginn der Marktöffnung insbesondere Call-by-Call und Preselection-Angebote einen massiven Preisdruck ausübten, haben sich in den vergangenen Jahren Teilnehmernetzbetreiber mit ihren Komplettangeboten in Kombination mit Flatrate-Tarifen weitgehend am Markt durchgesetzt. Solche Bündel-angebote beinhalten neben dem Internetzugang auf Basis eines Breitbandanschlusses weitere Telekommuni-kationsdienste (wie beispielweise Festnetz-Telefonie, Fernsehen oder Mobilfunk) und werden in der Regel in einem einzigen Vertragsverhältnis gegenüber Endkunden vermarktet. Im Festnetzmarkt stellen Bündel-produkte mittlerweile das gängigste Angebot dar. Folglich ist für Neukunden ein Einzelbezug der zuvor genannten Dienste oftmals nur noch erschwert möglich.

Hier zeigt sich nicht zuletzt auch die hohe Wettbewerbsdynamik des Telekommunikationssektorsdurch den technischen Wandel und die schnelle marktliche Entwicklung. Dies spiegelt sich beispielweise darin wider, dass die Anzahl der Preselection-Einstellungen zwischen 2005 und Ende 2016 von 6,3 Mio. auf etwa 0,6 Mio., d. h. um über 90 Prozent zurückgegangen ist.8Auch konnten sich in den letzten Jahren verstärkt Kabel-anbieter am Markt etablieren. So wiesen laut Abbildung 2 HFC-Breitbandanschlüsse ein kontinuierliches Wachstum zwischen 600.000 – 800.000 Kunden über die letzten Jahre auf, während seit 2011 die Gesamtzahl der DSL-Anschlüsse nach zwischenzeitlichen leichten Rückgängen insgesamt um 500.000 Kunden gewachsen ist.

Zusammenschlüssevon Unternehmen wie z. B. die Übernahme der Kabel Deutschland AG durch die Vodafone GmbH 2013, die Übernahme von Versatel durch United Internet oder die Fusion von Telefónica und E-Plus 2014 veränderten die Wettbewerbslandschaft im deutschen Telekommunikationsmarkt. Im TV-Kabelsektor kam es 2015 durch die Integration der Kabel BW GmbH & Co. KG in die Unitymedia GmbH sowie der Übernahme der PrimaCom GmbH durch die Tele Columbus AG zu weiteren Konsolidierungen. Tele Columbus wurde dadurch zum drittgrößten TV-Kabelnetzbetreiber hinter Vodafone/Kabel Deutschland und der Unitymedia/KabelBW.

6 Vgl. Bundesnetzagentur(2017) sowie Bundesnetzagentur(2015a).

7 Vgl. Bundesnetzagentur(2017).

8 Vgl. Bundesnetzagentur(2017).

Abbildung 2: Breitbandanschlüsse über HFC-Netze

Auf Vorleistungsmärktenwerden alle von Telekommunikationsunternehmen erbrachten Leistungen gehan-delt, die andere Anbieter zu Großhandelspreisen abnehmen und für das Angebot eigener Telekommunika-tionsdienstleistungen in der Regel gegenüber Endkunden nutzen. Vorleistungsprodukte im Breitbandbereich des Festnetzes basieren fast ausschließlich, jedoch in unterschiedlichem Umfang, auf der Infrastruktur der Deutschen Telekom AG.

• Der Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL)umfasst den direkten physischen Zugang zum Kabel zwischen dem Hauptverteiler (HVt) bzw. Kabelverzweiger (KVz) und dem Anschluss des End-kunden („letzte Meile“). Für Wettbewerber ist es hierbei erforderlich, eigene Infrastruktur bis zum Hauptverteiler (HVt) oder bis zum Kabelverzweiger (KVz) ausbauen (vgl. Abbildung 3).

• Bei einem Bitstromzugangsproduktals Vorleistung wird über den breitbandigen Anschluss hinaus auch der Datentransport zu einem oder mehreren zentralen Bitstrom-Übergabepunkten als Vor-leistung erbracht. Die Zugangsnachfrager übernehmen diesen Datenstrom an den Übergabepunkten und leiten ihn in ihr eigenes Netz. Wettbewerber müssen bei diesem Vorleistungsprodukt somit deut-lich weniger eigene Infrastruktur in der Nähe des Endkunden bereitstellen als im Fall des Zugangs zur entbündelten Teilnehmeranschlussleitung.

• Im Gegensatz dazu erfordern Resale-Produktekeinerlei eigene Infrastrukturleistungen eines Wett-bewerbers.

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Abbildung 3: Schematische Darstellung Teilnehmeranschlussleitung Quelle: Eigene Darstellung.

Insbesondere die Vorleistungsmärkte im Telekommunikationsbereich stehen im Fokus der sektorspezifischen marktlichen Telekommunikationsregulierung. Zugangsbedingungen und Entgelte für bestimmte Vorleis-tungsprodukte werden durch die Bundesnetzagentur festgelegt. Damit soll ein Missbrauch netzspezifischer Marktmacht verhindert und ein chancengleicher Wettbewerb zwischen verschiedenen Telekommunikations-anbietern ermöglicht werden.

Die marktliche Telekommunikationsregulierung in Deutschland orientiert sich an der aktuell geltenden Märkteempfehlung der Europäischen Kommission(EU-Kommission). Sie gibt aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elek-tronische Kommunikationsnetze und -dienste eine Empfehlung über (regulierungs-)relevante Produkt- und Dienstemärkte des elektronischen Kommunikationssektors ab.

Dieser Empfehlung der ex-ante zu regulierenden Telekommunikationsmärkte kommt hierbei eine Vermu-tungswirkung, im Hinblick auf die von der Kommission als regulierungsrelevant eingestuften Produkt- und Dienstemärkte des elektronischen Kommunikationssektors, zu. Jedoch ist es den nationalen Regulierungs-behörden möglich, aufgrund von nationalen Besonderheiten von der Märkteempfehlung abzuweichen. In der

„Empfehlung der Kommission über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunika-tionssektors“ von 2003 wurden 18 vorab zu regulierende Märkte aufgelistet.9In der Märkteempfehlung 2007 waren es noch 7 Märkte; 2014 nannte die Kommission in ihrer Empfehlung nur noch 5 Märkte.10Erkennbar wird hier ein „phasing-out", also ein Zurückführen der sektorspezifischen Regulierungin bestimmten Märkten, welches auf eine Etablierung wettbewerblicher Strukturen zurückzuführen ist.

Die aktuelle Märkteempfehlung der EU-Kommission vom 9. Oktober 2014 (2014/710/EU) umfasst fünf Vor-leistungsmärkte:

9 Vgl. Europäische Kommission(2003) Aktenzeichen K(2003) 497.

10 Vgl. Europäische Kommission(2007) Aktenzeichen K(2007) 5406 und Europäische Kommission(2014) Aktenzeichen (2014/710/EU).

Markt 1: Anrufzustellung auf der Vorleistungsebene in einzelnen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten

• Dieser Vorleistungsmarkt umfasst Terminierungsleistungen im Festnetz, also die Anrufzustel-lung durch den Netzbetreiber, in dessen Netz eine angewählte Festnetznummer geschaltet ist.

Markt 2: Anrufzustellung auf der Vorleistungsebene in einzelnen Mobilfunknetzen

• Dieser Vorleistungsmarkt umfasst Mobilfunkterminierungsleistungen, also die Anrufzustellung durch den Netzbetreiber, in dessen Netz eine angewählte Mobilfunkrufnummer geschaltet ist.

Markt 3a: Auf der Vorleistungsebene an festen Standorten lokal bereitgestellter Zugang

• Dieser Vorleistungsmarkt besteht derzeit im Wesentlichen aus physischen oder passiven lokalen Zugangsprodukten zur entbündelten Teilnehmeranschlussleitung (TAL). Bei Nichtverfügbarkeit des Zugriff auf die physische TAL kann in Deutschland ein lokal virtuell entbündeltes Zugangs-produkt (VULA) an dessen Stelle treten, das in seinen Eigenschaften der entbündelten Teil-nehmeranschlussleitung sehr nahe kommen muss.

Markt 3b: Für Massenprodukte auf der Vorleistungsebene an festen Standorten zentral bereit-gestellter Zugang

• Dieser Vorleistungsmarkt umfasst den nicht-physischen oder virtuellen Zugang zu Breitband-netzen (beispielsweise Bitstromzugang).

Markt 4: Auf der Vorleistungsebene an festen Standorten bereitgestellter Zugang von hoher Qualität

• Dieser Vorleistungsmarktmarkt umfasst Mietleitungen sowie weitere Zugangsarten, die die Produkt- und Qualitätscharakteristika von Mietleitungen nahezu erfüllen.

Nach der Märkteempfehlung sind diese und gegebenenfalls weitere durch die nationale Regulierungsbehörde festzulegenden Märkte für Deutschland in der Regel alle drei Jahre durch die Bundesnetzagentur genau abzu-grenzen und auf das Vorliegen von wirksamem Wettbewerb zu untersuchen. Hierzu werden strukturelle Markteintrittsbarrieren für Wettbewerberidentifiziert und sofern kein wirksamer Wettbewerb festgestellt werden kann, individuelle Abhilfemaßnahmen in Form von Regulierungsauflagen (Zugangs- und Entgelt-regulierung) festgelegt. Hierbei können sich die strukturellen Markteintrittsbarrieren beispielsweise in Form wesentlicher Einrichtungen auf den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette des Telekommunika-tionssektors darstellen. Die Abhilfemaßnahmen betreffen fast ausschließlich Netzinfrastrukturvorleis-tungen11, reine Resale-Leistungen unterliegen nicht der Regulierung und werden von den Unternehmen bilateral ausgehandelt.

11 Eine Ausnahme stellt der Markt für den Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Markt Nr. 1 der Märkte-Empfehlung 2007) dar. Dieser Endkundenmarkt ist derzeit in Deutschland reguliert.

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Regulierungsauflagenwerden dabei überwiegend ex-ante auf den Vorleistungsmärktenfestgelegt. Dieses Vorgehen stellt damit eine Präventivmaßnahme dar, um wirksamen Wettbewerb auf den Endkundenmärkten zu sichern und wettbewerbswidrige Praktiken im Voraus zu unterbinden.

Im Festnetz stellt die entbündelte Teilnehmeranschlussleitung(TAL) aktuell das wichtigste regulierte Vor-leistungsprodukt mit 7,2 Mio. von der Deutschen Telekom angemieteten Anschlüssen im Jahr 2016 dar.

Davon entfielen knapp 6,5 Mio. auf die entbündelte TAL am Hauptverteiler (HVt-TAL) sowie rund 0,7 Mio. auf die TAL vom Kabelverzweiger zum Endkunden (KVz-TAL). Die TAL-Anmietungen haben sich jedoch in den vergangenen sechs Jahren rückläufig entwickelt (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4: TAL-Anmietungen

Im Hinblick auf den Netzumbau in Richtung hochleistungsfähige Breitbandnetze verliert die TAL seit 2011 zunehmend an Bedeutung, während der Bitstromzugangim Zuge des VDSL-/Vectoring-Ausbaus für alter-native Anbieter wichtiger wird:

• So wirkt sich das Nachfragewachstum nach besonders hochbitratigen Breitbandanschlüssen dämp-fend auf die Nachfrage nach Teilnehmeranschlüssen mit Zugang am Hauptverteiler aus: (A)DSL-Anschlüsse, die auf dieser Infrastruktur aufsetzen, haben auch durch die Leistungsreduktion in Ab-hängigkeit von der Leitungslänge der Kupfer-basierten Anschlusstechnologie beschränktere Über-tragungskapazitäten.

• Der Zugang zur VDSL-Infrastruktur der Deutschen Telekom AG wird zunehmend über die Vor-leistung Bitstromzugang nachgefragt.

• Zusätzlich ist für Kabelanbieter eine Inanspruchnahme von Anschlussleitungen der Deutschen Telekom AG nicht erforderlich, da sie über eigene Infrastrukturen bis zum Endkunden verfügen.

Im Jahr 2016 wurden von Wettbewerbern 1,7 Mio. DSL-Anschlüsse über Bitstromvorleistungen und 2,6 Mio.

Anschlüsse über Resalevorleistungen der Deutschen Telekom erbracht. Abbildung 5 fasst die skizzierte Wertschöpfung anhand (regulierter) Vorleistungen zusammen. Die Länge der dunkelblauen Pfeile stellt dabei die Menge an infrastrukturellen Leistungen dar, die ein Wettbewerber eigenständig erbringen muss, um End-kunden bedienen zu können.

Abbildung 5: Wertschöpfung im Telekommunikationssektor und (regulierte) Vorleistungsmärkte Quelle: Eigene Darstellung.

Insgesamt hat die zunehmende Bedeutung von hochleistungsfähigen Breitbandnetzen zu einer Weiterent-wicklung der regulatorischen Zielsetzunggeführt. In den ersten Jahren der Liberalisierung hatte die Regulie-rung insbesondere den Auftrag, eine bestehende Infrastruktur für den Wettbewerb zu öffnen und alterna-tiven Anbietern über Service- und Preiswettbewerb den Markteintritt zu ermöglichen. Die insbesondere auf Basis der TAL-Nachfrage erreichten Volumina an Anschlussproduktvermarktungen bereiteten dabei vorleis-tungsnachfragenden Unternehmen den Weg zum weitergehenden Infrastrukturaufbau, soweit sich dieser angesichts der vorherrschenden Kosten- und Nachfragestrukturen als effizient erweist. Die Marktregulierung hat über die Ermöglichung unverzerrter Make-or-Buy-Entscheidungen die Weichen so gestellt, dass seit der Liberalisierung beachtliche Investitionssummen alternativer Netzbetreiber in den Infrastrukturausbau fließen konnten.

Die zentrale Zielsetzunghat sich nun in den vergangenen Jahren in Richtung eines flächendeckenden wett-bewerblichen Ausbausvon Hochgeschwindigkeitsnetzenweiterentwickelt. Diese Herausforderung lässt sich nicht allein mit regulatorischen Mitteln lösen. Regulierung kann zum Ausbau innerhalb des bestehenden flexiblen Ordnungsrahmens aber auch in Zukunft den ihr zukommenden Beitrag leisten. Im Fokus stehen hierbei seit einigen Jahren zunehmend die indirekten Effekte, die die Zugangs- und Entgeltregulierung auf alternative Infrastrukturbetreiber und mithin auf Investitionen in den Ausbau alternativer, höherwertiger Next Generation Access (NGA)-Netzehat.

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