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2.3.1 Bedeutung

Spermien vieler Säugetierspezies gelten als „perfekte Osmometer“ (Maus: DU et al.

1994, WILLOUGHBY et al. 1996; Eber: GILMORE et al. 1996, PETRUNKINA u.

TOPFER-PETERSEN 2000; Mensch: GILMORE et al. 1995; Rind: DREVIUS 1972).

Sie haben zudem die Fähigkeit nach einer Schwellung oder Schrumpfung in hypo- oder hypertoner Lösung ihr Zellvolumen wieder zu regulieren. Der Mechanismus wird als regulatorische Volumenabnahme (= regulatory volume decrease, RVD) bzw.

regulatorische Volumenzunahme (= regulatory volume increase, RVI) bezeichnet (PETRUNKINA et al. 2005a). Die Fähigkeit zur Volumenregulation wird von Spermien vermutlich während der Nebenhodenpassage erworben (YEUNG et al.

2006). So konnte an Spermien aus dem Nebenhodenkopf von Maus und Makaken gezeigt werden, dass diese im Gegensatz zu Spermien aus dem Nebenhodenkörper und –schwanz entweder keine Schwellung unter hypotonen Bedingungen zeigten (YEUNG et al. 2004) oder bei vorhandener Schwellung keine Rückregulation des Zellvolumens festzustellen war (YEUNG et al. 2002). SAHIN et al. (2009) zeigten dagegen, dass Spermien aus dem Nebenhodenkopf und -schwanz von Bullen in der Lage, sind eine RVD zu vollziehen. Spermien aus dem Nebenhodenkopf wiesen jedoch eine eingeschränkte Fähigkeit zur Kontrolle des Zellvolumens unter isotonen Bedingungen auf. Die Ejakulation wird in vielen Spezies mit einem „hypotonen Schock“ für die Spermien in Verbindung gebracht (YEUNG et al. 1999a;

PETRUNKINA et al. 2004a; COOPER 2007; SAHIN et al. 2009). Der Unterschied in der Osmolarität zwischen Nebenhodenschwanz und Seminalplasma kann speziesabhängig bis zu 100 mOsmol/kg betragen (Maus: YEUNG et al. 1999a).

Daher wird es als Notwendigkeit angesehen, dass Spermien intakte Volumenregulationsmechanismen aufweisen (COOPER u. YEUNG 2003;

PETRUNKINA et al. 2004a). Auch eine Beteiligung osmotisch sensitiver Calciumkanäle an der Aktivierung der Spermienmotilität und der Akrosomreaktion wird diskutiert (ROSSATO et al. 1996). PETROUNKINA et al. (2000a) beobachteten in diesem Kontext unter Kapazitationsbedingungen periodische Volumenzunahmen

und –abnahmen an Eberspermien, die in Zusammenhang mit einer Destabilisierung der Zellen standen. Die Fähigkeit zur Volumenregulation wird bei einigen Spezies mit der Fertilität in Zusammenhang gebracht. So zeigten KHALIL et al. (2006), dass Spermien von Bullen mit einer niedrigen Non-Return-Rate (NRR) eine größere initiale Schwellung nach Inkubation in einem hypotonen Medium und eine deutlich schwächer ausgeprägte RVD zeigten im Vergleich zu Bullen mit einer hohen NRR.

YEUNG und COOPER (2001) beschrieben, dass humane Spermien mit eingeschränkter Fähigkeit zur Volumenregulation keine Migration durch künstlichen zervikalen Mucus zeigten. Für die Spezies Schwein stellten PETRUNKINA et al.

(2004a) fest, dass Spermien von Ebern mit überdurchschnittlicher Fertilität eine signifikant höhere relative Rückregulation des Zellvolumens nach Inkubation in einem hypotonen Medium aufwiesen. In einer Studie mit genetisch manipulierten Mäusen, die einen Tyrosinkinaserezeptor nicht exprimieren (c-ros knock-out), zeigten YEUNG et al. (1998), dass die Spermien dieser Tiere nicht in der Lage sind die uterotubale Verbindung zu passieren. Die Autoren führten dies auf eine Reifungsstörung im Nebenhoden zurück, die mit einer Unfähigkeit der Spermien zur Volumenregulation einhergeht und sich in geschwollenen, aufgekrümmten Spermienschwänzen äußert.

Unter praxisrelevanten Gesichtspunkten wird in der Humanmedizin ein verbessertes Verständnis der involvierten Mechanismen als eine Möglichkeit zur Entwicklung neuer Methoden der Kontrazeption durch gezielte Beeinflussung der Spermienfunktion gesehen (YEUNG et al. 2006). Im veterinärmedizinischen Bereich werden die Parameter der Volumenregulation (RVD und RVI) als Möglichkeit erachtet, Vatertiere hinsichtlich ihrer Fertilität zu selektieren (PETRUNKINA u.

TOPFER-PETERSEN 2000; PETRUNKINA et al. 2004a; KHALIL et al. 2006). Auch die Einschätzung der Widerstandsfähigkeit von Spermien einzelner Vatertiere gegenüber Prozessen der Spermatiefgefrierung und des Auftauens an Hand ihrer Fähigkeit zur Osmoregulation wird als eine Anwendungsmöglichkeit in Betracht gezogen (PETRUNKINA et al. 2007a).

2.3.2 Mechanismen

Die Kontrolle des Zellvolumens in somatischen Zellen ist ein wichtiger Aspekt für die Aufrechterhaltung der Zellfunktion. Bereits unter isotonen Bedingungen sind

Ionentransporter wie die Na+-K+-ATPase aktiv, um das Membranpotential und ein osmotisches Equilibrium mit der Umgebung aufrecht zu erhalten (WALDEGGER et al. 1998; HOFFMANN et al. 2009). Es wird vermutet, dass dieser Transporter auch an der Regulation des isotonen Zellvolumens von Rinder- und Hundespermien beteiligt ist (BREDDERMAN u. FOOTE 1971; PETRUNKINA et al. 2004c).

Geringe Veränderungen der extrazellulären Osmolarität (hypo- oder hyperton) führen bereits zu Volumenregulationsprozessen, die allerdings ohne messbare Veränderung des Zellvolumens stattfinden und als isovolumetrische Regulation bezeichnet werden (PASANTES-MORALES et al. 2000; HOFFMANN et al. 2009). Werden Zellen mit ausgeprägt hypo- oder hypertonen Umgebungen konfrontiert, tritt auf Grund des Influx oder Efflux von Wasser eine Schwellung oder Schrumpfung der Zelle ein. Die Veränderung des Zellvolumens führt zum einen zu Veränderungen des Membranpotentials und übt zum anderen Dehnungsreize auf die Plasmamembran und das Zytoskelett aus (LANG et al. 1998). Beide Vorgänge aktivieren Ionenkanäle und vermitteln Signalkaskaden, die über eine RVD oder RVI zu einer Regulation des Zellvolumens führen (HOFFMANN et al. 2009). Es wurde vielfach gezeigt, dass die Prozesse der RVD und RVI auch in Spermien verschiedener Säugetierspezies vorhanden sind (Makake YEUNG et al. 1999b; Schwein und Rind: PETRUNKINA et al. 2001b; Maus: YEUNG et al. 2002; Hund: PETRUNKINA et al. 2004c; Rind:

KHALIL et al. 2006). Die Mechanismen die bei einer RVD von Spermien aktiv werden, sind bislang nicht exakt definiert (PETRUNKINA et al. 2007a). Es wird vermutet, dass die Erkennung eines veränderten Zellvolumens an dehnungssensitive Kalium- und Chloridkanäle gekoppelt ist (PETRUNKINA et al. 2004a). Eine Beteiligung von Kaliumkanälen konnte für die Spermien einiger Spezies gezeigt werden (Rind: KULKARNI et al. 1997; Maus: YEUNG et al. 1999a; Schwein PETRUNKINA et al. 2001b; Mensch: YEUNG u. COOPER 2001; Hund:

PETRUNKINA et al. 2004c). Für Spermien von Schwein und Maus wurde eine Beteiligung dehnungssensitiver Chloridkanäle nachgewiesen (YEUNG et al. 1999a;

PETRUNKINA et al. 2004a). Die Involvierung von Kanälen beider Osmolyte fügt sich in das Konzept einer elektroneutralen Regulation ein (PETRUNKINA et al. 2001b).

Durch den Ausstrom der Ionen kommt es zu einer verringerten Tonizität im

Zellinneren und einem begleitenden Ausstrom von Wasser (PETRUNKINA et al.

2001b). In den Wassereinstrom und –ausstrom über die Plasmamembran sind Aquaporine involviert (HOFFMANN et al. 2009), die auch in Spermien nachgewiesen wurden (CURRY et al. 1995; YEUNG et al. 2009). Die Beteiligung eines Taurinefflux während der RVD wird für Spermien von Eber und Mensch ausgeschlossen (YEUNG et al. 2003; PETRUNKINA et al. 2004a), spielt jedoch laut YEUNG et al.

(2003; 2006), ebenso wie der Efflux anderer organischer Osmolyte, bei Spermien von Mäusen eine Rolle. Eine Involvierung von Komponenten des Zytoskeletts in die Volumenregulation wurde von PETRUNKINA et al. (2004b,c) für Spermien von Eber und Hund gezeigt. An den Regulationsprozessen sind laut PETRUNKINA et al.

(2005a, 2007a) auch eine Reihe von Phosphorylierungs- und Dephosphorylierungs-prozessen beteiligt. So zeigten die Autoren an Eberspermien, dass die Steuerung der Regulationsprozesse für die RVD und die RVI (d.h. das Öffnen und Schließen von Kanälen) mit der Aktivität von Proteinkinasen und –phosphatasen verknüpft ist.

Eine Beteiligung von cAMP an der Steuerung der RVD wird vermutet (PETRUNKINA et al. 2007a).

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3 Material und Methode