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Relevanz des Mixed-Methods-Forschungsdesigns im Forschungsprozess und wissenschafts-

Vorstudie Kapitel 4.2

Qualitative Interviews, Vor-studie

Grad der Dispersion von Marketingaktivitäten (For-schungslücke I), Einflussfaktoren und Outcome-Dimensio-nen der Dispersion von Marketingaktivitäten (Forschungs-lücke III), Rolle der Informalität im Zusammenspiel mit dem Grad der Dispersion von Marketingaktivitäten

(For-schungslücke IV)

Situativer Ansatz (Kapitel 3.1) und OCB

(Kapitel 3.2)

Fallstudie Kapitel 4.3

Qualitative Fallstudienun-tersuchung

Grad der Dispersion von Marketingaktivitäten (For-schungslücke I), Einflussfaktoren und Outcome-Dimensio-nen der Dispersion von Marketingaktivitäten (Forschungs-lücke III), Rolle der Informalität im Zusammenspiel mit dem Grad der Dispersion von Marketingaktivitäten

(For-schungslücke IV)

Situativer Ansatz (Kapitel 3.1) und OCB (Kapitel

3.2)

Fragebogen Kapitel 4.4

Quantitative Fragebogenun-tersuchung

Messung des Grads der Dispersion von Marketingaktivitä-ten (Forschungslücke II), Grad der Dispersion von

Marke-tingaktivitäten und die Koordination von Informationen (Forschungslücke V)

OIP (Kapitel 3.3), Situati-ver Ansatz (Kapitel 3.1) und OCB (Kapitel 3.2)

4.1 Relevanz des Mixed-Methods-Forschungsdesigns im Forschungsprozess

quantitati-ven Fragebogenstudien (Creswell & Plano Clark, 2018: 37ff). Und auch die methodo-logische Positionierung des Pragmatismus ist breiter angelegt. Während die sogenann-ten „quantitative purists“ deduktiv vorgehen und die „qualitative purists“ induktiv o-der teilhabend, ist o-der Pragmatismus auch für kombinierende Ansätze offen (Creswell

& Plano Clark, 2018: 38). Diese Offenheit lässt sich auch auf das zentrale Verständnis von Wissen innerhalb des Pragmatismus zurückführen, nach dem es bei Wissen immer um eine Beziehung von Handlung und Konsequenzen geht (Biesta, 2010: 107).

Diese philosophische und methodologische Positionierung des Pragmatismus „in der Mitte“ erlaube es Forschern, das Forschungsdesign – auch abseits von Positivismus, Konstruktivismus und Interpretativismus und damit teilweise strengen Paradigma-Ausprägungen (Johnson & Onwuegbuzie, 2004: 15, 17) – so aufzustellen, dass mut-maßlich nicht-kombinierbare methodische Ansätze gemeinsam anwendbar sind und so auch die methodische Trennung von quantitativer und qualitativer Forschung aufzu-heben (Kuß, 2010: 115). Mithilfe von Mixed-Methods-Designs kann die Chance zur Beantwortung einer Forschungsfrage entstehen, die bei alleiniger Verfolgung quanti-tativer oder qualiquanti-tativer Ansätze gegebenenfalls nicht möglich gewesen wäre (Johnson

& Onwuegbuzie, 2004: 15, 17). Dies wird z.B. über Tiefe und Breite erlangt, die im Rahmen von methodischer Triangulation entstehen kann (Flick 1995: 433). Auf Basis einer Umfrage unter führenden Mixed-Methods-Forschern haben Johnson, Onwuegbuzie & Turner (2007) genau das als Zielsetzung von Mixed-Methods-For-schung herausgearbeitet und folgende Definition formuliert:

„Mixed methods research is the type of research in which a researcher or team of researchers combines elements of qualitative and quantitative research approaches (e.g., use of qualitative and quantitative viewpoints, data collection, analysis, infer-ence techniques) for the broad purpose of breadth and depth of understanding and corroboration.“ (Johnson et al., 2007: 123)

Die Kombination verschiedener qualitativer und quantitativer Forschungselemente in sequenzieller oder simultaner Anwendung ist dabei der prägende Bestandteil und bil-det auch eine entscheidende Stärke, da durch diese Kombination potenziell mehr Ver-ständnis erlangt werden kann als bei der Verwendung eines einzelnen Ansatzes (Creswell & Plano Clark, 2018: 13). Döring und Bortz (2016: 27) sehen eine Erhöhung der Aussagekraft durch die Verknüpfung verschiedener Methoden.

Innerhalb der Mixed-Methods-Forschung werden drei Kern-Forschungsdesigns ver-wendet: konvergierendes, explanativ-sequenzielles und explorativ-sequenzielles De-sign (Creswell & Plano Clark, 2018: 65). Während beim konvergierenden DeDe-sign die qualitativen und quantitativen Studien inhaltlich nicht aufeinander aufbauen und somit separat durchgeführt, analysiert und im Anschluss Unterschiede, Gemeinsamkeiten, Themen oder Muster beider Untersuchungen herausgearbeitet werden, sind die beiden anderen Designs dadurch geprägt, dass sie aufeinander aufbauen (Creswell & Plano Clark, 2018: 65, 70). Das explanativ-sequenzielle Design beginnt mit einer quantitati-ven Studie, auf deren Ergebnissen eine qualitative Studie entwickelt wird. Am Schluss erfolgt eine gemeinsame Interpretation (Creswell & Plano Clark, 2018: 66f). Beim explorativ-sequenziellen Design wird dagegen zuerst eine qualitative und im An-schluss eine quantitative Studie durchgeführt (Creswell & Plano Clark, 2018: 66f). Der Abschluss des explorativ-sequenziellen Designs in einer dritten Sequenz stellt zumeist das Testen des auf Basis der vorherigen Sequenzen entwickelten „Features“ dar. Dies können z.B. neue Variablen, Instrumente oder auch eine App sein. (Creswell & Plano Clark, 2018: 67). Diese Kern-Forschungsdesigns werden häufig erweiternd oder er-gänzend angewendet (Creswell & Plano Clark, 2018: 101ff).

Das Forschungsdesign dieser Studie ist an ein explorativ-sequenzielles Forschungsde-sign angelehnt (s. Abbildung 10). Die erste Sequenz ist eine qualitative Vorstudie mit Leitfadeninterviews. Die zweite Sequenz ist eine qualitative Fallstudienuntersuchung, die sich auf einen einzelnen Fall fokussiert. Die dritte Sequenz ist eine quantitative Fragebogenuntersuchung.

Abbildung 10: Darstellung des angewandten Mixed-Methods-Forschungsdesign

Betrachtet man den Studienaufbau anhand der in Kapitel 2.6 formulierten fünf For-schungslücken, so kann die zweite Forschungslücke als die Kernthematik der Arbeit hervorgehoben werden. Forschungslücke II, zur Messung des Grads der Dispersion von Marketingaktivitäten, wird in der ersten Sequenz vorbereitet (Marketingaktivitä-ten), in der zweiten Sequenz in der Fallstudienuntersuchung wird das Messinstrument erstmals angewendet und in der dritten Sequenz in der Breite durch einen Online-Fra-gebogen von Mitarbeitern verschiedener Unternehmen untersucht. Die empirische Analyse von Forschungslücke II erfolgt daher mithilfe des gewählten Mixed-Methods-Designs aus unterschiedlichen Perspektiven. Während Forschungslücke I eine Art Grundgerüst für die weiteren Forschungssequenzen darstellt und eine qualitative In-terviewstudie die Basis bildet, werden die im Fokus von Forschungslücke III stehen-den Einflussfaktoren und Outcome-Dimensionen der Dispersion von Marketingakti-vitäten mithilfe der qualitativen Interviews der ersten Sequenz zunächst extrahiert, um schließlich im qualitativen Teil der Fallstudienuntersuchung durch die Analyse eines Beispielunternehmens in der Tiefe untersucht zu werden. Auf Basis beider Studien können Propositionen zu Einflussfaktoren und Outcome-Dimensionen des Grads der Dispersion von Marketingaktivitäten formuliert werden. Weiterhin werden die

For-schungslücken IV und V als ausgewählte, mit der Hauptthematik verbundene Kon-strukte im jeweils geeigneten empirischen Design betrachtet, so dass die Forschungs-lücke IV, die die Informalität der Dispersion von Marketingaktivitäten in den Vorder-grund stellt, zunächst in der qualitativen Vorstudie besser verstanden soll. In For-schungslücke V, die sich auf den Zusammenhang zwischen Dispersion von Marke-tingaktivitäten und Informationsmanagement bezieht, erfolgt in der dritten Sequenz dann eine quantitative Untersuchung.

Die von Kuß (2010: 120f) aufgegriffenen sogenannten „zusätzlichen Leistungen“ von Mixed-Methods-Design, die als Mehrwert durch die Methodenkombination verstan-den werverstan-den können und von Mixed-Methods-Forschern wie Greene, Caracelli, und Graham (1989) Tashakkori und Teddlie (1998) tiefergehend formuliert wurden, wer-den anhand des beschriebenen, sequenziellen Aufbaus deutlich: Triangulation entsteht durch die Überprüfung der Annäherung der Ergebnisse, die auf Basis verschiedener Methoden erhoben wurden (Kuß, 2010: 120f). Im vorliegenden Studienaufbau werden die Ergebnisse aller drei Studien hinsichtlich des Grads der Dispersion von Marketing-aktivitäten mithilfe von qualitativen Interviews, einer qualitativ ausgerichteten Fall-studienuntersuchung sowie einer quantitativen Fragebogenstudie betrachtet. Die Stu-dien haben unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte und untersuchen zudem noch weitere Aspekte (Forschungslücken IV und V), woraus eine Komplementarität der verschiedenen Teilstudien resultiert (Kuß, 2010: 120f). Ebenso erfolgt eine Auswei-tung des Wissenstands durch die verschiedenen Methoden (Kuß, 2010: 120f). Die Analyse von Informalität der Dispersion von Marketingaktivitäten stellt eine Thematik dar, die sich in einer Fallstudienuntersuchung in der Tiefe besser untersuchen lässt, da die Verbindungen zwischen Mitarbeitern nur so durchdrungen werden können. Zumal der bisherige Kenntnisstand zur Dispersion von Marketingaktivitäten relativ gering ist.

Eine rein quantitative Betrachtung wäre somit in diesem Fall nicht zielführend gewe-sen.

So entsteht ein großer Mehrwert des Mixed-Methods-Forschungsdesigns dadurch, dass ein Phänomen aus mehreren Methoden-Blickwinkeln betrachtet werden kann, was auch als ein Aspekt der Validierung verstanden werden kann (Flick, 1995: 433).

O’Cathain (2010) setzt sich detailliert mit Fragen der Validität im Mixed-Methods-Research auseinander. So beschreibt sie, dass zweierlei Vorgehen prinzipiell möglich

ist: Entweder werden Validitätskriterien pro Studie basierend auf den dafür bereits existierenden Validitätskriterien verwendet oder Validitätskriterien der Mixed-Me-thods-Forschung angewendet. Viele Mixed-Methods-Forscher haben sich in den ver-gangenen Jahren mit Validitätskriterien auseinander gesetzt (Creswell & Plano Clark, 2007; Onwuegbuzie & Johnson, 2006; Teddlie & Tashakkori, 2009, zit. nach O’Cathain, 2010). Während Teddlie und Tashakkori (2009, zit. nach O'Cathain, 2010) und Onwuegbuzie und Johnson (2006) auf den Begriff „Validität“ gänzlich verzichten und stattdessen „inference quality“ bzw. „legitimation“ verwenden, argumentieren Creswell und Plano Clark (2018: 250), dass es sich bei dem Begriff „Validität“ um einen feststehenden Forschungsausdruck handele und dieser daher auch in der Mixed-Methods-Forschung angebracht sei. Neben der Terminologie existieren sehr viele ver-schiedene Auflistungen von „Validitätskriterien“ der Mixed-Methods-Forschung, die O’Cathain (2010: 542ff) zusammengetragen und kategorisiert hat. Dabei sind nicht nur diverse Überschneidungen mit Validitätskriterien der qualitativen und quantitati-ven Forschung im Allgemeinen erkennbar (z.B. Transparenz, Genauigkeit (rigor), adä-quate Passung von Forschungsdesign und Methoden), sondern auch die Tatsache, dass es innerhalb des Forschungszweigs der Mixed-Methods-Forschung noch keine über-zeugende Einigkeit gibt. So sehen z.B. auch Creswell und Plano Clark (2018: 250) die Validitätsdiskussion in der Mixed-Methods-Forschung noch nicht als abgeschlossen an. Kuß (2010: 122) führt darüber hinaus an, dass Ergebnisse mehrerer, unterschiedli-cher Studien zu einer Forschungsthematik nicht zusammengefügt werden können, um die Generalisierbarkeit zu stärken, da dies nicht nur aus theoretischen, sondern auch aus praktischen Aspekten problematisch sei.

Daher sind im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht Gütekriterien der Mixed-Me-thods-Forschung, sondern die etablierten Gütekriterien qualitativer und quantitativer Forschung die Grundlage für die Gütekriterien der einzelnen Sequenzen, auf die de-tailliert im Rahmen der einzelnen Studien eingegangen wird.24 Dennoch kann das

24 Analog dazu empfiehlt Yin (2018: 235) auch über die Ergebnisse der einzelnen Studien/Sequenzen innerhalb des Mixed-Methods-Designs separat zu berichten, bevor die Gesamtergebnisse präsentiert werden. Sowohl die Darstellung der Ergebnisse als auch die Ausführungen zu Gütekriterien erfolgt daher im Anschluss an die jeweilige Einzel-Studie. Die Gesamtdiskussion der Ergebnisse findet schließ-lich in Kapitel 5 statt.

grundlegende Vorgehen der Mixed-Methods-Forschung aufgrund der Perspektiven-vielfalt und unterschiedlichen Blickwinkel auf das Forschungsphänomen zu mehr Va-lidität führen. Döring und Bortz (2016: 114f) formulieren zwei Aspekte, die – auch übergreifend auf das Mixed-Methods-Design bezogen – eingehalten werden sollten:

zum einen die Designqualität und zum anderen die Mixed-Methods-Interpretations-/Meta-Interpretationsqualität. Die Mixed-Methods-Designqualität be-zieht sich darauf, dass die Verknüpfung der einzelnen Sequenzen im Forschungspro-zess aussagekräftig sein muss (Döring & Bortz, 2016: 115). Dies wurde bereits in die-sem Kapitel begonnen und wird sowohl bei jeder Sequenz als auch in der zusammen-fassenden Ergebnisdarstellung im fünften Kapitel iterativ weiterverfolgt. Der zweite Aspekt, die Mixed-Methods-Interpretations-/Meta-Interpretationsqualität, zielt darauf ab, dass ein Bezug zwischen den Teilergebnissen der einzelnen Sequenzen hergestellt wird und diese in einer Gesamtinterpretation miteinander verknüpft werden, um schließlich eine Meta-Interpretation aller Sequenzen zu erhalten (Döring & Bortz, 2016: 115). Dieses Gütekriterium ist vor allem für das fünfte Kapitel relevant, in dem die Gesamtergebnisse diskutiert und reflektiert werden. Auch die sequenziell darge-stellten Teilergebnisse der einzelnen Studien basieren bereits auf Ergebnissen der vor-herigen Sequenzen und sind somit ein erster Schritt zur Mixed-Methods-Interpreta-tions-/Meta-Interpretationsqualität.

4.2 Vorstudie zur Herleitung des Forschungsmodells zum Grad der