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Rück- und Ausblick

Die Thesen, die dieser Text formuliert, zielen auf eine Re-Perspektivierung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Verhältnis von Bildung, Digitali-sierung und DigitaliDigitali-sierung:

1. Digitalisierung ist (zunächst) kein Begriff.

2. Digitalisierung ist ein produktives Diskursphänomen.

3. Digitalisierung verengt den Fokus auf technische Lösungsansätze.

4. Digitalisierung ist primär kapitalistisch zweckbestimmt.

5. Digitalisierte Bildung ist primär kapitalistisch zweckbestimmt.

6. Digitalisierung und Bildung bilden soziale Kräfteverhältnisse ab.

Diese Thesen und ihre argumentative Verkettung leiten uns als Forschende, aber auch als bildungspolitisch involvierte Einzelpersonen und Fachgesell-schaften dazu an, Phänomene wie die Digitalisierung auch immer als Diskurs-phänomene zu begreifen. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung damit ist wichtig. Allerdings darf sie Digitalisierung als Prozess nicht als gesetzt und als Ausgangspunkt weiterer Überlegungen begreifen, sondern muss auf die poli-tisch-strategische und ideologische Dimension – Digitalisierung – achten, die Notwendigkeit und Zweckbestimmung z.B. bildungspolitischer Maßnahmen als alternativlose Anpassungsleistungen erscheinen lassen. Für eine umfas-sende Kontextualisierung und kritische Analyse des Digitalisierungskomplexes ist daher, so wurde argumentiert, eine kapitalismusanalytische und -kritische Perspektive nötig. Auf diese Weise können Diskurs und Hand-lungsoptionen von einer prädominanten Technik- oder Kulturfokussierung ge-löst werden. Digitalisierung und Digitalisierung (der Bildung) werden in ihren kapitalistischen Zweckbestimmungen beschreibbar.

Unabhängig von einer bildungspolitischen Positionierung als ‚Realo‘ (mit-gestalten!) oder ‚Fundi‘ (dagegen!), besteht die Intention und Hoffnung hier darin, dass die Kontextualisierung und Rückeinbettung dieses dreifachen Ver-hältnisses in das Kapitalverhältnis eine andere und fundierte Kritik an Digita-lisierung und Digitalisierung erlaubt, als es der gängige Thematisierungs-rahmen von pro oder contra Digitalisierung nahelegt. Es steht demnach weni-ger der Prozess Digitalisierung selbst im Vordergrund, sondern vielmehr seine Indienstnahme für kapitalistische Verwertungslogiken. Dieser gilt es durch Analyse, Kritik und die stete Suche nach dem Anderen der Bildung entgegen-zuarbeiten.

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Digitale Bildung und Entfremdung – Versuch einer